Interview mit ENDSTILLE - Wacht mal auf ihr Träumer!


Die deutsche Black Metal Band ENDSTILLE ist wohl jedem ein Begriff! Nach ihrem umjubelten Auftritt beim Blastfest in Bergen/Norwegen hatten wir die Gelegenheit, dem Sänger Zingultus einige Fragen zu stellen, die er uns sehr ausführlich beantwortet hat.



Ich hab euch ja beim Blastfest in Bergen/Norwegen getroffen. Wie seid ihr zu diesem Gig gekommen?


Unser Booker war bereits im Vorjahr vor Ort und hat sich das Festival angeschaut. Darüber hinaus steht er mit Yngve Christiansen auch bei anderen Projekten in Kontakt.

Yngve selber ist ein Anhänger unserer Band und wir spielten auch bereits zusammen auf Festivals, wo er mit seiner Band BLOOD RED THRONE gebucht war. Ursprünglich wurden wir schon zur ersten Edition eingeladen, was jedoch nicht in unseren Kalender passte. Somit war klar, dass wir es für 2015 möglich gemacht haben.



Die Stimmung bei eurem Auftritt war ja echt der Hammer – nur bei euch gab es einen Moshpit. Wie habt ihr das erlebt.


Wir waren selber über diese unglaubliche Resonanz überrascht, da wir ja nicht oft in Norwegen unterwegs sind. Aber vielleicht wollten die Leute sich auch genau deshalb unser Konzert nicht entgehen lassen. Der Laden war völlig voll und die Leute mussten auf der Straße stehen bleiben, weil keinem mehr Einlass gewährt wurde. Selbst unserem Labelmanager Michael (Season of Mist) haben sie trotz AAA Pass nicht mehr hinein gelassen. Das war schon überwältigend.

Auch wir denken, dass es eine unserer besten Konzerte seit langem war. Dies ist eben nicht zuletzt auch der Atmosphäre und der Stimmung des Publikums an dem Tag geschuldet. Wir sind eben keine Vertreter dieser „No Mosh“ usw. Fraktion, sondern befürworten diesen Ausdruck von Emotionen und Gewalt. Es setzt eine besondere Energie frei, von der man auch auf der Bühne profitiert. Genau deswegen mag ich persönlich auch die eher kleineren Clubs, da sich so am ehesten ein Austausch zwischen Publikum und Band stattfinden kann.

Ich hoffe, dass sich irgendwann der Trend auch wieder dahin entwickelt, diese Symbiose zu fördern, statt sich über verwackelte Handybilder zu ärgern.




Habt ihr auch sonst noch etwas von Bergen gesehen oder habt ihr nur das Festival genossen?


Wir hatten das Glück, nicht nur für den Tag des Konzerts angereist zu sein, so dass wir an einem weiteren Tag frei von Verpflichtungen waren.



An diesem haben sich Teile der Band auch aufgemacht, um etwas Sightseeing zu machen. Eine dort lebende Bekannte der Band machte einen auf blonde Führerin (Merci July!), so dass wir unkompliziert die Sehenswürdigkeiten wie u.a. Brüggen und den Fløyen erreichen konnten und MD zu seiner Ration "Nøtte" kam. Aber mal ehrlich. Man hat dort auch schnell die gängigen Touristenziele abgeklappert. Um die wirkliche, angebliche Schönheit Norwegens zu erleben, sollte man doch eher aus die Stadt raus mit ein wenig mehr Zeit im Gepäck, heißt es.



War es das erste Mal dass ihr in Norwegen wart und wie ist euer Fazit?


Nein, wir waren schon öfters dort. Teile von uns auch privat. Es hat jeder so seine eigene Meinung und Fazit. Aber wo wir uns einig sind, ist dass das Blastfest durchaus ein großartiges und individuelles Festival ist und es sich lohnt, dorthin zu fahren. Ansonsten ist Norwegen einfach teuer und mich kotzen Länder an, die mich maßregeln wollen mit Trinkverboten auf der Straße und so einen Mist.



Ihr feiert heuer euer 15jähriges Jubiläum. Habt ihr dafür etwas Besonderes geplant?


Durchaus! Es wird in der nächsten Zeit die ersten Informationen dazu geben. Fest steht, dass wir Anfang 2016 (15 Jahre nach der ersten VÖ) in Hamburg ein spezielles Jubiläumskonzert mit unseren Wegbegleitern von TOTENMOND, ARROGANZ und noch ein paar mehr Freunden spielen werden.



Wie habt ihr damals zusammen gefunden, was hat sich für euch in dieser Zeit verändert und seid ihr mit der Entwicklung der Band zufrieden? Welche Pläne habt ihr für die Zukunft?


Ich denke, die Bandgeschichte ist hinreichend bekannt und wurde in vorangegangenen Interwies und Berichten genug durchgekaut.

Natürlich sind wir mit der Entwicklung der Band bislang sehr zufrieden, sonst würden wir nicht mehr existieren. Aber spannend ist immer erst die Zukunft. Ich lebe ja eher nach dem Motto „Was ich gemacht habe ist gut, aber was ich alles noch nicht gemacht habe, schlichtweg genial!“

Dies bezieht sich auch auf die Band, dessen Potential noch nicht erschöpft ist. Wichtig ist hierbei, dass wir uns selber nicht zu stark limitieren und uns weiter so offen entwickeln, wie wir es in letzter Zeit getan haben. Hierbei bleiben wir uns gegenüber am ehrlichsten.

Das dabei auch Leute auf der Strecke bleiben und uns nicht mehr folgen können oder wollen, ist ein Risiko, welches wir eingehen. Da können wir gut mit leben. Aber letztendlich hat die Vergangenheit gezeigt, dass sich dies wie die Sage um die Hydra verhält. Wir schlagen einem vielleicht den Kopf ab, aber fünf neue Köpfe kommen hinzu. Wir wachsen stetig und forciert auch die Zahl unser Hörer. Irgendetwas machen wir also richtig.




Ich hab euch schon ein paar Mal auf der Bühne erlebt! Was war für euch der bisher beste Event?


Das lässt sich schwer pauschal sagen, da du sicher nachvollziehen kannst, dass es kaum vergleichbar ist, auf Open Air Festivals vor Zehntausenden zu spielen, mit einem endlosen Graben zwischen dir und dem Publikum, oder halt in kleinen Lokalen, wo die Stimmung sehr intim ist. Es hat jede Show seinen eigenen Reiz und gibt den eigenen Kick.

Ich persönlich bevorzuge aber den direkten Kontakt zu den Gästen in einem kleinen Club.



Ich hatte euer letztes Album „Kapitulation 2013“ zum Review und ihr habt dafür die Texte mitgeschickt. Ich fand es toll. Was hat euch dazu bewogen?


Sie gehören einfach zu dem Gesamtwerk dazu. Jedes Lied erzählt eine eigene Geschichte oder hat eine Aussage. Es ist nicht so, dass wir einfach nur irgendetwas dazu rotzen, weil da Gesang drauf muss. Nein, vielmehr sollen diese mehr und mehr Inhalte vermitteln. Sie sind ein Teil der Kunst.


Ich muss ehrlich gestehen ich war fasziniert von euren Texten, auch wenn sie in erster Linie Hoffnungslosigkeit ausdrücken. Ward ihr selbst schon in solchen Situationen? Wie wichtig ist es euch, das Thema Krieg in eurer Musik zu verarbeiten?


Danke für das Lob!

Ich denke, unabhängig von den historisch, fundierten Texten spielt die Eingebung und Verarbeitung des Alltags in einer Gesellschaft, in welche wir uns nur bedingt gut aufgehoben fühlen, eine große Rolle.

Natürlich haben wir oberflächlich diese Kriegsthematik, aber wir versuchen mit unseren Texten auch die Hintergründe und die damit verbundenen, emotionalen Schicksale und Gegebenheiten zu reflektieren, bzw. empathisch zu vermitteln. Und die dafür nötigen Emotionen ziehen wir eben aus unserem einen Kampf. Der Krieg findet doch in unsere Gesellschaft direkt vor unserer Nase statt. Lediglich die Manipulation der Menschen hat sich gewandelt, da sie rationaler denken, als früher. Das macht es natürlich sehr einfach und ist der Grund für so viel Oberflächlichkeit.





Ich war einmal in Verdun und war sehr betroffen. Habt ihr schon Orte dieser Kämpfe besucht?


Ja, natürlich. Ich lebe als Grenzländer zu Belgien und den Niederlande am Rande des Hürtgenwaldes selber an so einem Ort. Deswegen berühren mich allerdings solche physischen Orte vermutlich auch eher wenig. Nehmen wir hier den Westwall als Beispiel. Für viele ist er ein überwältigendes Monument des 2ten Weltkrieges, welches mit entsprechendem Interesse faszinierend sein mag. Ich bin mit diesen Betonklötzen aufgewachsen und als „Öcher Jong“ gehört der Westwall zum Naturbild dieser Gegend dazu, wie die Kuh zu Wacken.


Wie glücklich schätzt ihr euch in Zeiten des „offiziellen“ Friedens leben zu dürfen?


Ich kenne es nicht anders, bin aber froh, dass sich niemand meiner Familie oder Freunde für die Ideale anderer in die Gefahr bringen muss, getötet zu werden.


Wie habt ihr es geschafft, aus der Masse von Bands aufzusteigen und zu eurem jetzigen Status als weithin bekannte Black Metal-Ikonen zu kommen! ENDSTILLE kennt ja wirklich jeder!


Durch Ehrlichkeit, Kompromisslosigkeit und Kontinuität. Bei uns geht es nicht um viel Schnick-Schnack, sondern nur um das Wesentliche. Man mag uns vorwerfen, uns immer wieder zu wiederholen. Aber dann versteht man die andere Seite nicht, welche uns vorwirft, uns verändert zu haben. Was solls… Wir scheißen drauf. Wir machen weiter und kümmern uns nicht um dummes Gerede oder Trends. Die Band ist ENDSTILLE und wird ENDSTILLE bleiben.


Wann wird es ein neues Album geben?


Im Augenblick halten wir uns ein wenig mit neuem Material zurück. Nach 15 Jahren bleibt jetzt etwas Zeit zum Verschnaufen und einem Bruch in diesem geschäftstypischen 1-2 Jahres Rhythmus. Jeder hat noch mal etwas Freiraum, neues zu probieren, aber ohne uns aus den Augen zu verlieren.

So spielen wir weiter hier und dort Konzerte, welche für uns speziell interessant sind und versuchen an Orten zu spielen, welche für uns nicht jedes Wochenende erreichbar sind.

Das ist schlichtweg der Vorteil, wenn man finanziell nicht von der Band abhängig ist. Wir MÜSSEN nichts tun, was uns nicht gefällt, um abends (oder morgens) nicht mit knurrendem Magen ins Bett zu gehen, da jeder weiterhin die Band als Hobby betreibt und einem geregelten Job nachgeht.

Ich weiß, jetzt sind wieder zig Leute geschockt, dass wir nicht von der Band leben können…. aber wacht mal auf ihr Träumer! Wir spielen in einer extremen Metalband und verhuren uns nicht nebenbei als Roadie oder sonstiges für einen Rock n Roll Traum oder machen Humpa Metal über Bier trinken und sonstigem Gefiedel, wo alle am Wochenende lustig zu tanzen und ihre Trinkhörner zu schwenken können, weil die Kutte zum Besabbern da ist, damit der Anzug für den Job in der Bank nächste Woche trocken bleibt.

Wir spielen in dieser Band, weil es uns ein Bedürfnis ist, Musik (DIESE MUSIK) zu machen. Nichts anderes zählt!!!




Möchtet ihr euren Fans noch etwas sagen?


Ja, viel… aber nicht schreiben. Das würde meinen Lust- und Zeitrahmen sprengen. Ich mache das eh lieber im direkten Austausch bei einem Getränk von Angesicht zu Angesicht. Insofern sind wir immer ansprechbar. Also.. keine Scheu! Wenn’s gerade nicht passt, dann wird man dies euch schon sagen.




Vielen Dank für die Beantwortung meiner Fragen und ich wünsche euch weiterhin viel Erfolg!


Besten Dank für dein Interesse!

www.facebook.com/Endstille.Official

Autor: Metalmama

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Beitrag vom 26.03.2015
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