Interview mit POWERWOLF - betrunken vom Blut der Heiligen


Die Wölfe heulen wieder. Mit "Blood Of The Saints" können POWERWOLF mühelos an den grandiosen Vorgänger "Bible Of The Beast" anschließen und liefern Hits am laufenden Band ab. Auch live können die Herren überzeugen, wie wir es am Masters Of Rock erleben durften. Gitarrist Matthew Greywolf und Orgel-Spieler Falk Maria Schlegel begrüßten uns im Red Bull Tent auf ein nettes Gespräch.


Wie hat´s euch heute gefallen, wie war der Auftritt für euch?


Falk: Super. Es war unglaublich, zu Mittag, fast 30 Grad. Ich hätte gedacht, dass die Leute bei solchen Verhältnissen gechillt etwas Musik hören, aber es war eine Party vom ersten Moment an – unglaublich.
Matthew: Das war eine richtige Symbiose. Die Fans und die Band haben sich gegenseitig so gepusht, da kommt man dann an einen Punkt, wo man nicht mehr aufhören kann.




Gestern habt ihr am Metalcamp gespielt, wie war es dort im Verhältnis zu heute?


Falk: Auch unglaublich. Es war eigentlich genauso. Allerdings war die Show abends um 8 Uhr.

Matthew: Da ist es dann aber weniger überraschend, dass es vor der Bühne recht voll ist und die Paty abgeht. Darum waren wir heute natürlich mehr überwältigt, dass eben schon alles so früh auf ist und mit dem Wolf tanzt. Es ist auch so, dass wir heute Nacht nur ungefähr eine Stunde geschlafen haben.




Euer neues Album heißt „Blood Of The Saints“. Was erwartet den Hörer und wo seht ihr die Unterschiede zum Vorgänger?


Falk: Den Hörer erwartet ein geiles POWERWOLF Album, so wie man es von uns erwartet und auch von uns schon kennt, denn wir haben in den letzten Jahren unsere eigenen Trademarks entwickelt und verfeinert.

Matthew: Dem habe ich eigentlich nicht mehr viel hinzuzufügen. Es ist ein typisches POWERWOLF Album geworden, würde ich sagen. Ich persönlich sehe es im Vergleich zu „Bible Of The Beast“ als ein natürlicheres Album. „BotB“ war sehr symphonisch. Es war ein Konzeptalbum bei dem sehr viel mit Chören und Orchestrierung gemacht wurde. „Blood Of The Saints“ stellt ein bisschen mehr den Metal in den Vordergund. Klar es gibt immer noch orchestrierte Sachen und Chöre, aber der Old-School Metal ist viel ausgeprägter.




Wie kam es zu dem Albumtitel?


Matthew: Der Titel bezieht sich auf die Offenbarung des Johannes in der Bibel. Da gibt es diese Stelle – da komme ich auf den Paragraph: 16, Absatz 7 – Da heißt es: „... und ich sah die Frau, betrunken vom Blut der Heiligen und
vom Blut der Märtyrer Jesu". Ich hatte irgendwann eine sehr interessante theologische Debatte verfolgt, bei der es um die Deutung dieser Stelle ging, was ich sehr interessant fand. Eine sehr gängige Bedeutung ist – die Frau ist das Böse.

Viel interessanter fand ich aber die Interpretation, dass es eine frühe Form der Kirchenkritik sei. Die Offenbarung des Johannes wurde im 2.-3. Jahrhundert niedergeschrieben, also die Zeit, in der gerade die Institution Kirche gewachsen ist. Heiligenverehrung ist ja nicht die Natur der Religion, sondern der Auswuchs eines Konstrukts. Das Trunken sein des Blutes kann man durchaus als eine Form der Kritik an der Institutionalisierung von Glauben – und das in der Bibel - was ich faszinierend finde.




Zieht sich das Thema auch durch die Texte?


Falk: Teilweise. Wir singen natürlich wieder viel über religiöse Themen. Das gehört einfach zum Wolf. Es ist aber nicht so, dass es vom ersten bis zum letzten Song eine Handlung verfolgt wird.



Das vorherige Album war sehr erfolgreich, wurde von Fans und Kritikern sehr gut angenommen, hat das einen gewissen Druck auf euch und die neue Scheibe ausgewirkt?


Matthew: Den Druck machen wir uns eigentlich dann immer selbst, dass wir ein gutes Album schreiben wollen, dass wir die Songs rund bekommen wollen, zu einem Punkt führen und natürlich dass sie uns selbst gefallen. Natürlich hat man da einen gewissen Anspruch und da geht’s halt dann heiß her. Das ist...
Falk: ...richtig Arbeit (lacht).
Matthew: Ja, das ist richtig Arbeit und da fliegen auch schon mal die Fetzen. Also den Druck macht man sich selber, damit wir keinen Scheiß abliefern.




Ihr habt jetzt in recht kurzer Zeit zwei Mal den Drummer gewechselt. Wie kam es dazu und wer ist der aktuelle Wolf hinter den Drums?


Falk: Das ist ein Holländer, das ist der Roel van Helden. Wie wir zu den gekommen sind, ist eigentlich ganz unspektakulär. Stéfan Funèbre ist nach „BotB“ ausgestiegen, weil sich sein Leben anders entwickelt hat. Er ist mittlerweile zweifacher Vater und konnte nicht mehr die Energie für den Wolf aufbringen, die er in eine so schnell wachsende Band stecken muss. Stéfan gehört immer noch zum Rudel und ist im Hintergrund aktiv. Sein Nachfolger Tom Diener kam damals zu uns als Aushilfe, was auch gut gepasst hat. Als es dann aber ans Songwriting ging, haben wir doch gemerkt, dass es einfach musikalische Differenzen gab. POWERWOLF ist keine Kompromissband. Was wir machen, machen wir entweder 100% oder gar nicht. Deswegen haben wir sozusagen die Reißleine gezogen.
Glücklicherweise kam kurz bevor wir ins Studio gingen ein netter Mann aus Holland und der passt einfach wie der Arsch aufn Eimer.




Ist er nun ein fixes Mitglied oder auch nur ein Session Musiker?


Falk: Eine Band ist ja wie eine Familie, das entwickelt sich. Du kannst nicht einfach sagen, dass jemand ein festes Mitglied ist. Heute hat Roel seine fünfte Show gespielt. Ich würde ihn derzeit nicht als festes Mitglied bezeichnen, aber im Moment fühlt es sich sehr gut an. Wir kommen super miteinander klar, wir haben Spaß, er hat einen sehr guten Job gemacht und er hat ein Wohnmobil, er ist ja ein Holländer (lacht). Deswegen steht nichts im Wege, dass wir noch länger zusammen etwas machen.



Metal und Religion sind im Metal ja beliebte Themen, es hat aber schon oft Probleme und Kritik wegen dieser Konstellation gegeben. Habt ihr in dieser Richtung schon etwas erlebt?


Matthew: Relativ wenig muss ich sagen, da wir in Interviews auch immer klarstellen und sagen, wir berichten über Religion, aber wir beziehen keine Stellung. Wir haben noch nie ein Statement abgegeben, dass wir Satanisten, Christen oder was auch immer sind. Aus dem einfachen Grund, dass wir es auch nicht sind. Wir sind spirituell interessierte Menschen. Ich persönlich habe für mich noch nicht die Religion gefunden, die mir die Antworten gibt, die ich suche. Es ist einfach ein sehr interessantes, spannendes Feld. Wir beziehen aber keine Stellung und das ist uns auch ganz wichtig und ich glaube, das kommt auch an.



Im Herbst geht es mit SABATON auf Tour. Was erwartet ihr euch davon?


Falk: Einen Haufen Spaß. Ich denke das Package ist super, passt perfekt mit GRAVE DIGGER, SKULLFIST, SABATON und der Wolf. Alles Power Metal Bands im weitesten Sinne, aber jede Band seine eigene Charakteristik und darum wird das ein sehr spannendes LineUp.



Wie wir damals am Telefon schon besprochen hatten, habt ihr nicht viel Glück mit Österreich und musstet schon ein paar Gigs in Wien absagen. Auf der Tour ist wieder ein Gig geplant, wie wollt ihr diesen Fluch umgehen?


Falk: Richtig. Das Wien-Debakel (lacht).
Matthew: Die erste Show ist ja schon in Wien.
Falk: Immerhin. Der Wolf war heute Nacht in Wien. Wir waren zwar nur eine Stunde in Wien. Wir sind aus Tolmin gekommen und waren um 6 Uhr in Wien, haben im Hotel eingecheckt, der Mensch an der Rezeption hat uns angesehen wie einen Autobus. Wir haben zu dem gesagt, wir gehen jetzt eine Stunde pennen und dann fahren wir wieder. Wir waren also immerhin bereits in Wien und ich denke der Bann ist jetzt gebrochen.




Apropos Tour, habt ihr zum Schluss noch eine unterhaltsame Tourstory?


Falk: Wir wurden mal eingesperrt, das war so ein richtiger SPINAL TAP Moment.
Matthew: Ja, scheiße (lacht).
Falk: Letztes Jahr bei der Bible Of The Black Tour. Vor unserem Gig hatten wir uns backstage noch ein bisschen warmgespielt und gejammt. Auf einmal hören wir das Schloss klicken. Wir dachten, was ist das jetzt und merkten, die Tür ist zu. Wir dachten, Scheiße, in fünf Minuten müssen wir auf der Bühne sein. Wir hatten dann unseren Lichttechniker angerufen, der zum Glück sein Handy dabei und hat das dann organisiert.
Herausgestellt hat sich dann, dass der Hausmeister gemeint hat, er muss jetzt mal alle Räume zusperren. Wir waren wohl sehr ruhig und brav. Das war richtig SPINAL TAP.




Und die letzten Worte?


Matthew: Metal is religion – checkt das neue Album „Blood Of The Saints“. Danke und wir sehen uns.



www.powerwolf.net

Autor: maxomer

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Beitrag vom 05.08.2011
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