Interview mit DIE TOTEN HOSEN



Die Toten Hosen haben in Wien ihr mittlerweile 16. Album präsentiert. "Auswärtsspiel" soll neue Maßstäbe setzen, so sämtliche Medien. Was aber die Schöpfer selbst sagen, lest ihr hier!

Max:"Auswärtsspiel" ist das 16. Album in 20 Jahren Toten Hosen - ist es schon von daher ein besonderes Album?

Campino: Schön, dass nochmal jemand mitgezählt hat... Für mich ist die Herangehensweise eher so: Das könnte auch unser letztes sein. Ich haue in jede Platte alles rein, was ich gerade im Regal habe. Und ich gebe mir deshalb viel mehr Mühe als früher, höre mir alles tausendmal an, überlege, was man noch verbessern kann. Das ist für mich mittlerweile echt ein schwieriger Prozess, fast wie eine Prüfung. So wie jemand anderes sein Examen oder Abitur macht, gibt es für uns alle zwei Jahre eine neue Platte. Und dann nach der Abgabe zu gucken, wie die Platte ankommt, das ist immer wieder spannend. Und wird nie langweilig.


Max: Euer letztes Album "Unsterblich" stand ja für einen Einschnitt in der Bandgeschichte - Ihr habt schließlich gesungen: "Wir sind nicht mehr die Jungs von der Opel-Gang...".


Campino: Das war nicht so, dass wir morgens wach geworden sind, und festgestellt haben: "Huch, wir haben uns verändert." So etwas geht ja schrittweise. Für mich war das immer ganz gut nachzuvollziehen, wie wir uns entwickelt haben. Und abgesehen von der Diskussion, die außen geführt wurde, war die "Unsterblich" für mich eine Platte, mit der ich nicht hundertprozentig zufrieden war. Die war schon irgendwie in Ordnung, aber nicht das Optimum, das wir bringen können.


Max: Wie erklärt Ihr Euch das rückblickend?


Campino: Es kann sein, dass wir nach der "Opium" eine echte Last auf den Schultern hatten, da noch mal ranzukommen, weil die Platte uns einfach sehr gefallen hat. Da hast Du innerlich schon so einen Leistungsdruck, willst nicht abkacken, aber schon wieder ein bisschen anders sein. Da kann man sich dann schon mal einen Fehltritt einfangen. Das ist wie bei einer Fußballmannschaft: Du kannst nicht jeden Samstag gewinnen. Und so ist bei der "Unsterblich" auch nicht alles geglückt. Scheiße fand ich sie aber auch nicht. Jetzt wollten wir aber wieder einen neuen Höhepunkt schaffen, weil wir immer noch was zu sagen haben, weil wir mit unserem Latein noch nicht am Ende sind.


Max: Die neue Platte klingt dementsprechend weniger wie eine Fortsetzung von "Unsterblich", sondern ist wieder etwas härter geworden?


Campino: Das ist dadurch zu erklären, dass wir die "Unsterblich" für unsere Verhältnisse als zu lasch empfunden haben - und deshalb eine Bremse eingelegt haben, was Lieder in diese Richtung angeht. Zum anderen hat sich Vom nach zwei Jahren so richtig eingelebt. Wölli war ja zu Zeiten der "Unsterblich" immer noch aktiv dabei. Der Geist von Wölli schwebte noch voll im Raum herum, was für Vom eine schwierige Aufgabe war, sich darein zu versetzen. Einerseits im Sinne von Wölli zu spielen, andererseits seine eigene Leistung und seinen Charakter einzubringen, ohne zu weit zu gehen. So etwas braucht ein bisschen Zeit. Er hat das damals schon sehr gut umgesetzt, aber noch nicht so optimal, wie er spielen kann, wenn er befreit ist. Jetzt hat er sich von dieser Bürde gelöst, bringt sich selber mehr ein. Und das ist gut für uns und unsere Musik. Dadurch kommt es auch zustande, dass wir generell wieder mehr Energie haben.


Max: "Glauben" war der rote Faden bei der "Opium fürs Volk", bei der "Unsterblich" hieß das Hauptthema Vergänglichkeit. Gibt es jetzt auch auf "Auswärtsspiel" ein wiederkehrendes Motiv?


Campino: Bei der "Opium" haben wir das ja wirklich von vorne bis hinten hinbekommen, bei der "Unsterblich" war etwas weniger Linie drin. Diesmal glaube ich schon, dass unterschwellig ein Thema mitschwingt, dass es da einen Rückspiegel gibt, in den wir reinschauen, und so einen Blick nach vorne. "Mein Leben war ´ne Schlampe" ist ein Bild, das mir viel Spaß gemacht hat zu beschreiben. In der Form, als ob das Leben eine Beziehung wäre, mit dem man jederzeit Schluss machen und sich ein neues holen kann. Eine echte Wahrheit ist da aber nicht hinter. So schlampig war mein Leben auch nicht, wie ich tue in dem Lied. Und so alt, wie wir in "Graue Panther" zu sein scheinen, sind wir auch noch nicht! Das ist alles mit einem lachenden Auge. Es ist aber auch ein entscheidender Punkt, dass wir mehr Humor in dem Album drin haben.


Max: Auf dem Cover der "Opel-Gang" lagt Ihr 1983 unter einem Auto, auf dem neuen Album wandern Eure Silhouetten einen Deich in Kuba entlang. Warum habt Ihr Euch zum 20-jährigen Bandjubiläum für dieses Cover entschieden?


Campino: Weil in Kuba kein Opel rumstand... Wenn man jetzt auf "wichtig" machen würde, könnte man sagen, dass wir auf beiden Covern nicht zu erkennen sind. Das war auch ursprünglich mal so eine Linie, dass wir nie auf den Covern erscheinen wollten. Wir haben das leider nur bis zur "Unter falscher Flagge", unserer zweiten LP, durchgehalten.


Max: Campino, für die ersten zehn Jahren Eurer Bandgeschichte hast Du Euch mal rückblickend eine "LKW-Fahrer-Mentalität" attestiert, "immer unter Druck, immer Höchstleistung". Nach Deinem Stimmbandanriss nebst Kreislaufkollaps habt Ihr ja rund um die Konzerte für mehr Disziplin gesorgt. Ist der Kreuzbandriss jetzt ein weiterer Einschnitt?


Campino: Das ist insofern kein Einschnitt, weil ich mir keinen Vorwurf machen kann, da es nicht an einer durchgefeierten Nacht lag. Es war einfach eine ganz normale Verletzung, die einem jederzeit passieren kann. Ich habe mir auch früher die Rippen gebrochen, nur das Knie war natürlich schon etwas komplizierter. Es gab da andere Einschnitte, wie den Tod von unserem langjährigen Roadie Bollock, oder den Todesfall von einem Mädchen, das lange in unserem Büro gearbeitet hat, oder auch Wöllis Car-Crash. Das sind alles so kleine Anzeigetafeln, die einem bewusst machen sollten, dass Gesundheit und das Leben selbst keine Sache für die Ewigkeit sind. Und dass es sehr schnell anders kommen kann. Wir haben auf unserem Weg sehr viel Glück gehabt und in Relation zu anderen sehr wenig Schmerzen ertragen müssen.


Max: Ihr seid aber keinesfalls am Ende der Fahnenstange angelangt?


Andi: Wir gehen zwar heutzutage wesentlich bewusster mit ein paar Sachen um, geben auf der Bühne aber trotzdem weiterhin Vollgas. Die Spiellaune und Lust wieder auf Tour zu gehen, ist bei uns zur Zeit vielleicht größer denn jemals zuvor. Wir freuen uns wirklich sehr auf die Tour. Denn wir wollen die Stücke, die wir jetzt ein Jahr lang zusammengeschraubt haben, endlich live spielen und gucken, wie sie ankommen.


Max: Danke für die vielen Antowrten auf viele Fragen!

Viel Spass bei der Tour! Bis zum 24. Mai in der Arena!






www.dietotenhosen.de

Autor: Max


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Beitrag vom 25.02.2002
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