Interview mit FACE DOWN HERO - Nie in ein Korsett zwingen lassen
FACE DOWN HERO stehen bereits seit über zehn Jahren für modernen Thrash mit hoher Qualität. Leider gelang den Jungs aus Deutschland der richtige Durchbruch trotzdem noch nicht. Vielleicht könnte sich das mit dem neuen Album "False Evidence Appearing Real" aber ändern. Wir sprachen mit Drummer Carsten über die Entstehung des neuen Werkes und vieles mehr. Hey Jungs, Gratulation zu eurem neuen Album „False Evidence Appearing Real“ – wie geht es euch jetzt nach dem Release damit?Hey Max. Ja vielen Dank. Uns geht´s super mit dem Release. Die Reviews waren bis jetzt durch die Bank bisher absolute Klasse – im Ausland sogar noch besser als zuhause, was einen natürlich nochmal mehr erfreut. Das motiviert uns natürlich sehr, denn das ist ja dann auch immer eine Bestätigung für die Arbeit die man reingesteckt hat.Was wollt ihr mit dem Titel ausdrücken?Das Acronym für “False Evidence Appearing Real” ist “FEAR”. Darum geht es letztendlich. Eine Situation wird bewusst in einem anderen Licht gezeigt und so wird Angst erzeugt bzw. kann Angst entstehen. In den heutigen Zeiten wo wir mit Fake News leben müssen, die dazu dient Leute zu manipulieren oder gar aufzuhetzen kam mir dieser Titel absolut passend und eben zeitgemäß vor. In den Lyrics auf der Platte beschäftigen wir uns ja auch zum größten Teil mit der heutigen Weltlage, mit Angst, Hetze und Manipulationen.Ihr werdet ja grundsätzlich als Thrash Metal Band bezeichnet – das wäre aber eurem Sound eigentlich nicht gerecht. Wie würdet ihr denn euch jemandem beschreiben, der taub ist?Wir haben uns in der Tat nie in ein Korsett zwingen lassen, denn dafür hören wir viel zu viele unterschiedliche Arten an Musik. Thrash Metal ist schon das Grundgerüst da Kali und ich, die beiden Songwriter, vor allem mit dem Thrash Metal der 80er und 90er aufgewachsen sind und viele unserer Lieblingsbands diesem Genre zuzurechnen sind.
Ich selber bezeichne uns eigentlich immer einfach als Metal Band, da wir aus fast allen Stilrichtungen immer mal was drin haben. Wenn ich es jemandem beschreiben müsste würde ich sagen „Nimm das Beste des 80er und 90er Thrash Metal, besonders den amerikanischen, denk dir (US) Power Metal hinzu, ein wenig klassischen Heavy Metal und würze das Ganze mit einer gehörigen Portion Düsternis und Melancholie – dann kommst du in ungefähr dran an unseren Sound.“ Was sehen wir eigentlich am Artwork?Auf dem Artwork haben wir versucht genau die Aussage des Titels darzustellen. Eine harmlose Sache erscheint plötzlich in einem ganz anderen Bild und erzeugt dadurch eine völlig überzogene Reaktion. Im Detail ist es so, dass das kleine Mädchen letztendlich nur ihre Puppe aufhebt. Im großen Schattenbild sieht das ganze so aus als würde das bedrohlich groß wirkende Mädchen jemanden erwürgen. Rechts der gesichtslose Mob reagiert wütend und bläst zum Kampf. Auf der Rückseite sieht man dann quasi die Auswirkungen davon. Klare Kampfspuren und die Menschen inkl. des Mädchens sind verschwunden. Wo seht ihr die größten Unterschiede zu den vorherigen Alben?Am ehesten in der Arbeitsweise der Aufnahmen. Wir haben sehr viel selber aufgenommen und das Material dann zur Verarbeitung ins Studio gegeben. Gitarren, Bass und Gesang haben wir in Eigenregie aufgenommen und das Schlagzeug komplett im Studio. Dadurch hatten wir keinen Zeitdruck und konnten an vielen Feinheiten intensiver arbeiten als in der Vergangenheit. Auf den Vorgängerplatten haben wir die Aufnahmen inkl. Mix und Mastering in drei Wochen am Stück durchgezogen. Diesmal haben wir das über einen längeren Zeitraum verteilt was uns insgesamt sehr gut getan hat. Einen weiteren großen Unterschied sehe ich im Sound, der diesmal sehr viel organischer rüberkommt. Gerade die Drums haben diesmal quasi den Natursound ohne große Nachbearbeitung bekommen, was mir persönlich mittlerweile sehr viel besser gefällt.Wie entstehen bei euch normalerweise die Songs?Normalerweise hat Kali irgendwelche Riffideen die er zuhause grob aufnimmt und mir dann schickt. Ich überlege mir Sachen dazu und dann feilen wir das zusammen im Proberaum aus. Es kommt auch oft vor, dass ich irgendeinen Beat im Kopf habe worüber wir dann jammen und schauen was passiert. Bei „Goodbye To All Heroes“ von der neuen Scheibe war es z.B. so, dass wir anfangs wirklich nur ein einziges Riff hatten und dazu dann wild irgendwelche Dinge ausprobierten. Diese dann immer weiter verfeinerten und so zum coolen Resultat kamen.Habt ihr euch für das Album bewusst etwas mehr Zeit gelassen? Eure früheren Werke sind ja oft relativ schnell nach dem letzten bereits fertig gewesen.Das lag zum großen Teil an unserer neuen Arbeitsweise. Wir waren mit der Art des Aufnahmeprozesses natürlich auch noch nicht vertraut und mussten viele Dinge, gerade auf technischer Basis erst für uns erarbeiten. Dann haben wir uns für das Ausarbeiten der Songs viel mehr Zeit gelassen als früher. Teils haben wir Stunden damit verbracht einen Übergang so zu kreieren, dass er 100% passt. Einen solchen Luxus kann man sich im Studio mit festgezurrtem Budget und Zeitplan natürlich nicht erlauben.
Ein ganz großer Zeitfresser war zudem die Gesangsaufnahme. Kali hat diesmal alle Zeit bekommen die er wollte und das hat er auch schamlos ausgenutzt (haha) Nein im Ernst – auch da mussten wir viel an Wissen bzgl. den Aufnahmetechniken lernen und daher hat das eben auch länger gedauert als gewohnt. In zehn Jahren seid ihr nun auf sechs Alben. Seid ihr so schnell im Songwriting oder einfach so kreativ?Ich sage immer dass wir ja die Zeit irgendwie nutzen müssen, da wir live ja so selten zu hören sind weil uns viel zu wenige buchen möchten oder gerade wieder ein Klampfer weggelaufen ist (haha)
Ich denke dadurch, dass Kali und ich bereits seit über 20 Jahren gemeinsam Musik machen und wir beide musikalisch einen sehr ähnlichen Geschmack haben, sind wir in der Erschaffung von Ideen einfach sehr schnell. Wir nehmen eigentlich kontinuierlich irgendwelche Ideen auf, auch vieles was wir letztendlich nie benutzen. Es kommt aber auch oft vor, dass wir irgendwo auf der Festplatte ein altes Riff aus einer Session finden und es Jahre später irgendwo verwenden.Was sind denn so eure Highlights und Lowlights in der Karriere mit FACE DOWN HERO?Mein persönliches Highlight war eigentlich unsere Mini Deutschland Tour mit unseren Freunden von DIABLO. Das war glaube 2009. Dann gab es auch immer mal coole Support Gigs mit alten Helden wie z.B. FLOTSAM AND JETSAM. Ansonsten ist eigentlich jeder vernünftig organisierte Gig und natürlich auch jedes Release für mich ein Highlight.
Lowlights für mich sind die vielen Gitarristenwechsel die wir seit dem Ausstieg von Jens in 2009 haben. Negativer Höhepunkt da war ein Gitarrist der uns zum Studiotermin versetzt hat. Das ist dann leider auch ein Hauptgrund, dass wir uns auf dem Livesektor in den letzten Jahren so rar gemacht haben. Ich hoffe wirklich, dass wir da in naher Zukunft den Posten mit einer Konstante besetzen können. Mich nervt das kolossal da wir dadurch immer wieder in anderen Aktivitäten ausgebremst werden Nachdem ihr ein paar Gitarristen immer wieder mal kurz im LineUp hattet, seid ihr dann einfach zu dritt geblieben – warum habt ihr euch dazu entschlossen?Ja das sieht in der Tat so aus weil wir die letzten drei Scheiben quasi immer zu dritt eingespielt haben. FACE DOWN HERO soll aber in jedem Falle ein Quartett sein. Wir haben wie gesagt leider auf dem Gitarristen-Posten ein massives Problem seit Jens, der mit uns drei Scheiben eingespielt hat, 2009 ausgestiegen ist.
Alle Nachfolger blieben leider nicht sonderlich lang aus den unterschiedlichsten Gründen. Wir sind aber bestrebt, dass wir auf dem zweiten Gitarristen-Posten bald wieder solide besetzt sind. Wir haben uns also nicht dazu entschlossen und wollen den Status auch schnellstmöglich ändern.Habt ihr bewusste - musikalische oder auch umweltbedingte - Einflüsse beim Schreiben eurer Songs?Hmm, nein das glaube ich nicht. Wir wissen mittlerweile sehr genau wie wir klingen wollen und lassen uns da von außen eigentlich sehr wenig beeinflussen. Zumindest nicht bewusst. Klar kann es sein das man in heutigen Zeiten in denen man von der politischen Lage, dem ganzen Hass und der Gefühlskälte der Menschen manchmal aggressiver an einen Song geht. Uns als Band macht so was zumindest aggressiv und daher möchte ich nicht ausschließen dass wir uns dadurch unbewusst beeinflussen lassen. Also insofern als Antwort ein „Vielleicht“.Wo sucht ihr für die Texte eure Inspiration?Das geht auch querbeet bei uns. Ein überwiegender Teil der Texte auf FEAR handelt von der aktuellen Weltlage. Das ist sicherlich dieses Mal ausgeprägter als auf früheren Platten wobei wir immer schon polit- oder gesellschaftskritische Themen in den Texten hatten. Es können aber auch ganz alltägliche Themen sein. „Goodbye To All Heroes“ beispielsweise handelt vom Verlust geliebter Menschen. „Legion“ wiederum handelt einfach von einem meiner Lieblings PC Games Mass Effect. Wir setzen uns da keine Grenzen was Thematiken betrifft – Hauptsache es ist nicht zu platt. Wie sieht es mit Festival- und Tourplänen aus?Leider ist das aufgrund des chronischen Gitarristenmangels dieses Jahr wieder etwas mau. Wir arbeiten derzeit einen zweiten Klampfer ein der uns zumindest Live aushelfen will. Dadurch erhoffe ich mir, dass wir dann zu Ende des Jahres noch ein paar coole Shows zusammen bekommen und dann nächstes Jahr auch festivaltechnisch mehr machen können.Danke für die Zeit, möchtet ihr noch etwas loswerden?Ebenfalls vielen Dank für die interessanten Fragen und an alle die das hier lesen. Natürlich auch an alle die unsere Scheibe gekauft haben und an die die es hoffentlich noch tun werden! facedownhero.de
Autor:
maxomer Weitere Beiträge von maxomer
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