Interview mit DESTRUCTION - schnell, hart, abwechslungsreich


Die deutschen Thrash-Urväter DESTRUCTION versprachen uns bereits vor einem Jahr, dass auf der neuen Platte "Day Of Reconing" wieder mehr schnelle Kracher zu finden sein werden und sie haben uns nicht enttäuscht. Das neueste Album von Schmier und Co. ist ein fette Thrash Platte ohne Kompromisse. Im Hintergrund hat sich aber auch einiges getan, denn mittlerweile trommelt ein Pole bei der Band. Fronter Schmier lud zum Gespräch um zu erzählen, wie es dazu kam:


Hi Schmier, wie geht’s dir und wovon halte ich dich denn eigentlich gerade ab?


Ach, du bist heute schon mein letzter Interviewpartner. Ich werde mir dann noch etwas zu essen machen und dann den erfolgreichen Tag gebührend feiern. Du hältst mich also von nix ab.


In Kürze erscheint euer neues Album „Day Of Reckoning“, bist du so kurz vor einem Release eigentlich noch nervös?


Naja, zum Glück gibt es ja das Internet-Streaming im Vorfeld, wo du schon die Tendenzen absehen kannst und auch selbst das Adrenalin etwas abbauen kannst. Ich denke wir haben eine gute Platte gemacht und diese ist auch wieder eine Spur besser geworden als die Letzten, glaube ich. Es hat sich auch in den ersten Reviews und so weiter und auch bei den Reaktionen der Plattenfirma etwas abgespiegelt, und da ist man dann natürlich nicht mehr ganz so nervös. Es ist aber trotzdem immer wieder ein neues Baby, das raus kommt und man freut sich auf die ersten Reviews und Reaktionen, da ist man dann auch etwas excited, das gehört schon dazu. Auch wenn wir schon lange Profis sind, ist immer noch so ein Gefühl der Ungewissheit im Vorhinein da.


Du klingst so, als wären also bisher nur positive Reaktionen gekommen?


Ja, ich sage mal so, es war selten so positiv. Es ist dieses Mal schon richtig erschreckend positiv. Ich habe zwar nichts anderes erwartet, weil ich weiß, dass die Platte gut ist, aber es ist dieses Mal schon so eine „Wow-Welle“. Außer vielleicht vom Götz (Kühnemund – RockHard), der geschrieben hat: „Die Platte ist zwar super, aber völlig überproduziert“. Ansonsten sind die Kritiken sehr gut eigentlich.


Wir haben ja schon ca. vor einem Jahr mal telefoniert und da habt ihr bereits angekündigt, dass ihr die neue Platte wieder schneller machen wollt…


Habe ich dich da enttäuscht? (lacht)


Nein, keineswegs! Die Platte knallt von vorne bis hinten. Die Frage war eben, ob nicht die Angst dabei entstehen könnte, dass so manches dann etwas gezwungen klingen könnte, wenn man sich im Vorhinein so ein Ziel setzt?


Ach, denkst du, andere Bands machen das anders? Andere Bands sagen, wir machen jetzt nicht ne harte Platte, sondern die sagen dann so: „Die Platte steht in meinen Eiern und die Spritz ich da dann raus und schreib die einfach“. (lacht)

Alles was man macht, ist irgendwo kontrolliert, egal ob beim Sex, oder wenn ich einem Typen eine auf die Fresse hau, irgendwo ist immer eine gewisse Kontrolle.
Bereits zu „Sentence Of Death“ sagten wir im Jahr 1983, dass wir die härteste Platte der Welt aufnehmen wollen, deswegen klang das Teil auch nicht konstruiert. Wir machen uns soweit einen Plan, dass wir eine Platte machen, die wir haben wollen und uns happy macht, und genau das haben wir getan. Die letzte war ein bisschen zu lusch, sie war gut aber die neue ist halt wieder mehr in die Fresse.



Wie weit hat sich das beim Songwriting dann noch entwickelt, da dann doch noch einige langsamere Stampfer auf dem Album eingefunden haben.


Ja, der Schlagzeuger muss das dann auch alles noch spielen können und wir haben ihm die Latte auch sehr hoch gelegt, denn wir wollten einen wirklich guten Drummer haben. Darum haben wir es dann auch so angelegt, dass der Schlagzeuger, der das letztendlich einspielt, ein Top Profi sein muss. Als er dann in’s Studio kam und dieses extreme Material ganz locker runtergenudelt hat, als ob er sowas schon immer macht. Er war dann selber auch ganz begeistert, wie das klingt, denn er war vorher auch nicht der Thrash/Death/Speed Metal Drummer. Er ist einfach ein sehr gut ausgebildeter Schlagzeuger. Er sollte dann natürlich auch zu uns passen und das hat alles gut geklappt.

Außerdem sollte die Platte zwar schnell und hart sein, aber auch abwechslungsreich. Das heißt, wir haben die Platte möglichst abwechslunsreich zu halten, damit das schnelle Zeug zwar heftig klingt, aber nicht so als würde man das alles total stumpf runtergeledert. Es gibt ja viele junge Thrash Metal Bands, die mit roher Gewalt und Geschwindigkeit etwas zu erreichen. Das kann man aber einfach nicht beim Thrash, denn der lebt zwar von Geschwindigkeit aber auch von Breakdowns und Dynamik, die man nur durch Midtempo-Parts usw. bekommt, jedoch darf man das auch nicht übertreiben, denn das hast du das Problem, dass die Platte nicht mehr richtig knallt.

Ich denke eben, wir haben es geschafft, diese Portion Abwechslung reinzubringen, damit der Hörer nicht nachher nurnoch den Kopf ständig gegen die Wand knallt. Das ist einfach wichtig, dass eine gewisse Abwechslung da ist.



Du hast bereits etwas vorgegriffen. Wie ist denn der ganze Wechsel an den Drums vonstatten gegangen und wie seid ihr auf den Polen (Vaaver) gestoßen?


Das war nicht so einfach. Marc war ja lange dabei und wir wollten auch lange nicht wahr haben, dass er nicht mehr dazu passt. Aber am Ende des Tages steht das Endprodukt DESTRUCTION da und da kann man nicht über Menschen hinwegsehen, die einfach keinen Bock mehr haben Thrash Metal zu spielen und sich mit Fans zu umgeben und lieber zuhause zu sitzen und anders sein Geld verdienen. Es war schon abzusehen und es ist zwar traurig und schwierig, jemand neuen zu finden. Es war auch eine Herausforderung, aber wir haben zum Glück genug Freunde und Bekannte, die uns Leute empfahlen.

Wir haben auch sehr viele geile Schlagzeuger angetestet und haben auch jemand gefunden, der wirklich technisch auf dem Niveau ist, der Marc sogar locker übertreffen konnte und auch die Bildung im Metal allgemein und im Thrash Metal hat. Es ist ja auch so, dass er aus Polen kommt und dort ist die Schlagzeugtradition groß ist, wir zB bei BEHEMOTH oder VADER. Es gibt dort extrem viele gute Schlagzeuger. Er ist eigentlich auch kein Extreme Metal Drummer, sondern eher eine Metal Trommler mit klassischen Einschlägen, der auch im Warschauer Symphony Orchester spielt. Er wurde uns eben auch von den genannten Combos empfohlen, die sagten, dass der ein richtiges Tier an den Drums ist. Er ist ja auch fast zwei Meter groß und somit eine Erscheinung. Er ist mit DESTRUCTION, SLAYER, MAIDEN, PRIEST und den typischen Combos aufgewachsen. Zwischendurch hat er auch Progressiven Rock gemacht und so weiter, aber ist einfach voll der Typ für die Musik, die wir machen. Die Entscheidung war dann nicht schwer, denn er hat einfach alle anderen an die Wand geblasen. Wer jetzt denkt, die Platte wurde dahingehend irgendwie nachbearbeitet, der muss auf unsere Live-Shows kommen und sich persönlich von der sensationellen Leistung von ihm überzeugen. Er hat DESTRUCTION somit sogar noch ein kleines Upgrade gegeben und noch einen draufsetzt, noch dazu mit so einer Lockerheit. Er passt auch gut zu uns, wir verstehen uns gut und er geht auch gerne mal einen Saufen, was ja auch zur deutschen Mentalität passt. Und für mich als Bassisten ist es natürlich ein Wahnsinn, wenn man da noch ein neues Level nach dreißig jahren erreicht. Ich bin echt happy und hab da Tränen in den Augen.



Gibt es gar keine Probleme mit der Distanz, da er ja in Polen zuhause ist?


Als Süddeutscher… und unser Ex-Drummer kommt aus Berlin und wenn du jetzt auf die Landkarte schaust, dann merkst du dass da gar nicht so viel Unterschied ist. Der Flug dorthin ist eigentlich überhaupt kein Unterschied. So sehr ich die Globalisierung auch hasse, ist es dank der Fluglinien, die immer mehr anbieten, natürlich großartig. Gerade Warschau, das ja vor einigen Jahren noch hinter dem eisernen Vorhang war.


Auch nach fast dreißig Jahren und vielen Phasen, die DESTRUCTION durchgemacht haben, auch mit vielen Experimenten usw., erkennt man sofort einen Song von DESTRUCTION auch als diesen. Wie macht man diesen Effekt und wie sehr legt ihr Wert auf diesen?


Das ist Gut, danke! Wie macht man diesen Effekt? Das ist eine gute Frage. Wenn du das so siehst, dann ist das ein riesen Kompliment. Wir machen keinen Metal am Reißbrett, wir machen das einfach aus dem Bauch raus und unterhalten uns durchaus darüber, wo es hingeht. Aber am Ende ist jeder Song eine Überraschung, auch für uns. Was daraus entsteht ist auch ein Teil der Psyche und Kreativität. Wir arbeiten auch sehr gut im Team, was nicht immer so war. Das ist jetzt irgendwie so gewachsen, was man auch nicht beschreiben kann. Wie beim Sex – entweder es läuft, oder es läuft nicht. Wir hatten uns ja auch mal zerstritten und kamen dann wieder zusammen. Die ersten Jahre nach der Reunion haben wir uns auch nicht leicht getan beim Schreiben der Songs.


Was hat euch dazu bewogen den DIO Klassiker „Stand Up And Shout“ zu covern?


Das war damals für uns schon Speed Metal. Wir kannten da schon BLACK SABBATH, aber als das Zeug 1983 raus kam, war das etwas ganz neues. DIO war damals sowieso schon Gott und war für uns immer der Megasänger. Wir haben ihn über die Jahre und viele Festivals kennengelernt. Er war einfach ein supernetter Typ. Als er dann so plötzlich starb, waren wir alle geschockt und es gab keine andere Antwort. Für uns war klar, wenn wir dieses Jahr einen Coversong machen, dann kann es nur etwas von DIO sein. Die Frage ist halt, als Thrash Metal Band den DIO covern, ist vielleicht auch nicht so passend oder authentisch, aber darum ging es uns gar nicht, wir wollten einfach dem Meister Tribut zollen.


„Day Of Reckoning“ erscheint ja auch als LP, wie wichtig ist dir heute noch Vinyl, wenn ich an die DVD denke, da gab es ja diesen Bonus mit dem raren DESTRUCTION-Zeug, wo ja auch massig davon dabei waren.


Ich glaub, dass Vinyl heute noch so 10% der Verkäufe ausmacht und somit noch sehr beliebt ist. Mir ist es schon wichtig, ich hab ja auch die CDs usw. jetzt bekommen und auch das Album als Platte und ich finde das einfach viel geiler, als die CD. Die CD ist deswegen auch geil, weil wir das coole Schubcover gemacht haben, aber es ist halt trotzdem nur so ein kleines Ding. Wir sind eine Band aus den 80ern und wir stehen drauf auch das Brachiale auf dem Artwork zu zeigen und da bietet sich Vinyl immer noch am besten an.


Hört sich dann an, als wärst du nicht ein großer Fan von Amazon-Downloads, ITunes usw…


Nein, ich bin ein riesen Fan von dem Internet Downloads und ITunes. Aber was ich zuhause hab, habe ich zuhause. Aber wenn ich schnell mal irgendeinen Song haben will, dann ist das schon geil, den einfach mal schnell zu holen. Die Leute, die gerne was in der Hand haben wollen, die CD, das Artwork, die Texte, Bilder usw., die muss man aber dann heutzutage für den Kauf auch belohnen und dementsprechend was bieten.


Ihr wart kürzlich in Costa Rica und Mexico. Wie war’s und wie sind die Mittelamerikaner so drauf, im Gegensatz zu den Europäern?


Die Mexikaner sind ein Stück euphorischer und gehen ab wie das Messer. Costa Rica ist da eigentlich ähnlich, aber viel besser organisiert. Die Fans dort singen auch mit und gehen zur Musik ab, die Mexikaner hingegen wollen mehr Gewalt, Thrash und Moshpits. Aber dass die Leute in Costa Rica so laut mitgesungen haben und mich sogar übertönten, das war schon richtig fett. Ich meine, wir sind ja nicht GAMMA RAY oder IRON MAIDEN, wo das typisch wäre. Da freust du dich schon, wenn so laut mitgesungen wird, dass du dich selber nicht mehr hörst. Es kommt aber noch dazu, dass die dort ja nicht so verwöhnt sind wie wir, die sagen sich dann, dass eh nicht so oft Konzerte sind, da geben sie dann an diesem Abend alles. Man kann sich das so wie in einem Fußballstadion vorstellen. Die Emotionen, die Lautstärke und so weiter. Das ist in Lateinamerika allgemein so.


Was erwartet ihr euch von der Tour mit OVERKILL?


Ich denke, es wird eine fette Show für die Fans, denn drei coole Thrashbands in dieser Konstellation siehst du nicht alle Tage. Ich freue mich selber schon auf OVERKILL und auch HEATHEN, denn es sind zwei Bands, die ich selber sehr respektiere und mag. Außerdem freue ich mich auf die Party, denn wir sind ja nicht Headliner und können somit mehr Spaß haben. Wir spielen selbst oft als Headliner und da bist du morgens um eins oder zwei erst fertig und kannst schon zum Flieger und weiter geht’s. Dieses Mal haben wir mehr Zeit zum Spaß haben und mit den Fans zu reden, da freue ich mich auch mal drauf.


Danke für deine Zeit, hast du noch ein paar Worte zu sagen?


Ja, ich freue mich auf die Show in Österreich. Ich glaube, in Wörgl ist das. Endlich mal nicht in Wien, weil wir fast immer nur dort spielen.



destruction.de

Autor: maxomer

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Beitrag vom 21.03.2011
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