Interview mit SATYRICON - No sleep ´till Armageddon


Anlässlich des Auftrittes von SATYRICON am 6.12.08 in der Szene Wien hatte ich Gelegenheit, mit einem todmüden, extrem schmalen aber ungeheuer freundlich und redseeligen Satyr ein wenig über dieses und jenes zu schwatzen.

Hello Satyr, wie geht’s Dir? Du siehst schrecklich müde aus.


Ja, in der Tat, ich bin auch schrecklich müde. Ich habe höchstens zwei Stunden geschlafen. Der Krach im Bus letzte Nacht hat mich wachgehalten, es wurde Party gemacht, ich habe kein Auge zugetan.


Wie läuft denn die Tour bisher? Interessanterweise habt ihr ja mit Auftritten in Indien gestartet – wie kann man sich ein Black Metal Konzert in diesen Breiten vorstellen?


(Lacht) Es war eine höchst exotische Erfahrung. Es ist immer interessant an Orten zu spielen an denen (Black) Metal sonst nicht gespielt wird. Früher war es zB Südamerika, das metaltechnisch unerschlossenes Gebiet war, heutzutage ist es Asien oder Afrika. Denk mal an Metallica, die haben in Südafrika gespielt. Ich denke, daß wir jedenfalls die erste Black Metal Band in Indien waren. Die Inder sind auch ein sehr begeisterungsfähiges Volk, bei uns waren zum Teil 5000 Leute.


Apropos, schade, dass heute Abend nicht mehr Leute zu Eurem Auftritt kommen, irgendwie unverständlich.


Ach, das ist schon in Ordnung. Ich denke, daß SATYRICON nicht unbedingt die angesagteste Band in Österreich ist bzw ist Metal hier wohl generell nicht so der Massenmagnet. Außerdem, in diesen Monaten sind viele Konzerte und die Tickets sind teuer. Es spielt sich hier das Meiste wohl auch eher in Clubs ab, kleine Shows halt. Für uns macht es jedenfalls keinen Unterschied, wir spielen überall gerne!


Wie sind denn bis jetzt die Reaktionen auf „The Age of Nero?“ ausgefallen?


Extrem gut. Ich denke, wir sind auf den Covern von mindestens der Hälfte der europäischen Metal-Magazine, ua hat uns auch das Nordic Vision (norwegisches Musikmagazin) eine Coverstory gewidmet, das Close-Up (schwedisches Magazin), der Kerrang, Terrorizer, Legacy….wir sind ständig Album des Monats, haben tolle Reviews bekommen. Für uns ist es das ultimative SATYRICON-Album, wir selbst sind extrem zufrieden damit und dann auch noch in gleichem Maße gut anzukommen ist eine Belohnung.

Die Reaktionen auf die Live-Umsetzung der neuen Songs ist gemischt. Manche Songs kommen extrem gut an, manche nicht, aber das Material ist neu, unbekannt, die Scheibe ist ja erst Mitte November herausgekommen und es braucht natürlich etwas, bis das Publikum sich auf die neuen Sachen einstellt. Aber man merkt doch schon, daß die Fans bei manchen der neuen Songs richtig abgehen.



Gibt es einen Song von „The Age of Nero“, der Dir besonders viel bedeutet?


Frost sagt, daß es bei ihm immer wechselt, mal ist es „Black Crow on a Tombstone“, mal „The Sign of the Trident“. Ich hab eigentlich keinen einzelnen Song, den ich bevorzuge. Für mich ist das Album ein Ding aus einem Guß. Wenn ich es mir anhöre, lasse ich es immer durchlaufen vom Anfang bis zum Ende. Für mich hat „The Age of Nero“ eine dichte, kompakte Atmosphäre, ich sehe es eigentlich gar nicht als eine Aneinanderreihung von einzelnen Songs.


Wie ist denn das Album entstanden, was hat Dich inspiriert und warum der Titel, der ja eigentlich mit dem Inhalt des Albums auf den ersten Blick nichts zu tun hat?


Ich habe mich in die Blockhütte eines Freundes in den Bergen zurückgezogen, das hat mich schon sehr inspiriert - wobei es jetzt nicht nur die Wälder, Berge, etc, im speziellen waren - sicher habe ich die Natur auf mich wirken lassen - aber hauptsächlich war es die Abgeschiedenheit und Stille, die mich umgeben haben. Da wird der Kopf frei und die Gedanken bewegen sich in eine andere Richtung, wenn die ständige Reizüberflutung, der man in der Stadt ausgesetzt ist, nachläßt.


Die Natur in Norwegen muß einfach herrlich sein!


Ja, aber auch Österreich ist doch wunderschön, die Berge von Norwegen sind denen der Schweiz und Österreich doch recht ähnlich.

Die Hütte von meinem Freund ist in einem Bergdorf, dort ist es wirklich schön. Im Sommer kann man fischen gehen, durch die Wälder streifen, im Winter kannst du mit dem Hundeschlitten herumfahren, usw. Ich hab dankenswerterweise bereits meinen eigenen Schlüssel für die Hütte und kann mich dorthin zurückziehen, wenn ich es brauche.

Ich habe schon einen ganzen Haufen Equipment in der Hütte und bevor wir mit den eigentlichen Aufnahmen für das neue Album angefangen haben, habe ich dort herumgewerkelt und es wird dort sicher noch mehr Material entstehen. Die Abgeschiedenheit ist wirklich sehr inspirierend, es gibt kein Internet, kein Telefon, es ist nur Du, die Natur und Stille.

Zum Titel ist zu sagen, daß Nero ja nicht nur für den bekannten römischen Kaiser steht, sondern ja auch „schwarz“ bedeutet. Und so wie Nero Rom fast zerstört hat, ist die Menschheit gerade auf dem besten Weg, die Erde zu zerstören. SATYRICON werden zwar nie sozialkritische Texte schreiben, aber natürlich fließt ein, was ich sehe, wenn ich mich aufmerksam umschaue. Und momentan ist dies Dunkelheit und das drückende Gefühl eines nicht mehr so fernen, abstrakten, bald nicht mehr fiktiven Unterganges. Ich glaube, dass das Fantasiegebilde Armageddon, die Apokalypse, angesichts der derzeitigen Zustände auf unserem Planeten bald Realität werden wird – zwar wird es nicht gleich unsere Generation oder die nach uns treffen, aber sicher wird die Vernichtung der Menschheit in naher Zukunft passieren. Denk doch mal, was alleine in den letzten 100 Jahren alles passiert ist, 1. Weltkrieg, 2. Weltkrieg, unsere Fähigkeiten, zu zerstören, haben sich in extrem kurzer Zeit potenziert und sind mittlerweile enorm. Außerdem glaube ich, dass der Wunsch mancher Länder, seine Feinde zu zerstören, sehr groß ist und wenn wir die Kontrolle über diese Länder verlieren, wird die Hölle losbrechen.

Ein weiteres Problem ist natürlich auch der Rückgang der natürlichen Ressourcen. Bald werden Kriege ausbrechen, bei denen es beispielsweise um Öl oder Wasser geht…..wobei man natürlich auch den Aspekt der Religion nicht außer Acht lassen darf. Überall auf der Welt gibt es mehr und mehr Fundamentalisten, die ihren Glauben mit Feuer und Schwer aufrecht erhalten und verbreiten wollen. Die Menschen sind arm, haben keine Bildung und flüchten in die Religion.

Das alles, die Gefühle, die das alles in mir hervorruft, beeinflusst meine Musik natürlich sehr stark und macht sie dunkel und schwer.

„Den Siste“ ist ein gutes Beispiel für diese Stimmung. Darin geht es quasi um den letzten Menschen auf der Erde, um seine Einsamkeit, seine Angst, seine Verzweiflung.



Ihr habt die Scheibe ja bei Joe Barresi in Kalifornien aufgenommen, warum das?


Naja, nachdem wir das Gefühl hatten, diesmal ein wirklich extrem tolles Album am Start zu haben, waren wir übereingekommen, keine Kosten und Mühen zu scheuen, damit auch produktionstechnisch alles top wird. Wir wollten dem Album den Rahmen geben, den es verdient. Wir haben viel Geld in diese Produktion investiert, waren im besten Studio, hatten nur die besten Leute engagiert - ich bin froh, daß wir uns so entschieden haben, das Ergebnis spricht für sich.


Erzähl doch bitte auch kurz von dem Fotoshooting mit den Wölfen und Luchsen.


Das Ergebnis von dem Shooting mit den Wölfen hat mir im Endeffekt gar nicht gefallen, wir haben das auch nicht verwendet. Wir waren in einem Reservat und da waren drei zahme und zwölf wilde Wölfe, letztere sind Teil eines Zucht- und Auswilderungsprogrammes. Die zahmen Wölfe sind wie Hunde, also zu zahm, unnatürlich zahm und die wilden Wölfe sind sehr scheu und sollen außerdem keinen Kontakt mit Menschen haben, im Gegenteil, wenn die Wärter bemerken, daß sie zu zutraulich werden, verscheuchen sie sie, damit sie ihre Angst vor den Menschen behalten.

Die Luchse sind ebenfalls in diesem Zuchtprogramm, aber die sind eigentlich wie Katzen, also sehr neugierig und selbstbewußt. Sobald wir uns hingesetzt haben, sind die Luchse angeschlichen gekommen und haben uns begutachtet. Wenn wir aufgestanden sind, haben sie sich aber auch zurückgezogen, wilde Tiere halt. Die Wärter haben dann immer Fleisch zwischen uns geworfen, das hat sie dann doch angelockt, außerdem haben sie dann gemerkt, daß wir keine Gefahr für sie sind. Mit den Luchsen haben wir dann doch ein paar ganz gute Bilder gemacht. Raubtiere faszinieren mich sehr…..Zur norwegischen Natur gehören die Wölfe und Luchse einfach dazu und wir sind da auch sehr stolz darauf.



Hast du eigentlich noch Kontakt zu Fenriz?

Nein, eigentlich nicht mehr so viel.


Also wird es kein weiteres STORM-Album geben?


Nein, der einzige von DARKTHRONE, mit dem ich mich treffe, ist Nocturno Culto.

Fenriz und ich respektieren uns als Künstler, aber wir haben uns in verschiedene Richtungen entwickelt. Es ist zwar alles in Ordnung zwischen uns, aber es gibt nichts mehr, das uns verbindet.



Okay, zurück zu SATYRICON. Was passiert nach der Tour?


Ich werde mich in die oben genannte Berghütte verziehen, ein paar Freunde einladen, gut essen, Wein trinken, entspannen. Im Jänner machen wir dann die US-Tour, im März werden wir in Japan, Neuseeland und Australien spielen.


www.satyricon.no

Autor: Bettina

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Beitrag vom 20.12.2008
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