Interview mit DARK FORTRESS - Metal ist weder Politik, noch Amateurtheater


DARK FORTRESS war mir bis zum Auftritt in Z7 Pratteln nicht so sehr aufgefallen. Nach dem Konzert bereute ich diese Tatsache, denn die Band weiß Black Metal live und auch auf CD (--> aktuelle Veröffentlichung "YLEM" unbedingt mal anhören) sehr gut in Szene zu sezten. Wie man beim Interview dann nachlesen wird, schafft die Band es auch ohne aufgesetzte Black Metal-Hohlheit ernst und authentisch rüber zu kommen. Aber lest selbst und möglicherweise wird der eine oder andere ein anderes Bild von der Band bekommen.

Hallo Morean. Gib bitte eine Zusammenfassung der bisherigen Bandgeschichte.


Gründung 1994, 1996 Demo, 1997 Split-CD, 2000 Plattenvertrag mit Red Stream (USA). 2001 erstes Album, Besetzungswechsel: V Santura, Seraph und Draug kommen in die Band. 2003 zweites Album, Labelwechsel zu Black Attakk, drittes Album "Stab Wounds" verhilft zum ersten Durchbruch. Vermehrte live-Aktivitäten. 2005 Deal bei Century Media, wo die letzten 3 Alben veröffentlicht wurden. Aufritte auf grossen Festivals und mit Bands wie DISSECTION, WATAIN und CELTIC FROST. 2007 Sängerwechsel. Touren mit HELHEIM, VULTURE INDUSTRIES, SHINING, SATYRICON, SERPENTCULT und FARSOT. 2010 dann dieses Interview.


Welche Hintergründe haben eure Texte. Gibt es hier den sogenannten „Roten Faden“ oder ist es ein Sammelsurium verschiedenster Geschichten und Ansichten?


Die allermeisten Texte sind inhaltlich und stilistisch miteinander verwandt. Wir öffnen dem Hörer Türen in recht persönliche emotionelle Abgründe. Dort richten wir uns eher aufs Okkulte und Gespenstische, als auf physikalische Gewalt und klischeehafte Plattitüden. Auch wenn sich die Thematik seit „Stab Wounds“ recht verändert hat - ich kann mit zuviel Gejammer nichts anfangen - sind wir doch Etwas treu geblieben, das man eventuell spirituellen Nihilismus nennen könnte.


Wie seid ihr damals zur norwegischen Szene gestanden? War diese wichtig für euch, oder gab es nur das eigene Ding?


In Niederbayern ist man ja eher in der Diaspora, was Black Metal betrifft, insofern hatten wir keine Anbindung an eine relevante Szene. Uns ging es schon immer um die Musik, und da war Skandinavien natürlich der Haupteinfluss. Die Tatsache, dass DARK FORTRESS' Karriere von einem amerikanischen Label angekurbelt wurde, spricht Bände. Das ganze mediengeile Brimborium ging uns schon immer am Allerwertesten vorbei. Wenn du in Bayern eine Kirche zerstören willst, musst du schon mit der Abrissbirne anrücken. Und sich gegenseitig abzustechen war auch noch nie unser Stil.


Welche Bands im Black Metal-Genre würdest Du derzeit als wichtig betrachten? Insbesondere in Deutschland würden mir hier zum Beispiel DESASTER einfallen. Wobei ich von denen nichts Aktuelles mehr finden kann.


Wichtig? Schwierig, ich kann nur für mich selbst sprechen. MAYHEM schaffen's immer wieder, die schwarze Kunst neu zu definieren, und haben meinen tiefsten Respekt. BEHEMOTH, auch wenn sie nicht mehr als Black Metal bezeichnet werden (wieso eigentlich nicht?), waren immer ein grosser Einfluss, genauso wie EMPEROR, WATAIN oder BATHORY. Bands von heute, die ich interessant finde sind z.B. ANAAL NATHRAKH oder die Franzosen CELESTE. SHINING sind nach wie vor relevant und musikalisch äußerst interessant, auch wenn diese Qualität oft untergeht im ganzen Skandalgelaber.


Ist die deutsche Szene nach wie vor im Wachstum oder ist hier auch eine gewisse Stagnation wie in anderen Ländern zu spüren?


Ich finde, dass die deutsche Szene über einiges an Qualität verfügt; neben alten Haudegen wie SECRETS OF THE MOON und ENDSTILE gibt es Bands wie FARSOT und SONIC, die was Eigenes machen. Stagnation ist ein großes Problem des Metals im Allgemeinen. Man muss sich momentan fast schon dafür entschuldigen, wenn man was Neues ausprobiert. Es gibt haufenweise alte und neue Bands. Das Problem ist eher das schwindende Interesse an allem was noch nicht mindestens 20 Jahre alt ist.



Wie siehst du die Imagewandlung des Black Metals. Heutzutage ist es doch wirklich so, dass an sich nichts mehr von dem damals Wilden und sehr Speziellen übrig geblieben ist.


Meinst du die Musik? Dann wieder der Hinweis auf „Ordo ad Chao“ von MAYHEM, auch wenn solch ein Grad an Innovation selten erreicht wird. Und dass sich die Szene nicht mehr nur durch die persönlichen Probleme ihrer Protagonisten definiert, ist eigentlich auch eine wünschenswerte Sache. Aber du hast schon recht - was vor 25 Jahren rebellisch und neu war, hat heute entweder etwas bemüht altbackenes (wen lockt schon "Satan, Satan" noch hinterm Ofen vor!?), etwas zutiefst irrelevantes (weil schon 1000x gehört), oder etwas unfreiwillig komisches. Auch ist vielleicht mittlerweile zur Welt durchgedrungen, dass nicht besonders viel Mut dazugehört, auf einen Feind einzutreten, der schon am Boden liegt, wie das Christentum. In einer globalisierten Welt, in der die Bedeutung jedweder Musik rapide dahinschmilzt, kämpft halt jeder ein bisschen für sich und sein unmittelbares Umfeld. Die Zeit der Ikonen ist wohl vorbei.... außer jemandem fällt tatsächlich mal was Neues ein. Aber das ist jetzt auch schon länger nicht mehr passiert.



Wie siehst du die Entwicklung des Metals im Allgemeinen? Immer mehr Bands versuchen noch technischer rüberzukommen, ohne aber auf Images zu viel Wert zu legen. Es geht mehr oder weniger immer mehr nur um die Musik.


Das an sich ist eine gute Sache - Metal ist weder Politik, noch Amateurtheater (auch wenn's oft so aussieht), noch ein Kommentar auf die Gesellschaft. Auch wenn ich hier als Black Metal-Sänger interviewt werde, liegen meine Wurzeln doch im Bay Area Thrash und im Death Metal, wo man sich nicht hinter seinem Image verstecken kann, sondern mit seinen musikalischen Fähigkeiten überzeugen muss. Dass das auch im Black Metal funktioniert, haben EMPEROR in ihrer Endphase eindrucksvoll bewiesen. Was mir viel mehr Sorgen bereitet, ist, dass sich momentan alles nur noch rückwärts orientiert; wenn Du Erfolg haben willst, musst du klingen wie alte *insert band here*. Die großen Festivals haben seit 25 Jahren dieselben Headliner, und jede Popelband, die in den 80ern eine semi-erfolglose Platte veröffentlicht hat, blockiert noch heute den Durchstrom. Wie soll denn da je was neues nachkommen, je eine neue Band wirklich groß werden? Wenn's so weitergeht, wird Metal in ein paar Jahren genauso ein Museum wie Rock'n'Roll, Punk oder Bebop das geworden sind. Das wäre sehr schade, denn als alles begann, herrschte eine sehr neophile und experimentierfreudige, rebellische Aufbruchsstimmung, von der momentan nichts mehr zu sehen ist.


Welche Ziele hat DARK FORTRESS in den nächsten Jahren? Sind ausgedehntere Touren in Planung? Möglicherweise auch mal im Westen Österreichs?


Nachdem wir grade 2 Touren hinter uns haben, gibt's jetzt erstmal eine kleine live-Pause, in der sich jeder ein bisschen seinen anderen Projekten und Bands widmen wird, denn von einer Band alleine kommt man nicht über die Runden. Nachdem wir uns aber absolut als Liveband sehen und immer gerne spielen, wollen wir nächstes Jahr wieder so richtig reinhaun. Wer weis, vielleicht schaffen wir's ja auch endlich mal über den grossen Teich... Wie das alles genau aussehen wird, wissen wir allerdings noch nicht.


Wie groß ist Eure Fangemeinde heutzutage? Kannst Du eine Abschätzung geben (CD Verkäufe, Merch,…)? Beim Konzert in Pratteln habt ihr die Leute doch recht gut begeistern können.


Sehr schwierig. Ich weis nur, dass wir die letzten Jahre kontinuierlich gewachsen sind, und wir werden mittlerweile auch weltweit vertrieben. Jede CD verkauft sich besser als die vorherige, und wir haben noch nie so viel live gespielt wie grade. Insofern können wir absolut nicht klagen, es läuft eigentlich prima. Die Frage stellt sich, was man als relativ straighte Black Metal Band in diesen Zeiten überhaupt noch reißen kann. Aber wir haben sehr viel Spass an der Sache. Das Klima in der Band ist prima, genauso das Verhältnis zu unserem Label und die Reaktionen, die wir auf neue Alben bekommen. Und solange die Leute kommen, werden wir auftreten und Platten machen, das ist schließlich unsere Leidenschaft. Wir hoffen halt, dass es uns möglich sein wird, die Leute, die uns außerhalb Zentral-Europas potentiell geil finden könnten, auch live zu erreichen in der Zukunft.



Habt ihr neben DARK FORTRESS noch andere Bands oder Projekte? Gibt es auch eine private Seite der Band abseits der Musik?


Seraph, Santura und ich spielen auch bei NONEUCLID, einer ziemlich abgespaceten Death Thrash Band, und Santura hat natürlich grade mit TRIPTYKON alle Hände voll zu tun. Wir werden im April zusammen auf dem Roadburn Festival auftreten. Seraph spielt auch bei THULCANDRA, einem Black Metal-Projekt von OBSCURA's Steffen Kummerer, und hat grade einen Job bei einer sehr vielversprechenden Band angenommen (die News ist glaub ich offiziell noch nicht raus, also halt ich mich mal bedeckt!). Ich hab ein Crossover-Ensemble namens THE HUNGRY GODS, mit denen wir eine grosse Musiktheaterproduktion machen dieses Jahr, und daneben gibts immer wieder größere und kleinere Dinge. Wir sind ziemliche Workaholics. Und ja, es gibt eine private Seite!

www.myspace.com/darkfortress

Autor: nano

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Beitrag vom 04.03.2010
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