Interview mit OUR SURVIVAL DEPENDS ON US - Der Weg ist das Ziel


Im eiskalten und gar nicht mal so schmucken Backstage-Bereich des Dreiraums in der Arena stand mir Mucho, Sänger der Salzburger Sludge/Post-Hardcore-Hoffnung OUR SURVIVAL DEPENDS ON US, freundlicherweise Frage und Antwort.

Stelle bitte erstmal die Band vor und fass die Bandhistory kurz zusammen, damit man Euch besser kennenlernt:


Die Band besteht aus mir, Mucho, Gitarre und Gesang, Thom Gitarre & Gesang - wir beide haben früher SOULSEARCH gemacht - dem Barth, ehemals BELPHEGOR und am Schlagzeug ist der Mani, der seit langer Zeit einer meiner besten Freunde ist und sehr sehr wichtig war für die Entwicklung der Band sowie dem Hans-Jürgen, unserem Soundmann, der auch schon bei SOULSEARCH dabei war. Wir sind ein großes Kollektiv, zusammengewachsen, jeder hat seine Aufgabengebiete.

OUR SURVIVAL DEPENDS ON US gibt es ja eigentlich schon seit zehn Jahren in den verschiedensten Besetzungen, nur der Mani und ich sind von der Urbesetzung übrig, aber die Band hat erst zu funktionieren begonnen, als der Barth und der Thom zu uns gestoßen sind. Klar war die Zeit davor auch wichtig, aber seit die beiden dabei sind, ist die Band ein Ganzes geworden.





Erzähl bitte etwas über das neue Album „Painful Stories……“. Wie und wo habt ihr die Scheibe aufgenommen?


Wir arbeiten gerne oldschoolig, spielen die Takes, Gitarren, Instrumente live ein und legen dann die Gesänge und alles andere drüber, also das meiste auf dem Album ist tatsächlich live eingespielt. Wir haben auch unser erstes Album so aufgenommen. Das Arbeitsprinzip hat sich bewährt. Wir machen das bei uns in Salzburg im Rockhouse, mieten uns einen großen Raum, karren unser gesamtes Equipment hin und verbunkern uns für mehrere Tage, haben quasi 24 Stunden am Tag Zeit und spielen alles ein.


Der Sound der Scheibe ist ja wirklich gelungen.


Ja..…. Wenn ich denke, daß andere Bands produktionstechnisch um einiges mehr Aufwand treiben, um den perfekten Sound zu bekommen. Wir haben diesbezüglich auch einige Angebote von Leuten bekommen, die durchaus wissen, was sie tun, aber wir wollten, daß alles in der „Familie“ bleibt. Wir kennen uns, wir wissen, was wir wollen und wir basteln so lange daran herum, bis es passt. Es sind auch immer viele Freunde involviert, es gibt viele Leute, die uns unterstützen, die gehören alle zu uns. Da ist zB der Drum-Tech vom Mani, der ist Weltklasse, wenn es ums Beheben von irgendwelchen Problemen beim Schlagzeug geht, der hat auch in unserem Video mitgespielt.


Wer ist denn für das Songwriting verantwortlich, wie entstehen die Texte, die Musik?


Jeder in der Band trägt natürlich etwas dazu bei, aber oft ist es auch so, daß der Thom und ich uns in was einklinken, das schon da ist und das dann gemeinsam weiterentwickeln. Da gibt’s zB nur ein Riff, aber du spürst, daß dich da was berührt und du verbeißt dich darin, führst es weiter. Wir alle vertiefen uns dann darin, bis es passt, manchmal kann sich das alles natürlich auch wieder völlig verändern. Wir haben schon komplette Nummern weggeschmissen, an denen wir monatelang gearbeitet haben, weil sie zum Schluß nicht mehr kompatibel waren. Es entsteht alles gemeinsam. Die Texte sind zum großen Teil auf meinem (bescheidenen) Mist gewachsen, aber auch die werden natürlich von der kompletten Band gefiltert. Da kann es dann schon mal passieren, daß wir wegen einem Fragezeichen endlos diskutieren, ja fast streiten und dann kommen Leute zu uns, die uns persönlich nicht kennen und hängen sich witzigerweise genau an der Passage auf, die auch schon bei uns ein Thema war. Klar sind die Texte Auslegungssache, vielleicht versteht der Barth etwas ganz anders, hätte eine andere Definition für die gleiche Message, aber im Endeffekt wird es trotzdem stimmig und kompatibel, jeder trägt etwas dazu bei.




Mit „Angel Ranger“ habt ihr ja einen Song der indianischen Sängerin Buffy St. Marie gecovert. Wer hat die Idee dazu gehabt?


Der Thom ist mit dem Song angekommen, allerdings in Form einer Coverversion einer anderen Band. Der Thom hat ein extrem feines Gefühl dafür, was passen könnte.


Ihr habt ja sowieso grundsätzlich keine Berührungsängste mit metaluntypischen Elementen wie Geigen oder Didgeridoo, wer kommt mit diesen Ideen an?


Wir alle im Prinzip. Wir haben einen sehr breit gefächerten musikalischen Background. Wir kommen zwar alle aus der Metal, Hardcore, Punk-Ecke, aber ich höre auch sehr gerne Ambient und Weltmusik und stehe auch extrem auf kirchliche Musik. Der Hans-Jürgen ist Mitglied bei STURMPERCHT (Alpinfolk, www.raunend.com/sturmpercht), während der Barth und der Thom wohl noch am meisten im Metal verzwurzelt sind. Aber wir alle stehen auch auf Singer/Songwriter-Sachen, egal ob das 16 Horsepower oder Wovenhand sind, 70er Jahre Hadern oder das Johnny-Cash-Zeug aus seiner American Recordings-Phase.


Ihr habt zwar einen sehr eigenständigen Sound entwickelt, aber gewisse NEUROSIS-Einflüsse lassen sich nicht leugnen.


Wenn man sich in der Sludge/Post-Hardcore-Szene bewegt, kommst du an NEUROSIS natürlich nicht vorbei. Die Band war sehr lange für mich das Maß aller Dinge, in letzter Zeit allerdings jedoch nicht mehr so wie früher, obwohl ich den Steve (Von Till) als sehr höflichen und interessanten Menschen und freundlichen Gesprächspartner kennengelernt habe, aber mit der Richtung, in die sich NEUROSIS entwickelt haben, kann ich mich nicht anfreunden.

Was sie früher gemacht haben, hat viel mehr Sex und Energie gehabt habt. Bei zu „Through Silver In Blood“-Zeiten war die Band live ein Ereignis, diese Macht und Energie, diese Magie, die ins Publikum gepumpt worden ist und die vom Publiukum zurück auf die Bühne geflossen ist. Ich glaube, der Thom, der Mani und ich waren die einzigen drei Leute von 800, die NEUROSIS bei ihrem letzten Auftritt in München NICHT gut gefunden haben, aber so empfinden wir es halt.

Aber natürlich ehrt es mich, wenn mir Leute sagen, daß sie sich bei unserem Zeug an NEUROSIS erinnert fühlen, klar.



Ich finde, daß speziell Eure erste Scheibe in diese Kerbe schlägt, war sie doch recht sperrig und nicht gleich beim ersten Durchlauf genießbar.


Genau, unsere erste Scheibe hatte noch eine etwas andere Soundästhetik, wir haben auch anders gesungen, viel rotziger, brutaler. Wir haben zwar auf dem neuen Album nicht bewußt probiert, etwas anders zu machen, es hat sich einfach so ergeben, daß die Scheibe sich vom Debut doch etwas unterscheidet.

Unser Gesangsstil unterscheidet uns auch von vielen anderen Bands. Ich stehe sehr auf Sludge, aber was mir wirklich total auf die Nerven geht, ist diese unmotivierte Schreierei, okay, es gehört bis zu einem gewissen Punkt dazu, sich die Seele aus dem Leib zu brüllen, aber oft nervt diese Art von Gesang.

Unser Stil hat sich einfach so ergeben, wobei ich eigentlich nicht bewußt andere Bands beobachte. Oft ist es besser, sich nicht jede Band anzuhören, die grade was veröffentlicht auf dem Sektor, weil man sonst unbewusst abspeichert, was einem gefällt und das Gefilterte dann in die eigene Musik einfließt.





Gibt’s eigentlich schon Reaktionen auf das neue Album?


Der offizielle Release war erst der 17. Februar, aber die Reaktionen bis jetzt waren schon mehr als positiv. Aber viel werde ich dazu nicht sagen können, ich habe keinen Computer, bin somit nicht ans Internet angeschlossen. Ich bin sehr froh, daß der Barth und der Thom sich da auskennen und das übernommen haben. Ich bin eher Old School was das angeht, ich sitz lieber daheim und arbeite an Texten usw.

Aber es ist immer schön, wenn du merkst, daß Du mit deinen Texten, deiner Musik etwas bewirkst, du berührst die Menschen mit deinen Worten, dieses Feedback, das man bekommt, ist sehr erhebend, eine Belohnung.

Die Szene ist ja recht klein, bei der Veröffentlichungsflut macht der Sludge/Posthardcore-Anteil wahrscheinlich grade mal zwei, drei Prozent aus und trotzdem wird die Message deiner Band verbreitet, jemand hört es sich an und filtert etwas heraus für sich. Ich möchte die Leute erreichen, freue mich, wenn sie das gleiche fühlen wie wir. Wir sind vier Typen, die das Glück hatten, zusammenzufinden, und vielleicht die Leute mit unserer Message berühren, sie zum Nachdenken bringen, vielleicht sehen sie dann die Dinge anders, sehen, daß nicht alles Scheiße ist, daß sie wieder Kraft schöpfen und nicht den Hut drauf hauen, dann ist das leiwand, darum geht es, deshalb machen wir das alles. Mein Herz, die Sache will’s.

Ich sag immer, es ist ein heiliger Auftrag, das zu machen.



Was steht als nächstes an bei Euch?


Mal schauen, was da jetzt alles auf uns zukommt, direkt Pläne haben wir derzeit keine.


Vielleicht Festivals? In Deutschland gibt’s ja dieses „Doom shall Rise“ –Festival.


Ja, da haben wir vor zwei Jahren mal gespielt, das war recht lustig. Die eine Hälfte der Leute hat uns geliebt, die anderen haben uns gehasst. Grade in Deutschland kommt es mir vor, gibt es so viele Doom-Fans, die ganz fanatisch St. Vitus, Wino und Obesssed – Bands, die ich auch liebe – hören, aber mit unserem Zeug sowas von überhaupt nichts anfangen können und/oder wollen.

Die verschiedenen Reaktionen der Leute sind natürlich sowieso immer interessant.
Das Rock Hard hat ja damals geschrieben, wir wären die Gewinner des Festivals gewesen. Damit rechnest du als Band aus Österreich natürlich schon überhaupt nicht. Das hat uns schon sehr überrascht und gefreut.

Aber zurück zu Deiner Frage: Bei uns wird sowieso nie wirklich etwas geplant, es ist alles sehr intuitiv und emotional. Oft passiert zwei, drei Monate lang nichts, außer daß wir ein Set üben und dann passiert plötzlich irgendwas und es entsteht eine neue Nummer oder ein Kurzfilm, wie den, den wir vor einem Jahr mit einem Freund gemacht haben. Wenn die Zeit reif ist, passiert etwas. Dieses Arbeitsprinzip ist besser als jeder Plan.



Anmerkung:
Etwas ist allerdings doch schon geplant, nämlich der nächste Auftritt der Band und zwar am 21. April 2009 in der Szene Wien gemeinsam mit A STORM OF LIGHT, REFLECTOR, CYRUSS und DOOMINA.

www.osdou.com

Autor: Bettina

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Beitrag vom 24.02.2009
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