Interview mit THE XCERTS - Musikmachen als Therapie


Seit gut 10 Jahren machen THE XCERTS jetzt schon gemeinsam Musik. In Großbritannien beginnt sich das Durchhaltevermögen zu lohnen, in Europa lässt der Erfolg für die Schotten noch auf sich warten. Die Europa-Tour mit FRANK TURNER kommt da gerade recht. Bei ihrem Stopp in Graz nahm sich Sänger und Gitarrist Murray Macleod Zeit für ein Gespräch mit Earshot über das Tour-Leben, die Musikindustrie und die London Riots.

Wie läuft die Tour bisher?


Es läuft gut. Das ist unsere dritte Tour in Europa und es ist eine unserer längsten Touren. Die Leute sind sehr aufgeschlossen. Bei den ersten Shows waren wir etwas müde und vielleicht eingerostet, wir haben nicht so gut gespielt. Aber wir haben den Rhythmus gefunden. Wir haben ein paar wirklich tolle Menschen kennen gelernt und es ist toll mit FRANK TURNER und THE SLEEPING SOULS auf Tour zu sein, denn sie sind eine tolle Band und nette Menschen.


Hat es Highlights auf dieser Tour gegeben?


Ja, wir haben in Berlin gespielt und unsere Familien haben uns besucht und wir hatten den nächsten Tag frei, also sind wir alle ausgegangen und ich wurde in einen sehr bizarren Club geführt. Das war wirklich seltsam. Wir sehen unsere Familien nicht oft da wir so viel auf Tour sind. Also war es wirklich schön, dass sie nach Berlin gekommen sind und wir Zeit mit ihnen verbringen konnten. Ich überleg ob es noch andere Highlights gegeben hat. Es gibt so viele. Gestern (in Wien) war sehr lustig. Österreich ist gut zu uns.


Wie haben die Fans von FRANK TURNER auf Euch, Eure Musik und Eure Performance reagiert?


Es war recht stimmig. Wir haben damit gerechnet unterzugehen, da wir doch etwas mehr in Richtung Rock gehen als FRANK TURNER, aber wir wurden gut aufgenommen. Es hat keine Abende gegeben, die wirklich schlecht waren, es lief immer recht gut. Man kann gut beurteilen, wie gut es lief, je nach dem wie viel Merchandise man verkauft. Und wir haben viele Alben verkauft, das muss ein gutes Zeichen sein. Wir sind glücklich, wenn uns irgendwer Aufmerksamkeit schenkt.


Euch gibt es ja schon relativ lange, 10 Jahre in etwa. Ist es noch immer aufregend für euch auf die Bühne zu gehen? Oder wird es langsam zur Routine?


Nein… Ich denke Musik zu machen ist der beste Job der Welt. Die Tatsache, dass wir das tun können ist noch immer sehr aufregend für mich, besonders da das Publikum, vor dem wir spielen dauernd wächst. Ich hab noch immer Schmetterlinge in meinem Bauch vor jeder Show und es ist aufregend etwas, das man selber geschaffen hat vor so vielen Menschen zu performen und nach den Shows mit Menschen zu reden und zu hören, dass sie es genossen haben. Das haut mich jeden Tag um. Also ich liebe es. Ja, natürlich, das Leben auf Tour ist anstrengend. Wir müssen sehr viel fahren. Vier Stunden nach der Show zum Hotel und in der Früh wieder drei Stunden zum Veranstaltungsort. Das Leben auf Tour macht einen fertig, aber für junge Menschen ist es eine schöne Art, sein Leben zu führen.


Ihr seid zum ersten Mal in Österreich. Habt ihr Zeit für etwas Sightseen gehabt? Oder habt ihr nur die Veranstaltungsorte und unsere Straßen gesehen?


Es ist schwer, durch die langen Fahrten kommt man bei den Veranstaltungsorten an und verliert sich dann sehr leicht auf seinem Computer mit Facebook und diesen ganzen modernen Sachen um mit Freunden in Kontakt zu kommen. Aber gestern sind wir etwas herumgefahren (in Wien), das war schön. Unser Bassist ist gerade unterwegs, ein kleines Abenteuer. Man kann schon etwas Sightseen machen, aber es ist schwer.


Euer Label Xtra Mile Recordings war von den London Riots betroffen als ein Lagerhaus, in dem die CDs lagerten, niederbrennte. Seid ihr als Band direkt davon betroffen gewesen?


Wir waren für kurze Zeit etwas davon betroffen, da wir ein paar große Touren als Support gemacht haben und vor vielen neuen Leuten gespielt haben und wir hatten keine CDs zum Verkaufen. Unsere CD hat einfach nicht existiert. Die einzigen Exemplare die es noch gab lagen in CD-Geschäften in Groß Britannien. Wir haben also vor vielen neuen Leuten gespielt, aber diese konnten unser Album nicht kaufen. Sie konnten es natürlich auch online kaufen, das ist auch ok. Wir wollen nur, dass Leute unsere Musik hören können. Für uns war es nicht so schlimm. Aber wir kennen einen Typen, der sein Album in der Woche, in der das alles passiert ist, veröffentlicht hat und alle sind abgebrannt! Also hatte er einfach keine Alben. Es wurden dann einfach schnell welche nachgepresst und es hat alles funktioniert. Ich glaube die Labels waren schlimmer betroffen als die Musiker.


2011 habt ihr eine limitierte Schallplatte und eine Flexidisc veröffentlicht. Glaubst du, dass limitierte Auflagen und Oldschool Sachen wie Flexidiscs die Menschen dazu animieren Musik wirklich zu kaufen und Geld dafür aus zu geben?


Auf jeden Fall. Es gibt viele Leute die keinen Plattenspieler haben, aber die Flexidisc trotzdem gekauft haben und sich denken, sie hängen sie an die Wand, einfach weil es so bizarr ist. Es war einfach eine lustige Möglichkeit für eine Veröffentlichung. Es ist etwas anderes, das viele Leute noch nicht gesehen haben, besonders in unserem Alter weil es vor 15 Jahren circa populär war. Aber solche Kleinigkeiten, wie zusätzliche Lieder auf Alben und neue Ideen helfen den Verkauf anzukurbeln. Dieses konventionelle Veröffentlichen von einem Album und ein paar Singles ist tot, es sei denn, man ist ein großer Popact! Wir müssen ständig neue Wege finden, um Leute dazu zu animieren, unsere Musik zu kaufen. Aber wenn das Produkt gut ist, wird es hoffentlich auch gekauft. Aber es ist hart.


Dieses Jahr ist bald vorbei also ist die nahe liegende Frage: Wie war 2011 für euch?


Es war ein gutes Jahr, bis wir FRANK TURNER und seine Band getroffen haben. (Lacht) Es war ein unglaubliches Jahr für uns. Wir haben mit der Rock Sound Exposure Tour begonnen, was ein guter Start war. Wir waren zwei Mal in Europa und ich war für ein paar Soloshows in Amerika. Wir waren außerdem mit ein paar unserer Lieblings Bands auf Tour wie MANCHESTER ORCHESTRA, TAKING BACK SUNDAY und die FRANK TURNER Tour ist auch toll. Weiters wurden wir das erste Mal auf Radio 1 gespielt und haben viele gute Festivals gespielt. Also ein wirklich gutes Jahr. Ich rekapituliere immer erst am Ende des Jahres was wir in den letzten 12 Monaten gemacht haben und merke dann, wie viel wir geschafft haben. Im Moment ist alles etwas verschwommen, aber es war ein gutes und stressiges Jahr.


Was sind die Pläne für das nächste Jahr? Ist ein neues Album in Aussicht?


Ja, wir sind gerade dabei neues Material zu schreiben. Aber wir haben im Jänner eine Headline-Tour mit sechs Terminen in Großbritannien, und dann kommen wir Anfang Februar für vier Termine nach Europa, dann zurück nach Großbritannien um BRAND NEW zu supporten. Wenn das vorbei ist, werden wir fertig schreiben und hoffentlich unser neues Album aufnehmen. Und dann alles wieder von Vorne. Aber wir lassen uns Zeit mit dem Album, denn wir wollen etwas Gewaltiges schreiben, so etwas wie „Nevermind Part 2“ (Lacht). Ich glaube nicht, dass wir das tun werden, aber wir versuchen es.


Woher bekommst du deine Inspiration für die Musik und die Texte? Besonders deine Texte sind teilweise sehr düster und vielleicht etwas unheimlich.


(Lacht) Ich werde von meinem Leben inspiriert. Ich bin auf keinen Fall eine düstere Person, aber wenn ich schreibe, kommt dieses Düstere aus mir raus, ich weiß auch nicht warum. Ich hab einfach noch keine Stimme dafür gefundne, über glückliches zu singen. Eines Tages werde ich das machen, vielleicht. Und dann werden wir schrecklich sein! (Lacht) Es sind einfach Dinge, die ich erlebt habe, alle was mit Beziehungen zu tun hat und viel Persönliches. Darüber kann ich singen. Ich hab auch schon Texte geschrieben wo ich an einer Geschichte gearbeitet habe, oder über Dinge, die nichts mit mir zu tun haben. Aber ich mag dieses persönliche Gefühl. Ich sehe Texte schreiben als eine Art Therapie. Und jede Nacht kann ich all das fremden Leuten ins Gesicht schreien, und sie schreien zurück…


Ihr seid aus Schottland. Im Moment gibt es ein paar Bands aus Schottland die sehr erfolgreich sind, wie BIFFY CLYRO. Haben wir hier in Europa viele schottische Bands einfach übersehen, oder hat es wirklich eine Veränderung gegeben?


Ich glaube BIFFY CLYRO haben wirklich einige Türen für schottische Bands geöffnet, einfach weil sie so groß sind. Aber vor BIFFY CLYRO gabe es IDLEWILD und davor TEENAGE FANCLUB und ORANGEJUICE. Es ist schwer für mich, das aus eurer Perspektive zu sehen, ich bin mit diesen Bands groß geworden. Die schottische Musikszene war immer schon gut, FRIGHTENED RABBIT, TWILIGHT SAD und MOGWAI sind alles gute Bands. Ich glaube allerdings, dass viele Schottische Bands versuchen, in Amerika groß zu werden, was viel Zeit braucht, und dabei Europa übersehen. Durch das Internet und Webseiten wie Spotify werden diese Bands jetzt aber trotzdem für mehr Leute zugänglich.




Vielen Dank! Hast du noch irgendwelche letzten Worte für unsere Leser?


Dick einpacken, es ist kalt! Haltet auch warm!


www.myspace.com/thexcerts

Autor: Lena

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Beitrag vom 29.12.2011
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