Interview mit POWERWOLF - unsere Religion ist der Heavy Metal!


Die Musik des deutsch-romänischen Rudels POWERWOLF macht Spaß, will aber ernst genommen werden. Wie sie das angehen, warum der Wolf nie nach Wien fand und wie man sich eine Kirchenorgel erschleicht, konnte ich in einer netten Telefonkonferenz mit Keyboarder/Organist Falk und Matthew Greywolf, seines Zeichens Gitarrist, herausfinden.


Hi Jungs, wie geht’s euch?


Falk: Sehr gut, wir kommen gerade vom Bang Your Head Festival zurück...
Mat: …sind immer noch nass vom Regen, aber… (lachen)
Falk: …trotzdem geht’s uns gut.


(Matthew Greywolf)


Wie war das Fest?


Falk: Cool. Ich finds einfach nur toll. Von der Organisation, den Bands, dem Ambiente und auch überschaubar, mit nur einer großen Bühne, anstatt 10 oder 15. (lacht)
Mat: Ja, sehr schönes Festival, aber leider, pünktlich zum Wolf hat es Sturzbäche geregnet. Trotzdem schön zu sehen, dass Leute, trotz des strömenden Regens, vor der Bühne Party gemacht haben.




Von den Festivals her habt ihr heuer und auch schon nächstes Jahr einiges vor. Worauf freut ihr euch am meisten?


Mat: Du, ganz ehrlich, auch wenn’s schleimig klingt, aber ich freue mich auf jede einzelne Show. Ich könnte eigentlich nichts Spezielles herausgreifen. Man sagt zwar immer, die großen Festivals sind ganz besonders, aber genauso kann eine kleine Club Show vor einem erlesenen (lacht) Publikum mehr Spaß machen. Wir lieben es einfach live zu spielen.



Ist denn schon eine eigene Tour in Planung?


Falk: Da sind wir gerade dran, also für Oktober/November soll der Wolf auf die Straße kommen und da sind wir gerade in verschiedenen Verhandlungen, ob wir da alleine losziehen oder ob wir irgendwie als Support unterwegs sind. Aber wir wollen im Herbst, was ne gute Zeit ist für den Wolf, eine Tour spielen.

(Falk M. Schlegel)


Kommen wir zum aktuellen Album „Bible Of The Beast“ – Es ist ja bei der Presse sehr gut angekommen und auch in den Charts gelandet. Hättet ihr das so erwartet?


Mat: Der Charteinstieg hat und schon letzten Endes Überrascht. Damit hatten wir überhaupt nicht gerechnet. Wir waren alle – sei es Band, Label, usw. – aus dem Häuschen. Was die Pressereaktionen angeht, sag ich jetzt mal ganz selbstbewusst, wir wussten schon, dass wir ein gutes Album haben und dass es auch mit Sicherheit nicht wirklich schlecht ankommen wird. Allerdings muss man natürlich auch sagen, POWERWOLF als solches und auch „Bible Of The Beast“ ist so konsequent, dass es auch immer negative Stimmen gibt.
Also, das ist so ein „love it, or hate it thing“. Du liebst den Wolf, weil du das Ganze verstehst, oder es gibt natürlich auch Leute die den Kopf schütteln…
Falk: …moshen oder wie? (lacht)
Mat: Nein, nicht in diese Richtung, sondern gar nicht nachvollziehen, was wir machen. Allerdings, muss ich sagen, die absolut positiven Reaktionen haben absolut überwogen und natürlich macht einen das schon sehr froh.




Wie seid ihr an das Album rangegangen? Das ist ja euer drittes Album, glaubt ihr an diese „make it, or break it“ –Theorie?


Mat: Ich sag mal so, ich find das albern, weil du das auf absolut jedes Album anweden kannst. Du kannst auch sagen, das erste Album ist das wichtigste, wenn das scheiße ist, dann macht die Band vielleicht kein zweites mehr. Es kann auch das zweite das wichtigste sein, denn wenn das erste gut war und das zweite ist scheiße, dann… (lacht). Also du weißt schon, was ich meine…
Dieser Mythos – „das dritte Album“ – ich finde das ein bisschen übertrieben. Nichts desto trotz ist es natürlich immer so, dass du als Band natürlich versuchst, den Vorgänger zu toppen. Gerade „Lupus Dei“ war ein Album, das extrem gut angekommen ist. Viele Leute lieben dieses Album. Das war Motivation und natürlich auch ein bisschen Druck für uns, denn es ist nicht so einfach nach einem Album, das gut angekommen ist, einen Nachfolger daneben zu stellen, der auch irgendwie die Erwartungen der Fans erfüllen kann. Von dem her, kann ich schon sagen, dass als wir mit dem Album begonnen haben, ein gewisser Druck im Wolfshauptquartier zu spüren war.




Wie läuft bei euch das Songwriting ab? Teilt ihr euch dieses?

Falk: Bei uns muss ein Song als Band entstehen und es muss ein Part entstehen, wo alle dabei sind und allen ins Ohr geht und einzelne Teile zusammenflicken, wäre nicht die Arbeit von POWERWOLF. Das würde bei uns einfach nicht funktionieren. Mat sagt auch immer, so ein Song muss bei uns passieren und da kann ich mich eigentlich nur anschließen, oder Mat?

Mat: Ja, ja. Ich wundere mich immer, wenn ich in Interviews lese, dass Bands ihre Songideen als MP3 austauschen und dann sich irgendwann im Studio treffen. Das mag für viele Bands funktionieren, aber für uns wäre das unvorstellbar. Was einen POWERWOLF Song ausmacht, ist eine gewisse Magie, eine Spielfreude, die einfach wirklich nur dann entsteht, wenn wir alle im Proberaum stehen und Spaß haben und… wie soll ich sagen?
Falk: …wenn die Metalfaust gereckt ist…
Mat: Genau! Und wenn eine gewisse Atmosphäre da ist, dann entstehen Songs, wie von selbst. Ich könnte mir nie vorstellen, zu Hause auf der Couch sitzend mir einen Refrain für POWERWOLF auszudenken. Vielleicht würde das funktionieren, aber das wäre dann wahrscheinlich kein Song, der richtig gut funktionieren würde.




Wie würdet ihr im Groben die Unterschiede zum Vorgänger definieren?


Falk: Härter und bombastischer. (lacht)
Mat: Dieser Kurzform schließe ich mich an. Das Album ist auch definitiv an vielen Stellen aggressiver ausgefallen, alleine schon auf Attilas Gesang bezogen. Er hat diese viel mehr die Metal-Rampensau raus gelassen, als das vorher der Fall war. Vielleicht auch deswegen, weil er in letzter Zeit sehr viele neue Metalbands für sich entdeckt hat und sehr viel mehr in die Szene eingetaucht ist.
Falk: Du musst dir vorstellen, wir haben eigentlich direkt nach der Wacken-Show angefangen das Album zu schreiben und somit haben wir auch versucht diese ungezügelte Live-Power auf das Album zu bekommen. Die aggressiven Vocals, die brutzelnden Gitarren und meine Kirchenorgel, die natürlich auch ihr Übriges dazu beiträgt, machen schon einige Unterschiede zu den anderen Alben.




Das bringt mich gleich auf die nächste Frage. Ihr konntet auf eine echte Kirchenorgel zurückgreifen. Wie habt ihr das angestellt.


Falk: Du, das war gar nicht so leicht, wie du dir vorstellen kannst. Wenn du versucht Kirchen für irgendwas anzumieten, ist es sehr schwer und zum Glück ist unser Schlagzeuger Halb-Franzose und hat da gewisse Connections und wohnt am Grenzgebiet zu Frankreich. Da sind wir dann herumgefahren und haben geschaut, wo wir das denn machen können, natürlich ohne zu erwähnen, was wir denn genau machen wollen, oder wie das Album heißt.
Mat: Offiziell waren wir eine „Rock-Band“. (lacht) Wenn du gesagt hättest, es geht um eine Heavy Metal Band, hätte wahrscheinlich jede Kirche abgewunken.
Falk: Aber es ist einfach der Hammer, wenn du mit einer echten Kirchenorgel spielen kannst. Das ist auch etwas, das wir wirklich zelebrieren – nicht nur Live auf die Kacke zu hauen – sondern auch uns in die Arbeit zu einem Album stürzen. Wir machen das richtig und so wie es sich gehört und das ist sicher auch das, was POWERWOLF ausmacht.

Mat: Was die Orgel betrifft oder auch den Chor, mit dem wir zusammengearbeitet haben, da geht es uns auch selber darum – das ist so ein bisschen Ego-Streicheln – einfach etwas Besonderes zu machen. Natürlich wäre es einfach irgendetwas zu programmieren, aber es ist etwas ganz anderes wenn du mit einem echten Chor oder Orgel arbeiten kannst. Diese Dinge machen für uns den Entstehungsprozess einer Platte unvergesslich, sag ich jetzt einfach mal.




„Bible Of The Beast“ ist ja ein eher heikles Thema, wenn man so will. Gab es da vielleicht auch schon negative Reaktionen?


Falk: Was den Titel betrifft, dachten wir Anfangs, dass wir mit IRON MAIDENs „Number Of The Beast“ verglichen werden, doch das kam überraschenderweise überhaupt nicht.
Mat: Was die religiöse Komponente betrifft, haben wir bisher eigentlich wenig gehört. Da muss ich aber ein bisschen weiter ausholen und dir auch deine nächste Frage vorwegnehmen, denn du hättest wahrscheinlich auf das Augenzwinkern in unseren Texten angesprochen.
Falk: Fass dich kurz (lacht)
Mat: Ja, ich fasse mich kurz. Ich glaube... – das war die kurze Antwort! … (allgemeines Gelächter) …Ne!
Ich glaube einfach, dass deswegen wenig ernsthafte Kritik oder Probleme kommen, weil jeder, der das Cover umdreht und dann Titel wie „Panic In The Pentagram“ oder „Catholic In The Morning... Satanist At Night“ liest, wird sehen, da ist auch ein gewisses Augenzwinkern dabei. Es ist aber auch wichtig zu sagen, dass es kein bloßer Humor ist. Wir erzählen keine Witze, aber wir singen über religiöse Themen, allerdings bauen wir oftmals ein Augenzwinkern ein. Es funktioniert auch insofern, dass die Leute mitbekommen, dass wir keine religiösen Eiferer – weder im Christlichen, noch im Satanistischen oder in welchem Sinne auch immer – sind.
Falk: Wir wollen die Leute einfach nur zum Heavy Metal bekehren.
Mat: Genau! Das ist nämlich die einzig wahre Religion




Gerade bei „Resurrection By Erection“ habt ihr etwas mehr als nur ein Augenzwinkern verwendet. Wie kam es zu dem Song?


Mat: Was heißt mehr als ein Augenzwinkern? Ich meine, wir alle wissen wie Leben entsteht. Man könnte jetzt sagen, dieser Song hat einen ganz ernsten Hintergrund. Allerdings, der Titel verrät es schon - Das ist natürlich auch ein Lied, bei dem das Thema auf die Spitze getrieben wird. Wie es zu dem Lied kam, ist eigentlich eine gute Frage. Irgendwie war der Titel da, keine Ahnung wo der her kam. Fünf Minuten später war auch schon der Refrain da...
Falk: Bis der Song fertig ist, dauert es natürlich dann schon noch eine Weile.
Mat: Das sind dann auch so Ideen, die spontan kommen. Man sieht auch, dass der Song live extrem gut ankommt. Meistens sind das so diese eher spontanen Ideen.
Falk: Das war am Bang Your Head richtig geil. Beim Changeover standen die Leute im Regen und haben den Refrain immer noch gesungen.




Wie sattelfest seid ihr mit der Bibel?


Ich würde sagen, als Privatperson sind wir alle religiös sehr interessiert. Wobei wir immer eine Grenze ziehen. Als POWERWOLF stehen wir für keine bestimmte Glaubensrichtung oder Philosophie. Wie Falk ja schon gesagt hat – für POWERWOLF ist die einzige Religion der Metal.
Als Privatpersonen sind wir spirituell/religiös alle sehr interessiert und auch belesen. Unser Schlagzeuger Funébre hat sogar eine Weile Theologie studiert. Als, ein Teil des Rudels ist durchaus sehr bibelfest.




Fasst doch bitte kurz den Entstehungsprozess von POWERWOLF zusammen. Würde mich sehr interessieren, da ihr doch recht international seid.


Mat: Tja, kurz zusammenfassen… ist schon sehr lange her. Wir hatten immer schon die Idee etwas zu machen und irgendwie kam dann, durch einige skurrile Zufälle Attila hinzu und das war die Geburtsstunde von POWERWOLF, wie sie heute sind. Auch mit dem optischen Konzept, mit der ganzen Atmosphäre und so weiter. Ich würde sagen, das war so 2004 und das Lustige dabei ist, das alles sehr schnell ging.



Wie ist die Chemie in der Band? Ihr seid ja bisher von Veränderungen im LineUp verschont geblieben, was mittlerweile ja schon eine ziemliche Seltenheit geworden ist.


Mat: Leider, muss ich sagen, denn ich finde, es ist sehr wichtig und das ist auch das, was für mich eine gute Band ausmacht. Da sollte eine Band auf der Bühne stehen und nicht willkürlich zusammengewürfelte Musiker, die grad irgendwie nichts anderes zu tun hatten, als eine Platte zusammen zu machen. Ich würde sagen, bei POWERWOLF gibt es einen sehr, sehr engen Zusammenhalt unter den Mitgliedern und das ist auch eigentlich so die Magie, die bei uns einfach da ist. Auch wenn es komisch klingt, aber unser größter Einfluss beim Songwriting, sind wir selbst.



Erzählt mir doch eine kleine Tour-Story.


Mat: Naja, wir haben viele Erlebnisse, da könnten wir jetzt stundenlang davon erzählen. Du bist ja in Österreich zu Hause, da könnten wir die Geschichte erzählen, wie wir in Wörgl liegen geblieben sind. Wieso wir zum wiederholten Mal nicht nach Wien gekommen sind.
Falk: Wien haben wir schon irgendwie 2-3 Mal stehen lassen.
Mat: Ja, zu Wien hat der Wolf ein sehr schwieriges Verhältnis. Anscheinend sind die Götter irgendwie dagegen, dass wir jemals nach Wien kommen.
Falk: Uns blieb eben auf der BRAINSTORM Tour der Camper liegen und der musste dann abgeschleppt werden und das war ein riesen HickHack und hat einen Haufen Geld gekostet. Und an alle Wiener: Irgendwann kommt der Wolf auch zu euch. (lacht)




Nicht nur in Wien konnte ich POWERWOLF nicht erleben, auch am letztjährigen Metal Invasion habt ihr abgesagt. Was war da los?


Falk: Ach, das war das, wo Attila krank war.
Mat: Ja, da waren wir auch sehr traurig, denn wir hatten uns sehr auf die Show gefreut. Attila hat schon Tage vorher mit richtig heftiger Krippe gelegen und als wir zur Show fahren wollten, machten wir einen Test und bei Attilas Stimme ging einfach überhaupt nichts mehr. Das war eben überaus schade, denn wir lieben es bei absolut jeder Gelegenheit auf der Bühne zu stehen, um mit unseren Fans eine Party zu feiern.



Ich danke euch herzlich für eure Zeit, und habt ihr noch letzte Worte für die Earshot-Leser?


Mat: Falk, das ist deine Aufgabe, du bist für die letzten Worte zuständig
Falk: Oh scheiße… Metal is religion!



www.powerwolf.net

Autor: maxomer

Weitere Beiträge von maxomer


Zurück

Beitrag vom 13.10.2009
War dieses Interview
interessant?

76 Stimme(n)
Durchschnitt: 3.76

Diesen Beitrag bewerten:
  
Diesen Beitrag per E - Mail verschicken:
An:
Von:
Kommentar: