Interview mit SCARGOD - Unbeirrt durch Terror, Angst und Zerstörung


Mit "Stay In Track" meldet sich die österreichische Untergrund-Sensation SCARGOD nach längerer Pause und komplett neuem, aber schlankem LineUp zurück. Warum sich das Album trotz undergroundigen Sound mehr als lohnt, fanden wir bereits im Review zu dem Album heraus. Wie das Teil entstanden ist, erklärte uns Mastermind Martin Moser im Interview.


Hey Martin, bei SCARGOD hat sich die letzten Jahre so Einiges getan. Kannst du kurz zusammenfassen, was die wichtigsten Änderungen und Geschehnisse seit dem letzten Album waren?


Hallo Max, freut mich, dass wir bei earshot.at die Chance auf ein Interview bekommen. Dank gebührt. Es hat sich einiges getan in den letzten Jahren, wie eh bei jedem Album von SCARGOD, deshalb auch das unregelmäßige Veröffentlichen. Wir haben wieder eine neue Plattenfirma. Bei jeder Plattenfirma hatten wir bis jetzt das Pech, dass diese Pleite gemacht haben und wir dadurch Geld verloren haben (dies war auch bei SHADOWS´ GREY schon so – hey wir hatten Ö3 Airplay!). Bei Noisehead Records kam die CD nicht einmal mehr auf den Markt und ich konnte diese nur noch online veröffentlichen, nachdem ich mir die Rechte wieder geholt habe. Einzige Genugtuung ist einfach die, dass ich denen in unregelmäßigen Abständen den Gerichtsvollzieher schicken kann, da ich die Klage gewonnen habe. Das nervt mich schon sehr…
Besetzungswechsel sind eh immer der Fall, da ich SCARGOD, mit Ausnahme der Anfangszeiten (wo auch SHADOWS´ GREY eine Rolle spielten), als Projekt ansehe, bei denen ich gerne mit anderen Musikern aus aller Welt zusammenarbeiten möchte und mir auch die Möglichkeit gegeben wird. Warum auch immer. Deshalb verabschiede ich mich von den meisten Musikern in aller Freundschaft. Darum wurde auch die Live-Besetzung bzw. die als Band angegeben Musiker nach der Tour mit MASTER entlassen.
Ich genieße den Status Mastermind mittlerweile selbst sehr, da ich kein einfacher Mensch bin, der gerne andere Meinungen zulässt, nur von Dominik, der auch weiß wie ich ticke. Aber ansonsten… naja…
Ansonsten habe ich nix anderes getan, als an den Songs zu feilen.





Wie kam die Entscheidung, nur als 2-Mann Band weiterzumachen, anstatt wieder eine komplette Truppe zusammenzustellen?


Eher durch Zufall. Ich hab wieder mein Ding gemacht, hab mit Gastmusikern gearbeitet. Darunter war auch Wolfgang Rothbauer, der ja seit vielen Jahren ein guter Freund von mir ist, den ich unbedingt auf zwei Songs haben wollte (hat er schon mal bei dem Song „Lust“ auf der SHADOWS´ GREY gemacht). Nach einigen Telefonaten wollte er mehr und schnell waren wir uns einig, eine Zusammenarbeit zu wagen. Und dafür bin ich sehr dankbar, denn durch ihn haben die Songs eine ordentliche Reife an den Lyrics erhalten. Nicht nur das. Sein Organ ist einfach genial und bedarf keiner weiteren Beschreibung. Er kann das einfach. Außerdem hat nicht jeder sein musikalisches Idol aus Österreich (THIRDMOON) als fixe Besetzung in der Band…


Wie ist „Stay In Track“ entstanden und was war die Idee dahinter?


Naja, ich schreibe ja eigentlich immer an neuen Songs. Fast jeden Tag. Das holt mich vom Stress des Alltags wieder runter. Meine fast 20 Jahre alte Gitarre, die immer verstimmt ist, liegt immer irgendwo rum und danach muss ich regelmäßig greifen. Wenn ich mehrere Riffs gesammelt habe, werden diese erst mal programmiert, um diese ja nicht zu vergessen, dann entsteht schön langsam alles drum herum. Manchmal kann ein Song auch an einem Tag entstehen, je nach Lust und Zeit und Laune. So entstand eben auch Stay in Track. Eine Idee hinter irgendwas gibt es im musikalischen Bereich sowieso nicht – also beim Songwriting. Ich schreibe das, was mir gerade in den Sinn kommt und das wird halt umgesetzt. Bei SCARGOD ist das eben sehr, sehr schräges Material mit dem nur die wenigsten was anfangen können, mich aber sehr befriedigt.


Gibt es ein Konzept oder zusammenhängende Texte?


Nein, kein Konzept. Alles einzelne, in sich zusammengehörende (wenn man davon sprechen kann) einzelne Songs. Ursprünglich wollte ich über die Negativität der Religionen schreiben und benutze daher das Wort Gott sehr oft, aber letztendlich bin ich, im Gegensatz zum letzten Album, bei tagesaktuellen Problemen, die diese Welt beschäftigen, geblieben. Ob das nun den Mensch, das Tier oder die Natur betrifft.


Und wie passt das Artwork dazu?


Der Titel "Stay In Track" kam mir im Winter beim Schifahren. Dort steht bei jedem Schlepplift „Stay in Track“ – also in der Spur bleiben. Ich bin aber keiner, der gerne in der Spur bleibt, nicht mal beim Schlepplift fahren. Ich fahre gerne meine eigenen Wege und so ist das auch im Leben. Obwohl ich aufgrund meiner Arbeit und meiner Familie eben in der Spur bleiben muss, bin ich doch ein Rebell, der gerne gegen den Strom schwimmt. So ist der Titel entstanden, denn irgendwie müssen wir alle halbwegs in der Spur bleiben, ob wir wollen oder nicht. Bzw. wird uns diese Spur vorgegeben. Ob wir wollen oder nicht.
Cover und Album-Titel passen daher gut zusammen, denn das Kind spielt rigoros in seinem Zimmer weiter, obwohl ringsherum dessen Welt aufgrund von Terror, Angst, Zerstörung kaputt geht. Es lässt sich nicht beirren. Auch wenn es ihm anders diktiert werden soll. Das Kind sucht sich seinen eigenen Weg um glücklich zu sein. Nur, und das ist das Dunkle an dem Bild. Irgendwann heißt es dann aber auch da: Stay in Track!



SCARGOD lässt sich schwer in eine Schublade stecken und kennt nur wenige Grenzen - wie würdest du euren Sound beschreiben?


Ich lasse mich einfach nicht in einem Genre einsperren. Das ist doch langweilig. Selbst hör ich Musik von A-Z und das nicht nur im Metal. Wenn ein Song gut ist, dann hör ich mir den an und selbst wenn es sich um Ö3-Pop oder Rap handelt. Da bin ich offen für alles und das hört man dann auch in meiner Musik. Und genauso offen und vielfältig ordne ich auch "Stay In Track" ein. Eine richtige Genrebezeichnung lässt sich da nicht wirklich finden. Was ich auch als gut empfinde.


Ihr habt den Erlös des Werkes für einen guten Zweck gespendet, was kannst du uns dazu erzählen?


Ja. Das ist uns wirklich ein Anliegen. Wir sind beide Familienväter. Wir haben gesunde Kinder und funktionierende Familien mit den üblichen Problemen. Uns geht es gut. Anderen geht es nicht gut und wenn ich jeden Tag in die lachenden Gesichter meiner Kinder schaue, musste ich feststellen, dass ich in irgendeiner Form etwas zurückgeben will. In unserem Fall halt mit Geld. Wir wollen 5.000,-- Euro sammeln und diese dann übergeben. Warum die Hälfte des Reinerlöses? Naja, die andere Hälfte ging für die Produktion drauf… Und richtig verdienen tust du ja eh nicht in unserem Genre als kleine Band… Und die Schmetterlingskinder sind in dieser Hinsicht wirklich sehr, sehr beeinträchtigt. Deshalb fiel die Wahl auf DEBRA Austria.
Die DEBRA Austria unterstützt eben diese Kinder mit Linderung der Schmerzen, gibt ihnen Hoffnung in Form von Forschung und sucht nach Heilung. Derzeit ist die Krankheit aber immer noch unheilbar und daher brauchen diese Kinder einfach Unterstützung.





Du hast dir auch einige Gastmusiker für das Album geholt. Wie kam es zur jeweiligen Zusammenarbeit?


Das war nicht schwer. Malthus kenne ich schon seit der letzten SCARGOD Produktion. Da war der Weg zu ihm schnell gefunden. Dominik kenne ich seit den Anfangstagen von SCARGOD und SHADOWS´ GREY . Also seit 2004. Der ist immer mit dabei. Ob er will oder nicht ;-) Wir haben schon eine gute Freundschaft entwickelt. Wolfgang wurde eh schon erwähnt. Jon habe ich auf dem letzten Output von ACID DEATH gehört, die mit uns auf Europatour waren. Da genügte auch ein Anruf und genauso war es bei George. Der war mit uns auch auf Europatour und wir haben eine angenehme Freundschaft entwickelt. Von daher war er auch Feuer und Flamme. Er konnte es kaum erwarten, endlich Material zu bekommen. Jan und auch Mario kenne ich schon sehr lange. Die beiden haben das SHADOWS´ GREY Album „Bonjour Tristesse“ (2011) gemixt und gemastert. Seit damals arbeite ich immer wieder mit den beiden im Dreamsound Studio in München zusammen. In ein anderes Studio will ich nicht mehr. Den Fehler habe ich einmal gemacht und das hat Zeit und Nerven gekostet. Jan war dabei, kam zwischen zwei Auftritten mit seiner Cover Band vorbei und fertig war die Sache.

Mario hat sich zu einem wirklich guten Freund entwickelt. Auch wir beide hatten unseren großen Streit, der sich aber zum Positiven entwickelt hat und ich von daher auch kein anderes Studio mehr aufsuchen möchte und werde. Er macht seine Arbeit hochprofessionell und hat "Stay In Track" wirklich gerettet. Dafür kann ich ihm nie genug danken. Er hat auch seinen Beitrag am Bass leisten wollen (Intro). Das war auch geil!

Eerie hingegen ist der Bruder von Malthus. Den hat mir Malthus empfohlen, da er viel mit Orchester macht und ich meine Orchestersachen ausgebaut haben wollte und das zu einer Zeit, wo ich mit dem Album nicht mehr zufrieden war. Er hat wirklich gute Arbeit geleistet und darauf bin ich megastolz, dass ich mit ihm zusammenarbeiten durfte. Auch wir hatten unsere kleinen Meinungsverschiedenheiten bzw. ich hab mich von anderen Leuten beeinflussen lassen, dass ich andere Künstler ihm vorziehe, dies auch schon fast getan hätte, aber letztendlich wusste ich, was ich an ihm hatte/habe. Von daher wurde alles bereinigt und bin sehr glücklich.



Ich habe schon mehrmals gelesen bzw. selber auch das Gefühl, dass euer Sound etwas anders hätte ausfallen können. Ich meine, ich finde die Songs stark, bin aus dem Sektor aber bombastische Produktionen wie von SEPTICFLESH gewohnt, da braucht „Stay In Track“ schon mehr Eingewöhnungsphase, da alles sehr „down to earth“ und etwas undergroundig tönt. Was denkst du?


Ja Max, da geb ich dir vollkommen recht. Diese High Class Produktionen sind extrem cool und hätte ich auch gerne. Nur, gerade bei "Stay In Track" war das nicht mehr möglich. Ich war in einem anderen Studio als den Dreamsound Studios und habe auch einiges daheim gemacht, um Kosten zu sparen – was ich ja muss, da ich alles alleine bezahle. Eh immer schon. Es wird also durch keine anderen Bandmitglieder geteilt oder/und es gibt keinen Vorschuss für ein Album. Mein teuerstes Hobby sozusagen. Zurück zum Thema: Billig ist aber nicht gleich gut und das habe ich zu spüren bekommen. Ich war vollkommen unzufrieden mit dem Sound und bin es im Bereich des Drumsounds immer noch. Mario Lochert von den Dreamsound Studios hat dann aber so gut es eben noch gegangen ist, gerettet und nun bin ich aber grundsätzlich zufrieden und wir haben somit, wie du es schon erkannt hast, eben einen Natursound, der sehr underground ist, verpasst bekommen. Sonst hätte ich wohl das Album überhaupt entsorgen können, denn nochmal einspielen, das war nicht mehr drinnen. Aus Zeit und vor allem aus Geldmangel.




Ist es überhaupt möglich das alles live auf die Bühnen zu bringen, wenn du nun keine fixe Band im Rücken hast?


Naja, können schon, ich bräuchte mir nur Musiker fragen und Live – Klicktracks verwenden und schon geht es los. Aber in Wirklichkeit kann ich mir das nicht mehr leisten. Oder ich will auch nicht, denn alle Musiker, die auf "Stay In Track" mitgearbeitet haben, kennen mich und meine Arbeit und werden wahrscheinlich nicht bereit für eine Tour sein ;-)


Was tut sich bei dir eigentlich abseits von SCARGOD musikalisch – gibt es weitere Bands und Projekte im Moment?


Abgesehen von meiner Tätigkeit bei SCARGOD versuche ich schon seit einem Jahr oder noch länger wieder ein Album für SHADOWS´ GREY zu schreiben, aber das kann noch dauern, denn so wirklich komme ich da nicht in die Gänge. Außerdem fehlt mir da der Dominik, der sich derzeit einfach nicht wirklich auf SG konzentrieren kann.

Ein Projekt, das sich mittlerweile zu einer Band geformt hat, nennt sich A GHOST NAMED ALICE (Trademark). Die Band setzt sich zusammen aus eben mir, dem Jürgen Dachl (ex-STORMHAMMER) an den Vocals, dem B. Aaron Resch (CRAVING FOR CHAOS) an den Drums und dem Dominik (SERIOUS BLACK) an der Gitarrenfront. Ist so eine Mischung aus Power Metal, Melodic Metal und ein wenig Melodic Thrash Metal. Das wird extrem geil! Wann da genau was auf dem Markt erscheinen wird, kann ich leider noch nicht sagen. Jetzt sind wir mitten im Songwriting-Prozess.



Und wie geht es nun mit SCARGOD weiter?


Keine Ahnung. Es ist halt mein Baby. Es wird immer wieder was geben. Jetzt arbeite ich gerade an einer 3-Track EP, die bis auf die Gitarren, auch schon fertig ist. Wann die erscheint, kann ich nicht sagen.


Danke für deine Zeit und die ausführlichen Antworten! Möchtest du noch etwas loswerden?


Ich danke dir, Max, für die Chance! Ich wünsche earshot.at alles Gute und das es euch noch lange geben möge. Ansonsten: Kauft das Album offiziell! Ihr unterstützt damit ein gutes, soziales Projekt.
Stay Metal und seid offen für alles!! Man weiß ja nie! Rock on!





de-de.facebook.com/scargodband

Autor: maxomer

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Beitrag vom 28.07.2017
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