Interview mit GARDENS OF GEHENNA


Vor kurzem bekam ich die neue CD "Dead body music" von GARDENS OF GEHENNA in die Finger. Siehe auch das Review darüber. Da ich ein alter Doom-Fan in, war ich gleich begeistert von den vier Deutschen. Darum kontaktierte ich die Band und Birgit, Bassistin und als Bandmitglied vom ersten Tag mit von der Partie, war so nett und beantwortete mir ein paar Fragen.


Bernadette Stiller: Wie seht Ihr Eure musikalische Entwicklung? Gibt es Unterschiede zwischen den älteren Songs, bei denen auch noch andere Bandmitglieder beteiligt waren, und den neuen Songs auf der "Dead body music"?


Birgit: Das ist immer eine sehr schwierige Sache. Als Bandmitglied hat man ja den ganzen Entwicklungsprozess jedes einzelnen Songs mitgemacht. Wirklich objektiv zu bleiben ist schwer, da verwischen schon mal die Grenzen zwischen dem, was wirklich ist und dem, was man sich wünscht. Fakt ist, dass unsere "Neuen" (Michael am Keyboard und Christian an der Gitarre) erst nach Fertigstellung der Songs zu "Dead Body Music" zu uns stießen. Sie haben die neue CD zwar mit eingespielt, waren aber an der Entstehung noch nicht beteiligt.Allerdings waren unsere früheren Bandmitglieder nicht gerade sehr kreativ, sodass alles an den Songs von Andreas und mir stammt. Natürlich wünschen wir uns, dass jedes Bandmitglied Ideen einbringt - vier Leute finden mehr Riffs oder Melodien als nur zwei - allerdings muss alles an Andreas und mir vorbei. Das ist sozusagen die Endkontrolle, wir lassen zwar gerne auch neue Einflüsse bei unserer Musik zu, wollen die musikalische Weiterentwicklung aber nicht übertreiben. Man neigt sowieso dazu, sich von den Roots zu entfernen, da das ursprüngliche Territorium nach einer Weile musikalisch und lyrisch abgegrast ist. Es hat sicher durch das Einbringen einiger elektronischer Sounds, die die ganze Musik noch kälter und bedrohlicher machen, Veränderungen gegeben, aber die entspringen nicht dem Einfluss neuer Bandmitglieder. Da ich denke, dass Du wohl noch ein Review schreiben wirst, überlasse ich die Beurteilung von "Dead Body Music" jedoch lieber Dir.


B.ST.: Ihr bezeichnet Euren Stil ja selbst auch als Doom. Nun ist aber Doom derzeit nicht mehr so modern wie noch Anfang der Neunziger. Wie seht Ihr da das Potential in dieser Musikrichtung? Kann man mit dieser Musik derzeit berühmt werden?


B.: Als ich mich kürzlich vor einem Poster von Michael Jackson fotographieren ließ und das Bild an eine Zeitung sandte, kamen kurz darauf Berge von Leserbriefen, in denen nach dem Mann auf dem Foto neben mir gefragt wurde - ne Spass beiseite: Mainstream ist das, was wir machen, sicher nicht. Um den Massen zu gefallen (oder damit die Plattenfirma glaubt, man gefalle den Massen, was dann durch die geschaltete Werbung eine Art sich selbst erfüllende Prophezeihung ist), braucht man eine positive Aussage in seinen Liedern, und die haben wir definitiv nicht. Das ist auch gar nicht unser Anliegen, wir wollen im Gegenteil immer aggressiver und depressiver werden. Wir machen keine Partymucke, unsere Songs sind keine Strassenköter, die jeden gleich anspringen, da muss man sich schon etwas Zeit nehmen, es ist Musik zum Pflegen der eigenen Depressionen, der Soundtrack zur persönlichen Niederlage oder das Heilmittel dafür. Da ich selber Fan von düsterer, langsamer Musik bin, immer auf der Suche nach neuen, dunkelen Sounds, habe ich feststellen müssen, dass fast alle meine Faves vergangener Tage zwischenzeitlich vom Sonnenschein singen, da ist nichts mehr von der ehemaligen Grundstimmung in den neuen Songs enthalten. Es gibt ja aber sicher außer mir noch 2-3 Fans dieser alten Sachen und von daher ist wohl genügend Potential vorhanden, um seine Platten an den Mann bringen zu können. OK, für einen Ferrari pro Bandmitglied oder ein Schloss als Proberaum wird es wohl nicht reichen, aber wenn wir uns keine Gedanken mehr über die Kosten für die nächste Aufnahme machen müssen, dann ist doch schon einiges errreicht, dahin muss man als Band erstmal kommen, später können wir weiter sehen.


B.ST.: Birgit, Du schreibst ja die Texte, wenn ich das auf der Homepage richtig verstanden habe. Um was geht es bei den Lyrics? Gibt es wiederkehrende Themen oder ein Konzept?


B.: Ein Konzept steht nicht hinter den Songs. Es handelt sich aber fast ausschließlich um persönliche Erlebnisse, die ich verarbeite. Man muss sich das jetzt nicht so vorstellen, dass mir täglich etwas Negatives widerfährt oder ich ein Massenmörder bin, aber gewisse Sachen bleiben doch lange im Kopf hängen und um diese negativen Ereignisse male ich ein Bild, ich erzähle eine andere Geschichte, von der ich denke, dass die gleiche Grundstimmung rüberkommt. Inwieweit mir das glückt kann ich nicht sagen, da ich - das versteht wohl jeder - auch nicht unbedingt über das, was mich negativ berührt hat, sprechen will, zumindest nicht in der Öffentlichkeit. Und dann ist ja noch Andreas da, unser Sänger. Er versteht manche Texte anders, als sie ursprünglich von mir gemeint waren und durch den Ausdruck seiner Stimme beeinflusst er sehr stark, ob ein Song als depressiv oder aggressiv empfunden wird.


B.ST.: Warum genau sind 3 von 5 Bandmitgliedern ausgestiegen?


.: Es fand kein grosser Streit statt, was man meinen könnte, wenn einfach vom Ausstieg von mehr als der Hälfte der Band gesprochen wird. Die Leute sind jeder für sich und nacheinander gegangen. Hauptgrund, dass sie die Band verlassen haben, war, dass sie alle nicht die Zeit und Energie in die Band stecken wollten, die nötig war, um Gardens of Gehenna nach vorne zu bringen. Das hatte sowohl private als auch berufliche Gründe. Wir verstehen uns mit allen noch gut, zwei unserer Ehemaligen treffen wir noch regelmässig und Micha, die Ex-Keyboarderin begleitet uns sogar noch zu Konzerten und macht manchmal Merchandise. Es ist halt nicht jeder so wahnsinnig, fast einen unbezahlten Fulltimejob neben der normalen Arbeit zu erledigen, Geld draufzuzahlen und sich über alles noch zu freuen. t


B.ST.: Was hat sich geändert durch den Ausstieg und den Einstieg der beiden neuen?


B.:Es ist schöner, nun mit Leuten zusammen zuarbeiten, die selbst auch etwas verrückt sind, denen entgangene Wochenenden nichts ausmachen, die selbst auch dazu beitragen, die Band nach vorne zu bringen. Das war lange Zeit ein schwieriges Thema bei uns gewesen, denn wenn jemand nur als Hobby und ohne allzu große Ambitionen Musik machen will, dann ist es schwer dem/derjenigen zu erklären, warum mal wieder das ganze Ersparte in neues Equipment fließen soll, oder warum man sich wirklich jedes Wochenende um die Ohren hauen soll, und auch seinen Urlaub nach den gerade angesagten Konzerten richten soll. Ich will nun unsere früheren Bandmitglieder sicher nicht beleidigen, sie waren bis zu einem bestimmten Punkt auch hinter Gardens of Gehenna gestanden, aber schon ein Studioaufenthalt war kompliziert zu organisieren, an eine Tour wäre sicher niemals zu denken gewesen.


B.ST.: Ihr habt ja schon mit vielen bekannten Bands gespielt. Ist auch bald eine eigene Europa-Tour geplant? Bzw. kann man Euch auch mal in Österreich live sehen?


B.: Wir hatten vor kurzem das Angebot bekommen, mit Mayham auf Europa-Tour zu gehen, das hätten wir natürlich liebend gerne getan. Allerdings hatte unser Gitarrist kurz zuvor seinen Zivildienst angetreten und hatte Urlaubssperre, blöd gelaufen. Mal eine Woche krank machen geht ja, aber 2-3? Wie soll man das anstellen, wenn man in einem Krankenhaus arbeitet. Jetzt hoffen wir, dass sich nochmals eine so günstige Gelegenheit ergibt, allerdings ist die Hoffnung nicht allzu groß, da wohl vom Label normalerweise die Bands bevorzugt werden, die gerade eine Veröffentlichung anstehen haben, das heißt dann aber auch, dass wir uns hinten anstellen müssen. Ich habe vor einiger Zeit eine Anfrage bekommen, ob wir nicht mit den Italienern Stormlord 2 Gigs in Österreich spielen wollten, das wäre natürlich sehr interessant, da wir noch nicht in Österreich aufgetreten sind. Die Sache ist für Dezember geplant, ich hoffe nur, dass es sich nicht als Seifenblase herausstellt, da ich von der Organisatorin schon lange nichts konkretes mehr gehört habe. Leider habe ich keinen Kontakt zu Konzertveranstaltern bei euch, aber wenn jemand dies hier liest....


B.ST.: Was ist für die Zukunft geplant?


B.: Wir schreiben fleißig an den Songs der dritten CD, sechs sind zwischenzeitlich fertig. Außerdem wäre es sehr gut einige gute Auftritte zu bekommen, um mehr Leuten unsere Musik vorstellen zu können. Bislang ist kurzfristig nicht allzuviel geplant, aber im nächsten Jahr wollen wir vermehrt auf den größeren Open Airs vertreten sein. Das "Summer Breaze" und die "Herbstnächte" stehen schon fest, und ich hoffe, dass auch das Wave-Gotik-Treffen wieder klappt. Leider ist es ja immer öfter so, dass nur bei den wirklich großen Events genügend Leute da sind, während die kleinen Opene Airs um´s Überleben kämpfen, bzw Undergroundorganisatoren sich gar nicht mehr trauen, ein Konzert zu organisieren, da sowieso nicht mehr als 50 -100 Leute kommen, wenn man nicht mindestens 3 fast unbezahlbare Bands bietet. Ansonsten lassen wir alles schön auf uns zukommen und trinken regelmässig Bier, da das für das Duchspülen den Nieren sehr wichtig ist

www.Gardens-of-Gehenna.home.pages.de

Autor: Berni


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Beitrag vom 22.10.2000
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