Interview mit ULVER - den Blick stets nach vorne gerichtet


Anlässlich ihres neuen Albums „War Of The Roses“ sprachen wir vor ihrem Konzert in der Szene Wien mit dem Mastermind der norwegischen Soundtüftler ULVER, Kristoffer „Garm“ Rygg.



Hallo Kristoffer! Kannst du uns etwas über den Entstehungsprozess des neuen Albums erzählen?


Bei den Aufnahmen zu „Wars Of The Roses“ lief alles etwas hastiger als gewöhnlich ab. Da wir mit den Jahren in immer mehr Projekte involviert sind, fand sich kaum die Zeit, um im Studio länger isoliert arbeiten zu können. Es passierte immer irgendwas, was uns in unserer Konzentration störte. Deswegen nahmen wir das Album in Intervallen auf, was wir in dieser Form noch nie gemacht hatten. Aber Veränderungen sind wohl etwas Gutes.

Mit Daniel O´Sullivan habt ihr euch einen Briten an Board geholt. Ist dieser „britische Touch“ des neuen Albums mit sein Verdienst?

Nein, ich schreibe die Lyrics mit Jørn, Daniel hatte keinen Einfluss darauf. Dieser „britische Touch“ kommt daher, dass wir viel in London unterwegs waren und im Zuge dessen die britische Tradition etwas erkunden konnten. Dieses „Britania Element“ zieht sich durchs ganze Album, mit der Ausnahme von „Norwegian Gothic“ welches eine eher kritische Aussage hat.

Ist der psychedelische Einschlag des neuen Albums etwa auf die Arbeit an eurem Cover- Album zurückzuführen? Wann können wir damit rechnen?

Ja, möglicherweise gab es da einen Einfluss. Wir hoffen, dass wir mit den Arbeiten dazu Ende dieses, Anfang nächsten Jahres fertig sein werden. Es nimmt einfach viel mehr Zeit in Anspruch als wir erwartet haben und das kommt daher, dass wir sehr selbstkritisch sind, sehr kritisch auf die Band und unser Umfeld bezogen. Das hat bei ULVER sozusagen Tradition, also kritisches schreiben und denken.


Wie entstehen die Clips, die eure Show visuell untermalen? Wer ist dafür verantwortlich?


Diese Clips entstehen durch die Zusammenarbeit mit einer sehr talentierten Künstlerin, Kristin. Jørn hat eine Menge damit zu tun. Mir persönlich fehlen die Qualifikationen so etwas zu machen. Irgendwie sage ich den Leuten einfach, was ich sehen will und das wird dann umgesetzt. Das aktuelle Liveprogramm beinhaltet neue visuelle Produktionen. Ich weiß nicht, ob du uns zuvor schon mal live gesehen hast, die auf der letzten Tour verwendeten Visuals rockten mehr, waren bombastischer und beinhalteten ein paar Seitenhiebe in Richtung Politik und so. Ganz im Gegensatz zum neuen Material, welches absichtlich sehr starr landschaftlich gehalten wurde.





Ich kann mich an alte Interviews erinnern, in denen du sagtest, dass du kein Interesse an Liveauftritten mit ULVER hast. Warum hast du deine Meinung diesbezüglich geändert?


Möglicherweise werden wir wieder aufhören live aufzutreten. Ich habe das Gefühl, dass wir uns damit selbst ins Bein schießen. Wir hatten eigentlich nicht wirklich eine Wahl. Die Welt verändert sich und man kann als Musiker oder Band mittlerweile nicht mehr überleben, indem man nur CDs verkauft, wenn man nicht gerade Lady Gaga oder so ist. Wir hatten also die Möglichkeit erwachsen zu werden, uns einen richtigen Job zu suchen und mit der Band aufzuhören, was ich eigentlich nicht wollte, da wir noch einige Ziele haben. Live zu spielen war also eine Art Kompromiss für uns. Also es ist jetzt nichts, was wir unbedingt machen wollten, aber mittlerweile lernen wir es zu schätzen. Möglicherweise ist diese Tour aber doch unsere letzte in der Form, dass jeden Abend der gleiche Gig gespielt wird, weil ich mir nicht sicher bin, dass das gut für die Band ist. Man kann Livekonzerte auch anders aufziehen, zum Beispiel indem man eine ganz spezielle Location ein Jahr vorher bucht und beispielweise mit Performancekünstlern an einem wirklich besonderen Auftritt arbeitet. Das heißt, die Vorbereitungen für diesen speziellen Auftritt sind in etwa vergleichbar mit der Arbeit an einem Album.


Im Anschluss an eine ULVER Konzert in Griechenland sollst du mit einigen Musikern aus der griechischen Black Metal-Szene einige alte ULVER Songs gespielt haben. Wie kam es dazu und wie waren die Reaktionen des Publikums darauf? Viele eurer neuen Fans dürften eure alten Black Metal-Sachen ja gar nicht kennen.


Du würdest überrascht sein, wirklich viele der Fans kennen die musikalische Geschichte von ULVER sehr genau. Das hat sogar mich selbst überrascht. Nun, beim Auftritt in Griechenland kamen die Jungs auf mich zu, wir hatten eine zirka fünfminütige Unplugged-Session Backstage vor dem Auftritt. Ich konnte mich an die Texte nicht mehr genau erinnern, vermutlich habe ich einiges falsch gesungen. Auf jeden Fall war es ein sehr exstatischer Auftritt. Sehr viele Konzertbesucher sind nicht erst mit dem letzten Album auf ULVER aufmerksam geworden, sondern hören unsere Musik schon seit zehn Jahren oder länger. Das finde ich zwar erstaunlich, aber für mich sind die alten Sachen Geschichte. Es ist nichts, was mich heute besonders interessiert, weil es ein Teil von etwas ist, das vor langer Zeit passiert ist, als ich viel jünger war und anders über bestimmte Dinge gedacht habe. Bei unserem Auftritt am 1. April habe ich einen lustigen Scherz gemacht. Ich bin auf die Bühne und habe zu den Leuten gemeint, dass wir nun das „Nattens Madrigal“ Album spielen würden. Die Leute waren begeistert, ich meinte, war nur ein Scherz, 1. April!


Wird es vielleicht irgendwann einen Auftritt im klassischen ULVER-Line Up geben, bei dem die Songs eurer ersten drei Alben gespielt werden.


Hast du ein gutes Angebot für so einen Auftritt? Nein im Ernst, diese Band ist eigentlich eine komplett andere, ich bin im Grunde der einzige, der ein Teil der alten ULVER war. Sollte es so einen Auftritt geben, müsste der in einem anderen Kontext und mit anderen Musikern erfolgen. Man soll zwar niemals nie sagen, aber derzeit habe ich wenig Interesse daran. Es wäre ziemlich populistisch, und ich bin kein Freund des Populismus.


Du hast auf deinem Label Jester Records das neue Album der Black Metal-Band NIDINGR veröffentlicht. Gehst du back to the roots, oder warum hast die Scheibe herausgebracht?


Nicht wirklich, aber die Scheibe rockt einfach. Außerdem ist Teloch ein guter Freund von mir. Ich glaube, er wollte das Album einfach auf einem Nicht-Metal Label veröffentlichen. Ich mag Metal immer noch, es kommt nur sehr selten vor, dass mich etwas wirklich vom Hocker haut, aber die Scheibe von NIDINGR war genau einer dieser seltenen Fälle. Aus diesem Grund habe ich das Album veröffentlicht.


Wie seid ihr mit den Gastmusikern, die auf „Wars Of The Roses“ mitwirken, in Kontakt gekommen?


Der Gitarrist ist sehr bekannt in Norwegen, er spielt Jazz. Wir hatten auch Leute aus dem alten COIL-Line Up. Das ist eine Verbindung, die über die Jahre gewachsen ist. Man kann nicht sagen, dass wir ihr Erbe übernehmen, aber wir versuchen dort fortzusetzen wo sie aufgehört haben. Meiner Meinung nach war die Tatsache, dass wir uns mit den Leuten musikalisch zusammengetan haben, nachdem wir jahrelang Fans ihrer Musik waren, einfach ein logischer Schritt.

Siri Stranger ist dieselbe Sängerin, die auch auf unserem PRINCE-Cover gesungen hat. Sie ist eine Art norwegische Mariah Carey. Ich kann diesem Stil jetzt nicht so viel abgewinnen, aber sie ist eine großartige Sängern, außerdem finde ich es viel interessanter, jemanden aus einem anderen musikalischen Spektrum auf dem Album singen zu lassen, als beispielsweise die Sängerin von NIGHTWISH. Ich mag ein wenig Kontrast. Ich bin jetzt nicht unbedingt ein besonders großer Fan ihrer Musik, aber ich respektiere ihre Professionalität.





Wie schreibt ihr eure Songs? Entstehen sie beim gemeinsamen Proben, oder wie läuft das ab?


Bei der Entstehung von „Wars Of The Roses“ haben wir das teilweise so gemacht. Seit zirka zwölf Jahren haben wir erstmalig wieder richtig geprobt, als Liveband mussten wir das ja. Das Album ist daher mehr ein Produkt gemeinschaftlicher Arbeit als die letzten Alben, wobei ich mir derzeit noch nicht im Klaren darüber bin, ob das nun gut ist oder nicht.



Meiner Meinung nach klingen ULVER gänzlich anders als andere Musiker oder Bands. Gibt es trotzdem Künstler, die euch musikalisch beeinflussen?


Wir mögen viele Sachen. In dem Studio wo ich arbeite, beobachte ich oft Musiker, die sich einen Song anhören und dann versuchen etwas zu machen, was sich ähnlich anhört. Das ist meiner Meinung nach das traditionelle Assimilieren von etwas, das man mag. Wenn wir nun etwas machen und es hört sich zu sehr nach etwas anderem an, dann verwerfen wir es normalerweise wieder. Das heißt, wenn wir etwas mögen, dann versuchen wir uns musikalisch davon wegzubewegen. Wir wollen nicht wie unsere Helden klingen.


Danke für das informative Interview, Kristoffer!

www.myspace.com/ulver1

Autor: Mike

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Beitrag vom 09.05.2011
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