Interview mit DIE APOKALYPTISCHEN REITER - Das Leben schreibt die Lieder


Komplett durchnässt, da es vor einigen Minuten noch in Kübeln regnete, erschienen wir zum vereinbarten Termin mit den APOKALYPTISCHEN REITERN im Backstagebereich. Die sympathischen Deutschen empfingen uns sogleich mit einem pädagogischen Sesselkreis und schon ging es los.

Um zu meiner ersten Frage zu kommen. Mich würde interessieren was die Inspirationsquelle für eure lyrischen Texte und für eure Musik generell ist?


Fuchs: Ich sage immer wieder, das Leben schreibt die Lieder. Es gibt gute, aber auch schlechte Zeiten im Leben. Es gibt nicht nur blauen Himmel und Sonnenschein, sondern auch traurige und hasserfüllte Momente. Wir behandeln Geschichten, die irgendwie zwischendrin stecken, die uns einfach über den Weg laufen. Wir sind aber nicht diese sogenannten Scheuklappenvertreter. Wir möchten nicht in eine Schublade oder irgendein Genre gezwängt werden. Wir bedienen uns halt der Stilmittel, die wir für richtig und für gut halten. Zu einem passenden Text muss natürlich auch die passende Musik. Ich meine Black Metal mit einem erfreulichen Text? Funktioniert nicht wirklich.


Und gibt es gewisse Bands oder Musiker, welche euch besonders inspirieren?


Folk-Man: Wir haben sicherlich persönlich ein paar Favoriten, aber diese Musiker haben auf unsere Band keinen direkten Einfluss.


Euch gibt es bereits über zehn Jahre. Wie ist die Entstehungsgeschichte eurer Band vor sich gegangen? Habt ihr schon in anderen Bands Erfahrungen gesammelt?


Fuchs: Angefangen Musik zu machen, haben wir in den finstersten Kellern und in irgendwelchen Garagen. Wir hatten weder vernünftiges Equipment, noch wussten wir, dass man Gitarren stimmen muss etc.. Es fing alles auf niedrigstem Niveau an. Ich glaube nach einem Jahr erkannten wir erst, dass eine Gitarre gestimmt werden muss. Das ging alles ganz langsam voran.

Folk-Man: Wir hatten nicht einmal ein ordentliches Schlagzeug. Wir trommelten mit den Händen auf das Garagentor.

Fuchs: Es war auf jeden Fall erst Musik im weitesten Sinne. Es war ein Geräusch mit viel Spaß drumherum. Die ersten richtig ernst zu nehmenden Bands hießen bei mir HEADSHOT oder DISASTER, wo Dr. Pest auch gespielt hat.



Gibt es diese Bands auch heute noch?


Fuchs: Ja, die gibt es. Unser damaliger Drummer Skeleton hat dort bereits mitgespielt. Und eigentlich gibt es diese Band heute nur wegen der Probefaulheit des anderen Gitarristen nicht mehr. Wir standen immer alleine im Proberaum. Irgendwann begannen wir eigene Songs aus dem Bauch heraus zu komponieren. Wenig später kam dann Dr. Pest und Folk-Man dazu. Wir haben da so ein kleines Demo aufgenommen, von dem die Beiden begeistert waren und auf einmal hatten wir eine neue Band.


Wo habt ihr euch kennengelernt?


Fuchs: Ach… wir kennen uns schon aus Kindertagen.


Folk-Man: Wir sind in dieselbe Schule gegangen. Da waren wir noch sehr klein und ganz klassisch ging es dann nach dem Schema: Freunde gründen eine Band.



Um zur nächsten Frage zu kommen. Du (Fuchs) spielst seit einiger Zeit live nicht mehr Gitarre, da du eine Verletzung am Arm hast, habe ich gelesen. Schreibst du trotzdem noch Gitarrenmelodien und Riffs für die APOKALYPTISCHEN REITER?


Fuchs: Ja, also im Proberaum bin ich schon noch als Gitarrist tätig. Ich fühl mich immer so, dass ich sage, ich bin ein halbes Jahr Gitarrist und ein halbes Jahr Sänger. Es fällt mir echt schwer beide Sachen gleichzeitig zu tun.


Was hast du dir genau zugezogen, dass du in dieser Lage bist?


Fuchs: Ich habe es einfach übertrieben. Ich hatte eine schlimme Sehnenscheidenentzündung, dadurch dass ich viel zu verbissen und zu viel gespielt habe. Aber mittlerweile genieße ich die Freiheit auf der Bühne ohne Gitarre. Man kann besser interagieren und man ist beweglicher.


Was war bis heute euer bester und schlechtester Gig?


Fuchs: Puh… das ist schwer. Es gab viele beste Gigs, aber auch ein paar schlechte, von denen aber nicht so viele.

Folk-Man: So genau kann man das nicht sagen. Entweder man hat nach der Show ein gutes oder kein gutes Gefühl.



Und was war euer Lieblingskonzert?


Fuchs: Ich glaube Karrierehöhepunkt war bestimmt die Wacken-Show. Vor 50 000 Leuten steht man nicht alle Tage. Und ich sage mal bei den ganz schlechten Gigs war nicht unbedingt die Band so schlecht. Es gab mal einen, PartySan z.B..

Folk-Man: Ja, da waren wir aber auch selber schuld. Wir waren alle im Urlaub, hatten nicht geprobt und kurz vor dem Auftritt noch ein wenig getrunken, bis plötzlich jemand daher kam und sagte: “Hey Jungs, ihr müsst auf die Bühne!“ Teilweise haben wir falsche Songs angesagt, und und und. Aber es war uns eine Lehre, da wir von dem Tag an beschlossen haben, konsequent das Feiern nach der Show erst zu beginnen. Wir waren zwar damals noch eine eher kleine Band, aber es ist einfach unprofessionell, wenn du besoffen auf der Bühne stehst. Es ist einfach scheiße und nicht lustig.



Aber das sind dann Konzerte, an die man sich erinnert.


Fuchs: Ja, aber im negativen Sinne. So was willst du einfach nicht noch mal erleben. Früher hat es Konzerte gegeben, da waren wir noch nicht mal aus Weimer draußen, schon war die erste Flasche auf. Einmal gab es eine Martini-Zeit, eine ganz schlimme Phase. Wir sind besoffen beim Konzertlokal angekommen, haben so schnell wie möglich ausgenüchtert, um nach der Show weiter zu saufen. Das kannst du aber einfach nicht lange machen. Das geht nicht!
Weiters sind einige der schlimmsten Gigs, wenn nichts da ist oder der Veranstalter dich bescheißen will. Einmal ist Dr. Pest auf der Bühne eingebrochen. Auf einmal war er weg! Also das gab’s alles schon.



Ihr wart vor eine Weile auf einer Osteuropa Tournee. Könntet ihr uns ein wenig davon erzählen? Wie ist z.B. die Mentalität der Menschen dort?


Fuchs: Sie sind auf jeden Fall gastfreundlich und sehr trinkfest. So kann man sie, denke ich, beschreiben.
Das sind einfach ganz verschiedene Verhältnisse. Es ist nicht vergleichbar mit hier. In Russland beträgt das Durchschnittseinkommen 300€, die Preise sind aber ähnlich wie hier. Die Polizei und die Bullen sind Fanatiker.



Gibt es dort Probleme mit Heavy Metal Musik und Zensur?


Fuchs: Der Großteil läuft hauptsächlich über Geld. Wer Geld hat, hat auch keine Probleme. Dort ist es ganz normal, dass du von der Polizei angehalten wirst, das sind Straßenkontrollen. Da wird gecheckt, ob du schon bezahlt hast, oder ob sie denjenigen, der im Auto sitzt kennen und dann darfst du wieder weiter fahren. Hast du Geld, gibt’s keine Probleme in Moskau.
Wir waren aber auch richtig weit im Süden Russlands, da ist es einfach tot. Es gibt riesige Städte die halbverfallen sind, kaputte Autos, alte Omas, dazwischen hast du hin und wieder mal eine schöne Frau im kurzen Rock, die die ganze Zeit telefoniert oder es steht ein Ferrari um die Ecke in irgendeinem Armenviertel. Überall stehen vollausgerüstete Securities. Einfach komplett anders wie in Europa.



Vor wie vielen Leuten habt ihr dort durchschnittlich gespielt?


Fuchs: In den großen Städten wie in Moskau haben wir vor ca. 1000 Leuten gespielt, aber wenn du weiter in den Süden kommst, das kann man nicht vergleichen. Dort kann man nicht immer davon ausgehen, dass man im Lokal eine monstermäßige P.A. vorfindet. D.h. wir mussten mit dem klar kommen, was da war.
Wir wollten uns das aber trotzdem mal antun, diese Erfahrung zu machen, um einfach zu wissen wie das ist. Das kannst du wirklich nicht des Geldes wegen machen. In Moskau und St. Petersburg noch am ehesten, aber desto weiter man nach Süden fährt, umso schwieriger wird’s.

Folk-Man: Unser Tourleiter wurde an der russischen Grenze verhaftet. Die Polizisten brauchten Geld und er konnte nicht bezahlen. Währenddessen sind wir auf einer feldwegartigen Autobahn 500km durch die Ukraine gefahren mit einem komplett verrückten Fahrer. Dort kamen uns aber LKWs entgegen, weil die ganze Infrastruktur dort einfach rudimentär ist. Es gab keine Straßenbeleuchtung. Du fährst also durch die totale Finsternis, mit einem Kleinbus, steigst am nächsten Tag in den Zug ein, der dann noch mal 13 Stunden fährt. Du musst aber vor dem Zug warten, denn der wird vorher noch einmal durchsucht, bevor sie dich dann im Zug einsperren. Die Polizisten rennen die ganze Zeit mit Maschinenpistolen umher. Es gibt einfach eine wahnsinnige Präsenz von ungeordnetem Militär, Miliz und Stadtsheriffs etc.. Wirklich schlimm.
Korruption ist einfach ein natürliches zusätzliches Einkommen für die Polizei.



Jetzt wieder zu etwas ganz anderem. Ich habe auf der Summer Nights Homepage gelesen, dass bei euch, bei Genre „Fun Metal“ steht, was sagt ihr dazu?


Fuchs: Das ist totaler Blödsinn. Das Dumme ist, dass wir meistens einfach auf ein oder zwei Songs reduziert werden und schon spielt man “Fun Metal“. Ich habe mal eine Interviewfrage gekriegt: „Warum seid ihr positiv, ist das nicht verboten?“ Solche Sachen kann ich echt nicht mehr nachvollziehen. Ich denke, wir haben viele Songs mit gewissem Tiefgang. Der überwiegende Teil unserer Lieder ist nicht sonderlich positiv. Teilweise sind so bittere und böse Texte dabei. Aber natürlich verkaufen wir uns live als eine Band, die irgendwie abgeht, die auch mit den Leuten feiern will. Das ist eigentlich eine positive Sache, finde ich. Es ist einfach ein Unterschied, ob du alleine zu Hause ein Album hörst und du registrierst wirklich alles, was da passiert, oder wenn du mit deinen Kumpels einen Saufen gehst, Spaß haben willst und einfach deinen Alltag vergessen willst.


Ich habe auf der Wacken Homepage gelesen, dass eine Straße nach euch benannt worden ist. Ehrt einen das?


Folk-Man: Nicht nur die Reiter haben so was, sondern auch andere Bands. Den Wegen am Zeltplatz haben die Veranstalter Namen gegeben und eine Straße war auch die Reiter Straße. Das hat schon was.


Leidet auch ihr, mit euren Fans, wenn das Wetter so schlecht auf einem Festival ist?


Fuchs: Ja, natürlich, du möchtest schließlich eine gute Show liefern und dass das Publikum gute Laune hat. Wenn es regnet, sind die Leute steif und dann bist auch du selbst steif.


Ihr habt heuer wieder einen neuen Gitarristen bekommen. Gibt es für den Gitarristenverschleiß, wenn ich das so sagen darf, einen gewissen Grund?


Fuchs: Es muss halt immer passen, mit dem jeweiligen Gitarristen. Die Entscheidung Lady Cat-Man in die Band zu holen ging sehr schnell. Wir standen sehr unter Druck, wir hatten einen Studiotermin, eine Tour zu spielen, man lernt sich aber auf Tour erst so richtig kennen. Dann weiß man erst, ob der- oder diejenige auch die Philosophie der Band teilt. Mit ihr hat es dann einfach doch nicht so gepasst.


Und wie geht’s euch mit dem Neuen an der Gitarre?


Fuchs: Super,... hervorragend.

Folk-Man: Da muss man eigentlich gar nicht so viel erklären. Es fühlt sich einfach super an. Fünf Jungs sind unterwegs und haben Spaß und das war vom ersten Moment an so.





Wie hat euch die Arbeit am neuen Album „Licht“ gefallen? Würdet ihr sagen es ist ein gutes Album?


Folk-Man: Sonst hätten wir es schließlich nicht aufgenommen. Es hat einen tierisch Spaß gemacht.
Jedes Album ist auf seine Weise einzigartig und deshalb kann man so ein Album auch nicht wiederholen. Der klassische Spruch von Fans, dass Bands das und das Album noch mal machen sollen, weil das eben so toll wäre, das geht nicht. Das schafft keine Band der Welt. Man wird älter, die Umstände ändern sich, die ganzen Erlebnisse im Vorfeld der Platte sind total unterschiedlich und wenn man kein emotionaler Klotz ist, dann hat das einen Einfluss auf dich und deine Musik.

Fuchs: Es ist einfach ein anderer Zeitgeist. Man kann sich zwar selbst kopieren, aber warum? Das hat doch keinen Sinn.



Spielt ihr auch heute einige Songs des neuen Albums?


Fuchs: Ja, schon, aber wir haben leider nur 45 min. Zeit, aber so vier bis fünf Lieder sind schon dabei.


Auf die freuen wir uns besonders.
Na gut, dann sage ich Dankeschön für eure Zeit, es war mir wirklich ein Vergnügen mit euch zu plaudern und man sieht sich beim Konzert.



Fuchs: Kein Problem, hat uns auch Spaß gemacht und vielleicht sieht man sich ja wieder einmal.




www.reitermania.de

Autor: Stoney
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Beitrag vom 07.06.2009
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