Interview mit AXEL RUDI PELL - Auf in den Sturm


Auf sage und schreibe 15 Studio-Alben hat es Gitarrenvirtuose AXEL RUDI PELL in knapp 30 Jahren mit seiner gleichnamigen Truppe gebracht. Das neue Werk "Into The Storm" reiht sich nahtlos in die starke Diskografie der Heavy Rocker ein zeigt erneut alle Facetten der Combo auf. Wir sprachen mit Mastermind Axel Rudi Pell selbst und erfuhren einige interessante Neuigkeiten über den Drummer-Wechsel, die STEELER-Reunion am BYH und vieles mehr.


Hi Axel, bist du schon recht im Interviewstress?


Ja klar. Ich bin seit ungefähr seit zwei Wochen dabei und es geht ziemlich ab.




Ich hoffe es macht trotzdem noch Spaß!


Ja logisch, gehört ja zu meinem Job dazu - wenn mir das keinen Spaß machen würde, dann müsste ich mir wohl einen anderen Job suchen. (lacht)


In Kürze erscheint dein neuestes und mittlerweile 15tes Album „Into The Storm“. Wie geht es dir heutzutage vor einem Release. Siehst du das als alter Hase schon recht Entspannt oder wird man eine gewisse Nervosität nie los?


Die Nervosität ist noch da. Ganz klar – wie wenn ein neues Kind auf die Welt kommt. Man ist ganz kribbelig, sag ich mal – es wird schlimmer, je näher der Termin rückt. Ich mach da im Freundschaftskreis immer so eine Wette, wie hoch das Album in Deutschland in die Charts klettert. Das ist immer recht cool. (lacht)
Ich schreib alle Wetten ein paar Wochen vorher zusammen und dann bekommt der Gewinner den ganzen Topf und kauft uns dann alle Schnaps oder so (lacht).



Tippst du da selber auch mit?


Ja klar, ich sammle zwar die Ergebnisse von den anderen, aber ich sage auch keinem, wer was getippt hat. Das macht es spannender.


Also darf ich dich nach deiner eigenen Einschätzung wohl noch nicht fragen?


Nein, dann wissen das alle, weil du postest das dann auf Facebook und alle wissen Bescheid. (lacht) Aber im Ernst – die Plattenfirma hat anvisiert, dass wir die Top10 diese Mal knacken. Der Release-Termin so früh im Jahr ist schon ok. Ich hab aber gehört, eine Woche vorher kommt eine neue von Bruce Springsteen raus, der wird natürlich Mega-viele CDs verkaufen, da wird es für uns natürlich schwer. (lacht)


Haha, wer weiß! Das letzte Album ist ja noch gar nicht so lange her, wie schnell kannst du wieder kreativ sein um dich ans Songwriting zu wagen?


Ich schreibe eigentlich das ganze Jahr, das ist kein Problem für mich. Ich muss aber sagen, dass schon fast zwei Jahre seit der letzten Studio-Platte vergangen sind. Das war jetzt für mich nicht so kurz – aber ok, wir haben dazwischen das Live-Album gemacht. Es is aber so, dass ich permanent schreibe. Es ist nicht so, dass ich mich zu einem bestimmten Termin hinsetze und Songs schreibe. Das funktioniert bei mir nicht. Wenn ich nur zwischendurch mal auf der Gitarre rumklimper, da fällt mir oft schon was ein und hab schon ein Riff. Das nehme ich dann mit dem Handy auf, damit ich es nicht vergesse. Dazu schreibe ich mir noch auf wie das jetzt gespielt ist – A-Moll, S-Moll, oder was auch immer.

Manchmal fällt mir auch einfach so unter Tags eine Melodie, Textzeile oder ein Refrain ein. Da kann es dann passieren, dass ich im Supermarkt an der Wursttheke stehe und sage, Moment mal und summ dann in mein Handy rein – die denken dann wohl ich hab einen an der Waffel. Das passiert manchmal – aber meistens ist das dann schon zu Hause. Bei den Aufnahmen zu „Into The Storm“, als ich mit dem Sound-Engeneer im Studio stand und wir versuchten den Sound für das Album zu finden, habe ich auch etwas rumgespielt und plötzlich war ein Riff da. Das habe ich aufgenommen und ist schon wieder für das nächste Album vorgemerkt. Bei mir ist das ein ständiger kreativer Prozess. Wobei natürlich auch mal vier oder sechs Wochen gar nichts kommen kann. Ist aber nicht schlimm, dafür fallen mir oft mehrere Tage nacheinander so Sachen ein.





Auf Tour funktioniert das auch?


Nein, überhaupt nicht. Da bin ich immer so mit anderen Sachen beschäftigt oder brauche meine Zeit um mich auszuruhen. Außerdem gebe ich Interviews usw. – da fehlt mir einfach die Zeit.


Hat der Titel „Into The Storm“ eine tiefere Bedeutung oder klingt er einfach cool?


Nein, es ist einfach so, dass ich zuerst das Artwork hatte und dann erst nach dem Titel gesucht. Ich wollte dieses Schiff mit dem Skull und hab mir dann gedacht, dass auf See recht stürmisch sein kann. Textlich geht es meistens um Fantasy-Sachen... die Kollegen sind wieder unterwegs, diese fünf Gestalten, die bereits bei „Oceans Of Time“ über die Meere segelten. Und die hatten bei „Into The Storm“ eine etwas stürmische Zeit.


Ihr hatte einen Besetzungswechsel. Warum hat Mike Terrana die Band verlassen und wie seid ihr zu Bobby Rondinelli gekommen?


Das ist schnell erklärt. Mike hatte mir gesagt, dass er die Tour 2014 nicht spielen kann. Den ersten Teil definitiv nicht, den zweiten Teil nur mit drei großen Fragzeichen, da habe ich ihm gesagt, dass wenn er die Tour nicht spielen kann, es auch nicht viel Sinn macht, wenn er das Album einspielt. Ich möchte nicht die CD mit dir haben und dann auf der Tour einen neuen Drummer präsentieren. Er hat dann ok gesagt, denn er hat halt seine Prioritäten wo anders gesetzt. Wir sind nicht im Bösen auseinander gegangen und haben noch Kontakt. Ich verstehe es ja auch – er ist mit TARJA auf Tour, und diese Tour dauert länger, somit verdient er viel mehr Geld als bei mir. Das ist dann logisch.

Bobby kenne ich über einen Freund von mir, Horst heißt der, ist schon lange mit ihm aus den RAINBOW-Zeiten befreundet. Der war nämlich in den 80ern mal Ritchie Blackmores Assistent, darum kennen die sich. So musste ich gar nicht lange suchen, denn er gab mir den Kontakt und Bobby gehörte schon lange zu meinen Lieblingsdrummern. Als ich ihn dann kontaktierte stellte sich heraus, dass er uns zwar vom Namen her kannte, aber sich nicht mit der Musik beschäftigte. Ich habe ihm dann einiges geschickt und er hat das geändert. Nach ein paar Tagen hat er gesagt, dass er es super findet und jetzt sind wir alle happy.



Wie laufen die Aufnahmen bei euch? Wie löst ihr das Entfernungsproblem bei dieser internationalen Konstellation und inwieweit dürfen und können sich die anderen Musiker Einbringen in die Songs?


Wir nehmen natürlich in Deutschland auf. Bobby ist von New York rüber geflogen. Es bekommt von mir auch keiner vorab Demos, die mache ich alleine zu Hause und lege alles fest. Schon inklusive Soli und selbst eingespielten Bass und auch Keyboards, die ich mir immer mit zwei Fingern zusammensuche, weil ich kein Klavier spielen kann, aber so ein bisschen klappt das. Auch die Gesangsmelodie mach ich drauf. Nach und nach spielte ich das Bobby vor und er spielte einfach seine Passagen ein und ich sage ihm was dazu, wie ich es hier und da gerne hätte. Und es war wirklich so, dass zu 80-90 % das sofort gepasst hat, nur an ein paar Stellen hatte ich Wünsche. Oder er gab mir mehrere Vorschläge. Dann kam der Basser und dann der Keyboarder. Nur Johnny hat das zu Hause im eigenen Studio gemacht, darum mussten wir Sessions über Skype machen. Er bekam Texte und Melodiebögen, die ich eingesungen habe vorab. Alle können bei diesen Sessions Vorschläge machen. Vor allem Ferdy macht immer so viele Vorschläge, dass ich da etwas überfordert bin. (lacht)


Gibt es bei den Texten eine Art Konzept?


Nein, da steht jede für sich. Alles rein fiktive Themen, die ich erfunden habe. Da geht es um verschiedene Sachen. „Power Of Lies“ handelt von jemanden der lügt, aber da geht es um niemanden bestimmten – alles frei erfunden. „When Truth Hurts“ handelt von einer Trennung von einem Pärchen. Alles etwas mystisch und Fantasy-like.




Das Album ist wieder sehr abwechslungsreich geworden. Es gibt wieder alles was man so von dir kennt. Coole Rocker, flotte Nummern, Balladen und einen fetten Epos. Wie wichtig ist dir die Vielfalt im Vorhinein oder passiert das automatisch im Songwriting?


Das passiert automatisch, weil ich ja ständig schreibe. Ich hab da einen Zettel wo, ich übertreib mal – 280 Ideen drauf sind. Ich hör mir alles nochmal an und da schreibe ich überall Kommentare dazu. Idee 72 ist ein episches Riff in F-Moll, die passt super zu Idee 238, weil da ein passender Chorus möglich ist. Aber natürlich schaue ich schon, dass ich nicht vier Stück epische Songs mit je 10 Minuten mache, auch wenn das jetzt gut machbar gewesen wäre. Da achte ich schon etwas drauf, dass ich nicht ein ganzes Album mit zehn Doublebass-Songs mache und dann eins mit zehn Balladen. Wenn mir aber jetzt partout keine Ballade für ein Album einfallen würde, dann wär das auch nicht schlimm.


Trotz der Abwechslung erkennt man dank deiner Handschrift sehr schnell einen Song als den deinen. Wie wichtig ist der Wiedererkennungswert bei ARP? Und wären ganz abgefahrene Experimente überhaupt möglich für dich?


Im Grunde genommen möchte ich und möchten auch die Fans, dass wir uns unserem Stil treu bleiben. Wir haben bei „Tales Of The Crown“ mal mit den Rhythmen experimentiert und das ging irgendwie nach hinten los. Ich möchte mich auch nicht zwingen anders zu klingen. Ich möchte das machen, was mir Spaß macht, dann klingt das auch ehrlicher. Ich lasse mich auch nicht von Trends oder Ratschlägen leiten – die sind mir scheißegal. Ich muss nicht auf einen Modezug aufsteigen, damit ich mehr Leute erreiche. Dann hört man: „jetzt macht der Pell auch so einen Scheiß“. (lacht)


AXEL RUDI PELL wurde als klares Solo-Projekt gestartet. Heute wirkt das Ganze, vor allem auf der Bühne aber, wie eine echte Band. Wie siehst du das heute?


Ja, das sehe ich genauso wie du. Das Problem war damals, als ich das erste Solo-Album „Wild Obsession“ 1989 macht, war ich nur ein paar Monate aus STEELER raus, wollte ich keinen Namen nehmen, weil das ein Start bei Null gewesen wäre. So wussten die Leute Axel Rudi Pell kennen wir von STEELER, das wird schon ähnlich gut klingen...
Als dann das erste Solo-Album draußen war, was nicht schlecht gelaufen ist, habe ich den Sänger gewechselt. Wenn ich nun einen Namen gewählt hätte, wären die Leute wieder verwirrt gewesen. Und das hat sich ausgezahlt, denn die Platte war ein unheimlicher Erfolg. Etwas später als ich dann mit der Plattenfirma geredet habe, ob ich nun eine Namen wählen soll, hieß es dann, dass es zu spät ist. Wenn was funktioniert, warum sollte ich es ändern?
Ich sehe es als Band, aber im Grunde bin ich der – Diktator hört sich blöd an (lacht) – aber auf jeden Fall der Chef. Da wir keinen Bandnamen haben, wissen die Leute auch, dass im Grunde auch alles von mir selbst kommt und nur ich die Songs komponiere.



Rein vom Organisatorischen her sind also alles bezahlte Session-Musiker?


Ganz böse gesagt, sind es Mietmusiker. Wir haben das so geregelt, dass die Leute extra und einzeln pro Tour, Studio-Session, Festival oder Konzert bezahlt werden. Sie haben nichts mit dem Einkommen ausgehend von CD-Verkäufen zu tun. Ich bin da aber immer einer, der sagt, wenn sich die Platte jetzt super verkauft und wir machen in jedem Land Doppel-Platin, dann gibt es natürlich Säcke und Tüten mit Kohle nachgereicht. Ich kauf mir nicht drei Ferraris und bau drei Villen, sondern mach das sehr entspannt.
Ich sage auch ganz offen, dass wir mal eine Tour hatten, dass ich den Jungs sagen konnte, dass sie eine Show mehr aufschreiben können, auch wenn die gar nicht da war, weil es super gelaufen ist, somit haben die Musiker und auch Techniker eine extra Gage bekommen. Ich bin ja auch ein liebes Kerlchen. (lacht)



Gibt es eigentlich andere Projekte, Bands oder Ideen die du machst oder gerne machen würdest?


Eigentlich nicht. Ich bin voll ausgelastet. Ich mache ja auch selbst das Merchandise und alles. Es gibt nur etwas, was ich schon lange vorhabe. Ich würde gerne mal Songs schreiben und meine Lieblingsmusiker dazu einladen, dass die das einspielen und singen. Ich schreibe zB. zehn Songs mit zehn verschiedenen Sängern und schneide diese auf die jeweilige Stimme zu. Das habe ich schon seit etlichen Jahren vor. Einer meiner Favoriten war da Ronnie James Dio – bin ich ja jetzt leider zu spät dran. Oder auch Jon Lord wollte ich bereits mal fragen, ob er was spielen würde und mich sogar mit ihm darüber unterhalten. Er ist ja leider auch schon von uns gegangen. Das alles würde aber über mehrere Jahre entstehen, da ja sicher nicht jeder sofort Zeit dazu hätte. Vielleicht ist das etwas für die Rente. (hehe)




Ihr habt ja am Bang Your Head Festival eure Jubiläums-Show – wird es weitere dieser Art geben und was erwartet uns dort?


Das Ding heißt ja ARP und Friends. Wir spielen mit der regulären Band nur gut eine halbe Stunde und dann ist ja da auch die STEELER-Reunion mit 30 Minuten eingebaut und der größte Teil wird ein Ding mit verschiedenen Gästen sein. Es ist ja auch mein 25-jähriges Musiker-Jubiläum, auch wenn Johnny schon 15 Jahre dabei ist und die anderen auch schon ein paar Jährchen. Geplant ist auch, dass viele ehemalige ARP Mitglieder kommen, aber das ist leider noch nicht alles klar ob die auch Zeit haben und so weiter.


Ihr geht ja bald auf Tour bzw. habt auch für September ein paar Shows geplant. Was erwartet uns da?


Na hoffentlich ein bombastisches Spektakel. Wir spielen natürlich neue Songs, wie viele weiß ich noch nicht. Da hat bei uns jeder andere Favoriten und so müsste ich alle Songs inkl. Bonus-Tracks spielen, was natürlich nicht geht. Ich denke mal vier, fünf, aber die alten Songs rausschmeißen ist immer verdammt schwer. „Masquerade Ball“ und „Casbah“ muss ich unbedingt spielen, heißt es immer. Man kann es aber eh nie wem recht machen und nach 15 Studio-Alben wird es nicht einfacher.


Dann sind wir auch schon durch. Danke nochmal und gibt es noch etwas, was du mitteilen willst?


Dass ich hoffe, dass das neue Album bei den Fans ankommt und wir uns in Wien und überall anderes sehen und in Wien auch nen kompletten Sold-Out hinlegen.


Dann viel Glück mit dem Album und auch im Rennen mit Bruce Springsteen – wir sehen uns dann in Wien.


www.axel-rudi-pell.de

Autor: maxomer

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Beitrag vom 22.01.2014
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