Interview mit LOST DREAMS - Kleine Rückschläge halten uns nicht auf...


Trotz meiner leicht kritischen Worte im Review zu „End Of Time“ möchte ich euch gleich eingangs dennoch zur neuen Scheibe gratulieren. Wenngleich sie in mir nicht die Wirkung wie die beiden Vorgänger ausgelöst hat, stellt sie ein solides Stück melodischen Death Metals dar.
Nun lass uns aber bitte zum Interview übergehen, das ich gerne mit einem kleinen Rückblick starten würde.



Die Band hat unter dem Banner WARHEAD ihre Anfänge bereits im Jahr 1992 genommen, jedoch dauerte es satte sieben Jahre, bis das erste Lebenszeichen in Form von „Reflections Of Darkness“ auf die Menschheit losgelassen wurde. Wieso habt ihr den Boden damals so lange fruchtlos beackert?

Der eigentliche Hauptgrund war, das wir erstmal spielen lernen mussten. Wir sind nämlich einen eher ungewöhnlichen Weg der Bandgründung gegangen. Herbert und ich haben die Band gegründet ohne vorher jemals ein Instrument gespielt zu haben. Dann haben wir uns nach dem restlichen Line-up umgeschaut. Als wir die Leute beisammen hatten, haben ausgemacht wer was spielt, und haben uns daraufhin die Instrumente und Amps gekauft und einen Proberaum gesucht.

Alleine das Wort Line-up-Wechsel dürfte dir so manchen Schauer über den Rücken jagen, da sich bei LOST DREAMS das Besetzungskarussell ja permanent zu drehen scheint. Du scheinst die einzige Konstante in diesem Zusammenhang zu sein… bist du der Diktator, der mit eiserner Faust das Regiment führt, oder wie kannst du dir die hohe Fluktuationsrate sonst erklären?

Inzwischen weiß ich, dass Line-up-wechsel eine ganz natürliche Sache für eine Band sind. Über die Jahre kommt es halt vor, dass einer nicht mehr mag oder was anderes machen will, nicht wirklich zur Band passt oder sich weg entwickelt... Das wirklich negative daran ist, dass man eine Zeit lang auf der Stelle tritt, bis man Ersatz gefunden hat und der eingelernt ist. Herbert und ich haben die Band damals gegründet, und wir sind beide noch dabei. Ich sehe mich mehr als Steuermann der versucht alles in eine einheitliche Richtung zu lenken.

Doch auch sonst scheint das Glück ja nicht gerade an euch zu haften. Wenn dir nur das Jahr 2005 kurz in Erinnerung rufen darf mit dem Gig in Stuttgart, bei dem drei zahlende Besucher anwesend waren, das Catering aus kalten Spaghetti ohne Besteck bestanden hat, die danach folgende Drogenkontrolle durch eine Zivilstreife und die Heimfahrt mit 25 cm Schnee auf der Autobahn… gab es da Momente, in denen ihr ans Aufhören gedacht habt und wenn ja, wie konntet ihr euch wieder motivieren weiterzumachen?

Tja, der eine oder andere dachte schon öfters ans aufhören, manch einer tat dies auch.
Doch der Kern der Band konnte sich immer wieder aufraffen, um weiterzumachen. Dazu machen wir einfach zu gerne Musik. Und inzwischen können wir auch schon wieder lachen über das Konzert in Stuttgart. Aus solchen Sachen lernt man halt und versucht sie in Zukunft zu vermeiden.


Allen Rückschlägen zum Trotz konntet ihr 2007 jedoch einen Deal mit Reartone Music einfahren. Wie kam es dazu und wie seid ihr mit der bisherigen Zusammenarbeit zufrieden? Für wie viele Alben habt ihr erstmal unterschrieben?

Reartone ist ein relativ junges und auch noch unbekanntes Label, aber sie haben uns Vertrauen entgegengebracht. Ihre Ideen haben uns gefallen und das hat sich irgendwie richtig angeboten mit denen zusammenzuarbeiten. Hilfreich dabei war sicher auch, dass sie über Twilight einen weltweiten Vertrieb haben. Zudem ist es sowieso schwierig bei einem größeren Label unterzukommen, weil man, gerade wenn man auch noch Arbeiten geht, wirklich Probleme hat die Anforderungen der großen Firmen auch umsetzen zu können.
Der abgeschlossene Vertrag betrifft hauptsächlich die aktuelle CD, wir stehen also nicht unter zeitlichem Druck, die nächste CD zu veröffentlichen. Aber wir haben schon wieder einiges an Ideen für neue Songs.


Gab es von Seiten von Reartone irgendwelche Bedingungen, bei denen ihr anfangs bedenken hattet sie einzugehen?

Eigentlich nicht. Wir sind zufrieden bis jetzt.

Die Aufnahmen zu „End Of Time“ waren schon Anfang des vorigen Jahres abgeschlossen, dennoch erblickte das Teil erst Ende Februar dieses Jahres das Licht der Welt. Wolltet ihr das Teil definitiv über ein Label auf den Markt bringen und seid so lange auf der Suche nach dem passenden Partner gewesen, oder welche Umstände waren sonst für diese Verzögerung verantwortlich?

Ja wir haben es schon darauf angelegt das Album über ein Label zu veröffentlichen. Aber es dauert halt auch seine Zeit. Momentan ist es schwieriger denn je für Bands einen Deal zu ergattern. Es ist natürlich eine Geduldsprobe, wenn du fast ein Jahr warten musst bis die CD dann raus kommt, weil Du willst ja die fertige CD unter die Leute bringen – aber in so einem Fall hilft nur abwarten und Geduld.

Wie seid ihr bei „End Of Time“ ans Songwriting herangegangen? Gab es irgendwelche kreativen Ladehemmungen, denn seit dem letzten Release sind immerhin drei Jahre vergangen und ich habe irgendwie auch so das Gefühl, dass ihr dieses Mal alles richtig machen wolltet und alles ins kleinste Detail geplant habt. Die Unbekümmertheit und Spontanität, die „Where Gods Creation Ends“ und „Tormented Souls“ für mich ausgezeichnet haben, fehlt mir nämlich ein wenig. Kannst du das so unterschreiben, oder bin komplett am falschen Dampfer?

Da kann ich dir nicht ganz zustimmen, die Ideen für unsere Songs waren und sind immer noch großteils beim Jammen entstanden. Somit sind die Grundstrukturen, Riffs u.s.w. sicher spontan erfunden. Bei der Songstruktur, Übergängen, Breaks usw. hatten wir mehr Zeit investiert, damit unsere Songs nicht etwa eintönig werden oder alle gleich klingen.

Für den Mix der Scheibe habt ihr mit Fredrik Nordström gleich den Schmied und nicht den Schmiedl beauftragt. Welche Eindrücke konntet ihr von der Reise nach Göteborg mitnehmen und wie hat sich die Zusammenarbeit mit Frederik gestaltet?

Eigentlich war es wie 2 Wochen Urlaub. Die Leute in Schweden sind extrem freundlich und offen. Die Erwatungen an Fredrik Nordström und sein Studio wurden bei Weitem übertroffen. Es war für uns eine wertvolle Erfahrung, mit derart kompetenten und aufgeschlossenen Leute zusammen zuarbeiten. Außerdem war es ganz lustig als auf einmal Arch Enemy hinter uns im Studio standen :)

Stichwort Göteborg: Ein gewisser musikalischer Bezug in die Ecke kann ja nicht von der Hand gewiesen werden. Sind die Pfade hier nicht schon zu tief ausgetreten, um sie in Zukunft erfolgreich betreten zu können? Wäre ein kleiner Kurswechsel somit nicht ratsamer, oder schert ihr euch ohnehin nicht um solche Gedankenexperimente?

Es stimmt, dass schon sehr viele Bands dem schwedischen Death Metal zuzuordnen sind, auch wir haben uns davon beeinflussen lassen. Uns geht es aber nicht so sehr darum, die Musik zu machen, die momentan angesagt ist. Eher setzen wir das, was uns momentan gefällt in unsere Songs ein, und das ist klarerweise vom Musikgeschmack beeinflusst. Zudem hört jeder in der Band gerne schwedischen Death Metal, da sollte keiner über diese Zusammenhänge verwundert sein.

Wenn man eure Songtitel so ansieht, kann man leicht der Vermutung erliegen, dass ihr mit der christlichen Glaubenslehre nicht viel am Hut habt. Gibt es einen speziellen Beweggrund, warum ihr derart hart mit der Kirche zu Gericht geht, da es für eine Band aus dem Melodic Death-Genre ja eher ungewöhnlich ist solche Themen aufzugreifen?

Also für die Texte ist unser Sänger Wibs zuständig, der überwiegend blasphemische und provozierende Lyrics schreibt. Aber bei „I Curse You“ zum Beispiel handelt es sich wiederum um einen Text über einen Menschen der ihm übel mitgespielt hat. Die Texte für die Lieder kommen also aus dem Alltag und der Fantasie. Wir finden diesen krassen Gegensatz sogar gut – es gibt dem Album ein eigenständiges Gesicht.

Welchen Konfessionen/Religionen seht ihr euch zugehörig und welchen Stellenwert haben diese heute überhaupt noch?

Wir sind Religionslos.

Leider liegen mir keine Texte zu den Stücken vor, doch ich glaube ich kann mir dennoch halbwegs gut ausmalen, wovon der Song „Children Rapers (Fucking Priests)“ handelt. Wolltet ihr hier gezielt provozieren, oder hattet ihr beim Texten keine tiefgründigen Hintergedanken?

Wir wollten mit dem Songtitel schon ein bisschen provozieren. Manch guter Christ wird von dem Titel sicher ein bisschen vor dem Kopf gestoßen sein. Aber manchmal ist es auch nicht schlecht manche Sachen sehr direkt auszusprechen.

Das Coverartwork spiegelt den Albumtitel perfekt wider. Wobei ich mir nur Gedanke um die Schläuche mache, die den Körper umschlingen. Dienten die dazu dem Mann auf unnatürliche Weise ein längeres Leben zu bescheren, mit der Absicht aufzuzeigen, dass wir Menschen immer öfter versuchen Gott zu spielen und unser Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen?

Die Auswahl des Artworks begann eigentlich anders. Wir hatten den Künstler Michael Merchant schon beim Coverartwork für „Tormented Souls“ beansprucht, da lag es nahe für das nächste Album wieder seine Werke zu durchstöbern. Zufällig traf dieses Motiv den Albumtitel ziemlich genau, wie du es schon bemerkt hast. Die Schläuche haben keinen besonderen Sinn, aber uns gefällt, dass sich manche Leute damit auseinandersetzen und sich Gedanken darüber machen :)

Um auch ein wenig euren Bandnamen zu strapazieren, würde mich interessieren, welche Träume ihr seit dem Beginn eurer Karriere schon verwerfen bzw. auf Eis legen musstet, einfach weil ihr vielleicht z.B. aus der Metalmetropole Österreich kommt oder aus Gründen wie diesem?

Metalmetropole Österreich ist gut! *g*
Wahrscheinlich wäre es manchmal wirklich besser, als Absender eine Adresse in Deutschland anzugeben als von hier. Ich weiß nicht woran das liegt, da wurde auch schon viel diskutiert über dieses Thema aber so wirklich einen plausiblen Grund hat mir noch keiner nennen können! Es ist ja schon schwierig genug, sich alleine schon in Österreich zu etablieren…
Träume die wir auf Eis gelegt haben... wir haben z.B. die Band-Ferraris und den Jet abbestellen müssen, die wir bei der Bandgründung bestellt haben.
Unser Band Name setzt sich aus zwei der Fave Bands unserer Grünndungszeit zusammen, Paradise Lost und Dream Theater…


Wie schaut das perfekte Tourpaket für euch aus und in welche Gegenden würde es euch damit verschlagen?

Da gäbe es sicher viele tolle Bands mit denen man auf Tour sein könnte, aber In Flames, Arch Enemy + Lost Dreams würde schon cool klingen. Und dann gleich durch Europa, Asien, Nord + Südamerika.

Eure Wünsche und Ziele für 2008 außer einem stabilen Bandgefüge?

Wir haben uns realistische Ziele gesetzt. So wollen wir in Mitteleuropa an Bekanntheit dazu gewinnen, einige Livegigs absolvieren und eventuell im Herbst auch eine Tour mitmachen. Das Label hat in etwa dieselben Vorstellungen davon und erwartet sich natürlich einiges an CD Verkäufen.

Wenn die liebe Metalfee kommen würde und euch drei Wünsche im Bezug auf das Musikbusiness erfüllen könnte, mit welchen Änderungen müssten wir in Zukunft leben?

1. Dass nicht alles was im Musikbusiness passiert nur hauptsächlich vom Geld bestimmt wird.
2. Dass mehr Besucher zu den Metalkonzerten kommen.
3. Freibier für alle Musiker :) (He, warum nur für Musiker - Anm. d. Verf.)


Nenne mir doch zum Abschluss drei gute Gründe, warum man sich „End Of Time“ unbedingt anschaffen sollte.

Hammer Songs
Fette Produktion
Geiles Cover

Ist natürlich alles Geschmackssache :). Aber wir sind sehr zufrieden mit unserem neuen Album.


Die letzten Worte an eure Fans gehören natürlich dir.

Horcht euch unsere CD mal an, und vielleicht sieht man sich ja auf einem unserer Gigs.

www.lost-dreams.com

Autor: Juergen

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Beitrag vom 27.03.2008
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