Interview mit JOE SATRIANI - Wurmlöcher, 200 Gitarren und ein wichtiges Fußballspiel


JOE SATRIANI ist eine lebende Legende. Nur wenige haben das Gitarren-Universum so geprägt wie er. Seine Schüler sind zahlreich, viele davon mindestens ebenso berühmt, denn Herr Satriani unterrichtete unter anderem Steve Vai oder Kirk Hammett. Was ihn aber natürlich am Meisten auszeichnet ist seine Musik, egal ob mit CHICKENFOOT oder als Solo-Künstler, wo Satriani draufsteht, ist auch Satriani drin; soll heißen: Viel Melodie, starke Riffs und natürlich pure Virtuosität. Wir hatten die Ehre, den Gitarrenmeister Himself im Rahmen seines Wien Gigs zu treffen und eine kostbare Viertelstunde mit ihm zu plaudern.

Selten haben wir einen derartig bodenständigen und sympathischen Herren interviewt. Satriani strahlt eine unglaubliche Ruhe aus, ist sehr höflich, beantwortet jede Frage mit bedacht und sieht seinem Gesprächspartner dabei stets in die Augen.


Hallo Joe, wie geht’s dir?


Mir geht’s gut.


Hast du dir heute Wien angesehen?


Nein, wir sind erst so um 16:00 Uhr angekommen. Aber ich habe schon zuvor viel Zeit hier in Wien verbracht. Wien ist eine schöne Stadt, ich bin da wie ein typischer Tourist, fahre mit der Fähre herum, probiere Restaurants aus usw. Ich komme schon seit 20 Jahren nach Wien!


Du bist jetzt mitten im Touren, wie gefällt’s dir bis jetzt?


Ja richtig, es gefällt mir sehr gut! Wir hatten bis jetzt eine super Zeit und die Band, mit der ich spiele, ist einfach unglaublich! Jede Nacht ist fantastisch.


Machst du irgendwelche Warm-Up Übungen, bevor du auf die Bühne gehst?


Sicher, ich spiele gerne ein paar Rhythmen, gehe ein paar Skalen und Übungen durch, das dauert in etwa 30 Minuten.


Lass uns über dein neues Album sprechen: „Black Swans And Wormhole Wizards“. Wie war die Arbeit daran?


Also, es ist kaum zu glauben, aber wir machten unglaublich schnell Fortschritte beim Aufnehmen dieser Platte. Das Schreiben war vor dem Zeitplan fertig, die Demoaufnahmen waren vor dem Zeitplan fertig, das Aufnehmen mit der Band war vorher fertig und das Mixing ebenso! Wir haben schlichtweg das ganze Album vor dem Zeitplan abgeliefert und das ist so selten, das kann ich dir gar nicht sagen, außerdem waren wir sogar unter dem Budget, also alles war sehr gut! Ich habe also keine interessante Horrorstory für dich, wie viel Stress wir hatten oder wie chaotisch es war! (lacht) Ich muss sagen, das war bis jetzt das einzige Album, das wir ohne Probleme aufgenommen haben. All die anderen hatten da einige!


Was ist die wichtigste Eigenschaft, die ein JOE SATRIANI Song haben muss?


(ohne Nachdenken antwortend): Melodie!


Du hast dir für's Aufnehmen der neuen Platte wieder die Skywalker Sound Studios ausgesucht, warum?


Naja, dieser Ort ist einfach unglaublich! Es wurde von George Lucas gebaut und ist ein riesiges tausende Quadratmeter großes Areal in Nord Kalifornien. Es ist so riesig, dass es ein eigenes Feuerwehrdepot hat! Die haben dort auch Rinder, Hühner und Farmen, es ist einfach unglaublich riesig und wunderbar abgelegen. Und das Studio, in dem wir dort gearbeitet haben, kann ein ganzes Orchester fassen. Dort haben sie auch die ganzen Filmsoundtracks aufgenommen. Und das gute, wenn du als Rockband dort aufnimmst, ist, dass du unglaublich viel Platz hast, um all deine Aufnahme-Sets dort zu haben, und du alles in deinem Blickfeld. Und das, glaube ich, hilft den Musikern sehr, sich besser konzentrieren zu können. Ich habe dort schon mit CHICKENFOOT aufgenommen und vor etwa zwanzig Jahren sogar mit Mick Jagger geprobt. Außerdem ist es nur etwa 40 Minuten von meinem Zuhause in San Francisco entfernt.

Und das coole ist, wenn du das Studio verlässt und dir die anderen riesigen Räume ansiehst, siehst du da hunderte von talentierten Leuten, die an etlichen Filmen arbeiten und die können dir jeden Sound basteln, den du haben willst. Das sind die fleißigsten Leute, die ich je gesehen habe. Hier und da läuft dir sogar George Lucas über den Weg und wenn du ein Lichtschwert brauchst, gehst du einfach in den Souvenirladen und besorgst dir eins!



Auf dem Album gibt’s einen Song namens „Dream Song“. Auf deiner Website sagst du, dass du davon geträumt hast, den Song zu schreiben. War das das erste Mal, dass dir so etwas passiert ist?


Ja absolut! Vor vielen Jahren, als ich an „Surfing With The Alien“ gearbeitet habe, schrieb ich an einem Song namens „Midnight“. Es ist ein klassisches Stück und ich entschied mich, es vorher auf Papier zu schreiben und dann erst rauszufinden, wie ich das zweihändige Tapping in die Praxis umsetze. Aber ich kam zu einem Punkt, wo ich nicht mehr weiter kam. Ich hatte schon von Leuten gehört, die im Schlaf Lösungen für ein Problem fanden und so war es dann auch bei mir!

Aber bei „Dream Song“ war es anders. Ich träumte ohne irgendeine Intention dahinter. Ich muss es irgendwann am frühen Morgen geträumt haben, denn ich hätte schwören können, jemand hatte irgendwo in der Nähe musiziert während ich schlief, aber meine Frau versicherte mir, dass da nichts war, alles war komplett leise! Dann realisierte ich, dass ich selbst geträumt hatte, diesen Song zu spielen. Ich hab' dann nicht mal gefrühstückt und bin gleich runter in mein Studio um den Song aufzunehmen.



„God Is Crying“ ist ein interessanter Titel, denn man erwartet irgendwie ein unglaublich trauriges Stück, aber so ist es nicht! Wie bist du also auf diesen Titel gekommen?


Ich glaube, was ich damit übermitteln will, ist dass, wenn es einen Gott gibt, der auf uns herabsieht und er uns die Emotionen gegeben hat, dann würde er ebenso Emotionen haben. Er wäre überwältigt, nicht nur darüber, wie böse wir sind, sondern auch darüber, wie gut wir sind. Deswegen hat der Song auch zwei Seiten und enthält eine gewisse Spannung. Ein Teil von mir dachte aber auch, dass wenn es einen Gott gibt, wären da viele Leute, die seine Präsenz und seine Kraft missinterpretierten würden, das war der Grund dafür, dass ich die Musik nicht traurig klingen lassen wollte, als ob jemand weine. Ich wollte einfach weiter gehen.


Neben Jeff Campitelli, mit dem du ja schon sehr viel gearbeitet hast, hast du Allen Whitman (Bass) und Mike Keneally (Keyboards) in dein Boot geholt. Warum fiel die Auswahl auf sie?


Ich kenne Allen schon seit 1980. Jeff und ich wollte immer schon mit ihm zusammenspielen, er hätte auch fast auf „Professor Satchafunkilus And The Musterion Of Rock“ (Vorgängeralbum) mitgespielt, aber er war mit seiner anderen Band beschäftigt. Und für das neue Album wollte ich jemanden, der noch nie mit uns gespielt hat und da kam er uns in den Sinn und glücklicherweise war er gerade frei.

Als ich bei mir Zuhause die Demos für „Black Swans and Warmhole Wizards“ aufgenommen habe und die Keyboards einspielte, wollte ich, dass all die Pianos und Orgeln wirklich richtig gut zu den Soloteilen passen, aber meine Keyboardskills sind beschränkt, also brauchte ich einen Keyboarder, der auch das Gitarrenspielen versteht. Und Mike ist ein genialer Gitarrist, ebenso wie ein unglaublicher Keyboarder. Er kennt sich also mit beidem perfekt aus.



Gibt es eigentlich eine neue G3-Tour in Planung?


Nein eigentlich nicht. Wir sind aber immer in der Lage die G3 Tour blitzartig zu starten. Doch diese Solo Tour dauert bis Jänner, danach geh' ich mit CHICKENFOOT ins Studio und dann weiß ich nicht, ob wir gleich darauf touren werden oder nicht. Aber der Plan sieht das nächste Jahr für CHICKENFOOT vor, was bedeutet, dass G3 mindestens bis 2012 warten muss.


Apropos CHICKENFOOT. Ihr seid ja alles sehr beschäftigte Musiker, ist da überhaupt Zeit, gemeinsam als Band zu proben?


Nein, keine Proben. CHICKENFOOT hat noch nie geprobt! (lacht) Wir treffen einfach aufeinander, schreiben, nehmen auf und spielen Shows. (lacht)


Wir haben CHICKENFOOT vor zwei Jahren am Nova Rock Festival gesehen und da sah es auch so aus als ob vieles improvisiert wäre!


Ja, es ist einfach eine sehr verrückte Classicrock-Celebration-Band! Die Songs haben oft Parts, die sehr frei oder lose sind, in die wir dann einfach hineinimprovisieren.


Stimmt es, dass Chad Smith (Drummer von CHICKENFOOT und RED HOT CHILLI PEPPERS) auf der darauffolgenden Tour mit CHICKENFOOT ersetzt werden muss, weil er für die CHILLI PEPPERS spielt?


Das weiß ich noch nicht. Wir sind zwar vorbereitet und Chad ist vorbereitet, aber wir haben alle andere Sachen am Laufen und wir wissen wirklich nicht genau wie der Plan laufen wird. Aber wir werden es einfach so wie letztes Mal machen: Lasst uns einfach für die nächsten sechs Monate zusammen spielen und nichts für die Zeit danach planen, denn das wäre zu schwierig, wir lassen das einfach auf uns zukommen. Wenn die CHILLI PEPPERS also Touren werden, werden wir uns derweil einen Ersatzdrummer suchen, aber vielleicht warten wir auch einfach auf ihn.


Stimmt es, dass du Kirk Hammett (METALLICAs Gitarrist) unterrichtet hast?


Ja, das hab ich.


Du hast sehr viele Gitarristen unterrichtet, die meisten davon sind sehr berühmt geworden und bekannt für ihre Fähigkeiten...


Eigentlich sind die meisten davon NICHT berühmt! (lacht) Ich habe hunderte, wenn nicht sogar tausende Schüler gehabt und davon sind vielleicht zehn, die sehr berühmt sind.


Bist du stolz auf diese Schüler?


Natürlich! Ich meine, der einzige Grund, warum wir machen, was wir machen ist, weil wir wollen, dass die Leute unsere Musik hören. Und jedes Mal, wenn ich mitbekomme, dass ein Schüler von mir Erfolg hat, denke ich, dass ich da was richtig gemacht habe! (lacht)


Leider läuft uns die Zeit davon, wie viele Gitarren besitzt du eigentlich?


Ahm, die Zahl schwankt ständig, aber sagen wir mal in etwa 200.


Da gibt es diese Geschichte über deinen Entschluss, dass du Gitarrist werden möchtest: Du hast gerade in deiner Mannschaft Fußball gespielt (Joe nickt), und als du die Nachricht hörtest, dass JIMI HENDRIX gerade gestorben sei, gingst du einfach zu deinem Coach und sagtest ihm, dass du jetzt aufhörst Fußball zu spielen, weil du Gitarrist werden willst.


(Joe grinst): Das ist perfekt! Ich hätte die Geschichte selbst nicht besser erzählen können, perfekt!


Wow, das freut mich! Leider sind wir auch schon bei der letzten Frage: Du hast schon mit so vielen berühmten Musikern gearbeitet; Mick Jagger, John Petrucci und viele viele mehr. Was war die beste Erfahrung, die du mit anderen Musikern gemacht hast?


Oh naja, da gibt es all diese Momente mit meinen Helden und die waren alle gleich gut! Du hast Mick Jagger erwähnt, ich hätte mein ganzes Leben nie gedacht, dass ich ihn mal tatsächlich treffen würde und dann mit ihm zu spielen zeigte mir, was für ein großartiger Musiker und was für ein großer Entertainer er ist, wie hart er jede Nacht, jede Show arbeitet und wie witzig und großzügig er ist, er hat ein gutes Herz

Ich bin auch mit Robert Fripp oder Leuten wie Brian May oder Billi Gibbons abgehangen und das sind alles beeindruckende Leute! Das sind einfach Stars und das macht das ganze wirklich speziell!



Ja vielen Dank für das Interview und wir sehen dich bei der Show!


Danke auch, ciao!




www.satriani.com

Autor: Doano

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Beitrag vom 19.11.2010
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