Interview mit LUCID DREAMING - Gut Ding braucht Weile


Mit "Chronicles Pt.II" kehrt Till Oberboßel mit seiner Metal Oper LUCID DREAMING zurück in die Welt von Prydain, und das natürlich mit zahlreichen Gästen, wie es sich für das Genre gehört. Wir sprachen mit dem Mastermind, der sich vier Jahre für den Zweitling Zeit ließ, über die Entstehungsgeschichte dieses epischen Werkes.


Hi Till, schön wieder mit dir sprechen zu können. Was ist alles passiert seit dem LUCID DREAMING Debüt vor vier Jahren?


Till: Hallo Max, danke, ganz meinerseits. Tja, vier Jahre sind eine lange Zeit, da passiert so manches. Bei LUCID DREAMING allerdings nur eingeschränkt, da es sich ja um ein Studioprojekt handelt und nach einer Veröffentlichung und dem entsprechenden Presseecho erstmal nichts Neues mehr kommt. Die Szene ist groß, die Veröffentlichungsflut ungebremst, da ist man schnell wieder weg vom Fenster, wenn man nicht regelmäßig über Konzerte, Besetzungswechsel oder Skandale im Gespräch bleibt. Und bei Lucid Dreaming gibt es nichts davon.



An anderen Fronten war dafür umso mehr los. 2015 kam das letzte ELVENPATH-Album heraus, wir haben seitdem fleißig live gespielt und waren in einigen Ländern, die wir vorher noch nicht betourt hatten (Schweiz, Liechtenstein, Dänemark, Bosnien, Kroatien). Und auch abseits der Musik gab es viele Erlebnisse, erfreulicherweise überwiegend positiv.



So eine Metal-Oper braucht schon seine Zeit, wann hast du mit den Arbeiten zum Nachfolger denn begonnen?


Der erste Song war schon halb geschrieben, bevor das Debüt veröffentlicht war. Die eigentliche Arbeit an den Songs ging dann Ende 2013 los und hat bis etwa Frühling 2015 gedauert. Und dann konnte ich mit den Aufnahmen anfangen; die zogen sich dann über anderthalb Jahre. Die Instrumente und einige Sänger konnten wir hier in Frankfurt aufnehmen, der Großteil der Sänger hat allerdings an seinem jeweiligen Wohnort aufgenommen. Das dauerte dann schon eine Weile, bis alles im Kasten war, aber schlussendlich konnte im Dezember 2016 der Mix erfolgen. Den Satz „Gut Metal will Weile haben“ habe ich schon in unserem letzten Interview verbraten, glaube ich… er hat aber nichts an Gültigkeit eingebüßt.


Hast du durch die Erfahrung mit dem ersten Album für das zweite etwas an der Herangehensweise geändert?


Grundlegend nicht. Ein Unterschied war, dass wir diesmal das Schlagzeug eher gegen Ende des Produktionsprozesses aufgenommen haben, was aber eher eine terminliche Notwendigkeit war. Bei der Sängerauswahl habe ich das Spektrum erweitert – beim ersten Album habe ich fast ausschließlich auf meinen persönlichen Bekanntenkreis zurückgegriffen; diesmal habe ich mich etwas mehr getraut, auch Sänger zu fragen, die ich nur als Fan kannte. Wenn man bereits ein veröffentlichtes Album vorweisen kann, hat man da auch bessere Karten.
Außerdem habe ich Ruths Charakter „The Spirit“ diesmal mehr Raum gegeben. Diese Rolle hatte sie sich beim ersten Album ergaunert, da sie eigentlich nur für einige Backing Vocals vorgesehen war, dann aber spontan noch einige Leadparts mit Text einbrachte. Da hatte ich also plötzlich eine zusätzliche Rolle in der Geschichte, die gar nicht vorgesehen war, haha. Das fand ich interessant und wollte diese Rolle ausbauen; entsprechend taucht sie auf dem zweiten Album häufiger auf und ist als Erzählcharakter mittlerweile nicht aus der Geschichte wegzudenken.



Wie lief dieses Mal das „Casting“ der Sänger für deine Charaktere? Neben bekannten Gesichtern gab es ja auch neue...


Die Auswahl der Sänger orientierte sich natürlich an der Anzahl der Charaktere in der Geschichte; deshalb tauchen einige Stimmen vom ersten Album wieder auf, andere nicht, dafür gibt es einige neue Leute. Die bekannten Charaktere sollten natürlich ihre Stimme beibehalten. Für die neuen Rollen bin ich meine Plattensammlung durchgegangen und habe für jede Rolle einige Sänger aufgeschrieben, die ich mir hierfür gut vorstellen konnte. Das war teilweise gar nicht einfach, denn für bestimmte Charakteristika, die ich in der Stimme hören wollte, mußte ich ganz schön suchen. Schließlich hatte ich aber doch eine brauchbare Liste mit mehreren Namen für jede Rolle beisammen, und dann habe ich eben angefragt. Mittels Internet ist die Welt ja gut vernetzt und jeder ist mehr oder minder erreichbar.


Gab es dieses Mal unerfüllte Wünsche, was deine Gäste betrifft?


Die gab es, allerdings werde ich jetzt keine Namen nennen oder verraten, für welche Rolle die Personen vorgesehen waren. Sonst fühlt sich am Ende jemand noch auf den Schlips getreten, weil er nicht als erster gefragt wurde. Allerdings konnte ich sämtliche Rollen mit den Personen von der bereits erwähnten Liste besetzen; ich mußte also nicht auf Notlösungen zurückgreifen sondern konnte allesamt meine Wunschkandidaten bekommen – nur halt mitunter nicht ganz oben von der Liste.




Es gibt dieses Mal gleich zwei Songs die über zehn Minuten gehen. Planst du solche Epen, oder passieren die beim Schreiben einfach?


Das passiert einfach. Ich habe ja generell einen Hang zu längeren Songs und vielen Details und Parts, aber ich plane das nicht. Ich mag es einfach, Songs richtig opulent zu gestalten und vollzupacken, und dann werden sie halt lang. Früher habe ich mich noch gewundert, dass ein Stück am Ende wieder acht oder zehn Minuten lang war, mittlerweile überrascht mich das nicht mehr, haha.


Ist mit „Chronicles Pt. II“ die 5-bändige Geschichte von Lloyd Alexander für dich und das Projekt nun abgeschlossen oder können wir auf eine Rückkehr nach Prydain hoffen? Oder hast du bereits weitere Stories im Auge?


Das zweite Album handelt ja vom vierten Band „Taran Wanderer“. Allerdings bin ich nicht fertig geworden – das Buch enthält eine Menge wunderbarer Charaktere, die ich nicht weglassen wollte, so dass schnell klar wurde, dass ich noch ein drittes Album benötigen werde, um das Buch abschließend zu behandeln.
Danach ist aber Schluss mit den Chroniken von Prydain. Nach drei Alben dürfte das Thema zur Genüge ausgereizt sein, und ich bin auch mehr daran interessiert, danach in anderen Themengebieten zu wildern. Ich möchte gerne noch weitere Konzeptalben mit LUCID DREAMING machen und habe auch schon verschiedene Ideen, wohin es thematisch gehen könnte, aber das ist noch recht unausgereift. Habt Geduld.



Wie würdest du die beiden Alben musikalisch voneinander unterscheiden?


Der auffälligste Unterschied ist natürlich das veränderte Sängeraufgebot. Ansonsten habe ich auch bei den Gitarren einen anderen Ansatz verfolgt. Beim ersten Album wurden teilweise langweilige Gitarrenparts kritisiert, was ich rückblickend irgendwann ähnlich empfand. Ich habe deswegen bewusst darauf geachtet, die Gitarren auf dem zweiten Album interessanter zu gestalten; daher gibt es diesmal weniger offene Akkorde und mehr echtes Riffing. Dadurch sind die Stücke auch nochmal eine Ecke härter geworden, finde ich.




Zwischen den beiden Alben sind ja Werke der Genre-Pioniere AVANTASIA und AYREON erschienen. Wie stehst du zu diesen und gab es weitere Metal-Opern, die dich in letzter Zeit begeistern konnten?


Von AVANTASIA mag ich nur die beiden ersten Alben so richtig gerne, danach hat mir da größtenteils der Metal gefehlt. Das war dann eher eine Art Hardrock-Musical, was mich nicht mehr so begeistert hat. Nach den beiden 2010er Alben habe ich das Interesse verloren. Von AYREON bin ich nach wie vor großer Fan, habe das letzte Album allerdings noch nicht gehört. Es steht aber auf der Einkaufsliste.

Neuere Konzeptprojekte sind mir nicht viele zu Ohren gekommen. Ich fand Marius Danielsens „Legend Of Valley Doom“ gelungen und freue mich aufs zweite Album. Und erst kürzlich habe ich gesehen, dass es von SOULSPELL auch ein neues Album gibt, das kenne ich aber noch nicht. Die anderen Projekte, die ich aus dem Bereich kenne, scheinen nicht mehr aktiv zu sein. Vielleicht ist die Blütezeit der „Metalopern“ vorbei, die konstante Veröffentlichungsflut ist ja aber auch unüberschaubar. Ich freue mich jedoch immer über neue Tipps.



Wäre es ein Wunsch auf einem dieser Werke als Gast mal mitwirken zu können?


Es wäre natürlich eine unglaubliche Ehre, von einem Arjen Lucassen um einen Gastbeitrag gebeten zu werden, allerdings glaube ich nicht, dass er auf mich angewiesen ist, haha. Wenn ansonsten jemand diesbezüglich an mich herantritt, komme ich dem Wunsch gerne nach. Passieren wird das aber vermutlich nicht, da ich als Sänger nichts tauge und auch nicht der beste Sologitarrist bin. Ich habe mich immer in erster Linie als Komponist und Songschreiber gesehen, als Gitarrist erst an zweiter Stelle. Es war mir auch immer wichtiger, meine eigene Musik zu kreieren, als in möglichst vielen Bands oder Projekten herumzududeln.
Auch bei LUCID DREAMING habe ich die Aufgabe der Gitarrensoli ja delegiert – auf dem ersten Album spiele ich kaum Soli, auf dem zweiten Album gar keine. Dafür habe ich befreundete Gitarristen gefragt, die das besser können als ich. Live spiele ich gerne Soli, da man da einfach drauflosspielen und improvisieren kann; das macht Spaß. Im Studio hingegen muss alles ausgefeilt sein und sitzen, das ist für mich eher eine Last. Und die halse ich dann lieber jemand anderem auf, hehe.



Steht nun als nächstes wieder ein ELVENPATH Album an oder hast du etwas ganz anderes vor?


Wir wollen 2018 in der Tat die neue ELVENPATH aufnehmen; ich schätze mal, dass wir so im Frühsommer ins Studio gehen können. Gleichzeitig plane ich aber auch die dritte LUCID DREAMING. Da soll’s ebenfalls dieses Jahr mit den Aufnahmen zur Sache gehen. Wie wir das alles koordinieren, muss ich mal sehen…ich werde aber vermutlich 2018 viel Zeit im Studio verbringen.

Die neue ELVENPATH soll Anfang 2019 erscheinen; bei LUCID DREAMING zieht sich das erfahrungsgemäß etwas länger. Irgendwann wird alles fertig sein, aber ich unterliege ja glücklicherweise keiner Deadline und keinen Vorgaben von außen.
Was sonstige musikalische Abenteuer angeht, plane ich mit Freunden auch, unser Folkprojekt ASENSANG wiederzubeleben. Da kam 2014 das erste Album raus und dann lag alles auf Eis. Wir möchten gerne ein zweites Album schreiben und aufnehmen und vielleicht auch live auftreten, aber das steht noch ziemlich in den Sternen – wir sind halt alle mit unseren Hauptbands und sonstigen Verpflichtungen ziemlich eingespannt.

Es wäre schön, mehr Zeit für die Musik zu haben und rund um die Uhr der Muse frönen zu können, aber so muss man eben schauen, was man möglich machen kann.





Ich danke dir für deine Zeit. Gibt es noch etwas, was dir am Herzen liegt?


Ich habe zu danken - für die Möglichkeit, meine Musik hier vorstellen zu können und auch für die interessanten Fragen. Viele Grüße an alle, die sich das jetzt alles durchgelesen haben; hört mal in das neue Album rein und haltet euch über www.facebook.com/luciddreamingmetal auf dem Laufenden. Stay Metal!



www.facebook.com/luciddreamingmetal

Autor: maxomer

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Beitrag vom 09.01.2018
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