Interview mit SABATON - Many good ideas come with a beer


SABATON sind wohl eine der am schnellsten erfolgreich gewordenen Bands der letzten fünf Jahre im Metal Business. Dass das Ganze mit harter Arbeit und vielen Shows zu tun hat, ist klar. Kürzlich schockierte die Band mit dem Ausstieg von gleich vier Mitgliedern. Dass das Ganze die Band eher stärker gemacht hat, warum Joakim ein Intim-Piercing hat wie sie zu neuen Mitgliedern gekommen sind, erzählen Neuzugang Tobbe Englund und der charismatische Fronter Joakim Brodén im Gespräch im Backstagebereich der Arena.


Hi Jungs, danke schonmal dafür, dass ihr euch Zeit für uns nehmt.


Joakim: Aber gerne.




Wie läuft denn die Tour bisher?


Joakim: Eigentlich besser, als wir erwartet haben. Ich denke wir hatten schon einige „Wow-Momente“ und die Resonanzen waren Fantastisch. Speziell, weil wir ja einige Änderungen im LineUp hatten. Anfangs waren die Leute etwas zurückhaltend und haben sich die neuen Jungs mal angeschaut, aber dann haben die Leute gemerkt, dass diese rocken und gingen voll mit.



Ich habe euch dieses Jahr schon auf dem Masters Of Rock sehen dürfen und ich war überrascht, dass ihr nach so gravierenden Änderungen in der Band gleich wie eine Einheit agiert, als würdet ihr schon immer in dieser Konstellation spielen. Wie lange habt ihr gebraucht um euch aufeinander einzuspielen.


Thobbe: ...ungefähr zwei Wochen
Joakim: Ja, zwei Wochen und dann sind wir schon auf US-Tour gegangen. Ohne irgendeinen Scheiss über die ehemaligen Jungs zu erzählen, aber ich meine, dass die Neuen alle einfach bessere Musiker sind, also ging das alles sehr schnell und einfach, was das Musikalische angeht. Wir hatten nur bei den ersten Shows in Amerika das Problem uns gegenseitig auf der Bühne zu finden. Bei einem Part springe ich immer zurück, ohne nachzusehen, was hinter mir ist, denn jeder wusste immer, dass ich in diesem Moment wie ein verrückter Motherfucker springen würde. Tja und dann habe ich Thobbe komplett umgeschmissen und wir haben nur so „woah shit...“ geschrien. (lacht)




Euer neues Album „Carolus Rex“ ist schon einige Zeit erhältlich. Mir gefällt es sehr gut und die Reaktionen sind soweit auch nur positiv, wie ich gesehen habe. Wie zufrieden seit ihr selbst mit dem Ergebnis und den Reaktionen der Fans?


Joakim: Danke. Ich sehr glücklich mit der Musik. Ich liebe es wirklich solche Konzeptalben zu schreiben, wo alles zusammenpasst. Wir hatten dafür auch Hilfe, was die Geschichte betrifft. Normalerweise schreiben wir die Musik und die Texte separat, aber als ich die Songs schrieb, wusste ich immer gleich worum es in diesem gehen wird. Es ist eigentlich ein typisches SABATON Album, aber etwas cineastischer und tiefgründiger. Ich bin auch sehr mit der Produktion zufrieden, denn hier passt einfach alles.




Wie seid ihr auf die Idee zu diesem Konzept gekommen und wie habt ihr euch darüber informiert? Du sagtest ja gerade, dass ihr Hilfe hattet.


Ja, von einem schwedischen Geschichtsprofessor. Wir suchten nach einem Thema und bekamen dann von unserem Typen, der für unsere Verträge usw. zuständig ist den Tipp, dass er da so einen Professor im Fernsehen gesehen hat. Der hat ein Buch über Carolus Rex geschrieben. Eine Art Biografie. Wir haben ihn kontaktiert und gefragt, ob er uns helfen könnte. Er wollte zwar nicht die Texte schreiben, uns dabei aber helfen diese selbst zu finden. Er hat uns dann geholfen die historischen Ungenauigkeiten auszumerzen, denn wenn welche drin gewesen wären, hätte er nicht involviert werden wollen.



Ihr habt das komplette Album ja auch auf Schwedisch aufgenommen. Wie kam diese Idee und sollte das Album eigentlich erst nur auf Schwedisch erscheinen?


Joakim: Nein. Vor langer Zeit haben wir den Song „Long Live The King“... (Joakim beginnt am Keyboard zu spielen, worauf Thobbe mit der Gitarre einsteigt) ...geschrieben. Und die Melodie fiel mir ein, als ich damals auf meinem Computer das berühmte Bild vom Trauermarsch von Carl XII. gesehen habe. Ich hab dann alles geschrieben und den Song zusammengebaut und da fiel mir im Chorus eine schwedische Zeile ein, also habe ich das bei der Pre-Production so eingesungen. Ich hab das dann den anderen Jungs vorgespielt und die fanden es cool. Aber dann meinte jemand, wir sollten vielleicht den ganzen Song auch auf Schwedisch einspielen. Dann hatten wir ein Bier und quatschten und dann kam irgendwann: „Ja, machen wir ein ganzes Album auf Schwedisch“.
...viele gute Ideen kommen mit einem Bier!





Spielt ihr auf dieser Tour auch Songs von der schwedischen Version oder macht ihr das nur zu Hause in Schweden?


Joakim: Wir haben interessanterweise so viele Anfragen bekommen, also spielen wir auf dieser Tour einen Song auf Schwedisch. Wir haben aber bisher nur „The Carolean’s Prayer“ gespielt. Wir haben aber auch die Möglichkeit in Betracht gezogen „Carolus Rex“ und „Poltava“ zu machen, mal sehen, vielleicht kommen die später mal mit rein.



Werdet ihr dieses Mal einen Titel vom ersten Album „Fist For Fight“ bzw. der Kompilation „Metalizer“ spielen?


Joakim: Ja von der „Metalizer“ wird es etwas geben, aber etwas anders als man erwarten sollte. (grinst).



Anfang des Jahres verließen euch vier Mitglieder. Kannst du mir etwas über die Gründer erzählen?


Joakim: Es ist so. Wenn du 18 bist, dann willst du um jeden Preis Rockstar werden, aber wenn du mal so um die 30 bist und deine eigene Familie hast, dann hast du andere Ziel und Verantwortungen. Ich will nicht, sagen, dass sie nicht weitermachen wollten, aber auf diesem Level, mit regelmäßigen Aufnahmen und über 100 Shows im Jahr, da bist du nicht mehr so viel zu Hause und das wollten nicht mehr alle.



Und wie habt ihr die neuen Jungs gefunden?


Tobbe: Wir sind alle über interne Kontakte, Freunde der Band und so weiter zu SABATON gestoßen.
Joakim: Wir wollten nicht öffentlich nach Musikern suchen und tausende von Anfragen erhalten. Darum haben wir eigentlich nur Leute genommen, die wir schon kannten oder gingen Empfehlungen nach, so wie bei Tobbe. Wir kennen den Mainman seiner anderen Band sehr gut und der schlug uns Tobbe vor.




War es eine Art Schock für euch, als ihr erfahren habt, dass sie die Band verlassen wollen?


Es war eine gemeinsame Entscheidung, denn wir haben schon während den Albumaufnahmen begonnen darüber zu reden. Einige sagten schon, dass sie keinen Spaß mehr daran hätten 80 bis 100 Shows im Jahr zu spielen. Sie wollten zwar weiter mit SABATON spielen, aber vielleicht 20 Show im Jahr, aber das würde für uns keinen Sinn machen. Wir müssen einfach auf die Straße und Gigs spielen.





Ihr seid ja zurzeit eine der am meisten tourenden Bands überhaupt. Wie sieht es da mit Heimweh aus?


Tobbe: Ja.. nicht sehr viel. (lacht)



Also habt ihr eher Fernweh, wenn ihr wieder zu Hause seid?


Joakim: Ja, so ähnlich ist es. Es fühlt sich natürlich gut an für ein paar Tage wieder zu Hause zu sein um zu relaxen, Freunde zu treffen und so weiter.
Tobbe: Nach ein paar Tagen fängt es aber wieder zu kribbeln an und dann wollen wir wieder zurück auf die Straße.
Joakim: Da wir eine wirklich coole Crew haben und uns in der Band gut verstehen, fühlen wir uns dabei umso wohler.




Wie gesagt, habt ihr mir am Masters Of Rock sehr gut gefallen. Wie war die Festival-Saison generell für euch?


Joakim: Sehr gut. Wir hatten dieses Jahr gar nicht so viele Festivalauftritte, aber wir hatten ansonsten einen sehr engen Zeitplan. Als wir Mitte August starteten, habe ich mal nachgezählt und bin drauf gekommen, dass ich bist Weihnachten mein zu Hause nur 3 Mal zu Gesicht bekommen werde (lacht).



Bevorzugt ihr eigentlich Festivals oder Clubshows?


Joakim: Ich will beides. Ich könnte mich nicht nur auf eins davon beschränken, weil ich mag es natürlich, wenn wir größere Shows mit fünftausend oder mehr Leuten haben. Mit großer Produktion, Pyros und einer riesigen Bühne, aber da ist alles so weit weg. Es ist wirklich cool. Ich meine – Graspop mit 60.000 Leuten, das ist beeindruckend, aber da fehlt mir einfach die Verbindung in Intimität mit den Fans. Ich denke optimal sind tausend bis zweitausend Leute. Du kannst deine Hand ausstrecken und die Leute anfassen. Es ist intim, aber nicht so klein wie eine Clubshow ohne Abzäunung und Leuten die zerquetscht werden in der ersten Reihe. (lacht)




Als ich euch zum ersten Mal live gesehen habe, war das 2007 am Earthshaker Festival. Ich kannte euch damals nicht und wollte einfach mal anchecken, was ihr so macht. Da waren gerade mal ein paar hundert Leute. Ich war aber sofort beeindruckt. Heute spielt ihr vor tausenden Zuschauern und verkauft große Hallen aus. Wie siehst du auf diesen schnellen Erfolg zurück?


Joakim: Uns gibt es schon seit einer langen Zeit und die ersten sechs oder sieben Jahre ist gar nichts passiert. Es ist auch so, dass wir die ersten drei Jahre einfach scheiße waren, also konnte auch gar nichts passieren (lacht).
Ich denke so richtig los ging es 2006 mit der DRAGONFORCE Tour. Dann waren wir mit GRAVE DIGGER unterwegs, dann THERION und die ersten Festivalshows, als Support von HAMMERFALL und BRAINSTORM. Wir sind sehr glücklich damit, denn wir haben es in sehr kurzer Zeit geschafft von einer unbekannten Band zu einer so erfolgreichen zu werden.




Ihr habt auf dieser Tour ELUVEITIE als Support mit. Ich denke nicht, dass ihr stilistisch recht gut zusammen passt. Wie sind die Reaktionen bisher auf diese Konstellation?


Joakim: Eigentlich ganz positiv. Logisch wäre natürlich eine Band mit ähnlichem Stil, aber es funktioniert auch so ganz gut. Was uns verbindet, ist auf jeden Fall der Spaßfaktor an der Show. Wir machen immer viel Blödsinn und Spaß auf der Bühne und teilen diese Energie.



Ihr seid so viel auf Tour. Vielleicht hast du ja eine lustige oder eher unschöne Geschichte für uns aus dem Tourleben?


Joakim: Oh ja! Aber das Problem ist, dass man sehen muss wo das Zensur-Level bei euch ist (lacht).
Wir waren 2008 auf Tour und wir waren betrunken, waren in einer Sushi-Bar. Angefangen hat es schon, dass Daniel glaubte er isst Käse und es war in Wirklichkeit Butter. Da sieht man schon mal, wie betrunken wir waren. Unser Keyboarder lief davon und kam irgendwann zurück, zog das Shirt hoch und sagte lallend: „Schaut Jungs, ich habe meinen Nippel piercen lassen!“ Wir dachte uns nur: „Was? Warum?“ Das machen doch nur Teenager um gegen die Eltern zu rebellieren. Er meinte dann nur, ich soll es probieren. Ich lief dann davon und kam 20 Minuten später mit einem Intimpiercing zurück. (lacht)

„Ich habe meinen Schwanz gepierced!“, sagte ich. Das war anfangs wirklich eine Witzige Sache, aber als wir ein paar Wochen später auf dem Graspop waren. Da war im Hotel ein riesiger durchgehender Balkon. Es gab also keine Absperrung zwischen den einzelnen Balkonen. Ich fand es lustig meinen Gitarristen mit meinem Schwanz aufzuwecken. (Joakim macht eine klopfende Geste) – ja, wirklich intelligent. Ich schlug also... „ding, ding, ding“. Und die kleine Kugel vom Piercing flog einfach in die Dunkelheit und ich hinterher – splitternackt... natürlich. Sturzbetrunken sagte ich meinem Gitarristen, wir müssen die Kugel finden. Ich lief zur nächsten Glastüre, und klopfte an. Der Drum-Tech kam raus und ich sagte ihm, wir müssen die Kugel finden und so ging es weiter. Nächste Türe: „ding, ding, ding, hilf mir meine Kugel vom Schwanzpiercing zu finden“, und zeigte auf meinen Schwanz – bis dann nach kurzer Zeit für nackt, oder halnackte, betrunkene oder halbbetrunkene Schweden auf dem Balkon herumkrochen um diese Kugel von meinem Schwanzpiercing zu finden. Nächste Tür: „ding, ding, ding – helft mir meine...“ und dann stand da ein 50-jähriges Paar. „Oh shit!“, dachte ich, aber genau in dem Moment entdeckte ich das Ding, schnappte es, sagte „Sorry!“ und pfft, war ich weg.





Ich habe diese Frage schon oft gestellt, aber das war mit Abstand die beste Antwort und abgefahrenste Story, die ich jemals gehört habe. (allgemeines Gelächter)


Joakim: Einmal benutzten wir auch Pyros in einer Halle und auf den Querträgern lag so viel Staub, dass es eine Kettenreaktion nach durch die ganze Halle gab. Ein Flammenstoß zog sich über die Decke hinweg. Ein wirklich cooler Effekt und zum Glück ist keinem etwas passiert.



Wie sieht es mit einem neuen Keyboarder aus?


Ja eigentlich möchten wir einen, aber Daniels Abgang kam so spät und wir hatten keine Zeit mehr. Ich denke, wir werden nach dieser Tour nach einem suchen. Das wäre dann... im Oktober nächstes Jahr? Haha.



Es ist zwar noch etwas früh, danach zu fragen, aber arbeitet ihr schon an einem neuen Album?


Es ist zwar noch streng geheim, aber wir haben schon Pläne, was wir machen möchten. Ich habe schon mit ein paar Songs angefangen, aber das sind noch Embryos. Ich schreibe nie Songs an einem Stück fertig. Bis zur Aufnahme entwickeln und gedeihen langsam. Ich will auch für die Texte flexibel bleiben, damit alles zusammenpasst.





Danke für das tolle Gespräch, gibt es noch etwas zu sagen?


(in perfektem Deutsch)... noch ein Bier?



www.sabaton.se

Autor: maxomer

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Beitrag vom 05.10.2012
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