Interview mit LUCID DREAMING - Only a conceptual album is a good album


Spätestens seit AVANTASIA und AYREON boomen die sogenannten Metal Operettten. Neben diesen großen Projekten wo sich Star-Sänger wie Michael Kiske, Jorn Lande, Bob Catley oder Floor Jansen die Klinke in die Hand geben, gibt es auch kleinere aber nicht weniger ambitionierte Projekte. Till Oberboßel, der durch sein Schaffen bei ELVENPATH bekannt sein dürfte, schickte sein ganz eigenes Projekt LUCID DREAMING ins Rennen und holte sich für das Debüt "The Chronicles Pt. I" Mitglieder aus dem Untergrund. Das Ergebnis kann sich auf jeden Fall hören lassen. Wir sprachen mit Till über das Debüt und Zukunftspläne.


Hi Till, wie geht es dir und was steht aktuell an?


Hallo und danke der Nachfrage. Momentan geht’s auf Jul zu, daher muss ich zusehen, dass ich meine Einkäufe für Familie und Freunde zusammenbekomme. Nebenbei mache ich ein wenig Werbung für das erste Album meines Projekts LUCID DREAMING. Eine Menge zu tun, aber es macht Spaß, somit geht’s mir wirklich gut.




Kannst du dich bzw. deine Bands und Projekte kurz für zukünftige Fans vorstellen?


Ich bin 37, wohnhaft in Frankfurt am Main und eingefleischter Musikfreak. Seit 24 Jahren (hauptsächlich) dem Metal verfallen und als Musiker und Fan in dieser Hinsicht aktiv.

Meine Hauptband ist ELVENPATH (www.elvenpath.com), es gibt uns jetzt elf Jahre. Wir spielen traditionellen Power Metal europäischer Prägung, haben bislang zwei Demos, zwei Alben und eine Single veröffentlicht und eine Menge Gigs gespielt.

LUCID DREAMING (www.facebook.com/luciddreamingmetal) ist mein persönliches Nebenprojekt, musikalisch geht das in eine ähnliche Ecke, hat aber auch einen kleinen Folktouch. Hier habe ich meine Idee eines Konzeptalbums mit verschiedenen Sängern verwirklicht. Man könnte auch von einer „Metaloper“ sprechen, aber diesen Begriff mag ich nicht, da er meiner Meinung nach zu inflationär gebraucht wird. Das Album hat nämlich keine Opernstruktur und klingt auch nicht symphonisch oder bombastisch.

Und dann gibt es noch ein weiteres Projekt namens ASENSANG(www.facebook.com/asensang.asafolk), welches mit Metal nichts zu tun hat sondern sich dem reinen Folk widmet. Das erste Album ist nach langer Arbeit nun endlich im Presswerk und wird in Kürze erscheinen. Es ist aber unklar, ob dieses Projekt fortgeführt werden wird, da eigentlich allen Beteiligten die Zeit fehlt...mal sehen, was die Zukunft bringen wird.




Aktuell hast du mit dem Projekt LUCID DREAMING „The Chronicles Pt.I“ veröffentlicht. Wie kam es zu dem Projekt und was war die ursprüngliche Idee dahinter?


Ich war immer ein großer Fan von Konzeptalben, und als dann diese sogenannten „Metalopern“ aufkamen, bei welchen jeder Charakter von einem Sänger dargestellt wird, gefiel mir das auch sehr. So reifte in mir die Idee, mich auch an so etwas zu versuchen. Auslöser war also sozusagen das innere Ego, das mich zwang, es mir selbst zu beweisen, haha.




Du hast ja einige prominente Gäste für das Album eingeladen. Was verbindet dich mit den Musikern bzw. wie hast du sie dazu bewogen auf diesem Album mitzuwirken?


Mit Ausnahme von Jason Conde-Housten war ich mit allen Sängern schon vorher bekannt bis befreundet. Ich habe also in meinen Kontakten aber auch darüber hinaus gesucht. Manche haben gleich zugesagt, andere wollten erstmal die Songs hören. Im Endeffekt waren aber alle gerne mit von der Partie.
Die Auswahl der Sänger lief unter verschiedenen Aspekten. Zum einen mussten sie gute Sänger sein, logisch, zum anderen musste die Stimme aber auch zum Charakter passen. Ich habe mir also überlegt, was für eine Stimme ein bestimmter Charakter haben könnte – da spielen Alter, Herkunft, Stand usw. eine Rolle. Ein alter Krieger kann nicht von einem ähnlichen Sänger dargestellt werden wie ein halbwüchsiger Schweinehirt. Das war ein wenig, wie die Schauspieler für einen Film zu casten, eine sehr interessante Sache und für mich auch eine neue Erfahrung. Ich bin jedenfalls sehr zufrieden und finde, jeder Sänger hat wirklich hervorragende Arbeit geleistet.

Seit AVANTASIA und AYREON kommen ja immer mehr Projekte dieser Art zustande. Siehst du das als Trend oder denkst du, dass diese „Metal Opern“ eine größere Zukunft haben?


Ein gewisser Trend war das ja schon – AVANTASIA und AYREON waren die Pioniere, dann ging’s richtig los: DAWNRIDER, DELANY, GENIUS, MISSA MERCURRIA, SOULSPELL, AVALON, AINA… das ist mittlerweile eher schon wieder abgeebbt. Ich fand auch die meisten dieser Projekte gelungen und interessant, aber es bleibt eine gewisse Ausnahmeerscheinung in der Szene, was ja auch nicht ganz schlecht ist. So ist jedes dieser Projekte immer noch eine Besonderheit. LUCID DREAMING hebt sich da vielleicht insofern nochmal ab, dass es eine wirkliche Undergroundangelegenheit ist. Dementsprechend sind bei mir auch andere Sänger zu hören, während sich bei vielen der anderen Projekte Michael Kiske, Lana Lane, Amanda Somerville oder Rob Rock ja schon die Klinke in die Hand geben können.



Wie lange hast du für das Album gebraucht. Ich denke rein logistisch und vom Zeitplan her ist ein Werk dieses Ausmaßes kein leichtes Unterfangen.


Das war dann in der Tat keine Sache, die innerhalb von zwei Wochen auf die Beine zu stellen ist. Insgesamt hat sich das Komponieren der Songs auf rund zwei Jahre verteilt, von den ersten aufgenommenen Noten bis zum finalen Mix vergingen auch insgesamt zweieinhalb Jahre… ich lebe also schon recht lange mit diesem Album, haha.

Zum einen war ich ja auch mit ELVENPATH beschäftigt und bin auch kein Vollzeitmusiker, sondern muß auch einer normalen Arbeit nachgehen, um meine Brötchen zu verdienen. Zum anderen waren auch die verschiedenen Sänger und Musiker mit ihren eigenen Bands und Berufen zugange und mussten sich erstmal etwas Zeit freischaufeln, um ihre Parts für LUCID DREAMING aufnehmen zu können. Je mehr Personen involviert sind, desto mehr Unsicherheitsfaktoren hat man. Umso froher bin ich, dass das Album irgendwann tatsächlich doch fertiggeworden ist und seit ein paar Monaten endlich veröffentlicht ist.





Stammt die Musik komplett von dir oder hattest du Unterstützung im Songwriting?


Alles Marke Eigenbau. Insgesamt habe ich wie gesagt etwa zwei Jahre an den Stücken gebastelt. Allerdings hatten die Sänger die Freiheit, die Gesangslinien ihrem Stil und ihren Wünschen anzupassen, und auch die beteiligten Musiker (Philipp am Schlagzeug und Oliver und Michael an den Sologitarren) konnten ihre Parts frei gestalten. Alles andere, also Rhythmus- und Melodiegitarren, Bass, Keyboards und ein paar Gitarrensoli, habe ich selbst eingespielt.



Auf deiner Facebook-Seite habe ich folgendes Zitat gefunden – „Only a conceptual album is a good album - especially in the Power Metal universe.” Wie ernst nimmst du das bei deinen eigenen Projekten und wie wichtig ist dir das als Power Metal Fan von anderen Bands?


Der Satz ist eher mit einem Augenzwinkern zu verstehen – eine Art ironische Kampfansage an die Leute, die bei der bloßen Erwähnung eines Konzeptprojekts schon abwinken und irgendwas von „Operngedudel“ oder so labern. Insbesondere wenn man auch noch Power Metal macht – dann wird man von der Keep-It-True-Gemeinde schon als RHAPSODY-Abklatsch tituliert, noch bevor die Leute eine einzige Note gehört haben, haha.

Natürlich muss ein gutes Album nicht unbedingt ein Konzept tragen, und die Musik hat gegenüber den Texten auch immer Vorrang. Aber wie gesagt bin ich ein ausgesprochener Fan von Konzeptalben und mag es, wenn eine Geschichte über ein ganzes Album hinweg erzählt wird. Das ist für mich immer ein besonderer Anreiz bei einer Scheibe einer Band, die ich mag.




Worum geht es in „The Chronicles Pt.I“ und wie kann man sich als Hörer etwas tiefer mit der Materie dieses Konzeptes befassen?


Als ich mir die Frage stellte, worum es auf dem Album gehen sollte, landete ich ziemlich schnell bei den „Chroniken von Prydain“. Die sind eine fünfbändige Fantasyreihe des Autors Lloyd Alexander, basieren lose auf der walisischen Mythologie und wurden in den 60er Jahren veröffentlicht. Es ist eher Fantasy für jüngere Leser, aber auch Erwachsene können sich sicherlich dafür begeistern. Im Mittelpunkt steht der junge Taran, der als Findelkind auf einem Bauernhof aufwächst, ohne seine Herkunft zu kennen. Im Lauf der fünf Bände lernt er das Land Prydain, in welchem er lebt, kennen, muss einige Missionen bestehen und wächst dabei auch zu einem jungen Mann heran. Es handelt sich dabei also sowohl um klassische Fantasy als auch um eine Coming-Of-Age-Geschichte.

Das Album behandelt die beiden ersten der fünf Romane; „The Book of Three“ und „The Black Cauldron“. Taran muss im ersten Band das entlaufene Orakelschwein Hen Wen suchen und wird dabei unversehens in den immer wiederkehrenden Kampf Gut gegen Böse hineingezogen, denn Prydain wird von einem düsteren Kriegsfürsten, dem Gehörnten König, bedroht. Im zweiten Band wird der schwarze Kessel geraubt, welcher dazu dient, Tote zu untoten Vernichtungsmaschinen zu erwecken. Er muss gefunden und zerstört werden, auch hier passieren natürlich viele überraschende Dinge. Ich kann die Lektüre nur wärmstens empfehlen, denn ich habe die Chroniken von Prydain geliebt, seit ich sie als Kind zum ersten Mal gelesen habe, und sie zählen zu meinen Lieblingsbüchern. Wer nicht so viel Zeit hat, kann sich bei Wikipedia auch eine Zusammenfassung durchlesen.




Gab es bestimmte musikalische und nicht musikalische Einflüsse für dieses Projekt?


Musikalisch würde ich die gleichen Einflüsse nennen wie generell bei mir: Traditioneller Metal und Power Metal in erster Linie, HELLOWEEN, BLIND GUARDIAN, MANOWAR, RUNNING WILD, IRON MAIDEN und viele mehr. Das ist halt meine große Leidenschaft - diese Richtung hat mich am meisten geprägt, was man sowohl bei Elvenpath als auch bei LUCID DREAMING sicherlich heraushört.

Im Gegensatz zu EELVENPATH ist bei LUCID DREAMING noch ein gewisser Schuss Folk drin, was aber gar nicht beabsichtigt war. Das haben mir interessanterweise jedoch viele Leute gesagt, die das fertige Album gehört haben. Es gibt zwar keine Folkinstrumente zu hören, aber durch die Melodieführung und die Thematik kommt diese Ecke schon etwas mehr zum tragen. Ich bin ein großer Folkfan, daher kommt das wohl.

Schließlich muss ich auch AVANTASIA, AYREIB und weitere der bereits genannten Projekte als Einfluss nennen, ohne die wäre ich natürlich nicht auf ein derartiges Unterfangen gekommen. Und selbstverständlich meine Vorliebe für Fantasy-Literatur und nicht zuletzt die Chroniken von Prydain.





Da das Album „Pt. I“ ist, wird es natürlich Nachfolger geben. Wann und wie viele kann man erwarten?


Ich schreibe bereits fleißig am zweiten Album und hoffe, im Sommer 2014 mit den Aufnahmen beginnen zu können. Frag mich aber bitte nicht nach einem Erscheinungsdatum – die Vergangenheit hat gezeigt, dass die sowieso nie realistisch einzuschätzen sind.

Generell möchte ich unter dem Namen LUCID DREAMING weiterhin Konzeptalben mit verschiedenen Sängern veröffentlichen, aber wie viele es im Endeffekt werden, das kann ich Dir erst sagen, wenn ich eines Tages in Rente gehe. Da gibt es keinen genauen Plan. Ich mache so lange Platten, wie ich Ideen habe, das wird hoffentlich noch eine ganze Weile sein.




Wird es Story direkt anschließen und somit ziemlich die gleichen Sänger beinhalten oder kann man sich auf Überraschungen gefasst machen?


Es wird thematisch erneut nach Prydain gehen, allerdings habe ich nicht vor, die kompletten Chroniken zu verarbeiten. Ich werde mich statt dessen dem vierten Band „Taran Wanderer“ widmen, das ist mein Lieblingsband der Pentalogie. Taran begibt sich hier auf eine Wanderschaft quer durch Prydain, um endlich das Geheimnis seiner Herkunft zu lüften. Er macht viele Erfahrungen und trifft viele interessante Personen – die Geschichte schreit förmlich danach, in ein Metalalbum verwandelt zu werden, haha.
Die Wahl der Sänger hängt von der Geschichte ab. Einige der Charaktere werden erneut auftauchen, und die sollten dann natürlich auch von den gleichen Sängern verkörpert werden. Andere fallen weg, dafür kommen neue Charaktere hinzu, die auch neue Stimmen brauchen. Da habe ich auch schon ein paar Leute kontaktiert, aber es wäre noch zu früh, Namen zu nennen. Da möchte ich mir schon noch ein paar Überraschungen aufheben.




Denkst du, du bringst es hin LUCID DREAMING in der einen oder anderen Form auf die Bühne zu bringen und wie wichtig wäre dir das?


Livekonzerte kommen nicht in Frage, das wäre ein zu großer logistischer und finanzieller Aufwand. Da müssten erstmal jede Menge Terminkalender koordiniert werden, dann kämen Kosten für Flüge und Übernachtungen hinzu, Proben… es wäre zwar eine tolle Sache, aber dieser Aufwand wäre nur mit einigen entsprechend großen Shows zu rechtfertigen, die natürlich unrealistisch sind. Daher ist LUCID DREAMING in der Tat als Studioprojekt konzeptioniert – Heavy Metal fürs Wohnzimmer, haha.



Was tut sich denn zurzeit bei ELVENPATH?


Wir haben dieses Jahr ziemlich viel live gespielt und widmen uns nun dem Einproben der Stücke fürs nächste Album. Geplant ist, daß es im Herbst 2014 ins Studio geht, eine Veröffentlichung sollte es also Anfang 2015 geben. Seid gespannt!


Du bist wie man an deinem Schaffen sieht, ein großer Power Metal Fan – da hat mich amüsiert, dass in deiner All-Time Playlist auf der ELVENPATH Homepage ein Album von den Black Metallern DISSECTION an Platz 1 noch vor BLIND GUARDIAN, NIGHTWISH und MANOWAR steht – wie kommts?


Ich finde das gar nicht ungewöhnlich, denn ich messe Musik nicht danach, wie die Stilrichtung heißt, sondern ob sie mir gefällt. Hauptsächlich höre ich in der Tat Power Metal, aber generell ist mein Geschmack sehr breit gefächert und umfasst nahezu alles außer Hiphop, Schlager und Jazz.

Und „Storm of the light’s bane“ ist ein unglaubliches Album – geniale Songs, interessante Texte, gute Musiker, klasse Cover, Hammerproduktion, könnte nicht besser sein. Wenn ich die Liste von fünf auf zehn Alben erweitern würde, wären übrigens definitiv noch Empyrium und Loreena McKennitt mit von der Partie.




Die letzten Worte des Interview gehören natürlich dir.


Zunächst mal danke ich Dir für das Interview, für Dein Interesse an LUCID DREAMING (und ELVENPATH) und dass ich meine Musik hier vorstellen durfte. Viele Grüße auch an alle Leser, die bis hierher durchgehalten haben. Schaut doch mal auf
www.elvenpath.com und www.facebook.com/luciddreamingmetal vorbei, und wenn Euch die Musik gefällt, seid bitte so fair, die Alben zu kaufen, statt sie aus dem Netz zu ziehen. Unterstützt den Underground und stay Metal!




www.facebook.com/luciddreamingmetal

Autor: maxomer

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Beitrag vom 10.01.2014
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