Interview mit SLEARS - Ein Fels in der Brandung


Die bayrischen SLEARS haben mit ihren beiden bisher veröffentlichten Alben gezeigt, wie moderner Rock zu klingen hat. Mit Emotion und Passion ist auch „Turbulent Waters“ gefüllt und hat mich vollends überzeugt. Wir sprachen mit Tom über die Entstehung des Albums und die weiteren Pläne der Band.


Hey Tom, was tut sich aktuell bei den SLEARS?


Servus Max. Wir sind zufrieden. Wir haben bis jetzt nur positive Reaktionen auf unser neues Album „Turbulent Waters“ bekommen und über 700 Airplays in Radiostationen verteilt über ganz Europa. Zudem wurden wir von der Rock Antenne unter die fünf besten Bands aus Bayern gewählt. Aktuell bereiten wir uns auf die kommenden Konzerte im Herbst vor. Außerdem sind wir gerade am überlegen, ob wir noch eine zweite Single vom Album auskoppeln.




Es sind fast vier Jahre zwischen euren beiden Alben vergangen. Was ist dazwischen passiert und warum hat es so lange gedauert?


Wir hatten keine Lineup-Wechsel oder andere große Umbrüche innerhalb der Band – wenn du das meinst. Wir haben zwar kontinuierlich an neuen Songs gearbeitet aber vielleicht nicht ganz so fokussiert, wie das Profis machen (müssen). Wir haben alle reguläre Jobs und teilweise auch Familie mit Kindern. Zudem machen wir vieles nach wie vor in Eigenregie, so dass es sich mitunter einfach ein bisschen ziehen kann.


Das Warten hat sich auf jeden Fall gelohnt, denn „Turbulent Waters“ klingt noch stärker als sein Vorgänger. Wo seht ihr die Unterschiede und die Entwicklung der Band zwischen den beiden Alben?


Unser Debütalbum „Far Away From Getting Somewhere“ ist – was die Songs anbelangt – über einen viel längeren Zeitraum entstanden. Da sind zum Teil Nummern drauf, die wir schon 2006 mit einem komplett anderen Lineup geschrieben haben. Wir haben uns damals quasi die besten Stücke herausgepickt und aufgenommen. Im Nachhinein betrachtet fehlt dem Album vielleicht ein bisschen der Rote Faden.

Bei „Turbulent Waters“ war das komplett anders. Alle Songs sind brandneu und wurden für dieses Album komponiert. Zudem haben wir zum ersten Mal eine richtige Vorproduktion gemacht und sind mit fertigen Songs und einem klaren Ziel ins Studio gegangen. Ich denke auch, dass wir als Band gewachsen sind und heute besser wissen, was wir wollen bzw. was wir nicht wollen.



Was könnt ihr uns zu Artwork und Titel des Albums erzählen?


Als wir die ersten Songs fertig hatten ist mir aufgefallen, dass nahezu alle Stücke Bezug zum Thema Wasser haben bzw. Wasser als Metapher für die eigentliche Message im Song dient. Ich hab das dann einfach bei den restlichen Songs weiter gesponnen. Und so kommt es, dass z.B. unsere erste Single, bei der es eigentlich um das Thema Flucht geht, „Haven“ (altenglisch für Hafen) heißt. Denn jeder der flüchtet – vor was auch immer – ist auf der Suche nach einem sicheren Hafen.
Das komplette Artwork der Scheibe stammt von mir und passt recht gut zum Album-Titel. Wir leben in turbulenten Zeiten und viele von uns wären gerne ein Fels in der Brandung. Auch wenn es den wenigsten tatsächlich gelingt.



Wer oder was beeinflusst die SLEARS im Songwriting?


Ich denke, dass der Musikgeschmack des Songwriters schon einen gewissen Einfluss auf die eigenen Songs hat. Mal bewusst, mal unbewusst macht man einfach Sachen, die einem selbst gut gefallen. Ich höre in erster Linie klassischen Hard Rock wie z.B. RAINBOW. Mag aber auch das neue Zeug aus Skandinavien und Amerika (STONE SOUR etc.). Und ich denke, das kann man dem Album durchaus anhören. Moderner Hard Rock mit klassischen Wurzeln.


Und was inspiriert euch bei den Texten?


Das tägliche Leben. Heutzutage muss man kein Kosmopolit sein, um am Weltgeschehen teilzunehmen. Dank den neuen Medien bekommt man – ob man will oder nicht - alles mit. Und das drückt sich auch in unseren Texten aus. Das können persönliche Erfahrungen sein oder auch Dinge, die einen nicht direkt betreffen aber dennoch beschäftigen. Positiv wie negativ. "Ocean Eyes" z.B. habe ich ursprünglich auf unserer Hochzeit für meine Frau gespielt. Ein klassischer Love-Song, der aber im Band-Gewand zum Glück überhaupt nicht kitschig ist. Sonst hätte er es wahrscheinlich auch nicht aufs Album geschafft.
Ein anderes Beispiel ist "S.O.S.". Ich war mit meiner Familie im Urlaub in Italien und war geplättet, was man dort unfreiwillig täglich an Plastikmüll produziert. Man kann gar nicht anders. Z.B. das Wasser aus der Leitung soll man nicht trinken, also kauft man es – in Plastikflaschen. Es gibt gar kein Wasser in Glasflaschen. Geschweige denn ein Mehrwegsystem wie bei uns. Generell wird dort alles in Plastik verpackt und landet schlussendlich wahrscheinlich zu großen Teilen im Meer. Und das in der EU. Unvorstellbar welche Müllberge weltweit täglich angehäuft werden. Irgendwann ersticken wir an unserem eigenen Müll.





Wie entstehen eigentlich die Songs bei euch, klassisch im Proberaum oder durch digitales hin- und herschieben von Ideen?


Beim letzten Album haben wir die Songs noch gemeinsam im Proberaum zusammengebastelt, so dass viele Einflüsse zusammengetroffen sind. Bei „Turbulent Waters“ habe ich zusammen mit unserem Sänger Peter das Grundgerüst der Songs in meinem Homerecording Studio erstellt. Quasi eine Rohversion des jeweiligen Songs. Die Files haben wir dann an den Rest der Band verschickt. Wenn kein Einspruch kam, gabs den Feinschliff dann mit allen zusammen im Proberaum.
Die zuvor angesprochenen Rohversionen waren dann auch die Grundlage für die spätere Vorproduktion. Diese Arbeitsweise hat hervorragend funktioniert und so arbeiten wir auch jetzt noch.



Gab es hinter den Kulissen Unterschiede bei der Entstehung der Alben, da ihr das Debüt ja noch ohne Label veröffentlicht habt?


Wir haben diesmal die Drums in einem speziellen Studio für Schlagzeugaufnahmen aufgenommen. Ich denke das Ergebnis kann sich hören lassen. Die Vorproduktion habe ich ja schon angesprochen. Ansonsten haben wir weitestgehend alles so gemacht wie beim letzten Mal. Aufgenommen und gemischt hat wieder Christian Mundel, der mittlerweile schon fast unser sechstes Bandmitglied ist. Ohne ihn gäbe es SLEARS in dieser Form nicht. Er ist ein totaler Recording- und Equipment-Verrückter und gibt uns immer wieder sehr hilfreiche Tipps mal dieses oder jenes zu testen. Außerdem hat er beim Mix einen wirklich hervorragenden Job gemacht. Das ist beim Mastern im Finnvox Studio dann auch Mika Jussila aufgefallen. Ich denke in Zeiten des Homerecordings ist es schon fast ungewöhnlich, wenn man im „richtigen“ Tonstudio aufnimmt. In unserem Fall gibt uns das Ergebnis aber Recht.

Aber zu deiner Frage: als wir mit den Aufnahmen begonnen haben, hatten wir noch kein Label. Insofern hat sich bei der Entstehung wenig geändert. Aber seit der Veröffentlichung ist schon auffällig, dass wesentlich mehr Radiosender und auch größere Magazine uns wahrnehmen. Das ist bestimmt ein Stückweit auf Label, Vertrieb und Promo zurückzuführen. Das war beim letzten Mal so noch nicht der Fall. Generell ist es ein super Gefühl, wenn dein Album im Laden erhältlich ist.



Gehen wir kurz ein paar Jahre zurück. Wie habt ihr eigentlich zusammengefunden, vor allem, da ihr ja aus verschiedensten Bands und Musikrichtungen kommt?


Gefunden in dem Sinn haben wir uns eigentlich nicht. Gustl, Andi und ich machen alle schon seit den 90er Jahren Musik und kennen uns auch schon ewig. Wir haben halt vorher nie zusammen in einer Band gespielt, aber des Öfteren dieselbe Bühne geteilt. Und irgendwann wird der Kreis an Musikern, die Bock auf Hard Rock haben relativ klein. Und so haben wir uns eben 2006 zusammen getan.
Ausnahme: Unser Schlagzeuger Dany und unser Sänger Peter.
Unser Basser Andi war zu dieser Zeit mit der „Kirchdorfer Musi“ (eine Oktoberfest-Band) weltweit unterwegs und hat auch viel bei anderen Festzelt-Combos ausgeholfen. Wir waren bei SLEARS gerade auf der Suche nach einem neuen Schlagzeuger. Und da hat Andi auf dem Canstatter Wasen zusammen mit Dany gespielt. Direkt nach dem Auftritt hat er mich angerufen, dass er noch nie mit so einem (O-Ton) „Wahnsinns-Drummer“ gespielt hat. Der Rest ist Geschichte.
Beim Peter, unserem Sänger, war es etwas unspektakulärer. Er ist uns von einem gemeinsamen Freund empfohlen worden. Umso überraschter waren wir, als wir Peter das erste Mal gehört haben. Die perfekte Stimme für unsere Musik!



Wie und wann kann man euch dieses Jahr noch live erwarten und sind noch weitere Shows in Planung?


Wir spielen im Herbst/Winter noch einige Konzerte bei uns in Bayern. Unter anderem im Backstage in München. Die aktuellen Termine gibt’s auf unserer Webseite und auf Facebook.


Was steht sonst noch dieses und nächstes Jahr an? Arbeitet ihr bereits an neuem Material?


Eventuell geht im kommenden Jahr noch eine Tour zusammen. Das ist aber noch nicht spruchreif. Das wäre natürlich der Hammer.
Bzgl. neuem Material: Wir haben vor kurzem angefangen ein paar Ideen auszuarbeiten und haben auch schon einen neuen Song geprobt. Aber Du weißt ja: langsam ernährt sich das Eichhörnchen.





Zum Schluss noch meine Lieblingsfrage: ihr habt jetzt auch schon einige Shows hinter euch. Gibt es da interessante, lustige oder unschöne Stories from the road?


Ende April haben wir auf einer Veranstaltung der Rock Antenne zusammen mit GIL OFARIM gespielt. Das war zum einen witzig, denn Gil kannten wir bis dato persönlich nicht, aber vor Ort haben wir festgestellt, dass die Mitglieder seiner Band und diverse SLEARS-Musiker in unterschiedlichsten anderen Combos schon zusammengespielt haben und quasi jeder jeden kannte.

Auf der anderen Seite haben wir an diesem Abend das erste Mal mit einer Aushilfe am Bass gespielt. Der Tobi von A LIFE DIVIDED ist kurzfristig eingesprungen. Zu mehr als einer gemeinsamen Probe hat es aber nicht mehr gereicht. Und zu allem Überfluss war unser Drummer an diesem Abend doppelt gebucht. Von nachmittags bis abends hat er mit seiner Festzelt-Band gespielt und ist im Anschluss daran mit dem Taxi ausm Münchner Umland in die Innenstadt gefahren und 10 Minuten vor Stagetime mit Lederhose und allem was dazugehört in der Location aufgetaucht. Ein spannender Abend, bei dem trotz aller Unwägbarkeiten schlussendlich doch noch alles geklappt hat. Heute lachen alle darüber…



Danke für die Zeit und ich hoffe wir sehen uns bald mal auf einer Show. Die letzten Worte gehören euch!


Max, vielen Dank für das Interview und die jahrelange Unterstützung durch earshot.at! Wir werden demnächst mal in Österreich vorbeischauen. Versprochen!!!


Gerne! Und das will ich doch hoffen!



www.slears.de

Autor: maxomer

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Beitrag vom 24.08.2018
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