Interview mit NAILGUN - Von Line-Up-Wechseln, kitschigen Fantasy-Texten und Tralala-Happy Metal


Die Deutschen NAILGUN haben mit "New World Chaos" gerade ihr zweites Album veröffentlicht. Unmittelbar danach verließen drei Mitglieder die Band, wovon sich die NAILGUN jedoch nicht unterkriegen lassen und schon ein neues vollständiges Line Up am Start haben, wie Bassist Sven Rakowitz zu berichten weiß:


Hallo Sven! Könntest du für alle, die euch bislang noch nicht kennen, die Mitglieder von NAILGUN vorstellen und die bisherige Bandgeschichte ein wenig Revue passieren lassen?


NAILGUN bestehen aktuell aus Manuel Blesch (Gesang), Daniel Morsch (Gitarre), Nenad Eppli (Gitarre), Steffen Wiesel (Schlagzeug) und mir, Sven Rakowitz (Bass).
Gegründet wurde NAILGUN 2008 mit dem Ziel, eigene Songs zu schreiben und zu veröffentlichen. Wir haben alle lange genug in regionalen Coverbands gespielt, worauf wir irgendwann einfach keinen Bock mehr hatten. Wir wollten keine fremden Songs mehr spielen, sondern allen zeigen, dass wir auch geile Eigenkompositionen zustande bringen.
Im April 2011 erschien dann unser Debüt "Paindustry", das wir komplett selbst produziert und vertrieben haben. Dafür haben wir beachtlich viele gute Reviews im In- und Ausland bekommen, was uns dazu angespornt hat, relativ zügig ein weiteres Album folgen zu lassen.
Im Januar 2012 haben wir deshalb bereits wieder mit den Aufnahmen neuer Songs begonnen. Dieses Mal aber in einem professionellen Tonstudio und nicht in Eigenregie, da wir NAILGUN einen Schritt nach vorne bringen wollten. Nachdem die Aufnahmen im Kasten waren und alles komplett fertig gestellt war, suchten wir aktiv nach Labels, verschickten etliche Promopäckchen und landeten schließlich bei STF Records. Im Juli 2012 unterschrieben wir dort unseren ersten Plattenvertrag und seit Oktober 2012 ist unsere aktuelle CD "New World Chaos" nun überall im Handel erhältlich.





Kürzlich scheint es ja Veränderungen im Line-Up bei euch gegeben zu haben. Kannst du näheres dazu berichten?


Ja klar. Unser Gitarrist Florean Hahn und unser Sänger Manuel Bühler wollten sich musikalisch verändern und etwas Neues machen, weg vom NAILGUN-Metal. Deshalb haben sie sich entschieden, die Band zu verlassen. Bei unserem Drummer Felix Hartwig war der Ausstieg durch private und berufliche Verpflichtungen notwendig geworden, weshalb er sich künftig nicht mehr voll bei NAILGUN engagieren kann. Für den Ausstieg der Drei haben wir volles Verständnis, es gab dabei keinerlei Ärger und wir haben uns auch nicht gegenseitig aufs Maul gehauen.
Zum Glück konnten wir sehr schnell Ersatz finden – immerhin war ja plötzlich die Hälfte der Band weg. Mit unserem neuen Gitarristen Nenad Eppli und unserem neuen Schlagzeuger Steffen Wiesel sind wir jetzt wieder voll einsatzfähig, die beiden machen schon lange Musik und sind zu 100% Metal! Einen weiteren Sänger haben wir allerdings nicht gesucht, da wir mit Manuel Blesch als alleinigem Sänger weitermachen wollen.





Stücke wie "Darkest Hour" klingen für mich härter und düsterer als euer bisheriges Material. Überhaupt scheint mir die musikalische Ausrichtung auf "New World Chaos" aggressiver als bisher. Wie kam es dazu?

Ich würde es konsequente Weiterentwicklung nennen. Allerdings war es nicht eine gezielte Vorgabe, „aggressiver“ zu klingen für das nächste Album. Das hat sich im Zuge des Songwritings einfach so ergeben. Jeder, der uns bereits länger kennt, weiß, dass wir schon zu unserer ersten Veröffentlichung "Paindustry" einen Hang zu düsteren Songs und sozialkritischen Texten hatten, was ja nicht zuletzt schon am Artwork der Scheibe zu erkennen ist. Dies wollten wir bei "New World Chaos" als „Trademark“ beibehalten, zumal wir es musikalisch alle etwas härter und düsterer mögen. Mit kitschigen Fantasytexten und Tralala-Happy Metal hat definitiv keiner von uns was am Hut.


"New World Chaos" ist eure zweite Albumveröffentlichung. Wo siehst du die Hauptunterschiede zu eurem Debüt "Paindustry"?


Zu aller erst in der Produktion. War "Paindustry" noch ein Art Demo-CD, die komplett in Eigenregie im heimischen Studio entstanden ist, haben wir für "New World Chaos" das „Flatliners Studio“ in Ingolstadt geentert. Dort haben wir mit Tom Müller an den Reglern ideale Bedingungen vorgefunden, um unser Album in einem professionellen Rahmen aufnehmen zu können.
Andererseits ist ein wichtiger Hauptunterschied, dass die Songs auf "New World Chaos" weitaus stärkere Melodien und Refrains haben, als noch zu "Paindustry"-Zeiten. Die Songs klingen für mich ausgefeilter und deutlich reifer als auf unserem Debüt, da wir uns viel Zeit für die Ausarbeitung genommen haben und als Band gewachsen waren.



Was kannst du uns über den Entstehungsprozess der Scheibe erzählen? Wie läuft bei euch der Songwritingprozess ab?


Das Songwriting für "New World Chaos" hat direkt im Anschluss an "Paindustry" begonnen. Wir haben nach der Veröffentlichung der ersten CD nicht die Füße hoch gelegt, sondern gleich wieder Vollgas gegeben, da wir alle heiß auf neue Songs waren und schon viele Ideen hatten.
Grundsätzlich hat jedes Bandmitglied die Möglichkeit, sich am Songwriting zu beteiligen. Es ist nicht so, dass nur ich Songs schreibe bzw. kein anderer Songs bringen darf, wie es bei manchen Bands teilweise der Fall ist.
Wir haben einen Onlineserver, auf dem jeder seine Songideen posten kann. So kann sich jedes Bandmitglied einen Eindruck davon verschaffen und Kommentare abgeben. Jeder kann sich dann frei entscheiden, wie und wann er an einem Song mit- oder weiterarbeiten möchte.
Üblicherweise besteht die Grundausarbeitung aus Drums und einem Riff mit eventuell einer prägnanten Melodie, gerade in den Refrains. Alles andere folgt dann Stück für Stück, indem wir uns zu zweit oder zu dritt treffen, die Songs ausarbeiten und grob aufnehmen.
Bevor wir ins Studio gehen, hören wir uns dann gemeinsam alle Songs an und entscheiden, welche Songs wir im Studio definitiv aufnehmen werden.



Schon die Texte von "Paindustry" hoben sich mit ihrem Realitätsbezug und dem sozialkritischen Aspekt sehr positiv von den typischen Metal Klischees ab. Wovon handeln die Texte von "New World Chaos"?


Die Grundausrichtung der Texte auf "New World Chaos" hat sich prinzipiell nicht geändert. Sie sind noch immer sozialkritisch und realitätsbezogen. Allerdings gehen die Texte nun auch in Richtung der 80`s Metal- bzw. Thrash Metal-Bands, da sie neben sozialkritischen Aussagen auch die Umweltzerstörung und von Menschen verursachte Naturkatastrophen mit einbeziehen.
Alle Texte bieten somit die Möglichkeit, immer wieder Rückschlüsse auf den Albumtitel zu ziehen, da sie so weitumspannend sind. Soll heißen, sie befassen sich eben mit globalen, menschlichen und persönlichen Katastrophen sowie Ungerechtigkeiten.
Dieses Album ist somit auch eine Art Konzeptalbum, ohne ein Konzeptalbum zu sein. Die Texte in der Songreihenfolge ergeben eine Art Geschichte, wobei aber jeder Song trotzdem für sich alleine stehen kann, da es in sich abgeschlossene Geschichten sind.



Was kannst du über das Artwork der aktuellen Scheibe erzählen?


Das Artworkkonzept stammt von unserem Sänger Manuel Blesch. Visuell umgesetzt wurde es, wie schon bei "Paindustry", von Matthias Bäuerle von „Season Zero“.
Wie schon zuvor erklärt, haben Albumtitel und Texte einen starken Zusammenhang zueinander. Von daher musste auch das Artwork diesem Aspekt gerecht werden, zumal es im Endeffekt auch ein „Eyecatcher“ sein muss. Schließlich animiert ein nichtssagendes, scheiße aussehendes Cover niemanden dazu, sich die CD anzuhören, geschweige denn zu kaufen.
Das Artwork als solches kann man relativ einfach in eine linke und eine rechte Seite aufsplitten. Links die „helle Seite“ als das, was mal die schöne, friedliche Welt war, und rechts zeigt sich die „dunkle Seite“ so, wie sich die Welt in unserer heutigen Zeit immer weiterentwickelt und wie sie sowohl sozial als auch umweltpolitisch immer weiter zerstört wird.





Welches ist dein persönliches Lieblingsstück auf "New World Chaos"?


Ich finde es nahezu unmöglich, nur einen Song zu nennen, da jeder einzelne ein wichtiger Teil des Albums ist und in jedem viel Arbeit und Herzblut steckt. Ich nenne mal drei geile Songs, um die einzelnen Facetten des Albums zu beschreiben: “Darkest Hour” zeigt die hymnische, epische Seite von NAILGUN, “Abyss of Shadows” die sehr melodische, zugleich ruhigere und düstere Seite, während “Time is running out” einfach voll auf die Fresse geht und einen Hammerrefrain hat.


Mittlerweile habt ihr ja mit STF Records ein Label im Rücken und die Promotion erledigt nach wie vor Markus von Metalmessage. Seid ihr zufrieden mit der Zusammenarbeit? Könnt ihr euch nun ausschließlich auf die Musik konzentrieren und das Organisatorische zur Gänze anderen überlassen?


STF haben dafür gesorgt, dass unsere CD überall in Deutschland, Österreich und der Schweiz vertrieben wird und darüber hinaus online weltweit erhältlich ist. Auch viele gute Reviews in den einschlägigen Magazinen hierzulande sind über STF zustande gekommen. Markus macht für unsere zweite Scheibe wieder einen Hammerjob, hat uns viele Reviews und Interviews auch im Ausland besorgt und ist nonstop in Aktion für uns. Wir haben somit zuverlässige Partner, sind aber selbstverständlich auch immer selbst aktiv, da das bei einer Band unserer Größe gar nicht anders funktionieren kann. Jeder von uns muss sich auch abseits der Musik voll einbringen, damit`s nach vorne geht!


Bei unserem letzten Interview habt ihr ja berichtet, dass es für eine Band ohne Label oder Bookingagentur recht schwierig ist, an Liveauftritte zu kommen. Hat sich die Situation durch das Signing bei STF Records verbessert?


Nach wie vor besteht die größte Schwierigkeit für uns darin, an Gigs zu kommen. Ich finde, dass der Livemarkt derzeit total überlaufen ist, ständig touren größere Bands in irgendwelchen Mega-Packages durch die Gegend, teils dieselben Bands mehrmals im Jahr. Und für die vielen Undergroundbands bleibt dann nur ein kleines Stück vom großen Kuchen übrig, das sich dann alle zusammen teilen müssen. Zwar spielen wir immer mal einzelne Shows, würden aber im Livesektor gern noch deutlich aktiver werden, gerne auch mal als Anheizer auf eine vernünftige Tour aufspringen. Aber da heißt es ja heut meistens: „Pay to play“, leg ordentlich Kohle hin, dann kannst du spielen.


Wie sieht die nähere Zukunft für NAILGUN aus?


Wir sind bereits im Songwritingprozess für das nächste Album. Voraussichtlich werden wir 2014 wieder ins Studio gehen und den "New World Chaos" -Nachfolger aufnehmen.
Daneben versuchen wir, so viele Gigs wie möglich zu spielen, denn nur so können wir direkten Kontakt zu unseren Fans halten und unsere Musik direkt unters Volk bringen.



Wie immer gehören die letzten Worte dir!


An alle Metalheads da draußen – checkt unsere aktuelle Scheibe "New World Chaos" unbedingt an! Nehmt euch Zeit, hört euch rein, gebt der Scheibe `ne Chance – es lohnt sich definitiv, da steckt viel Herzblut drin! Checkt auch regelmäßig unsere hammergeile neue Website www.nail-gun.de an und haltet euch auf dem Laufenden! Bang your head against the stage and metal takes its price!!!

www.nail-gun.de

Autor: Mike

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Beitrag vom 19.05.2013
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