Interview mit ZWEIZZ - Von Playback Konzerten und Klos auf der Bühne


Im Vorprogramm von ULVER sorgte der Norweger Svein Egil Hatlevik alias ZWEIZZ mit seiner Performance zwar eher für Erstaunen und Kopfschütteln, seine kürzlich erschienene Kollaboration mit dem mittlerweile leider verstorbenen Joey Hopkins stellt jedoch ein für den in Richtung Electronic stiloffenen Hörer ein sehr intensives Hörerlebnis dar. Grund genug, uns mit dem sympathischen Norweger zu unterhalten.

Hallo Svein! Wie war die Tour mit ULVER? Was machst du gerade?


Hallo Michael und allen, die dieses Interview lesen. Die Tour war lustig, aber auch sehr anstrengend. Viele verwirrende Eindrücke, viel Gelächter und gute Typen, mit denen ich unterwegs war. Momentan versuche ich gerade, das „Zweizz & Joey Hopkins“ -Album zu promoten, das über Jester Records / Neuropa Records erschienen ist.





Wenn ich an den Auftritt in Wien denke würde ich sagen, dass ZWEIZZ live mehr Performancekunst als Musikkonzert ist. Was ist der Grund dafür? Ich finde es wäre cool gewesen, wenn ein paar Songs vom „Zweizz & Joey Hopkins“ Album gespielt worden wären. Besonders „The Goat“, weil Kristoffer von ULVER ja auch da war.


Derzeit erscheint mir das „Zweizz & Joey Hopkins“ Album wie ein abgeschlossenes Projekt. Das mit den Solokonzerten mache ich jetzt schon ein paar Jahre und ULVER fragten mich, ob ich mit ihnen auf Tour gehen wohl, weil sie eine Art Soloprojekt mit auf Tour haben wollten. Wenn nun also nur ich auf der Bühne bin, bin ich gewissen Einschränkungen unterworfen. Wenn ich jetzt die Stücke vom „Zweizz & Joey Hopkins“ Album spielen wollte, wäre das mehr oder weniger eine Playback/Laptop Performance, ich habe schon viele davon gesehen, und diese Art der Livekonzerte langweilt mich zu Tode. Meiner Meinung nach wäre ein Konzert, auf dem ich großteils bereits aufgenommene Songs nochmals abspiele, Betrug am Publikum, auch wenn es wahrscheinlich für ein ahnungsloses Publikum leichter verdaulich wäre. Aber, wenig verwunderlich, mache ich lieber etwas, das ich auch selber gerne sehen würde, anstatt es mir einfach zu machen.




Wie kommst du in die richtige Stimmung für so eine Performance? Hat die Flasche Eristoff vor der Show etwas damit zu tun?


Also in Wien hatte die Flasche Wodka etwas damit zu tun, obwohl ich mir nicht wirklich sicher bin, ob ich sie ganz ausgetrunken habe, bevor ich auf die Bühne ging. Die Erinnerungen an den Tag sind etwas verschwommen. Es ist jetzt nicht so, dass ich vor jedem Konzert eine Flasche Wodka trinke. Normalerweise kommt es mir vor, als würde ich zur Arbeit gehen, es ist jetzt nicht besonders aufregend, es ist einfach eine Aufgabe, die erfüllt werden muss. Bei anderen Malen komme ich in eine mehr rituelle Stimmung, da fühle ich mich wie der Leiter einer magischen Zeremonie.


Was hat es mit dem Klo auf der Bühne auf sich?


Es ist absurd. Davon abgesehen ist es schwierig, genau auf den Punkt zu bringen, was genau es damit auf sich hat. Ich mag einfach die Vorstellung von einem Mann, der in ein Klo hineinschreit und man kann sein Gesicht auf einer Leinwand sehen, obwohl ich mich manchmal dafür schäme, dass ich auf der Bühne dieser Mann bin. Ich weiß nicht, ob ich das Klo auf der Bühne auch in Zukunft verwenden werde, aber momentan finde ich, dass es ganz gut funktioniert. Ich war schon auf vielen Konzerten und habe schon oft gute Musik gehört. Und eigentlich kann man sagen, dass wenn du einmal gute Musik gehört hast, dann hast du alles gehört. Es ist kein Versuch, etwas Schönes zu machen. Es ist etwas anderes. Ich glaube etwas was ich wollte war, die Leute verlegen zu machen, anstatt sie zu beeindrucken. Ich wollte den Leuten eine andere Erfahrung geben, etwas Beschämendes und Geschmackloses.




Deine Zusammenarbeit mit dem leider verstorbenen Joey Hopkins ist melodischer als dein Debütalbum. War das hauptsächlich Hopkins’ Leistung, oder woher kommt das?


Ja und nein. Das Debütalbum ist eine Ansammlung von Soundexperimenten und Songs, die ich zwischen 2001 und 2006 gemacht habe. Zu dieser Zeit interessierte ich mich dafür, abstrakte Arten des Songwritings zu erkunden. Aber für „Zweizz & Joey Hopkins“ hatten wir uns geeinigt, dass wir etwas melodischeres machen wollten. Manche der Melodien sind von Joey, manche von mir. Und darüber sind die Gitarren von Filip Roshauw, die Filip und ich in enger Zusammenarbeit aufgenommen haben. Es gibt auch mehr Gesang und andere Instrumente, wohingegen mein Debütalbum mehr auf Computer basiert. Die Entstehung der beiden Alben war ziemlich unterschiedlich.





Was kannst du mir über die Arbeit am Zweizz & Joey Hopkins Album erzählen?


Ich habe Joey 2006 über Myspace kennengelernt und er fragte mich wegen einer Zusammenarbeit. Zu dem Zeitpunkt hatte ich gerade mein „Yawn Of A New Age“ Album fertig gestellt und wollte nicht mehr alleine arbeiten und brauchte ein wenig frischen Input. Zu dem Zeitpunkt war die ganze Social Network Sache neu für mich und ich sagte grundsätzlich zu allem ja. Mit Joey hatte ich das Gefühl einen Glücksgriff getan zu haben, dann machten wir ein paar Songentwürfe, mit denen wir nicht richtig zufrieden waren. Am Anfang war das, was wir machten, eher rhythmusbasiert, aber sobald wir ein gemeinsames Gespür für Melodie gefunden hatten, ging es sehr gut voran.


Mit ZWEIZZ hast du ja auch Remixes für Metalbands gemacht, zum Beispiel für SOLEFALD. Ist mehr in diese Richtung geplant?


Derzeit nicht.


In welche Richtung wird die Musik vom ZWEIZZ in Zukunft gehen? Arbeitest du bereits an neuem Material?


Schwer zu sagen, ich glaube sie wird organischer, mehr Instrumente, die von wirklichen Menschen gespielt werden. Weniger programmiertes Schlagzeug. Aber nocheinmal, es ist schwer zu sagen. ZWEIZZ kann grundsätzlich alles sein.


Du hast mit der Black Metal Band FLEURETY angefangen. Wie sieht es momentan bei der Band aus?


Wir haben mit unserer 7 EP Reihe angefangen und wir werden diese weiter veröffentlichen, bis uns irgendetwas stoppt. Wir haben auch über die Möglichkeit, ein neues Album aufzunehmen, gesprochen, aber das ginge frühestens 2013. Die nächste Veröffentlichung wird die 7” „Et Spiritus Meus Semper Sub Sanguinantibus Stelllis Habitatabit“ sein und wir hoffen, dass am Ende des Jahres erscheint, zeitgleich mit dem zwanzigjährigen Bestehen von FLEURETY. (Die Band wurde im Dezember 1991 gegründet.)



Du hast die Synthesizer auf DHG’s „666 International“ gespielt, einem Album, das ihrer Zeit weit voraus war. Ich kann mich erinnern, als DHG mit DIMMU BORGIR auf Tour waren und die bösen Black Metal-Fans mit blauem Corpsepaint und Industrial-Einflüssen verwirrte. Wie war es auf der Bühne zu stehen und zu wissen, dass nicht mehr als 10 Prozent des Publikums die Musik versteht?


Die DHG Tour bestand aus 41 beschissenen Konzerten in sechs Wochen. Wir waren überhaupt nicht vorbereitet und die Band konnte kaum ihre eigenen Songs spielen. Es war peinlich und könnte erklären, warum es niemand verstanden hat. Es ist schwer zu sagen, ob die Leute die Musik gemocht hätten, wenn die Band nicht scheiße gewesen wäre, aber ich vermute, es wäre ein wenig einfacher gewesen.


Apropos DHG, hast du jemals an ein “Extreme ZWEIZZ Fuckover” beziehungsweise Remixe einiger ihrer alten Songs gedacht?


Derzeit ist das nicht geplant. Wenn sie mir € 10.000 zahlen, kann man darüber reden.


Was sind die Pläne für die Zukunft?


STAGNANT WATERS, einen neue Band von mir, wird ihr Debütalbum dieses Jahr über Adversum Records veröffentlichen. Ich hoffe, dass auch das Debütalbum von meiner anderen Band, UMORAL bald erscheint, aber es scheint ewig zu dauern. Davon abgesehen sind viele Dinge noch komplett ungewiss. Aber die Arbeiten an einem neuen Album, das ein neues ZWEIZZ-Album werden könnte, haben schon begonnen. Vielleicht noch mehr Konzerte, nein sicher noch mehr Konzerte.


Die letzen Worte an unsere Leser gehören dir!


www.yousendit.com/download/UnlCanZvYXlIcWV4dnc9PQ


www.myspace.com/zweizzmusick

Autor: Mike

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Beitrag vom 04.07.2011
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