Interview mit APOCALYPTICA - Garten suite 003 – Im Gespräch mit Paavo Lotjonen


Anlässlich zur bevorstehenden Veröffentlichung des nunmehr siebenten APOCALYPTICA Albums „7th Symphonie“ stand uns Paavo Lotjonen, anlässlich eines Wien Promotermins Rede und Antwort in der Garten Suite Numero Drei des Wiener Hotels Triest und gemeinsam konnten wir ein bisschen Licht hinter die neueste Symphonie der Cellisten bringen.

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Erstmal vielen Dank für die Interviewzeit

Kein Problem – Willkommen!


Zunächst zum neuen Album! Wie oder wer kam auf den Namen 7th Symphonie? Okay, siebentes Album, aber Symphonie? Ich denke es gab symphonischere Songs auf euren bisherigen Alben, wobei ich hier anmerken muss, dass ich nur eine Vorabproduktion des Albums habe.

Yeah, 7th kommt vom siebenten Album, definitiv ist es keine Symphonie, aber dennoch gibt es viele symphonische Elemente. Und in einer gewissen Art und Weise ist der Titel eine Art Führer, was den Zuhörer von der Stimmung erwartet und es gibt eine Vielzahl symphonischer Elemente – zum Beispiel beim ersten und letzten Song. Die Songs dauern über sieben Minuten und es gibt diese symphonische Entwicklung in den Songs und der Begriff Symphonie spiegelt große, massive Gefühle wieder. Unter dieser Betrachtungsweise finde ich, dass es ein guter Titel ist und natürlich haben wir auch noch diese klassischen Elemente. In APOCALYPTICA haben wir Metal & Rock meets Classic.


Ich habe wie gesagt eine Preproduction in der Zehntrack Version bekommen – in welcher Art & Weise wird sich das fertige Ergebnis unterscheiden, abgesehen vom hoffentlich besseren Sound, der auf meiner Version sehr rough und drucklos ausfiel!?

Schwer zu sagen aus welchem Produktionsstadium die Version ist, aber wir wollten ein Album kreieren, das eine Vielzahl unterschiedlicher Stimmungen aufgreift. Wenn du das Album anhörst, wird dir ständig etwas Neues oder Fremdes auffallen und so wird dir beim Hören sicher nicht langweilig. Es bleibt der Zuhörer aktiv und interessiert und er wird überrascht.


Also alles andere als Easy Listening Musik

Genau, es gibt zwar auch Songs mit einfacherem Zugang, besonders die Handvoll Songs mit Gesang – die sind für die Zuhörer, damit sie nicht nur diese Turbo Boost Songs haben und auf der anderen Seite sind die akustischen Songs künstlerisch sehr herausfordernd, wie z.B. der Opener „Gates Of Manala“ und der letzte Track , bei beiden passiert so viel – da brauchen wir extrem viel Konzentration um diese spielen zu können! Auf der anderen Seite ist „Beautiful“ purere akustischer Cello Sound – live im Studio eingespielt (Anmerkung: Live, akustisch und nackt!) – in einem Take – und auf der anderen Seite gibt es diese Turbo Boost Songs, diese progressiven Metal Songs, wo wir viele verschieden Distortion Pedale eingesetzt haben.


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Das führt mich auch schon zu meiner zweiten Frage - habt ihr jemals den Weg bereut, den ihr mit APOCALYPTICA eingeschlagen habt – sprich hin zur Verwendung von Schlagzeug, vermehrt die Unterstützung von Gastsängern und teils konventionellere Songstrukturen auf der einen Seite und der Verwendung verschiedensteer Effekte auf der anderen? Oder seid ihr zu 100% happy damit, wie sich alles entwickelt hat?

Ich glaube, dass wir am neuen Album beides haben, reine akustische Sachen wie „Beautiful“, welches sicher klassischer ist als die Sachen, die wir am ersten Album hatten; auch Songs wie „Sacra“ sind richtig klassisch zu Beginn mit seiner massiven Entwicklung. Ich denke, als Musiker ist es großartig alle Möglichkeiten aus dem Cello als Instrument herauszuholen und den Leuten zu zeigen, welche Bandbreite wir damit abdecken können – von der Klassik bis hin zum Metal und allem dazwischen. Ich denke man kann viele verschiedene Farben des Cellos hören.


Ihr habt in Interviews schon betont, wie sehr es euch reizt mit Effekten zu experimentieren und das Cello zu verfremden und verschieden klingen zu lassen – ist da die Gefahr nicht groß, zu oft abzudriften? An manchen Punkten ist es wirklich schwer die Cellos herauszuhören – denn die Cellos sind ja im grundegenommen APOCALYPTICA

Man muss die Cellos nicht heraushören und es ist uns eigentlich auch egal ob man sie heraushört. Wir denken es ist die Musik die uns leitet und nicht das Instrument, vielleicht sind am nächsten Album überhaupt keine Cellos – ja vielleicht machen wir das nächste mal a capella Songs (lacht).


Seid ihr gute Sänger?

Nein.

Also die Hauptsache ist die Musik und nicht das Drumherum.

Das ist der Punkt, genau – du hast es verstanden! Es ist langweilig, sich selbst zu limitieren. Weißt du, wir haben solche Hardcore Fans, die dann immer jammern und sich beschweren, dass sie den Cellosound nicht hören – sie bekommen Cellosound zu hören, aber es ist halt ein anderer Cellosound! Wenn es ihnen nicht gefällt sollen sie es einfach nicht anhören!


Es gibt ja leider immer Musiker, die das machen, was die Fans oder die Plattenfirma von ihnen hören will.

Wir machen Musik in erster Linie für uns und sind einfach froh, wenn es anderen auch gefällt. Wir machen keine Musik die irgendwer bestellt. Wir wollen die Musik machen von der wir selbst begeistert sind.

Aber verfolgt ihr in irgendeiner Art und Weise einen kommerziellen Gedanken hinter eurer Musik oder gibt es irgendwelche Vorgaben vom Label, an die ihr euch halten müsst, die eine gewisse Richtung vorgeben?

Ja, da gibt es immer wen und Millionen von Vorschlägen und Ratschlägen – es ist auf der einen Seite gut das dir die Plattenfirma solche Ideen gibt – wir machen das jetzt schon über 15 Jahre und haben schon so viele „brilliante“ Ideen von den Plattenfirmen gehört – es ist gut sich alles anzuhören und die guten Sachen aufzugreifen und sein eigenes Ding durchzuziehen!

Und ihr habt das immer machen können?

Ja, glücklicherweise schon – wir haben da nie Probleme mit den Plattenfirmen gehabt.


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Wie kam es zu den aktuellen Zusammenarbeiten bzw. wie kommt es generell zu ihnen? Wer geht auf wen zu – oder läuft das immer unterschiedlich ab?

Grundsätzlich hat jeder Song seine eigene Geschichte; meistens ist es so, dass wir den Song fertig haben und uns dann Gedanken darüber machen, wer die richtige Stimme dazu sein könnte.
Diesesmal zum Beispiel beim „End Of Me“ Song - Eicca hat den Song komponiert und hat bei den Lyrics Hilfe bekommen (Anmerkung: Pavoo versucht verzweifelt sich an den Namen zu erinnern und gibt schließlich auf). Es war Eiccas Song und wir dachten wer könnte die beste Stimme dafür haben und wir erinnerten uns an Gavin noch aus alten Zeiten – wir kennen ihn seit 1999 – und wir haben auch einen Remix von einem BUSH Song gemacht, der Titel war „Letting The Cables Sleep“ und das war ein wirklich guter Song und wir mochten die Produktion und alles daran. Das war 10 Jahre her und wir dachten, was macht Gavin diese Tage eigentlich, wir haben nicht viel von ihm gehört in den letzten Jahren und dann haben wir gehört, dass er jetzt hauptsächlich als Celebrity und Ehemann von Gwen Stefani bekannt ist und dachten uns nur okay... Singt er auch noch? Und es gibt ja auch ein neues BUSH Album und er hatte wirklich Lust diesen Song mit uns zu machen. Brent Smith von SHINEDOWN kennen wir schon seit 5 Jahren von Festivals und er hatte auch Lust und Brent ist ein wirklich guter Sänger – der Song ist eine Ballade, ich würde sagen eine ziemlich amerikanische Ballade – vielleicht merkt man es nicht das es eine Ballade ist, aber es ist eine Ballade und für so einen Song brauchst du eine starke Stimme, eine maskuline Stimme mit „enough balls“, einen Geschichtenerzähler und ich mag seine Stimme wirklich sehr!
Und Lacey von FLYLEAF – wir kannten sie nicht und hatten Schwierigkeiten eine gute Frauenstimme für den Song zu finden und wir bekamen einen Tipp von der Plattenfirma, dass sie vielleicht die Richtige sein könnte. Und wir dachten – okay dann checken wir sie mal aus – sie ist ein wirklich kleines Mädchen, dünn und cute, hat aber einen wirklich starken Charakter. Sie hat einen ziemlich rauen Hintergrund, sie ist aus Texas, aus einer armen Familie mit strangen Leuten – sie hat wirklich eine Geschichte zu erzählen und eine wundervolle Stimme. Ich denke es ist auch ein ziemlich untypischer APOCALYPTICA Song – ziemlich frisch, eine Art von Pop Song – viele Leute meinen zwar es ist kein Pop Song, es ist ja ziemlich hartes Zeugs, aber in unserer Welt ist es ein Pop Song. Der Song ist auch in einer anderen Art und Weise produziert worden – der Song ist von Eicca und Guy Sigsworth, einem britischen Songwriter – sie haben den Song zusammen gemacht und Sigsworth hat ebenfalls einen klassischen Background, er spielt die Harfe und was weiß ich noch, ein wirklich talentierter Musiker. Das ursprüngliche Demo war schon in so einer Art und Weise produziert, dass es etwas Neues für APOCALYPTICA war – der Song hatte ziemlich viel Druck, aber komplett ohne Distortions – es hört sich in unseren Ohren erfrischend an, es ist etwas Neues.
Die vierte Zusammenarbeit mit Joseph Duplantier von GOJIRA ist ja ein Trash Metal Song – richtig radiofreundlich – damit werden wir sicher keine Sendezeit bekommen, aber der Song ist eine außergewöhnliche Kombination mit ziemlich klassischen Harmonielinien und diesen speedigen Trashmetal Parts und dem Shouting – also melodischer Speed. Du siehst, das ganze Album ist ziemlich unterschiedlich mit Up und Downs, eine Reise, wie durch die Berge auf und ab!



Da habt ihr das Songwriting sicher besonders genossen!?

Ja und dieses Mal haben wir sehr viel gemeinsam geschrieben, mit viel Co-writing innerhalb der Band. Mal sind wir zu Perttus Wohnung gefahren und haben was gemacht (Anm.: Pavoo murmelt irgendwelche Namen von irgendwelchen Jamsessions und deren Konstellationen vor sich hin) mal woanders; in den verschiedensten Kombinationen.


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Und auf eurer Page habt ihr geschrieben, dass ihr diesmal mit ziemlich viel unfertigen Material ins Studio gegangen seid.

Ja, all die Songs mit Gesang waren fertig und einiges an Instrumental Material war vorhanden, aber wir hatten auch einige Sachen nur als roughes Demo und so ist einiges wirklich erst in den letzten Wochen entstanden, einiges sogar erst zu dem Zeitpunkt, als Mikko bereits im Studio in LA war und seine Drumparts aufnahm. Die letzten Arrangements sind dann im Studio gemacht worden und alles war nicht so geplant und so war viel Spielraum für Improvisation und spontane Arrangements und experimentelle Sachen vorhanden – du kannst das hören, diesen Unterschied. Hab ich dir über Joe Barresi erzählt? Er ist so ein Typ, der gegen all diese Plugins und Samples etc. ist; bei den Drums hörst du den wirklichen Drumsound, wenn du dir Songs im Radio anhörst, da sind fast alle Drums Samples. Joes Weg war, den Sound mit wenig digitalen Effekten zu bekommen, wir nutzen Gitarren Pedale und all die Effekte sind analog und wir benutzen wirkliche Amps und Echo Sounds – wirkliche Sounds und keine künstlichen!!


Wie wichtig ist eigentlich der visuelle Aspekt für euch? Sprich Artworks, Bühnenshow- und Deko, Videos etc.

Es ist sehr wichtig, weil... was ist die Bedeutung von Musik – sie soll dich über dieses Alltagsleben bringen, auf ein höheres Level, dir etwas besonderes geben und dir die gewissen Lichtblicke bringen, um es von einem grauen Alttag abzuheben. Musik bringt dich in eine bestimmte Stimmung, gewisse Gefühle und wenn du APOCALYPTICA hörst, tauchst du in die APOCALPTICA Welt ein und der visuelle Aspekt ist eine gewisse Hilfe, der dich durch das Album führt, ein Führer durch das Album sozusagen, durch die Musik. Das Album ist ziemlich dunkel, aber da ist auch Licht; auch das Video erzählt eine Story, es gibt drei Videos, die eigentlich eine Story erzählen – der selbe Director hat die Videos gemacht und es sind eigentlich drei Folgen, Teil 1, 2 und 3 und es gibt immer gewisse Verbindungsstücke zwischen den Teilen und auch das Albumartwork taucht in den Videos auf, in der Videowelt, in der APOCALYPTICA Welt.


Um hier anzuschließen, Eicca hat ja diesen „Musta Jää“ Soundtrack gemacht, unter seinem Namen, war das sozusagen sein Baby - oder warum habt ihr in nicht unter APOCALYPTICA veröffentlicht, ihr habt ja auch einige Tracks davon eingespielt?

Ja, Eicca hat einige Songs verwendet für diesen Soundtrack, aber es war Eiccas total privates Projekt, seine Lieder – er hat sie ja komponiert. Hast du den Film gesehn?


Ja, und ich finde die Musik passt perfekt.

Es ist ein ziemlich finnischer Film und ja, die Musik passt genau in die Stimmung des Films und er gewann den finnischen Oskar, den Grammy für Musik für diesen Soundtrack.


Gibt es Pläne für Soundtracks oder dergleichen?

Keine Pläne, aber es wäre sehr spannend so etwas eines Tages zu machen! Ich hoffe, dass ein Regisseur kommt und einige unserer Songs für einen Film verwendet.


Und welches sind eure persönlichen Lieblingslieder auf dem neuen Album? Eicca schreibt auf eurer Page, für ihn ist es „Beautiful“.

Aaahhhmmm... Ich denke das ist so eine Sache die sich jeden Tag ändert und auf deine Stimmung ankommt – meine Favoriten sind „Rage Of Poseidon“, „Sacra“ und „Beautiful“, vielleicht manchmal der Opener „Gates Of Manala“, der Start des Turbo Boosters und wenn der Himmel sich dann öffnet am Ende des Songs.


Habt ihr schon irgendwelche Ideen im Kopf, wie die Reise weitergeht oder seht ihr einfach wohin euch die Reise führt? Oder gibt es gewisse Dinge, die ihr gerne machen würdet?

Wir hatten eigentlich seit dem Beginn an nie einen Masterplan, es läuft mehr Tag für Tag und unsere nächste Challenge ist es einfach zu überleben - im nächsten Jahr auf Tour (lacht), das wird wirklich hart!

Okay, ich glaube wir haben keine Zeit mehr – vielen Dank für deine Zeit!

Danke, es war wirklich nett mit dir zu reden und ich hoffe wir sehen uns im Gasometer! !


Ja, wir werden dort sein!

19ter Oktober


© www.earshot.at

In diesem Moment gab es noch großes Geschrei und Perttu kam angesprungen, was Pavoo mit den Worten „He is freaking out – security please take him out“ kommentiert. Danach folgte noch das obligatorische Gruppenfoto, inklusive netten Fotos, die Paavo machte, nachdem er sich die Kamera angeeignet hatte und nicht mehr hergeben wollte, doch seht selbst...

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Autor: Harald

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Beitrag vom 20.08.2010
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