Interview mit MORGOTH - Wie Religion missbraucht wird


Im Zuge ihres Auftrittes am Blastfest in Bergen/Norwegen hatten wir die Gelegenheit mit den Gitarristen Harald Busse und Sebastian Swart sowie der neu dazu gekommene Vocalist Karsten "Jagger" Jäger von der Deutschen Death Metal Band MORGOTH zu sprechen. Sie haben Ende März ein neues Album mit dem Titel „Ungod“ veröffentlicht – darüber und auch über ihre wechselvolle Bandgeschichte haben sie mir einiges erzählt.


Ich freue mich, dass ihr mir ein bisschen Zeit widmet.
Wie ich gelesen habe, seid ihr so wie ich das erste Mal in Bergen!



Sebastian: Ja, das erste Mal in Norwegen – generell!


Und wie ist so euer Eindruck davon?


Sebastian: Bergen ist eine tolle Stadt. Wir waren heute oben mit der Seilbahn auf dem Berg. Es ist eine schöne Stadt. Aber die regenreichste Stadt Europas. Und mit dem Alkohol ist es auch ein Problem hier.


Karsten: Man kommt sich fast ein bisschen vor wie in Ami-Land!


Sebastian: Gestern auf dem Flughafen wurden wir auch von einem Drogen-Spürhund abgesucht.




Ja wenn so düstere Gesellen kommen!
Wie hat euch euer Auftritt gestern gefallen?



Harald: Es war super, es hat uns sehr gefallen. Der Saal war gut gefüllt, die Reaktionen der Leute waren super – es hat echt Spaß gemacht.


Sebastian: Also für Norwegen muss ich sagen war es wirklich gut. Da wir hier noch nie gespielt haben war es schon eine sehr gute Akzeptanz.


Karsten: Man hat am Publikum gesehen dass sich die Leute auch gefreut haben. Das ist bei MORGOTH generell so – du guckst in die Augen der Leute und die Augen strahlen!


Sebastian: Wir sind eine Band die Freude macht! (lacht)


Karsten: So sollte Death Metal auch sein!


Kennt ihr andere Länder in Skandinavien?


Sebastian: Ich arbeite für ein Skandinavisches Unternehmen und bin öfter in Schweden und Finnland unterwegs.


Harald: Und als Band haben wir mal in Kopenhagen gespielt, aber ansonsten sind wir noch nicht groß mit der Band in Skandinavien angekommen.


Wie ist euer Bandname entstanden? Seid ihr Tolkien-Fans?


Sebastian: Also wir persönlich wie wir hier sitzen eher weniger. Der Bandname ist damals von unserem alten Schlagzeuger entstanden – er war großer Tolkien-Fan und hat die Trilogie und den „Hobbit“ gelesen und so hat er den Bandnamen genommen.


Karsten: Also ich bin ein großer Fan!


Ihr habt eine ziemlich wechselvolle Bandgeschichte hinter euch mit einer Pause von mehr als zehn Jahren. Wie findet man nach so langer Zeit wieder zusammen?


Sebastian: Es war so, dass wir 2010 ein paar Anfragen bekommen haben von Promotern, denn 2011 war 20 Jahre „Cursed“-Jubiläum und da bekam ich ein bisschen Lust drauf wieder etwas zu machen. Da ist es uns selbst erst einmal klar geworden dass es bereits 20 Jahre waren. Und Mark und ich haben uns gesagt, dass es schön wäre wieder etwas zu machen, aber das könnte auch nach hinten losgehen, und wenn dann muss halt mindestens noch Harry dabei sein. Dann hab ich ihn angerufen und gefragt ob er auch Lust hat. Er erbat sich Bedenkzeit, allerdings klingelte das Telefon bereits nach wenigen Stunden. Wir wussten auch nicht, ob das Sinn macht. Gibt es da noch eine Akzeptanz nach so langer Zeit? Wir haben dann zwei Warm-up-Shows gemacht und das lief schon ganz gut und auch das erste Festival und dann hat es wieder angefangen Spaß zu machen.




Seit letztem Jahr habt ihr auch einen neuen Sänger, der auch bei DISBELIEF im Einsatz ist bzw. war. Haben sich die aufgelöst oder bist du bei beiden Bands im Einsatz?


Karsten: Ich bin bei beiden. Das lässt sich gut vereinen. Ich glaube auch nicht, dass sich da irgendetwas beißt. Ist alles Planungssache! Während wir mit MORGOTH was rausbringen ist von DISBELIEF nichts zu erwarten, da arbeiten wir an etwas Neuem und das dauert noch, und da glaube ich nicht dass sich da was beißt!


Sebastian: Zumal beide Bands ja nicht so viele Shows spielen. Es sind ca. 25 Konzerte im Jahr und so haben wir auch relativ viel Freiraum das parallel zu planen.


Karsten: Und auch bei den Mitgliedern von DISBELIEF wurde das voll akzeptiert als ich gesagt habe, dass ich das mache. Ich hab alle informiert und gefragt: „Ist das okay?“ Von daher hab ich mich entschlossen das zu machen!


Wer hat dich entdeckt für MORGOTH?


Karsten: Keiner von der Band. Der Manager kennt mich schon jahrelang und hat uns auch spielen gesehen, und durch ihn ist der Stein ins Rollen gekommen. Dann bin ich ins Studio gefahren wo noch alle Musiker waren und wir konnten noch eine Session hinlegen, und dann haben alle gefunden dass es zusammen passen kann.


Ihr habt euch zwischendurch vom Death Metal weg bewegt, euer neues Album ist aber wieder purer Death Metal! Eine Rückbesinnung auf alte Zeiten oder ist es die Musik, die euch am meisten liegt?


Harald: Also wir hatten schon die Absicht ein Album zu machen das wieder sehr Death Metal-lastig ist, aber wir haben keinen bewussten Weg eingeschlagen. Es ist schon die Musik wo wir uns am wohlsten fühlen, wo wir am meisten Bock drauf hatten. Vielleicht kann man sagen, dass wir mit dem neuen Album eine Lücke geschlossen haben zwischen dem „Cursed“-Album und dem „Odium“-Album. Wir haben auch das Gefühl, dass wir da auch bei den Fans auf ein offenes Ohr stoßen werden.


Sebastian: Es war ja so, dass wir 1996 dieses „Feel Sorry For The Fanatic“ gemacht haben. In der Zeit zuvor hatten wir ja typischen Death Metal gemacht und mit diesem Album wollten wir ein bisschen abweichen davon. Wir hatten uns weiterentwickelt und es hat uns damals nicht mehr so viel Spaß gemacht. Jetzt ist das auch wieder schon so lange her und als wir dann die Reunion hatten, und angefangen haben Songs zu proben, haben wir gemerkt, dass es doch richtig schönes Zeugs gewesen sind und es macht auch wieder Spaß mit so einem großen Abstand jetzt. Jetzt machen wir auch exakt das was wir machen wollen und haben uns nicht verbogen.


Ende März wird „Ungod“ erscheinen – ich hab mich kurz eingehört und es ist doch eine ziemliche Breitseite gegen die Kirche. Was hat euch dazu bewogen und wie steht ihr allgemein zu Religionen?


Harald: Also es wird da vielleicht ein bisschen missverstanden, auch gerade vielleicht durch den Album-Titel aber eigentlich ist das nicht in erster Linie Kritik an der Kirche sondern mehr Kritik an den Religionen. Aber wenn man sich die Texte mal genauer durchliest und das in Verbindung mit dem Album-Titel sieht, hat dieses Album zwei große Themen mit denen sich die Stücke auseinandersetzen. Zum einen um den Kampf, den man mit sich selber auszuführen hat, den jeder in einer gewissen Weise mit sich selber führt. Das andere große Thema ist Religion, aber da ist die Kirche eher so ein kleiner Bereich davon. Wir sehen ja gerade was in der Welt los ist und es ist eigentlich mehr auch auf diese Thematik bezogen. Wie Religion missbraucht wird.


Sebastian: Was der Mensch aus Religion macht, was er sich zurecht legt und wie er überhaupt gegeneinander agiert. Wenn man jetzt einmal den Titel „Ungod“ nimmt und sich überlegt was das heißen soll, dann kommt heraus, dass der Mensch der „Ungod“ ist. Im umgekehrten Fall, wenn es einen Gott gibt als irgendeinen Schöpfer der alles kontrolliert, dann ist es sicher keine Person.


Harald: Der Mensch betrachtet sich ja oft als Krone der Schöpfung und hat sich Götter an seine Seiten gestellt. Manche Religionen haben ja auch gute Inhalte, aber bei der Umsetzung hapert es dann immer! Und wenn man sieht, wie der Mensch im Umgang mit sich selbst und im Umgang mit seiner Umwelt ist, ist der Mensch der „Ungott“ was den Planeten betrifft, und so sollte der Plattentitel verstanden werden.


Sebastian: Jeder Ameisenstaat funktioniert besser!




Wie lange habt ihr daran gearbeitet?


Sebastian: Ziemlich genau zwei Jahre. Ende 2012 gab es diese Barge To Hell-Tour von Miami aus und am Strand saßen wir zusammen und haben überlegt ob wir weitermachen wollen. Wir hatten ein bisschen Bedenken, ob das alles überhaupt noch funktioniert und wir Zeit haben um Songs zu schreiben, aber dann haben wir beschlossen damit anzufangen. Mit dem Internet ist es auch einfacher geworden. Man muss nicht unbedingt immer in den Proberaum sondern kann sich gegenseitig Riffs usw. zuschicken. Und erst als vieles bereits bestand sind wir in den Proberaum gegangen und haben bemerkt, dass es funktioniert. Wir haben dann so weitergemacht und Anfang Dezember war alles fertig.


Ihr habt im März eine Tour geplant und spielt auch auf einigen Sommer-Festivals. Es sind auch große Events wie Wacken und Hellfest dabei. Freut ihr euch schon darauf?


Sebastian: Nein, wir freuen uns überhaupt nicht darauf (lacht)!


Harald: Also eine richtige Tour spielen wir nicht, wir machen vier Shows im März, das sind die Releaseshows. Auf dem Wacken und auf dem Hellfest haben wir ja schon gespielt. Ganz besonders freuen wir uns auf das Hellfest, weil das ein recht überschaubares Festival ist.


Sebastian: Aber wir freuen uns auch auf Wacken und alle anderen!


Was kennt ihr von Österreich?


Harald: Also urlaubsmäßig hat es mich nach Österreich nie verschlagen, ich bin auch nicht durchgefahren – ich bin über die Lüneburger Heide mit meinen Eltern nicht hinausgekommen. In Wien war ich ein paar Mal aber sonst kenne ich nichts.


Karsten: Privat bin ich als Kind mit meinen Eltern viel auf Urlaub gewesen. Ich kann mich noch an viele Seen erinnern, sehr schön alles! Bestes Essen, beste Getränke, man kann sich schon wohl fühlen in Österreich!


Welche Pläne habt ihr für die Zukunft?


Harald: Wir werden jetzt natürlich einmal das Album promoten, die ganzen anstehenden Festivals spielen und das erst mal in vollen Zügen genießen, und weiter haben wir bisher noch nicht geplant. Mal gucken wie das läuft, und genauso wie wir uns zum Zeitpunkt der Reunion noch nicht im Klaren waren, ob wir überhaupt ein neues Album machen so haben wir auch jetzt noch keine weiteren Pläne gemacht. Wir lassen das alles einmal auf uns zukommen, und Ende 2015 werden wir sehen wohin die Reise geht.


Sebastian: Wir planen immer so von Jahr zu Jahr und denken nicht darüber nach, wo wir uns in fünf oder zehn Jahren sehen. Wir waren ja schon mal da und sind jetzt alle Anfang/Mitte 40 und haben auch noch ein paar andere Sachen. Natürlich ist MORGOTH ein wichtiger Mittelpunkt des Ganzen, aber man muss auch sehen, wo geht die Reise hin?

Karsten: Mal schauen wie die Leute die neue Platte aufnehmen. Daran wird das ja auch gemessen – wenn es die Leute geil finden wird das auch der Ansporn sein weiterzumachen.


Sebastian: Also falls wir interessante Anfragen für 2016 bekommen, dann sagen wir da natürlich zu – das ist doch in einem gewissen zeitlichen Rahmen – aber darüber hinaus planen wir nicht.




Möchtet ihr euren Fans noch etwas sagen?


Sebastian: Also ich würde sagen, vielen Dank an alle unsere Fans, vor allem in Hinblick darauf, dass sie uns 2011 – obwohl wir so lange weg vom Fenster gewesen sind – wieder so herzlich empfangen haben. Wir wussten zu Beginn nicht ob das Sinn macht oder ob sie uns überhaupt noch mögen. Aber scheinbar haben wir Anfang der 90er so viele Spuren hinterlassen, dass es doch sehr viel Nachhaltigkeit gab.


Harald: Wir freuen uns auf alle die unsere Konzerte besuchen, und hoffen dass wir mit ein paar Leuten die MORGOTH geil finden, auch noch die Gelegenheit kriegen ein paar Bierchen zu trinken, und hoffen, dass es ein erfolgreiches Jahr 2015 für uns wird.


Karsten: Ich kann nur sagen, dass es mich ehrt, die Nachfolge vom Marc anzutreten, und meine Stimme den Leuten das gibt, was die Musik hergibt und dem Ganzen den richtigen Touch geben kann.


Ich bedanke mich und wünsche euch viel Erfolg!

www.facebook.com/MorgothOfficial

Autor: Metalmama

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Beitrag vom 26.04.2015
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