Interview mit DIE APOKALYPTISCHEN REITER - Ein ganz wichtiger Schritt


DIE APOKALYPTISCHEN REITER feiern Jubiläum und aus diesem Anlass haben die Thüringer ein Buch über 20 Jahre Reitermania auf den Markt gebracht, in das sie jede Menge Erinnerungen und alte Fotos gerpackt haben, was für die langjährigen Fans ganz sicher eine interessante Zeitreise darstellt. Zu diesem Buch hat uns Gründungsmitglied Volkmar „Volk-Man“ Weber einiges erzählt.


Hallo! Ich hatte beim Release eures letzten Albums bereits das Vergnügen mich mit dir zu unterhalten. Eigentlich hätte ich euch am Samstag an Graz gesehen, aber das wurde leider abgesagt. Gibt es eine Chance, dass ihr trotzdem in nächster Zeit einmal nach Graz kommt?


Nein, weil wir nächstes Jahr Pause machen, deshalb ist 2016 sicher ausgeschlossen.




Aber ihr wart ja im Zuge der Paganfest-Tour in Österreich. Wie hat euch diese Tour gefallen und wie habt ihr euch mit den anderen Bands verstanden?


In Wien war der letzte Tourtag und da haben wir dann noch einige Streiche auf der Bühne gemacht. Wir haben die anderen Bands mit Klamauk überrascht. Die Atmosphäre im Gasometer hat sehr viel Spaß gemacht. Die Tour war ja nur zehn Tage, es war also mehr so ein Kopf-Ding. Die Tour war vier oder fünf Mal ausverkauft, aber es war immer sehr voll. Mit den beteiligten Bands war es auch sehr angenehm.


Wie waren die Reaktionen auf euer letztes Album "Tief.Tiefer" und wie sind die Songs daraus live angekommen?


Also die Songs sind live super angekommen, aber das ist ja meistens so. Das Album ist - ja ich würde ich sagen - zwiespältig aufgenommen worden, und einige Fans aus den letzten Tagen sind da nicht mehr mitgegangen. Es gab aber auch neue Leute die man vorher noch nicht gehabt hat. Das ist halt immer so ein Prozess als Band. Mittlerweile funktionieren manche Sachen auch live anders als auf Platte, da kommen dann auch immer noch andere Komponenten dazu. Insofern würde ich sagen es war ein ganz, ganz wichtiger Schritt für die Band, vor allem auch die Geschichte, dass man ein Akustik-Album dazugemacht hat, und dann haben wir auch unsere erste Akustik-Tour gespielt im Zuge des Albums, was uns ganz neue Möglichkeiten eröffnet hat was die Clubs angeht. Und wir sind bewusst rausgegangen aus diesen Metal-Clubs und waren in schönen Theatern und in Kirchen. Das hat auf alle Fälle sehr viel Spaß gebracht für eine Band, die jetzt schon 20 Jahre unterwegs ist. Einfach ein Highlight zu setzen, indem man etwas ganz Neues ausprobiert. Ich würde auf jeden Fall diese Erfahrung nicht missen wollen.


Nun zu eurem 20jährigen Jubiläum! Ihr habt für die Fans ein Buch zusammengestellt. Wie ist die Idee entstanden?


Damit nach so vielen Jahren nicht alles in Vergessenheit gerät, setzt man sich halt einmal zusammen und sagt: „Was ist eigentlich in den letzten Jahren alles passiert?“ Wir haben vieles erlebt, es gab viele Tour-Reports es gab glaube ich 50.000 Bilder, es gab ganz viele Ideen und irgendwann haben wir dann einfach angefangen zu schreiben. Vor allem ich. Ich habe ja früher die Tour-Tagebücher gemacht und erst einmal versucht, das Chaos ein bisschen zu sortieren und dann gewisse Bandphasen so nach und nach mit Bildern abzuarbeiten. Ich habe versucht die Geschichten herauszufinden die es da gegeben hat. Zu schauen, was kann man erzählen und was kann man nicht erzählen, wen muss man fragen ob man seinen Namen verwenden darf, oder wer will seinen Namen geändert haben. Also es war schon relativ mühselig im Vorfeld, aber jetzt ist es fertig und durch und ich werde es am Freitag das erste Mal in den Händen halten und bin schon sehr gespannt wie es aussieht. Es war auf alle Fälle ein Riesenbrocken und es hat mich fast ein ganzes Jahr gekostet das Buch zu schreiben. Man hat ja im Vorfeld schon gewisse Vorstellungen wie das Buch aussehen soll, der Teufel steckt ja wirklich im Detail. Da steht man zum Beispiel bei 2007 und überlegt was da auf Tour alles passiert ist, dann sucht man Bilder zusammen und das Ganze hat dann schon viel von harter Arbeit an sich. Aber man möchte dann auch für sich selbst, wenn man das Buch rausnimmt, nachlesen können, was für eine wilde Jugend man hatte und was wirklich passiert ist. Und deshalb kam es da auch gar nicht in Frage, dass man irgendeinen Ghostwriter nimmt, weil letztlich wäre der auch schier verzweifelt. Letztlich wurden auch so viele Ideen erst nachträglich eingebaut. Und ich hab dann auch gemerkt, dass das mit den Layoutern auch nicht funktioniert und hab dann alles selbst gemacht, sonst wären wir wahrscheinlich auch dieses Jahr gar nicht mehr fertig geworden.



Es haben ja mehrere zum Buch beigetragen? Wie habt ihr entschieden was ihr darin aufnehmt und was nicht?


Wir haben uns das dann eingeteilt. Der „Fuchs“ hat ja die Band damals gegründet und somit maßgeblichen Anteil. Es war dann ein bisschen wie Pingpong spielen. Ich hab angefangen die Rohentwürfe zu schreiben, wir haben das dann durchgelesen und dann gab es so Handzeichen „das könnte ich noch schreiben“. Das war dann auch ganz wichtig um eine authentische Band-Biographie aus verschiedenen Sichtweisen zu schaffen. Das macht ja sozusagen auch das Spannende an den Reitern aus, dass hier nicht fünf gleichgeschaltete Typen in einer Band spielen, sondern wir haben die Band auch immer als Mittel gesehen, sehr viele Energien zusammenfließen zu lassen. Und das ist im Buch auch ähnlich passiert. Einer hatte mehr oder weniger Anteil aber das spielt unter dem Strich keine Rolle, weil jeder am Prozess des Entstehens beteiligt war. Das Manuskript ist an vielen Plätzen – auch im Urlaub – entstanden und wurde immer wieder herumgeschickt, damit sich auch keiner übervorteilt gefühlt hat. Es sind halt Persönlichkeiten in der Band und jeder hat sein Ego, und das möchte auch gewürdigt werden.


Der Titel lautet "Wie der Weltuntergang Teil meines Lebens wurde". Wie oft ist für euch die Welt untergegangen?


Naja, das ist natürlich schon ein Wortspiel. Es war tatsächlich am Anfang, als wir noch nicht wussten, ob und wie wir ein Buch machen, hab ich so aus dem Bauch raus fünf, sechs Titel rausgehauen um einen Arbeitstitel zu bekommen. Die APOKALYPTISCHEN REITER sind ja im Christlichen Kulturkreis ein Symbol für den Weltuntergang. Wir haben das in den ersten Alben sehr häufig und deutlich zum Ausdruck gebracht. Es ist halt eine Brücke und ein Wortspiel zu den APOKALYPTISCHEN REITERN. Es soll ja auch im Buchladen erst einmal ein paar Fragezeichen erzeugen und das Interesse erwecken. Wer weiß, vielleicht steht der Weltuntergang ja kurz bevor, und wir sind ganz froh, das Buch vorher noch gemacht zu haben.


Ihr beschreibt auch eure Anfänge. Eure Jugendzeit war ja teilweise noch zu DDR-Zeiten. Wie war es für junge Metalheads zu dieser Zeit?


Metalfan in der DDR zu sein war geprägt von großem Mangel – Mangel an allem. Es gab keine Platten, es gab keine T-Shirts, es gab keine Konzerte. Was man bekommen hat über Kanäle aus dem Westen, aus Ungarn oder Polen, kopierte Tapes, oder doch mal eine Platte oder einen Radio-Mitschnitt den man von RIAS-Berlin reinbekommen hat, das war schon ein Highlight. Es gab aber dann auch in der DDR Metalradio, das uns geprägt hat. Metal war zum Glück zumindest nicht als subversiv angesehen und wurde auch gelegentlich im Radio als Ventil für die Jugend gespielt. Diese Sendungen waren natürlich immer Pflichtveranstaltungen, weil es ein Mal die Woche die Gelegenheit gab, etwas Neues zu erfahren. Es gab ja keine Zeitschriften oder sonstiges um sich zu informieren, da war das Radio dann auch ziemlich hoch angesehen. Wenn es mal ein Konzert gab, dann war das voll, egal ob das Power Metal oder klassischer Hard Rock war. Es waren Gitarren dabei und dann traf sich da alles. Die Aufgliederung in Sub-Genres war uns völlig unbekannt. Ich war damals noch sehr jung und hatte mich nicht besonders politisch engagiert, wie es vielleicht Ältere gemacht haben, die dann auch massiv angeeckt sind. Ich würde auch nicht sagen, dass Heavy Metal in der DDR eine grundsätzlich politische Sache gewesen ist, es war mehr ein Ventil musikalischer Natur um seine Energien loszuwerden. Das ist sicher in der Punk-Szene anders gewesen. Aber ich weiß auch von Leuten die etwas älter sind, dass die politisch massiv angeeckt sind, und da hat dann auch die Polizei die Konzerte gestürmt und da wurden dann auch welche verhaftet. Es gab da meist gewisse Auslöser, dass zum Beispiel irgendwelche Leute Transparente gegen den Staat mitgebracht hatten, oder jemand hatte eine staatsfeindliche Rede irgendwo gehalten. Das ging dann ganz schnell, da waren dann auf einmal 50 Polizisten da, das hat mich persönlich aber nie ereilt, und ich war auch nicht scharf darauf, ein DDR-Gefängnis von innen zu sehen. Ich bin auch immer dankbar, dass die Wende so gekommen ist, weil ich gerade aus der Kindheit in die Jugend aufgetaucht war und das Leben so bewusst erlebt habe und auch rebellieren wollte, aber in dem Moment war die Grenze offen und man konnte alles machen. Und das war ein total krasses Gefühl und ich werde auch nie vergessen wie sich das angefühlt hat – es war einfach unglaublich.




Ich hab ein bisschen in der Leseprobe geschmökert. Euer Weg als Musiker war ja doch mit einigen Stolpersteinen gepflastert. Woraus habt ihr immer wieder die Kraft genommen um euren gemeinsamen Weg weiterzugehen?


Ach, das war vor allem die Liebe zur Musik und die Liebe zum Unterwegssein. Wir sind alle so Vagabunden und unheimlich gerne unterwegs. Dann haben wir Einladungen bekommen irgendwo zu spielen und wir haben immer gefragt, ob wir noch 2-3 Tage länger bleiben können oder könnten wir das mit einem Kurzurlaub verbringen. Wir sind einfach gerne unterwegs und reisen sehr gerne, und die Band hat uns ermöglicht die Welt kennenzulernen. Das war das Eine, und das Andere war mit der Band etwas zu machen. Sich einfach musikalisch nicht zu unterwerfen und frei zu sein und alles auszuprobieren was geht. Die Band war quasi auch für uns ein riesiges Ventil für alle möglichen Geschichten, und im Proberaum herrschte immer diese ganz besondere Aura wenn halt was Kreatives passiert. Und das hat uns immer wieder gepackt. Am Anfang war ja überhaupt nicht daran zu denken, dass man davon auch leben kann und das als Vollzeit-Musiker macht. Am Anfang war die Band auch eine super Ablenkung vom Job, wo man die ganze Woche darauf hingearbeitet hat, dass man am Wochenende zwei Gigs irgendwo spielen kann, egal wie weit man dafür fahren musste. Und nachdem sich alles so gut ergeben hat und wir die Jobs abgeben konnten und nur noch die Band hatten, da gab es dann auch irgendwo einen Stolz zu sagen „Es hat funktioniert“ und alle Energie die wir da reingesteckt haben, hat sich ausgezahlt und wir können diesen Traum, Musiker zu sein, auch leben. Es gab natürlich auch schwierige Momente aber es gab immer mehr Fröhliches, was die ganze Sache auch aufgewogen hat. Und so lange es immer mehr Pro als Kontra gibt läuft die Band einfach.


Gab es je eine Phase wo das Bestehen der Band auf der Kippe war?


Naja, jetzt im Moment ist es so, dass wir zwar nicht aufhören aber ausruhen wollen. Wir haben angefangen um die Zwanzig, jetzt sind wir alle um die Vierzig und wir haben das Bedürfnis, mal mehr Luft an den Kopf zu lassen als zwei oder drei Monate die zwischen den Touren liegen. Deshalb haben wir uns entschlossen, dass wir 2016 überhaupt keine Shows spielen werden, was eine sehr schöne Geschichte ist, weil wir auf einmal gar keinen Druck verspüren irgendwelche Termine zu haben. Wir wollten auch einfach einmal Zeit haben für ein neues Album, das wird dann Nummer zehn – also auch eine Art Jubiläum. Sich da halt einmal richtig hineinzuvergraben ohne dass man immer wieder spielen muss, was auch ein riesiger Aufwand ist. Das wollen wir einfach mal ein Jahr lang nicht haben. Es ist ja ein großer Vorteil, wenn man ein Mal nicht auf den Kalender schauen muss. Wir haben 2015 sehr viel gespielt, das Buch geschafft und jetzt sind wir erst einmal im Urlaubs-Modus, und jetzt kann jeder erst einmal ein paar Wochen abtauchen und muss nicht an die Band denken. Und irgendwann geht es wieder los, wir treffen uns, dann kommen die Ideen auf den Tisch und dann wird wieder geschrieben und komponiert.


Wann wird das Buch erscheinen und wo wird es zu kaufen sein?


Das Buch erscheint Mitte November und gibt es überall im Buchhandel zu kaufen, auch bei Amazon oder bei uns im Web-Shop über die Reitermania-Seite (www.reitermania.de). In unserem Webshop gibt es das einzige Exemplar das signiert ist und da ist auch noch ein Tourpass dabei. Ansonsten in jedem Buchladen.


Und zum Abschluss noch ein paar Worte an eure Fans?




Tja, wir haben dieses Jahr schon ganz viele Worte an die Fans verloren auf der Bühne, auch über unsere Pause und dass die Biografie erscheint. Es ist sicher eine gut Gelegenheit, das konzertfreie Reiter-Jahr zu überbrücken. Ansonsten bedanke ich mich bei unseren Fans für die Treue über die ganzen Jahre hinweg, und ich hoffe, wir sehen uns dann 2017 mit dem zehnten Album in aller Frische wieder.


Dann bedanke ich mich und wünsch euch alles Gute für die nächsten 20 Jahre!



www.reitermania.de

Autor: Metalmama

Weitere Beiträge von Metalmama


Zurück

Beitrag vom 11.01.2016
War dieses Interview
interessant?

0 Stimmen
Diesen Beitrag bewerten:
  
Diesen Beitrag per E - Mail verschicken:
An:
Von:
Kommentar: