Interview mit DISCO ENSEMBLE - Punkige Knoblauchfressen im Luxus-Mercedes


Zu allererst hab’ ich ein kleines Mitbringsel aus Finnland für euch, weil ich mir gedacht habe, dass ihr sicher schon vom Heimweh geplagt werdet (*überreicht den beiden feierlich eine kleine Schachtel „Leijona“-Pastillen aus Finnland*).


Mikko: Naja, eine Woche sind wir ja schon von Zuhause weg!...Danke, die sind voll gut! (*lautes Rascheln*)
Jussi: Die hab’ ich auch schon lange nicht mehr gegessen!...Hättest du zufällig auch noch eine Sauna dabei?!


Nein, tut mir leid, diesmal nicht.
So, es sind jetzt also über zwei Jahre vergangen, seit wir das letzte Mal miteinander geredet haben. Was hat sich in dieser Zeit bei euch getan?


M: Die neue Platte ist draußen und wir haben einen Haufen Gigs gespielt.

Ihr seid ja jetzt auch im Sommer auf vielen Festivals, in Finnland aber auch im restlichen Europa aufgetreten. Habt ihr da jetzt schon irgendwelche eigenen Favourites ausmachen können?

M: „Rock am Ring" und „Rock im Park" waren stark! Die sind zwar groß, aber wahnsinnig gut organisiert.
J: Das sind meistens die ersten Festivals im Sommer. Und zu Beginn des Sommers ist man noch nicht an das Feeling einer großen Bühne gewöhnt. Daher haben wir bei diesen Gigs die Hosen voll – aber die Festivals selbst sind toll, mitsamt dem Backstage-Bereich. Dort gibt’s Gratismassagen…
M: …und wenn man zum Beispiel einkaufen gehen will, bekommt man einen Luxus-Mercedes inklusive Chauffeur zur Verfügung gestellt.


Ihr habt ja eigentlich als Punk-Band angefangen. Würdet ihr euren Lebensstil auch als Punk definieren?

M: Unsere Einstellung auf Tour ist auf jeden Fall mehr punkmäßig als die anderer Bands. Wir gehen niemandem wegen Kleinigkeiten auf die Nerven, sind unkompliziert und brauchen keinen Glamour.
J: Wir haben ganz klein angefangen, haben früher nur in winzigen Rockhöhlen gespielt und kennen daher die Kehrseite der Münze, das Leben vor dem Nightliner-Standard.
Aber ich kann nur von mir reden, wenn ich sage, dass sich meine Punk-Mentalität am meisten auf die Musik bezieht. Andererseits war ich früher sicher mal eine Gattung von Punk und es sind sicher noch einige Aspekte von früher an meinem Habitus vorhanden, die mir heute selber gar nicht mehr auffallen.


Wie ist es bei dir Mikko?

M: Eigentlich genauso. Die Punk-Politik hat bis jetzt auf unsere Band nie wirklich Einfluss gehabt und wir haben auch noch nie versucht, durch unsere Songs Klage gegen einen bestimmten Missstand in unserer Gesellschaft einzureichen…Also der „Globale-Wirtschaft-ist-scheiße“-Typ von Punks sind wir nie gewesen.
J: …Obwohl uns Individualismus wichtig ist, was ja natürlich auch ein gedankliches Gut der Punk-Kultur ist. Jeder soll sich seine eigenen Gedanken machen und erst dann entscheiden, welche Meinung er zu einer Sache bezieht.


Jetzt zu eurer neuen Platte. Nennt beide euren Lieblingssong und sagt gleich dazu, warum er euch so gut gefällt.


M: Bei mir ist es zur Zeit sicher „Stun Gun“. Das ist immer ein guter Abschlusssong bei den Gigs.
J: Es kommt immer aufs Feeling an, darauf, wonach man gerade musikalisch sucht. Aber „Stun Gun“ ist schon ein guter Song, da gibt’s nichts. Auf der Platte gefällt mir der und „Beacon“ am besten, live kommt bei „We Can Stop Whenever We Want“ am meisten Stimmung auf.


Ihr verwendet auf „Magic Recoveries“ ja einerseits mehr denn je sehr ruhige Passagen, aber andererseits auch noch kraftvollere Elemente als je zuvor. Könnt ihr euch selbst erklären woher das kommt?

M: Ich glaube, dass es so ist, dass wir jetzt langsam ein gewisses Selbstvertrauen entwickelt haben und aus diesem Grund fürchten wir uns nicht mehr vor Extremen. Wir vertrauen unserem Gefühl einfach, wenn wir einen Song schreiben, auch wenn dieser nicht so traditionell ist.
J: Vielleicht war es auch teilweise das, dass das Aufnahme-Prozedere diesmal viel länger gedauert hat als je zuvor. Bei uns ist es immer so, dass am Anfang die ‚normalen’ Songs entstehen. Aber je länger wir uns dann mit den Songs beschäftigen, desto mehr trauen wir uns Risiken einzugehen und Kontraste zu schaffen.


Wie schaut so ein Liedentstehungsprozess bei euch eigentlich aus? Bringt da einfach jeder seine Ideen in den Proberaum mit und ihr stoppelt dann gemeinsam die Songs zusammen?

J: Das ist ziemlich verschieden. Bei einem Teil entsteht der Anfangsfunke bei einer Jamsession, beim anderen kommt jemand mit einer klaren Idee, einem fertigen Riff oder was auch immer. Aber der eigentliche Entstehungsprozess findet im Proberaum statt. Bei uns kommt keiner mit einem komplett fertigen Song zum Training, den er zuhause im stillen Kämmerchen aufgenommen hat und verlangt, dass dieser Song genau so gespielt wird, wie er sich das vorgestellt hat.
M: Es kann auch sein, dass sich eine Idee im Laufe eines Proberaumtreffens komplett verändert. Keiner ist böse oder hält mit aller Gewalt an seinem Einfall fest, wir leben ja in keiner Versklavung!
J: Oder jemand wird durch die Idee inspiriert und der eigentliche Song entsteht dann auf der Basis dieser Inspiration.


Ich habe mich letztens gewundert, weil ich „Bad Luck Charm“ auf MTV gehört habe, wenn ich mich nicht komplett irre sogar als Vorspannmusik irgendeiner Serie...(*wird unterbrochen*)

J: Wo??... Dann hat unsere Plattenfirma anscheinend einen Deal mit denen gemacht.
M: Es ist ja so, dass MTV nichts dafür zahlt und uns nicht fragt, wenn es unsere Lieder spielen will.
J: Also ist es leicht möglich, dass es so ist, aber wir wissen nicht über alle Tätigkeiten unserer Plattenfirma bescheid.


Ihr habt ja schon relativ oft in Österreich gespielt. Habt ihr euch schon mit unserer Kultur angefreundet, habt ihr schon österreichische Kühe gesehen und was fällt euch als erstes zu dem Land ein?

J: Hehe, österreichische Kühe…
M: Die Menschen haben hier einen anderen Vibe als in Deutschland, auf jeden Fall. Die sind einfach chilliger drauf, viel lustiger…
J: Unsere Gigs, vor allem hier in Wien hab’ ich eigentlich alle besonders gut in Erinnerung.


Am „Two Days A Week" ward ihr ja auch…

M: Ja, das war auch ein cooles Festival. Nur leider haben wir nicht allzu lang dort sein können, weil wir uns gleich danach auf den Weg nach Deutschland machen mussten. Aber an eins kann ich mich noch erinnern – an die wirklich scharfe Knoblauchsuppe, die uns aufgetischt wurde!

Na hoffentlich war die Bühne nicht zu weit unten…

M: Nein, da war so viel Knoblauch drin, dass es nicht mal mehr gestunken hat!

So, zum Schluss hab ich mir gedacht, dass ich eine neue Serie beginne, und dazu brauche ich eure Unterstützung. Ich möchte, dass ihr euch eine Frage überlegt, die ich dann der Band stelle, die ich als nächstes vors Mikro bitte!

M: Hm….wahnsinnig schwierig!
J: (*nach langer Nachdenkzeit*)…Was war euer beschissenster Auftritt? Und warum?


Möchtest du, dass man dir diese Frage stellt?

J: Naja, probieren kann man es ja.

Dann probieren wir’s mal…

J: Ah, das war eine Fangfrage!
M: Eigentlich echt ziemlich gemein, insofern dass man normalerweise immer fragt, was war dein bester Gig, wo ist am meisten Stimmung aufgekommen…Und dann muss man abwägen, ob man sich traut zu sagen, wo eine scheiß Stimmung war oder ob man nicht doch noch mal in diese Stadt eingeladen werden will.
J: Aber das ist ja immer eine so subjektive Empfindung. Wenn du selbst denkst, dass ein Gig scheiße gelaufen ist, ist das Publikum meist ganz anderer Meinung. Und oft bringen erst ein paar technische Schwierigkeiten wirklich Schwung in einen Gig rein…










www.discoensemble.com

Autor: Kristina

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Beitrag vom 20.11.2008
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