Interview mit LEAVES EYES - Abschalten vom täglichen Stress


LEAVES´ EYES gehören zu den bekanntesten Vertretern des Symphonic Metal. Die Norwegisch/Deutsche Truppe hat dieses Jahr ein neues Album mit dem Titel "King Of Kings" veröffentlicht und danach waren sie auf großer Europatour, die sie auch nach Graz geführt hat. Sängerin Liv Kristine hat sich Zeit genommen und stand uns für ein äußerst nettes Interview zur Verfügung.


Hallo! Wie war der Tourstart und warum gibt es in Österreich nur dieses eine Konzert in Graz?


Das wundert mich auch warum es nur dieses eine Konzert gibt. Wir würden natürlich auch gerne in Wien oder Salzburg spielen. Ich weiß es nicht. Vielleicht liegt es am Timing, dass da andere Bands unterwegs sind. Es ist ja ein beliebter Monat. Aber wir sind jetzt zumindest da und wir freuen uns auf heute Abend. Ich war schon downtown mit meiner Family und ich finde es sehr schön hier. Gestern war toll. Da hatten wir eine Wikingershow, weil viele von den Wikinger-Sippen wohnen in der Nähe vom Schwabenland und Bayern, und wir waren in Mannheim. Da sind viele in voller Montur hingekommen, sind in voller Montur auf die Bühne marschiert und das war echt super. Falls es hier in Graz auch Wikinger gibt, dann dürften die durchaus auch auf die Bühne kommen.




Wer hat eure Vorbands ausgewählt und habt ihr DIABULUS IN MUSICA und MELTED SPACE vorher schon gekannt?


Ja, wir kannten sie schon vorher. Die Zuberoa von DIABULUS IN MUSICA hat mit mir am Metal Female Voices Fest in Belgien ein Duett gesungen, und wir haben eine gemeinsame Freundin nämlich die Maite Itoiz, die auch mehrmals mit mir auf unseren Alben gesungen hat. Maite ist eine gute Freundin von mir und zugleich die beste Freundin von Zuberoa. So schließt sich der Kreis und mit MELTED SPACE hab ich ja schon einige Lieder für den ersten Release eingesungen, und wir kennen uns auch schon sehr lange. Wir haben einfach so die Anfrage in die Welt gesetzt, und da haben die beiden Bands sich gemeldet. Großartig!


Ihr habt ja zwei Band-Projekte - LEAVES´ EYES und ATROCITY. Wie trennt ihr die beiden voneinander?


Eigentlich ist das überhaupt kein Thema, weil egal was wir machen LEAVES´ EYES, ATROCITY oder meine Soloband, wir machen immer ein Album fertig bevor wir mit dem nächsten beginnen. Wir haben auch im Tonstudio bei uns zwei große Regien, das heißt, wir arbeiten immer sehr intensiv. Wir sind zum Beispiel mit Gitarren und Gesang beschäftigt in Regie 1, währenddessen Alex in Regie 2 am Mischen von anderen Liedern ist. So läuft alles parallel und sehr intensiv, und das ist echt schön, weil da kann man sich dann richtig konzentrieren auf die Kompositions- und Produktionsphase, und letztendlich auf die Mix- und Masterphase. Manchmal kommen auch Bands von außerhalb zu uns, wir produzieren auch andere Bands, das ist auch schön.


Wie ist es zur Verbindung Norwegen/Deutschland gekommen?


Anfang der 90er-Jahre hab ich eine Band gegründet namens THEATRE OF TRAGEDY und dadurch haben wir etwas Wunderbares erschaffen, nämlich das „The Beauty And The Beast“-Konzept. Und wir haben damals da oben in der Dunkelheit Norwegens wohl eine sehr gute Idee gehabt, da wir sofort einen Plattenvertrag bekommen haben. Und derjenige der uns gesignt hat war Alex bei Massacre Records in Deutschland. Er ist dann auf eine große Tour mit ATROCITY als Headliner gegangen und hat uns gefragt, ob wir nicht mitkommen würden. Da hat es aber dann noch zwei Jahre gedauert bis wir endlich gemerkt haben „Hoppla“! Alex steht eigentlich auf langbeinige Gazellen mit roten, glatten Haaren und ich bin blond, hab lockige Haare und bin sportlich und nicht so groß. Und ich fand immer so sportliche Typen mit Glatze interessant. Also genau das Gegenteil und deshalb ist es auch gut. Wir kennen uns seit 20 Jahren, zusammen sind wir seit 18 und verheiratet sind wir seit 12!


Nun zu eurem Album "King Of Kings" - Es geht dabei ja um König Harald. Die meisten hier wissen nicht sehr viel über ihn. Warum war er euch ein Album wert?


Ich bin bei Stavanger in Norwegen aufgewachsen und genau an diesem Fjord Hafrsfjord und dort hat eine ganz entscheidende Schlacht stattgefunden. Das war im Jahr 872. Harald Schönhaar hat diese Schlacht gewonnen über viele andere Mini-Semi-Könige und hat es dann tatsächlich geschafft, einige große Teile von Norwegen unter seiner Macht zu haben. Er hat dann auch politisch schon einiges in Gang gebracht was für Norwegen und Skandinavien später wichtig war. Und hinter jedem starken Mann steht auch eine starke Frau! Snorri Sturluson hat darüber ein paar hundert Jahre später geschrieben. In seinen Königssagen steht es geschrieben, dass Harald sich in eine Prinzessin verliebt hatte, und die hat zu ihm gesagt: „Du kannst mich mal“! Erst wenn du der erste König von Norwegen bist, dann kannst du mich haben. Da hat er gesagt: „In Ordnung meine Blume, ich mache das, ich regle das!“ Das hat zehn Jahre gedauert und bis dahin hat er seine Haare und seinen Bart nicht geschnitten und gekämmt. Als er sie endlich heiraten durfte hat er sich schön frisiert. Ich bin ja mit der deutschen Version von Harald Schönhaar verheiratet – das passt auch! Mit dieser Geschichte bin ich aufgewachsen und das ist einfach Legende. Es wurde in diesem Hafrsfjord noch nie ein Wikingerschiff gefunden und der Boden ist auch sumpfig, da könnte man viel zerstören, also belassen wir es dabei und sagen, die Sage ist schön, es gibt ein paar Fakten und sehr viel Mythos drumherum und das ist gut so. Wir sind trotzdem sehr stolz darauf!




Befasst ihr euch gerne mit historischen Themen?


Ja, sehr gerne! Geschichte hat mich schon immer interessiert und gerade das Mittelalter und die Wikingergeschichten mit dem Paganismus hat mich immer interessiert, und meine Eltern haben mich auch immer gelassen mit meinen Interessen und auch mit meinem Musikgeschmack. Und ich finde auch, der Sound von LEAVES´ EYES passt einfach auch zu dem was ich verkörpere und womit ich aufgewachsen bin. Mein Nachname – nicht Krull, das ist der Schwäbische Teil – sondern Espenæs, da ist der zweitletzte Buchstabe eine Rune und der Name ist sehr, sehr selten. Aber dieser Name reicht sehr weit zurück ins Mittelalter und es ist sehr interessant, wenn man mit der Ahnen- und Familienforschung anfängt. Und in LEAVES´ EYES steckt auch das Ganze. Dass ich mein Norwegen natürlich vermisse ist klar!


Was ist für euch die Grundaussage dieses Albums?


Dass man träumen darf, dass man abschalten sollte wenn es irgendwie geht vom alltäglichen Stress. Ich finde es so schön, Kunst ist da wenn man sich vom Alltag in eine besser Welt versetzen möchte. Auch wenn es nur ein Lied mit 3,33 Minuten ist – es ist egal. Man sagt ja immer, man muss meditieren, man muss runterkommen damit man keinen Herzkasperl kriegt, wir werden ja wie gejagt durch unser Leben. Es gibt so viele Verpflichtungen hier und dort. Ich finde dass Kunst uns runterbringen soll, man kann es Meditation nennen, man kann es Musikliebe nennen - egal. Dafür ist unsere Musik und unsere Kunst da, um allen etwas Wunderbares zu schenken und auch Nützliches. „King Of Kings“ hat durchaus historische Relevanz und auch die „Vinland-Saga“, unser zweites Album, da ging es um Leif Erikson und die Entdeckung Amerikas 400 Jahre vor Kolumbus. Ja, da kann man einiges für sich aufpicken. Sei es Historisches oder eben diese wunderbaren Klänge. Kunst hat so viel zu bieten.


Seid ihr mit dem Echo darauf zufrieden?


Sehr! Es ist echt der Wahnsinn gewesen und das ist es immer noch. In manchen Ländern ist das Album später erschienen und es ist wirklich top. Wir sind begeistert von den Rückmeldungen unserer Fans, von der Plattenfirma, von den Journalisten weltweit. Es ist absolut fantastisch und es ist auch hier und dort in den Charts gelandet, da haben wir uns auch riesig gefreut. Wir wissen, dass wir uns verlassen können auf unsere Fans – ohne euch wäre das gar nicht möglich.


Welches war bisher das wichtigste Album für eure Karriere und hat euch die meisten Türen geöffnet?


Das ist echt schwierig zu sagen weil wir alle Alben mit diesem Gedanken „Jetzt aber“ machen! Thorsten unser Gitarrist, mein Mann Alex und ich, wir sind Perfektionisten und basteln so lange rum, bis wir alle drei zufrieden sind. Natürlich dauert so eine Produktion dann in der Regel zwei Jahre, und wir würden nie was abgeben, was nicht für uns vollkommen ist. Deswegen ist die Frage sehr schwierig zu beantworten. Jetzt würde ich natürlich sagen „King Of Kings“, das ist es, das ist der Meilenstein in unserer Karriere. Das entscheiden aber letztendlich die Fans. Damals mit der „Vinland Saga“ haben wir auch etwas Besonderes geschaffen, und es gibt auf der Setlist noch immer Titel aus diesem Album, die man auch nicht streichen könnte. Die bleiben drin.


Auf eurer Hompage weist du, Liv Kristine, den Kriegern den Weg. Ist das auch in der Band so?


(lacht) Gestern hat der Busfahrer gefragt: „Sie sind doch die Chefin?“ da sag ich: „Das sagen die Jungs immer!“ Also wenn man irgendwas braucht, dann schon. Ich bin sehr dankbar. Ich reise ja oft mit Familie und wir haben unseren Sohn dabei und es funktioniert, dass jeder aufeinander achtet, respektvoll ist und dass der Bus sauber bleibt. Man kann viele Dinge anstellen auf Tour, aber dann draußen. Dann funktioniert es auch auf Tour. Es gibt niemals Streit. Was ich höre, was da bei vielen Bands passiert, wenn die auf Tour sind, welche Streitereien es da gibt und dass die teilweise in verschiedenen Hotels übernachten müssen. Das würde mit meiner Sippe nie passieren, ich hab echt Glück.


Was macht ihr lieber - eine Tour oder auf einem Festival spielen?


Schwierig zu sagen. So ein Wacken Open Air mit einer Show mit Wikingerschiff ist fast unschlagbar. Aber hier in den Clubs da triffst du die Leute. Hier kannst du Hände schütteln und Umarmungen bekommen. Und das ist einfach so, wir sind hier wegen unserer Fans und ohne die sind wir nichts. Und da ist es unsere Pflicht uns zu bedanken bei euch. Und das geht nur in solchen Clubshows. Bei den großen Festivals stehen viele Schlange, und dann wird ein Riegel davor geschoben und dann ist fertig, und das finde ich absurd irgendwie, aber anders kann man es organisatorisch nicht machen. Aber ich finde das immer sehr schade.




Wo würdet ihr noch gerne auftreten?


Japan! Das wäre sehr schön und das wird wahrscheinlich auch im Februar/März passieren. Ich würde natürlich auch gerne öfter in Norwegen auftreten. In Norwegen findet zu wenig statt finde ich. Island, weil dort alles noch irgendwie heilig ist was die Wikinger verkörpern, weil es eine Insel ist. Norwegen, Dänemark, Schweden haben sich modernisiert weil wir mit dem Rest von Europa zusammen sind, aber Island ist eine Insel. Das fängt schon mit der Sprache an – diese Sprache haben die Wikinger gesprochen – da würde ich gerne auftreten.


Wie sehr fehlt dir deine Heimat und wie oft kommst du noch hin?


Höchstens ein Mal im Jahr – das ist nicht viel. Gott sei dank hab ich eine Familie die in Deutschland lebt, und ich nehme sie manchmal mit auf Rundreisen – auch nach Österreich – und wir lieben die Kultur hier. Und sie sagen oft: „Es ist so schön hier und Norwegen ist so langweilig im Vergleich zu Deutschland und Österreich und zur Schweiz.“ Aber ich sage, jedes Land hat seine Glanzzeit. Wir haben in Deutschland natürlich keinen Fjord, aber ich hab die Weinberge um mich herum und das Naturschutzgebiet, und es ist fantastisch wo wir wohnen. Aber ich muss sagen, Norwegen ist ganz was Einzigartiges. Was die Natur zu bieten hat, diese Magie der Natur, der Berge und der Fjorde, das ist eigentlich das, was man „Troll“ nennt, dieses Übermächtige. Du musst es nur sehen und du bist platt. Das ist magisch!


Wie bist du zu dem Engagement bei THE SIRENS gekommen und wie hast du dich mit den beiden anderen Damen verstanden? Ich hab euch in Helsinki beim Tuska gesehen und ihr wart so richtig fröhlich auf der Bühne.


Das war vor 2,5 Jahren, da haben wir in Tschechien gespielt mit LEAVES´ EYES und vor uns war Anneke mit ihrer Truppe und komischerweise, obwohl Anneke und ich Damen waren - außer Doro Pesch natürlich – die mit so einer Metal-Geschichte unterwegs waren, haben wir uns nie getroffen. Da hab ich sie gesehen und hab mir gedacht, da geh ich einfach rein zu ihr rein und sag „Hallo“ und da waren fünf Sätze und dann kam die Frage: „Wer ruft die Kari an?“ weil eine fehlte. Wir haben dann die Nummer rausgekriegt und zwei Tage später hat mir die Anneke eine E-Mail geschickt, und hat mir geschrieben: „Es klappt, Kari will neu starten“. Sie war acht Jahre aus der Szene raus und will ein Soloalbum veröffentlichen und dann haben wir überlegt, wie wir uns nennen. Dann haben wir gleich einen Booker gefunden. Und dann standen wir da und hatten uns gar nicht genau überlegt wie wir das live machen. Dann haben wir uns entschieden – drei Sololieder, drei THEATRE OF TRAGEDY, drei THE GATHERING und drei mit uns allen drei und zwei mit Anneke. Wir haben das richtig strategisch entschieden damit das passt für alle. Das macht so Spaß mit den Mädels.


Welche Pläne habt ihr für die Zukunft?


Jetzt sind wir erst einmal auf Tour, dann kommt Großbritannien nachdem wir einmal zu Hause waren zum Wäsche waschen, dann geh ich auf Solotour mit Raymond von THEATRE OF TRAGEDY. Es wird großartig und ich freue mich. Dann geht’s nach Asien – Japan, Taiwan, China – und dann kommt die Festivalsaison. Am Ende des Jahres kommt dann bestimmt noch Amerika und Südamerika – solo oder LEAVES´ EYES – müssen wir halt gucken.




Und bitte noch einige Worte an eure Fans?


Ich möchte mich einfach bedanken bei unseren Fans – auch hier in Österreich. Ich freu mich riesig auf heute und ich hoffe, dass wir auf der nächsten Europa-Tour mehrere Gigs in Österreich spielen. Ich weiß, auf euch ist Verlass! Viele von euch kennen mich schon seit über 20 Jahren und es macht immer Spaß hier zu spielen.


Vielen Dank für deine Zeit und ich wünsche euch alles Gute für die Zukunft!

www.leaveseyes.de

Autor: Metalmama

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Beitrag vom 13.01.2016
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