Interview mit CALIBAN - Die Tragödien des Alltags


Anlässlich des Zwischenstopps der Beastfest Tour in der Wiener Arena lies ich mir die Gelegenheit nicht entgehen ein Interview mit CALIBAN´s sympathischen Gitarristen Marc Görtz zu führen. Wie die neue Platte entstanden ist, warum die Jungs Roadrunner verlassen haben und warum es ihnen nichts ausmachen würde vor 150 Leuten zu spielen, erfahrt ihr in den nachfolgenden Zeilen.
Viel Spaß!

Hallo Marc, danke erstmal dass du dir Zeit für das Interview nimmst!
Ich möchte gerne über das aktuelle Album „Say Hello To Tragedy“ sprechen, kannst du mir etwas zum Entstehungsprozess erzählen?



Ja, klar. Grundsätzlich ist die Arbeit an dem Album ein bisschen anders gelaufen als bei unseren vorherigen Platten, die Arbeit hat schon mal wesentlich länger gedauert. Das hatte mehrere Gründe, unter anderem bedingt durch die parallel stattfindende Suche nach einem neuen Plattenlabel. Während die Verhandlungen liefen haben wir kontinuierlich neue Songs geschrieben, sehr viel geprobt, oft täglich mehrere Stunden und hatten dann nach insgesamt knapp 2 Jahren 20 Songs fertig. Davon haben wir die besten 11 ausgewählt und für das Album fertig produziert.
Anders war außerdem dass wir beim Songwriting Unterstützung von einem professionellen Songwriter gehabt haben. Er hat uns über den ganzen Prozess unterstützt und uns geholfen wenn wir selber mal nicht mehr weiter wussten.



OK, wie habt ihr die Songs dann letztendlich aufgenommen?


Aufgenommen wurden die Songs dann in 3 verschiedenen Studios. Dabei haben wir aus der Vergangenheit gelernt und teilweise in kleineren Studios gearbeitet, einfach um unnötige Kosten zu vermeiden. So wurde der Gesang und die Keyboards z.B. in den kleinen Studioräumen unseres Produzenten recorded. Die Gitarren hat Adam Dutkiewicz (Gitarrist von KILLSWITCH ENGAGE, Anm. des Redakteurs) ein guter Freund für uns gemischt.


Apropos Keyboards: auf dem Album kann man ja einige Synthi Sounds hören. Wer macht die Keyboards und wie wollt ihr das live umsetzen?


Die Keyboards kommen von unserem Produzenten Benni. Wir hatten ja schon auf den anderen Platten teilweise ein paar Keyboard Sounds, anders war diesmal aber, dass Benni mit den Keyboards aktiv am Songwriting Prozess beteiligt war. Damit wollten wir erreichen dass die Keyboards sich besser in die Songs integrieren und nicht so „aufgesetzt“ klingen. Live kommen die Keyboards vom Band, wir spielen mit Klick (Metronom über Monitoring, Anm. des Redakteurs) und somit stellt das kein Problem dar.


Du hast vorhin das Thema Label Wechsel angesprochen, wie kam es dazu? Ihr wart ja zuvor bei Roadrunner und habt jetzt den Wechsel zu Century Media hinter euch?


Ja, wir haben drei Platten bei Roadrunner gemacht und als es an die Verhandlungen für die kommenden Projekte ging wurde man sich nicht so recht einig ob und was und zu welchen Konditionen gemacht wird. Es gab Forderungen von Roadrunner mit denen wir uns nicht anfreunden konnten und so kam es, dass wir getrennte Wege gingen. Wobei diese Trennung aber absolut im Guten stattfand. Wir haben immer noch Kontakt und kommen gut miteinander aus.
Wir wollten einfach ein Label, dass hinter der Band steht, dass die Band gut findet und unterstützt und nicht nur als Produkt sieht. Und während der Suche kristallisierte sich dann Century heraus, wir kannten die Leute außerdem schon länger und haben gesehen, dass sie mit HEAVEN SHALL BURN und MAROON gute Arbeit geleistet haben.



Wer schreibt bei euch die Songs? Es gibt ja in jeder Band meistens einen Songwriter?


Die Songs, also die Riffs und die Grundstruktur schreibe ich. Ich sperre mich dann quasi mal für ein paar Tage zuhause ein und arbeite an neuen Ideen. Gemeinsam mit der Band und dem Produzenten wird dann am Feinschliff gearbeitet. Die meisten Texte schreibt Andy (Sänger von CALIBAN, Anm. des Redakteurs).


OK, also um vom musikalischen Standpunkt jetzt zur Botschaft des Albums zu kommen: was bedeutet „Say Hello To Tragedy“?


Auf dem Album wollten wir mal auf die Tragödien des heutigen Alltags hinweisen. Du weißt zum Beispiel wovon der Song „24 Years“ handelt?


Ja, vom Fall Fritzl soweit ich weiß?


Genau, und wir wollten auch mal Texte über solche Themen schreiben - die Tragödien die rund um uns passieren. Heutzutage kann ja zum Beispiel der Nachbar tot umfallen und in der Wohnung vergammeln und keiner merkts. Also, Themen um die Tragödien des Alltages, manche sind real, manche fiktiv und manche aus dem persönlichen Leben.
Aber nicht alle Songs handeln von Tragödien, einige hat Andy auch, wie bisher, einfach über die Erfahrungen aus seinem Leben geschrieben und ein paar der Texte stammen auch von mir.



Der Fall Fritzl ist ja ein brisantes Thema, wie seid ihr an dieses Thema heran gegangen? Wie habt ihr, bzw. habt ihr euch überhaupt einen Zugang zu dem Thema verschafft?


Andy, unser Sänger hat sich sehr ausführlich mit diesem Thema beschäftigt. Wir wollten ja nicht einfach über etwas schreiben wovon wir keine Ahnung haben und Halbweisheiten verbreiten.
Außerdem hoffen wir, dass wir mit unserer Musik die jungen Menschen erreichen, die sonst nur über die Medien wie das Fernsehen von solchen Dingen erfahren und wollen sie dazu bringen sich mal Gedanken zu diesen Themen zu machen.



Alles klar! Ich möchte nun zu einem ganz anderen Thema kommen. Wie lange gibt es CALIBAN als Band bzw. in der jetzigen Konstellation bereits?


In der jetzigen Konstellation seit ca. 6 Jahren, angefangen hat das ganze aber mal als Schulband. Sänger Andy und ich sind quasi das Urgestein, die restliche Besetzung hat über die Jahre immer wieder gewechselt, Leute kamen und gingen, aber der Punkt wo wir sagten „das ist die Band“ liegt ca. 10 Jahre zurück.


Nachdem ihr so lange gemeinsam Musik macht und auch gemeinsam auf Tour seid, wie ist da der Zusammenhalt und das Miteinander als Band?


Wir sind natürlich miteinander befreundet, machen öfter in der Freizeit was gemeinsam, wohnen auch in der Nähe, aber trotzdem hat auch jeder seinen eigenen Freundeskreis in dem er sich bewegt. Auch das Miteinander auf Tour funktioniert ganz gut!


Was mich zur letzten Frage führt. Ihr seid ja im Moment auf der Beastfest Tour unterwegs und spielt in größeren Hallen vor im Schnitt 1000 Zuschauern und habt auch schon Festivalauftritte usw. vor zigtausenden Fans hinter euch. Wäre es für euch schlimm vor nur 150 Leuten zu spielen?


Wenns nicht in einer 2000er Halle ist nicht. Mir ist es relativ egal wie viele Leute da sind, Hauptsache der Laden ist voll.
Also lieber vor 800 Leuten in einer 1000er Halle als vor 1000 in einer 2000er Halle. Ich mag bei kleinen Konzerten, dass die Zuschauer an die Bühne kommen können, dass sie stagediven können und dass man nach der Show auch mal zusammen hocken kann, aber unser größter Auftritt bisher vor 450.000 Leuten auf einem Festival in Polen war natürlich auch überwältigend.



Cool! Dann vielen Dank für das Interview und alles Gute für die heutige Show!


Dankeschön!


www.calibanmetal.com

Autor: hampe

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Beitrag vom 27.11.2009
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