Interview mit ISIS - es tut mal gut nicht in den USA zu sein
Vor ihrem Konzert sprach Earshot mit Mike Gallagher, dem Gitarristen von ISIS über Musik, Bücher und warum es gut tut mal woanders zu sein als in den USA. In diversen Reviews oder Artikeln über euch werdet ihr und eure Musik immer anderen Genres zugeteilt. So zum Beispiel dem Post-Hardcore, Post-Metal oder Rock, um ein paar zu nennen. Welches Genre trifft es denn am besten? Ich würde sagen wir machen lauten Rock mit leisen Parts (lacht), aber es ist immer schwierig genau zu definieren in welchem Genre man sich bewegt. Ich glaube, oder möchte glauben, dass wir nicht ganz genre-typisch sind. Ich, für meinen Teil glaube, dass wir immer wieder neues Terrain betreten – wir versuchen uns nicht zu wiederholen. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob das das Publikum auch so sieht, aber es ist definitiv unser Ziel.Sprechen wir vielleicht besser über eure Einflüsse. Was inspiriert euch? Das hängt immer vom Wochentag ab. Wenn man den Artikeln über euch glaubt, dann lasst ihr euch weniger von anderen Musikern als von Büchern beeinflussen. Stimmt das soweit? Es kommt darauf an. Wir lesen alle ziemlich viel - ich lese zum Beispiel gerade ein Cormac McCarthy Buch „Blood Meridian, Or The Evening Redness In The West“ und ich glaube ich habe bereits einige Ideen für mein nächstes Soloalbum, die auf eine Weise davon beeinflusst sind. Aber bei ISIS macht Aaron Turner die Einzelheiten, was Texte und die Idee hinter den Alben angeht. Meist sind sie durch Bücher beeinflusst, ganz sicher! Ein Buch kann ein gewisses Gefühl ausdrücken, und wir versuchen dies in unserer Musik einzufangen und zu vermitteln. Aber am meisten, denke ich, werden wir vom Alltag und von täglichen Erfahrungen inspiriert. Weil du gerade die Texte angesprochen hast: Wie wichtig sind sie euch als Band? Ich hatte den Eindruck, dass Lyrics für euch wichtiger geworden sind, auch weil Aaron melodischer singt als früher - allerdings sind die Texte der letzen Platte nicht auf eurer Homepage zu finden. Nein, wir sind einfach nicht so HTML mächtig, also das sagt nichts aus. Die Texte kommen auf die Seite. Aber für mich als Gitarrist steht ganz klar die Musik im Vordergrund. Also: Music first! und erst später der Gesang. Auch bei neuen Songs schreiben wir zuerst die Musik und Aaron arbeitet danach an den Texten. Normalerweise führen wir das Ganze erst zusammen, wenn die Platte zu ¾ fertig ist. Dann teilen wir Ideen und diskutieren darüber – denn es ist uns natürlich insofern wichtig, da der fertige Song uns als Band repräsentiert. Wie funktioniert das Songwriting bei euch? Also zuerst die Musik, dann kommen die Lyrics. Kommt einer von euch mit ein paar Riffs, oder jammt ihr drauf los und schaut was passiert? Ja. Beides (lacht). Bei den früheren Alben kam meistens einer von uns mit dem Grundaufbau eines Songs, also mit ein paar Minuten eines Songs oder mit ein paar Riffs – dann kamen wir alle ins Spiel, änderten es oder fanden irgendwelche anderen Teile dazu. Die neue Platte - wir sind halb fertig mit den Songs - ist da etwas anders. Wir sind alle mehr in den Songwriting-Prozess involviert als früher. Jeder von uns kommt mit Parts und wir arbeiten von Beginn an stärker zusammen als früher. Das ist auf jeden Fall eine interessante Art Songs zu schreiben. Natürlich gibt es auch hier ein paar Schwierigkeiten: denn wenn ich mit einem Teil komme, möchte ich den Song eigentlich auch fertig machen. Aber wir arbeiten dann alle dran und bringen es in eine Form, mit der jeder glücklich ist. Ich denke, dass das Songwriting bei euch schwieriger ist, als bei anderen Bands, da ihr ja nicht einen Refrain und eine Strophe habt, sondern sich alles über unterschiedlichste Themen und Melodien erst aufbaut. Ja, da gebe ich dir Recht. Mittlerweile wart ihr schon öfter in Europa auf Tour. Bei eurer Letzten waren auch einige Festival-Gigs dabei. Denkst du, seid ihr eine Festival-Band? Nein! Bei manchen Festivals wirkt das Publikum sehr interessiert und es scheint sich darauf einzulassen, bei anderen wieder überhaupt nicht. Ich glaube es war in Österreich am Nova Rock, dort spielten eher sehr direkte Metal-Bands. Ich mochte die meisten und es war für mich sehr nett ein paar anzuschauen, aber von uns war das Publikum wenig begeistert. Am nächsten Tag war dann ein Festival in Belgien, das war auch wieder nicht so richtig unsere Crowd, aber es war trotzdem ganz gut. Also es hängt vom Festival ab und vor allem von der Stimmung der Leute. Ich glaube wir fühlen uns im Großen und Ganzen in Clubs ein bisschen wohler. Es ist irgendwie intimer und das Publikum lässt sich dann mehr auf unsere Musik ein. Aber wir mögen beides, Festivals sind für uns immer etwas experimenteller. Man hört, ihr würdet gerne mal die Musik zu einem Film beisteuern. Ist das noch ein Ziel? Ja es wäre großartig, wenn unsere Musik in einem Film laufen würde. Lieber würden wir aber, glaube ich, Musik für einen Film schreiben. Leider sind die Tage etwas zu kurz um das zu verwirklichen. Wir sind zwar nicht immer, aber meistens ziemlich beschäftigt mit Touren und neue Sachen schreiben, oder auch mal eine Pause von der Band zu nehmen. Auch das kommt vor. Aber ja, ein paar Leute haben uns schon darauf angesprochen, aber es passte bisher noch nicht ganz. Die Projekte, die wir gerne machen würden, sind noch nicht sehr fortgeschritten. Ihr habt bis jetzt insgesamt drei Videoclips - warum nicht mehr? Auch wegen dem Mangel an Zeit? Nein, eigentlich weniger wegen der Zeit, … es ist wirklich teuer, das zu machen. Wir haben nicht oft das Geld, um es dafür zu verwenden. Wir mögen diese zusätzliche Komponente für unsere Musik, aber die meisten Leute scheinen das nicht so zu sehen. Ja, sie werden nicht oft auf Musiksendern gespielt. Also wir würden schon gerne mehr machen, aber das Geld ist immer ein Hindernis für solche Projekte. Gibt es in den USA so etwas wie kleine unabhängige TV oder Radio-Sender die euch unterstützen? Nein, nicht wirklich. Wir haben MTV und die spielen den ganzen Tag Reality-Shows, und vielleicht ab 2 in der Nacht spielen sie Musik. Aber es gibt nicht wirklich viele kleine Sender. Unser Tourmanager Joris erzählte uns, dass wir ab und zu im belgischen Fernsehen gespielt werden. Es wirkt so, als würde man in Europa Musikvideos mehr schätzen als in den USA. Wie sieht es mit Radio-Airplay aus? Es gibt ja wahnsinnig viele College-Radios, und kleinere Sender? Ja ich weiß nicht so. Ich höre eigentlich immer nur öffentlich-rechtliches Radio. Da sind dann nur gesprochene Sendungen – ist ab und zu ziemlich langweilig. Aber ja das stimmt schon, ich habe ein paar Mal College-Radio gehört, und da liefen Songs von uns, also ja das passiert schon. (lacht) Ich weiß nicht wie oft, aber manchmal spielen sie uns. Seit „Oceanic“ veröffentlicht ihr auf Ipecac. Würdest du sagen, dass euch der Deal bei Mike Patton`s Label viel gebracht hat? Ja, ich denke schon. Also es gab uns großartige Möglichkeiten: als wir bei Ipecac eingestiegen sind haben wir mit den MELVINS getourt, die kommen auch auf Ipecac raus, das war wirklich wahnsinnig spannend für uns alle. Die MELVINS sind eine der Bands mit der jeder aus unserer Band was anfangen kann. Das war wirklich eine tolle Chance, sie zu begleiten, außerdem hat uns Ipecac noch geholfen mit TOOL auf Tour zu gehen. Letztes Jahr tourten wir mit ihnen in den USA, ich glaube nicht, dass das ohne Ipecac möglich gewesen wäre. Vielleicht, aber ich glaube eher nicht. Die Leute kennen den TOOL-Manager ziemlich gut. Also ja – sie haben uns sehr geholfen. Es ist ein großartiges Label, mit Leuten die wirklich engagiert sind, und es ist ein fairer Deal. Abgesehen von den MELVINS, mögt ihr die Bands auf eurem Label? Ja, BOHREN und der CLUB OF GORE auf jeden Fall! Wir tourten mit ihnen ein bisschen, bevor sie auf Ipecac unterschrieben haben. Ich mag einige der Bands, als Musiker schätze ich alle von ihnen. Ich glaub sie sind alle sehr spannend, aber einige sind halt wirklich mein Geschmack: Ich mag TOMAHAWK sehr gerne, die sind wirklich eine hervorragende Band. Oder DÄLEK, die sind mit Abstand meine Lieblings Hip-Hop-Band. Wie schauen eure Zukunftspläne aus? Gibt es wieder eine Kooperation mit anderen Bands, so wie beispielsweise mit AEREOGRAMME? Ja vielleicht, also wir lieben es mit anderen Bands zusammenzuarbeiten. Das mit AEREOGRAMME war wirklich nett, sie wurden gebeten für diese „In The Fishtank“ Serie was zu machen, und da wir ziemlich gut befreundet sind fragten sie uns ob wir das nicht zusammen machen sollen. Es war großartig, eine gute Erfahrung. Es war ziemlich spontan und improvisiert, wir bereiteten dafür nicht viel vor – das war wirklich spannend. Für die Zukunft haben wir zwar noch keine Pläne, aber wir sind auf jeden Fall offen für neue Projekte. Und wann kommt das neue Album, das du vorher angesprochen hast? Ich glaube im Frühling, wir haben noch keine Studiotermine fixiert oder so, aber ich könnte mir vorstellen, dass wir im Herbst ins Studio gehen und dann könnten wir es im Frühling rausbringen. Wahrscheinlich. Steht dann wieder eine Europa-Tour am Plan? Ja ich denke schon. Die Tour jetzt läuft sehr gut, es macht wirklich Spaß hier zu sein. Es tut gut mal woanders zu sein als in den USA, wo die Einstellung etwas anders ist. Ich mag Amerika, ich wurde dort geboren und wuchs dort auf und - ja ich weiß - es ist fucked, wie auch immer. Manchmal, wenn du in die mittleren Staaten fährst, merkst du wie schräg die Leute teilweise drauf sind. Sie haben im Großen und Ganzen Einstellungen und Meinungen, mit denen ich absolut nicht übereinstimmen kann; hauptsächlich mit ihren politischen und weltanschaulichen Ansichten. Das scheint in Europa anders, die Leute wirken mehr daran interessiert, was so um sie herum passiert. Das finde ich gut. Das Publikum ist aber mit Ausnahme von Polen überall gleich. Die Leute in Polen zucken ziemlich aus, was eigentlich gut ist. Sie übertreiben es ein bisschen mit auf-die-Bühne-stürmen und so Dingen. Aber sonst ist es überall ähnlich, die Leute stehen da und genießen die Show, hoffe ich (lacht). Da bin ich sicher. Dann wünsche ich euch viel Spaß heute Abend und danke für das Interview.Danke! www.isistheband.com
Autor:
doubleRR Weitere Beiträge von doubleRR
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