Interview mit ACCEPT - brothers in death


Mit "Blood Of The Nations" meldeten sich die Teutonen von ACCEPT lautstark zurück und betourten unermüdlich und mit viel Power und Energie den Globus. Jetzt legten die Herren mit "Stalingrad" ebenso fett nach. Auf der aktuellen Tour trafen wir uns mit Bassist Peter Baltes und unterhielten uns sowohl über die Gegenwart, das neue Album und aktuelle Tourpläne, als auch über die Vergangenheit und die Zukunft von ACCEPT und fanden dabei heraus, was es für Vorteile hat mit dem Alter ruhiger zu werden.


Hi Peter, geht´s dir und der Band gut?


Ja, super, alles gut bei uns.




Ihr seid ja jetzt schon knapp eine Woche unterwegs. Wie fühlt sich die Tour an, ist es anders als auf der Reunions-Tour im letzten Jahr?


Man fühlt sich einfach ein bisschen sicherer. Wir haben ja jetzt schon so viele Shows gemacht, es waren ja ca. 130 Auftritte im letzten Jahr. Aber dieses Mal haben wir eine größere Produktion mit, da ändern sich dann schon ein paar Dinge. Wir haben ein gutes Set zusammengestellt, mit ein paar neuen Songs. Ich denke, es läuft alles sehr cool.



Ihr habt das neue Album „Stalingrad“ pünktlich zum Tourstart veröffentlicht. Somit kannten die meisten Leute bei den erste Auftritten das Album noch gar nicht, wie sind diese da angekommen und singen sie mittlerweile brav mit?


Am ersten Gig in Paris war es etwas merkwürdig, aber da kam das Album genau an dem Tag raus. „Stalingrad“ kennen die Leute ja schon von Youtube und auch „Shadow Soldiers“ gabs bereits zu hören und darum gehe n die Fans auch schon gut mit. Wir spielen derzeit nur drei neue Songs, somit passt das dann auch schon. Heute Abend wirst du aber schon sehen, dass die Songs mittlerweile den meisten bekannt sein sollten. Wir haben das auch extra so gemacht, wir wollten ins eiskalte Wasser springen und sehen wie es so ist. Ähnlich haben wir das ja auch bei „Blood Of The Nations“ gemacht, da ist uns aber gleich aufgefallen wie nahtlos sich die Songs ins Set einfügten. Die Fans sagten uns danach, wir sollen noch mehr von „Blood Of The Nations“ spielen, was uns sehr freute. Aber wenn ich zu einer Band gehe, dann will ich natürlich nicht nur neue Songs hören, sondern auch die Klassiker und alten Hits.



Was mir gut gefällt, ist, dass ihr auf dieser Tour auch wieder einige Songs von „Blood Of The Nations“ spielt, aber trotzdem ein paar andere als im letzten Jahr. War euch das schon wichtig?


Ja, natürlich. Man muss auch immer etwas rumexperimentieren, aber gleichzeitig auch konstant bleiben. Das ist für die Band auch gut, denn wenn man immer rumexperimentiert, hat man nicht die Routine die Songs perfekt zu spielen. Die Fans wollen zwar überrascht werden, aber man kann die Songs nicht einfach aus dem Hut ziehen, denn das Licht und die ganze Produktion ist auf das Set zugeschneidert und jeder auf die ausgewählten Tracks eingespielt.




Ja, irgendwie ist es schade, dass man die Setlist im Internet schon so einfach herausfinden kann, andererseits ist es natürlich praktisch um sich darauf einzustellen, wie stehst du dazu?


Es ist eine zweischneidige Sache. Früher wusste man nicht, was kommt. Du kannst hier in Straubing zur Show gehen und morgen geht ein anderer zu der in Berlin und der hat dann natürlich, obwohl wir am Vortag hier spielten, keine Ahnung, außer es stand irgendwo was. Das war viel spannender, denn dann kann man sich fragen: „was haben sie den mit, was spielen sie und wie sieht das alles aus?“ Das ist das gleiche wie mit dem Album. Viele Fans fragen immer: „Wo sind denn die ersten Snippets? Wir wollen was hören!“ Ich finde das absolut langweilig, denn diese 30-sekündigen Stücke sagen ja überhaupt nichts aus.



Gute Überleitung. Das neue Album heißt „Stalingrad“. Wie seid ihr auf den Titel gekommen?


Wir sind im Tourbus gesessen und uns über die Schlacht von Stalingrad unterhalten, weil wir darüber etwas gelesen haben. Da haben wir darüber diskutiert wie das alles war und wie grausam die Menschen dort gestorben sind und so weiter. Dann haben noch ein bisschen recherchiert. Die Russen wussten ja damals, dass sie nicht zurück können und Stalin hat die ganzen Zivilisten in der Stadt gelassen, damit die Soldaten kämpfen mussten. Und die Deutschen sind ja auch von Hitlers Leuten erschossen worden, wenn sie zurück wollten. Die sind ja alle eingekesselt gewesen – ein totaler Kessel von Tod. Da haben wir uns gedacht, wie das so wohl ist… ein deutscher und ein russischer Soldat liegen im letzten Moment nebeneinander, der Bauch hängt raus und machen ihren letzten Atemzug. Und die ergreifen dann einander ihre Hand, man klammert sich ja immer an etwas im letzten Moment, also so stellt man sich das vor. In diesem Moment erkennen sie auch noch mal, dass das alles für die Katz ist, dass sie nur Marionetten in diesem Krieg waren. Dass sie wegen den großen, die diese Kriege anstiften sterben und das für absolut nichts. Im Leben war sie Feinde, doch jetzt wo der Tod kommt sind sie „brothers in death“. Sie sterben als Freunde, denn was sollen sie den noch…




Ihr habt aber auch ein paar weitere Themen auf dem Album…


Wir haben weiter gesprochen und sind auf die fürchterlichen Geschehnisse in Dresden gekommen. Da gab es auch so viele Flüchtlinge und die ganze Stadt wurde zerbombt. Dann kam uns Hiroshima und 9/11 in New York. Uns ist einfach aufgefallen, wie viele solche Dinge auf der Welt passiert sind und immer noch passieren. Es geht aber mehr um genau diese Momente. Ich kenne ja 9/11 aus erster Hand, denn ich war zu dem Zeitpunkt in New York. Dieses Gefühl des ganzen Landes, wie alle erschüttert sind und zusammen leiden. Aber irgendwie lernt keiner daraus. Egal wie schrecklich die Geschehnisse und Kriege sind, keiner lernt etwas daraus. Heute reden wir wieder vom Krieg im Iran und Nord-Korea, es geht einfach immer weiter, immer das gleiche. Es ist natürlich auch kontrovers als deutsche Band die russische Hymne zu spielen. Aber wir sind ja immer schon ein bisschen so gewesen.



Mit dem neuen Album wart ihr eigentlich sehr schnell, wenn man bedenkt wie viel ihr auf Tour wart und wie erfolgreich „Blood Of The Nations“ war. Es hätte alles sicher eine Zeit lang so noch sehr gut funktioniert. Wolltet ihr einfach neues Material für eine weitere Tour oder fiel euch das Songwriting so leicht, dass ihr schnell ein so starkes neues Werk rausbringen konntet.


Wir dachten uns einfach, im Moment sind wir hart und es läuft alles super. Wir wollten einfach das Momentum halten. Nach dieser stürmischen Zeit machen wir aber erstmal etwas Pause. 2013 kommen dann die Festivals und vielleicht eine DVD und 2014 nehmen wir uns dann Zeit um wieder ein paar neue Ideen zu schöpfen. Wir haben nichts keine Überbleibsel von „Blood Of The Nations“ verwendet. Wir haben uns zwar ein paar Sachen noch mal angehört, aber da ist ja immer ein Grund, warum wir etwas nicht genommen haben (lacht). Irgendwo liegt da ein Grund, warum man den Song nicht nimmt.




Sind die Songs denn nun eigentlich auf der Straße entstanden oder habt ihr euch nach der Tour in Ruhe hingesetzt um neues Material zu basteln?


Nein, auf der Straße ist es etwas schwierig. Man denkt zwar immer mal, dass man das machen könnte, aber da musst du mental bei der Sache sein, wenn du an Songs arbeitest. Aber auf Tour ist man viel unterwegs, macht Interviews, hat Termine. Da kannst du dich nicht in etwas festbeißen. Der Wolf wohnt in Nashville, ich wohne in Philadelphia, da fliegen wir immer hin und her. Da hocken wir uns vier, fünf Tage zusammen und gehen auch gar nicht viel raus. Wir trainieren, machen Sport und schreiben dabei Songs. Wir vertiefen uns da richtig in die Sache und da kommen dann schon mal epische Songs wie „Stalingrad“ oder so richtig epische Songs raus, die mal nicht eben in zwei Minuten hingezimmert werden.



Wo siehst du die Hauptunterschiede zu „Blood Of The Nations“?


Ich glaub bei „Stalingrad“ kann man besser heraushören, dass wir jetzt eine richtige Band sind. Ich meine, „Blood Of The Nations“ war für uns alle etwas Neues. Wolf und ich waren natürlich immer noch eingespielt, aber Mark war ganz neu und wir wussten auch noch nicht so richtig was für Möglichkeiten wir jetzt haben und haben einfach mal gemacht. Und hier das wissen wir jetzt einfach besser, wir wissen auch welche Range Mark hat, wo seine Stärken und Schwächen sind und das weiß er natürlich auch selber. Ich habe auch das Gefühl, dass er durch die Auftritte jetzt viel besser in dem alten ACCEPT Sound sitzt. Es klingt reifer vielleicht und die Songs sind viel ausgewogener. Mit „Shadow Soldiers“ gehen wir zurück in die 80er oder schon fast in die 70er vom Sound her. Wir wollten auch gar nicht zu viel experimentieren, progressiv werden oder alles komplett über die Kante hauen.



Ihr seit ja jetzt schon einige Zeit in dieser Konstellation zusammen und viel auf Tour, ich denke das schweißt ja auch sehr zusammen – wie ist denn nun die Chemie in der Band?


Gut. In unserem Alter ist das ja auch nicht mehr so. Wenn du jünger bist, da sind die Egos auch noch viel größer und du bist wilder. Es ist ganz interessant, gestern wurde ich nach dem Unterschied beim Touren jetzt und vor 20 Jahren gefragt. Vo 20, 25 Jahren, da ging es natürlich nur ums Trinken und Mädels, da hat man das Rockstar Leben gelebt. Und heute fühlen wir uns viel mehr als Musiker und Künstler. Es geht uns nur noch um die Musik. Wie können wir etwas herstellen, das inspiriert, die Leute anregt und vielleicht in 20 Jahren noch davon gesprochen wird… Man wird einfach reifer und sieht das von einer anderen Seite. Wir leben jetzt viel gesünder, trainieren, es trinkt kaum einer was und schlafen viel. Dafür stehen wir über zwei Stunden auf der Bühne und können Vollstoff geben.




Diese Tour läuft noch bis Ende April. Was steht danach an?


Pause. Wir haben letztes Jahr zu viel getourt. Von Jänner bis Ende Juli. Da haben wir gesagt, wir wollen jetzt kleinere Blöcke machen. Für das Album machen wir einen Teil von Europa und spielen bis Mai, dann nehmen wir uns den Sommer frei, damit wir zu Hause sein können, damit wir im September gestärkt Kanda, USA und Süd-Amerika in Angriff nehmen können. Und dann kommen wir zurück nach Europa und machen den Rest. Und wie gesagt, gibt es 2013 keine Tour, sondern nur Festivals. Die haben wir dieses Jahr nämlich alle abgesagt. Wir wollen nicht jedes Jahr überall spielen, da geht dann auch der Reiz weg.



Wie schwer tut ihr euch mittlerweile eine Setlist zu bauen?


Wenn man ehrlich ist, ist es gar nicht so schwierig. Denn es gibt Songs, die man sowieso spielen muss, da kommt man gar nicht drum herum. Da hast du schon mal fünf, dann haben wir von „Blood Of The Nations“ drei oder vier und die neuen Von „Stalingrad“, dann hast schon mindestens zwölf Songs, schmeißt noch ein paar weitere hinzu und fertig. Die Fans fragen dann oft nach bestimmten Songs, aber wir wissen aus Erfahrung, dass gewisse Stücke perfekt für die Stage, andere die hören sich auf dem Album super an, so wie der Titeltrack von „Blood Of The Nations“, der ist auf der Platte sehr stark, aber live läuft der einfach nicht gut. Man muss ja auch eine ausgewogene Mischung finden, damit es das ganze Set lang knallt und die Stimmung nicht fällt.



Auch wenn du sagst, ihr seit ruhiger geworden, frage ich dennoch nach einer netten Geschichte vom Tourleben. Hast du da vielleicht etwas auf Lager?


Bolivien war ganz cool. Wir sind da angekommen und ich weiß nicht wie viele Tausend Meter über dem Meer dieser Flughafen liegt. Da steigst du aus und musst dort sofort einen Tee trinken, damit du nicht umkippst und funktionieren kannst. An solche Orte zu kommen und dort spielen zu dürfe ist schon sensationell. Andere Geschichten: Vor ein paar Tagen habe ich meine Wäsche gewaschen. Hab da Geld reingeworfen, Tür zu, das Teil fängt an sich zu drehen und dann komme ich drauf dass gar keine Wäsche drin war, die lag noch da. (lacht) Ansonsten passiert nicht mehr viel. Ich kann mich noch genau erinnern, wie das damals war nach der Trinkerei, wenn du am nächsten Tag mit so einem Kopf aufstehen musst uns spielen, da kannst du dann nur weiter trinken. Der Tourbus war ja quasi eine Art Bar. Man hörte einfach nie mehr auf. Und die Shows sind dann einfach nicht so gut. Das kann mir keiner erzählen. Mit ein paar Bier im Kopf denkt man vielleicht, man spielt wie ein Gott, aber was dann alles schief geht, merkt man gar nicht mehr. Man kann sich aber alles schön trinken.




Magst du noch etwas für die Fans in Österreich sagen?


Österreich? Hm, wo waren wir da letztes Mal? Achja in Wien, da muss ich noch mal zurück zum Gasometer und meine Hose holen (lacht).




www.acceptworldwide.com

Autor: maxomer

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Beitrag vom 23.04.2012
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