Interview mit EDEN WEINT IM GRAB - Interesse am Übersinnlichen und Obskuren


EDEN WEINT IM GRAB sind seit vielen Jahren nicht mehr aus der deutschsprachigen Gothic/Dark Metal Szene wegzudenken. Anlässlich des Releases der bereits siebten Platte „Na(c)htodreise“ hatten wir die Gelegenheit, Mastermind und Sänger Alexander Paul Blake einige Fragen zu stellen.


Hallo! Schön erneut die Gelegenheit zu haben, dir einige Fragen zu stellen!
Bevor wir zum neuen EDEN WEINT IM GRAB-Album kommen, erst eine Frage zu AETHERNAEUM. Du hast beschlossen dieses Projekt zu beenden. Warum?



Dem ging ein längerer Prozess voraus, in dem sich bei mir immer mehr der Eindruck verstärkte, musikalisch wie textlich erstmal alles Wesentliche in dieser Stilistik gesagt zu haben. Das Konzept von AETHERNAEUM ist ja relativ klar festgelegt und ich weiß nicht, inwieweit radikale Änderungen die Hörer und meine Mitmusiker nicht vor den Kopf gestoßen hätten. Die hätte es aber gebraucht, um das Ganze für mich noch spannend zu gestalten. Insbesondere auch gesanglich, da ich diesen schwarzmetallischen Schreigesang über die Jahre immer weniger reizvoll fand. Hinzu kam, dass wir aufgrund der langwierigen Arbeit am letzten EDEN WEINT IM GRAB-Album und einiger anderer Projekte kaum noch Zeit für die Band fanden. Auch das Business war für mich ein sehr anstregender Aspekt, der mir das Musikmachen immer mal wieder etwas madig macht. Es war dann eigentlich angedacht, dass wir die Band erstmal auf Sparflamme weiterlaufen lassen, hin und wieder einen Gig spielen und schauen was über die Jahre passiert. Dann hatte sich aber unser Schlagzeuger Hendrik entschieden, die Band nach den kommenden beiden Gigs zu verlassen und unser Rhythmus-Gitarrist Motte hat sich ihm angeschlossen. Bei beiden waren primär Zeitgründe ausschlaggebend, aber auch sie haben sich musikalisch in andere Richtungen entwickelt. Das war für mich der Punkt, lieber einen Schlussstrich zu ziehen und jetzt nicht noch einen Krampf daraus zu machen, zumal mir auch der Elan fehlte, neue Musiker zu finden für ein Projekt, das gerade keine Priorität hat. Mit Markus und Marco, die noch verblieben sind, spiele ich eh bei EDEN WEINT IM GRAB zusammen. Also konzentrieren wir uns jetzt lieber erstmal darauf.




Kann es sein, dass du es irgendwann wiederbelebst?


Wenn wir diesen Plan schon hätten, bräuchten wir die Band jetzt nicht auflösen. Andererseits haben wir in unserem Abschiedsstatement ja bewusst betont, dass wir uns für die Zukunft alle Optionen offen halten. Wir sind alle fünf noch gut befreundet und es gab nie Streit innerhalb der Band. Es haben sich einfach nur die Prioritäten gewandelt. Aus meiner Sicht macht es aber nur Sinn, AETHERNAEUM wiederzubeleben, wenn ich wieder dieses Feuer spüre und es in mir kreativ lodert, weil ich wieder Bock habe, solche Musik zu machen. Momentan zieht es mich aber in ganz andere Bereiche. Daher kann ich nicht absehen, was die Zukunft bringt.


Nun zu EDEN WEINT IM GRAB. Die neue Platte „Na(c)htodreise“ beschäftigt sich sehr stark mit dem Thema Tod. Warum ist dir dieses Thema so wichtig, dass es eigentlich auf allen bisherigen Alben behandelt wurde?


Blake: Die Frage kann ich so gar nicht beantworten. Es ist einfach ein Thema, das mich seit jeher sehr interessiert hat. Also generell die Beschäftigung mit dem Übersinnlichen und Obskuren, die Frage, was nach dem körperlichen Ableben geschieht. Und ich habe damals nun mal entschieden, dass das Konzept von EDEN WEINT IM GRAB rund um diese Aspekte kreisen soll, also macht es ja Sinn, es durchzuziehen, und nicht plötzlich über Weltwirtschaftskrisen und Terroranschläge zu singen.


Glaubst du, dass der Tod den Menschen heute viel mehr Schrecken einjagt als früher?


Das weiß ich nicht. Ich bin kein Historiker. Ich glaube aber, man müsste das differenzierter betrachten. ‚Den Menschen’ gibt es aus meiner Sicht nicht, da jedes Individuum anders ist. Aber generell kann man schon beobachten, dass der Tod in der heutigen Zeit oft verdrängt wird, und sich viele Menschen in ihrem täglichen Trott derart verlieren, dass sie keine Zeit und Muße haben, sich mit diesem Thema zu beschäftigen – was mir übrigens auch öfter so geht, als man aufgrund der Musik von EDEN WEINT IM GRAB annehmen mag. Ich will das auch nicht verurteilen, da ich denke, dass es schon seinen Sinn hat, dass jeder Mensch in seinem Leben seine eigenen Prioritäten setzt.


Glaubst du an ein Leben nach dem Tod?


Meistens schon ;-) Hin und wieder kommen auch Phasen des Zweifels, ob man sich nicht in Wunschvorstellungen flüchtet. Dann wiederum frage ich, was es für einen Sinn hat, dass wir solch ein ausgefeiltes Bewusstsein haben, uns viele Jahre auf diesem Planeten abmühen, um uns weiterzuentwickeln, wenn dann alles für die Katz war. Ich habe aber diverse Bücher gelesen, in denen Wissenschaftler das Thema Tod erforschen, und diese geben Hoffnung, da ich den Eindruck habe, dass die Tendenz mehr und mehr in die Richtung geht, dass da noch was ist.


Religionen haben großen Einfluss auf die Menschen. Welche Gruppe ist mit dem Thema Tod mehr überfordert – die Religiösen oder die Nicht-Religiösen?


Auch hier kann ich keine allgemein gültige Antwort geben, da mir das zu pauschal ist. Ich denke, dass Religionen Menschen durchaus Hoffnung geben können und ich finde, das ist eine gute Sache. Und finde es nur ab dem Moment nicht mehr gut, wenn im Namen von Religionen Leid und Terror verursacht wird. Ansonsten soll aus meiner Sicht jeder glauben, was er möchte. Aber ich kenne auch viele nicht-religiöse Menschen, die was das Thema Tod angeht, ganz cool und entspannt sind.


Ein Song heißt „Das Höllentor“, und früher wurden ja die Menschen mit der Androhung von Hölle und Fegefeuer gefügig gemacht. Kann man deiner Meinung nach den Menschen heute noch damit Angst einjagen?


Kommt wohl auf die Gesellschaft an. Ist das nicht im katholischen Glauben immer noch verankert? Ich kenne mich da nicht wirklich aus. Bei ‚Na(c)htodreise’ haben wir bewusst diverse Klischees ausgereizt, aber dann auch immer mal wieder durch humorvolle Spitzen oder Übertreibung gebrochen. Die ganze Geschichte soll natürlich ein paar Fragen evozieren, ist aber letztlich auch einfach Kunst und Unterhaltung. Und wir nehmen uns die Freiheit, auch mal ein Höllentor zu besingen, ohne dass wir das genau begründen wollen. ;-)




Wenn man deine Songs so hört würde man vermuten, dass du dich sehr oft auf Friedhöfen herumtreibst! Wie oft gehst du wirklich hin?


Haha, beste Frage ever. Nein. Weder meide ich Friedhöfe, noch ziehen sie mich an. Ich habe da auch keinen anderen Bezug zu, als 99% der Bevölkerung, vermute ich. Für mich klingt die Frage eher danach, ob dieses berühmte Gruftie-Klischee bei EDEN WEINT IM GRAB zutrifft. Und das tut es nicht. Und per se interessiert mich eher das ‚Danach’. Wir lassen auf ‚Na(c)htodreise’ den Friedhof ja auch schnell hinter uns, um auf die Welt dahinter zu blicken.


Verarbeitest du in deinen Texten persönliche Erlebnisse und Verluste?


Generell durchaus immer mal wieder, aber bei EDEN WEINT IM GRAB insgesamt sehr wenig. Es gibt über die Alben verteilt ein paar wenige autobiografische Texte, aber der Großteil ist doch eher fiktiv. Es ist eher so, dass philosophische Fragen, die mich beschäftigen, die Geschichten beeinflussen und inspirieren. Daher sollte man die Welt von EDEN WEINT IM GRAB auch nicht unbedingt mit mir als Privatperson gleichsetzen, da es nur ein Teilaspekt ist. Daher gibt es auch die Figur Alexander Paul Blake, die für all das steht, was EDEN WEINT IM GRAB ist.


Wo findest du sonst die Inspiration für deine Texte?


Das meiste passiert einfach, ohne dass ich weiß woher es kommt. Ich glaube, jeder Künstler saugt alles, was er so rezipiert – Erlebnisse, Filme, Bücher, Gespräche, Ausstellungen etc. – in sich auf und verwandelt das innerlich zu etwas Eigenem. Ich habe immer solche Phasen, in denen ich viele Texte schreibe und dann lange Zeit, in denen ich mich fast komplett nur um die Musik kümmere. Für ‚Na(c)htodreise’ sind die Texte zu großen Teilen im Vorfeld entstanden, als ich die Ideen zu dem Konzept hatte. Die musikalische Umsetzung ist erst danach mit den Lyrics als Leitfaden passiert. Bei mir ist es auch so, dass ich selten einfach so Eingebungen habe. Ich muss mich eher in den ‚Textschreibmodus’ versetzen. Es ist, als müsste ich einen inneren Kanal erst öffnen, damit etwas hindurch fließt. Im Alltag ist dieser Kanal meist verschlossen.


Möchtest du allgemein noch etwas über dieses Album erzählen?


Uns war wichtig, die cineastische, filmische Seite mehr zu betonen. Zum einen denke ich, dass ‚Na(c)htodreise’ von der Story her wie ein musikalischer Film ist. Zum anderen haben wir mehr sinfonische und soundtrackartige Momente eingearbeitet. Ich glaube, das steht uns ganz gut zu Gesicht und ich kann mir vorstellen, diesen Aspekt noch weiter auszureizen in Zukunft. Ansonsten kann ich sagen, dass ich auch nun mit über einem halben Jahr Abstand seit der Fertigstellung noch sehr glücklich bin. Es wirkt alles rund und stimmig und ich bin erstmals auch mit dem Sound vollends zufrieden. Das war bei älteren Veröffentlichungen oft ein Manko.


Was würdest du den Menschen empfehlen um ihr Leben zu verbessern?


Gesunde Ernährung, Meditation, Sport, wenig Stress ... ;-) Im Ernst, keine Ahnung, ich glaube, es ist nicht meine Aufgabe, den Menschen zu erzählen, wie sie ihr Leben verbessern können. Wir sind einfach nur ein Band, die versucht, gute Musik zu machen. Wenn diese dazu beiträgt, die Lebensqualität manch eines Menschen ein klitzekleines bisschen zu verbessern, ist aus unserer Sicht schon viel erreicht.




Wie sieht es aus – besteht eine Chance dass EDEN WEINT IM GRAB auch einmal nach Österreich kommt?


Es ist nicht so, dass wir nicht in Österreich spielen wollen. Liebend gerne! Aber wir sind wie alle Bands auf einen Veranstalter angewiesen, der uns einlädt und die Arbeit vor Ort in die Hände nimmt. Wir bekommen sehr oft die Frage gestellt, wieso wir nicht mal in dieser oder jener Stadt spielen und die Antwort ist eigentlich immer die gleiche: Vermittelt uns jemanden, der uns bucht, dann gerne.“


Welche Pläne hast du für die Zukunft?


Im September stehen die letzten beiden AETHERNAEUM-Shows an. Das wird sicher noch mal merkwürdig, auf der Bühne zu wissen, dass dies nun wirklich der Abschied ist. Für EDEN WEINT IM GRAB stehen auch einige Shows in diesem und nächstem Jahr an, die wir demnächst ankündigen können. Ansonsten bin ich gerade mit zwei neuen Projekten beschäftigt. Ich habe etwa 30 Songs für THE HALO TREES geschrieben, das ist ein düster angehauchtes Indie-Rock-Projekt, das mir vor allem die Chance gibt, mich als Sänger in einem ganz anderen Bereich weiterzuentwickeln. In diese Songs fließt gerade sehr viel Herzblut. Ich weiß noch nicht, wie sich THE HALO TREES entwickeln wird – ob auch als Live-Band etc. – aber es wird sicher in den nächsten Monaten Releases geben und wenn es nach mir geht, möchte ich das Ganze gerne so groß wie möglich aufziehen. Und dann habe ich mit Ex-FLOWING TEARS-Sängerin Helen Vogt in den letzten fünf Jahren, wann immer mal Zeit war, an einem Projekt namens LIGHTHOUSE IN DARKNESS gearbeitet. Ich habe die Songs geschrieben und produziert und sie singt. Sie hat eine Wahnsinnsstimme. Das Ganze bewegt sich irgendwo zwischen Trip-Hop, Filmmusik, elektronischer Musik und Rock. Eine spannende und nicht alltägliche Mischung, finde ich. Wir haben das erste Album im Kasten und suchen gerade nach labeltechnischen Möglichkeiten für die Veröffentlichung. Und wenn das alles durch ist, werde ich wohl gegen Jahresende damit beginnen, neues EDEN WEINT IM GRAB-Material zu schreiben.


Und abschließend noch einige Worte an unsere Leser und eure Fans?


Danke für die Unterstützung und an alle Leser fürs Lesen ;-)


Vielen Dank für die Beantwortung meiner Fragen und alles Gute für die Zukunft!



www.edenweintimgrab.de

Autor: Metalmama

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Beitrag vom 25.08.2017
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