Interview mit KRISIUN - Keep your faith with Leatherface


KRISIUN - das infernalische Trio aus Brasilien - veröffentlichte kürzlich via Century Media ihr neues Album "AssassiNation", ein Machtwerk vor dem Herren höchstpersönlich. Anlass genug, Europa zu touren - und auch vor dem Escape wurde kein Halt gemacht. Meine Wenigkeit samt Kollege Marian ließ sich die Chance natürlich nicht entgehen, Zeugler Max etwas auf den Zahn zu fühlen...

Beginnen wir doch gleich mit eurem neuen Album “Assassination”, welches vor einigen Tagen veröffentlicht wurde… Szeneikone Erik Rutan produzierte „Conquerors of Armageddon“, ihr selbst „Ageless Venomous“ und Pierre Remillard „Works of Carnage“. Inwieweit waren die Ansätze, die Herangehensweise unterschiedlich, im besonderen im Hinblick darauf, dass „Assassination“ irgendwo zwischen old-school und den druckvollen Produktionen eurer letzten Veröffentlichungen anzusiedeln ist…

Primär ist es so, dass wir als Band der Meinung sind, dass Andy ein großartiger Produzent ist, vor allem, weil wir die selben Vorstellungen in Hinsicht Produktion hatten; Wir brauchten dieses Mal einen fetten, aber natürlichen Sound. Andy war auch dieser Ansicht und ist zudem seit „Conquerors of Armageddon“ ebenso wie wir als Band gewachsen, sein Studio ist um einiges besser, mit besserem Equipment. Es war einfach an der Zeit, sich wieder zusammen zu tun und Großartiges zu vollbringen.


Wenn ich Reviews verfasse versuche ich, die Musik mit Bildern zu verdeutlichen – “Black Force Domain” könnte beispielsweise mit rostigen Äxten verglichen werden, während “Ageless Venomous” mit seinem wuchtigen Drumsound eher als Panzer durchgehen würde. „Assassination“ liegt irgendwo dazwischen – vielleicht Leatherfaces blutverschmierte Kettensäge, welche sich mit starkem Motor durch Knochen frisst… Und genau das liebe ich an Classens Produktion – klar und nicht verwaschen klingt das Endprodukt dennoch heavy und aggressiv-wuchtig, man kann jedes Instrument deutlich hören. Das macht es vielleicht auch für neue Fans einfacher, den Zugang zu eurer Musik zu finden…

Ich denke da ähnlich wie du – dieses Mal haben wir versucht, eine Balance zwischen Wucht und klarer Produktion zu finden. Trotz aller Brutalität ist es für uns wichtig, dass unsere Alben klar produziert sind, weil manchmal spielen wir doch etwas schneller...


Diese Aussage hat soeben eine Auszeichnung für die Untertreibung des Jahrhunderts gewonnen…

*lacht* Jedenfalls häufen sich die Tonfolgen doch öfters an, unsere Stücke sind nun mal komplex – und ohne einer klaren Produktion klingt das dann schwach, ein schwieriger Seiltanzakt sozusagen! „Assassination“ ist hierbei – denke ich – wirklich hervorragend gelungen, die Scheibe klingt sowohl natürlich als auch klar und schwer, hier ist alles natürlich, wir haben nur Verstärker und Mikrophone verwendet – und einen natürlichen Drumsound. Ohne irgendwelche großartigen Spielereien oder Extras – einfach natürlich bleiben, das ist die Balance zwischen Klarheit und Durchschlagskraft...


Da wir gerade beim Thema Schlagzeug sind – dein Drumming hat immer eine zentrale Rolle bei KRISIUN gespielt, einige haben sich jedoch ab und an über zu weit im Vordergrund stehende Schlagzeugparts entrüstet, gerade auf “Ageless Venomous” waren jene doch sehr präsent…

Wie bereits zuvor angesprochen haben wir uns als Band weiter entwickelt, wir sind heute viel reifer und sehen heute jedes Instrument – nicht nur Gitarren, Bass und Schlagzeug, sondern auch die Stimme – als gleichwertig an, daher könnte ich nicht sagen, dass ein Instrument – das Schlagzeug, wenn du willst – in den Vordergrund gestellt wird, zumindest nicht mehr... KRISIUN sind nur als Gesamtkomplex 100 Prozent, jeder gibt auch alles, da wir nicht nur als Produkt besser geworden sind, sondern auch jeder von uns sich selbständig weiter entwickelt hat. Durch das ständige Schreiben neuer Stücke haben wir gelernt, dass nicht alles nur schnell sein muss, auch Midtempo und groovige Passagen können songdienlich sein, und manchmal ist es gescheiter, einem Instrument etwas mehr Platz einzuräumen, beispielsweise der Stimme, oder zu einem anderen Zeitpunkt steht das Schlagzeug etwas mehr im Hintergrund während die Gitarre wirklich verrückte Dinge aufführt. Auch hier haben wir eine Balance geschaffen, wir sehen uns als Einheit, anstatt dass wir jedes Instrument separiert betrachten.


Ihr habt Coverversionen von SODOM und KREATOR für “Black Force Domain” aufgenommen, MORBID ANGEL und SLAYER wurde im Zuge von “Apocalyptic Revelation” der Tribut gezollt. Für „Works of Carnage“ wurde „In League with Satan“ von VENOM aufgenommen, während auf „Assassination“ MOTÖRHEAD mit „Sweet Revenge“ von „Bomber“ vertreten sind. Wieso habt ihr dieses mal die Mannen um Lemmy ausgewählt und was bedeutet es für euch, jene Songs aufzunehmen und zu veröffentlichen?

Alle jene klassischen Bands haben uns beeinflusst – SLAYER, MORBID ANGEL, VENOM und MOTÖRHEAD... Jedes Mal, wenn wir die Chance haben, einen Song zu covern, der uns beeinflusst hat, gibt es kein wenn und aber, er wird gespielt. Jene Bands waren sehr wichtig für uns, nicht nur, um unseren Stil zu entwickeln, auch, um Zugang zur Musik zu finden. Es ist nicht schwer, umgehend duzende von Songs zu nennen, die uns zu dem gemacht haben, was wir nun sind – vielleicht covern wir demnächst etwas von SEPULTURA, da auch sie sehr wichtig für uns waren – zumindest zu ihren Anfängen. Es gibt noch so viele Bands, denen ich gerne Tribut zollen würde...


Also macht ihr es, um Tribut zu zollen...

Yeah, aber auch zum Spaß – es ist nicht nur eine Hommage, quasi auch, um jüngeren Fans die alten, wegweisenden Bands zu zeigen. Auch wenn dann Typen wie jene von MOTÖRHEAD oder VENOM niemals etwas von KRISIUN gehört haben – das ist dann egal...


Ihr habt bereits einen Clip für “Murder” von “Works of Carnage” gedreht, zu “Assassination” gibt es einen zu “Vicious Wrath”. Habt ihr die Möglichkeiten, dass jene Songs auch im Fernsehen gezeigt werden oder ist es primär eine „just for fun“-Aktion, quasi ein Gimmick für die Fans?

Das brasilianische MTV hat einmal je Woche eine Metalshow, und sie spielen unseren Clip neben anderem Metalzeug, wie zum Beispiel MORBID ANGEL, SLAYER, MOTÖRHEAD und was auch immer – es sind zwar nur zwei Stunden wöchentlich, aber sie spielen und supporten uns immerhin... Amerika hat zudem auch MTV 2, auf dem auch Metal läuft. Wir finden das ziemlich cool, weil wir so die Chance haben, auch jüngeren Kindern, die eher auf Nu Metal oder Rock stehen KRISIUN schmackhaft zu machen, vielleicht stehen sie ja drauf, auch wenn’s härter ist...


Sicher eine Frage, die ihr öfters gestellt bekommt – KRISIUN besteht aus drei Brüdern, jedoch habt ihr als Quartett begonnen. Macht es die Sache nun einfacher oder schwerer, wenn die Mitglieder auch blutsverwandt sind?

Ich denke, das macht die Sache nur einfacher, wenn man mit seinen Brüdern zusammenarbeitet hilft das dem Bandklima ungemein, da selbst wenn wir streiten oder uns beschimpfen niemals vergessen, dass wir blutsverwandt sind und es somit nicht so ernst nehmen – heute soll er sich verpissen, morgen ist die Sache bereits wieder vergessen. Wenn du so mit jemandem umspringst, der nicht mit dir verwandt ist, dann nimmt er das vielleicht doch etwas ernster, persönlicher – und selbst, wenn du ihm nur sagst, dass er einen Scheiß zusammenspielt – und steigt aus. Brüdern – so denke ich – kannst du alles ins Gesicht sagen, unverblümt. Über die Jahre haben wir gelernt, wie man miteinander umgeht – immerhin sind wir ja zusammen aufgewachsen – wie man sich gegenseitig Respekt zeigt, wie man sich selbst unter Kontrolle behält, schlichtweg: seinen Mann stellt. Man muss sein Ego unter Kontrolle haben, denn sonst läuft die ganze Sache irgendwann einmal in die falsche Richtung. Daher ist es in jeder Band – egal, ob sie aus Brüdern besteht oder nicht – wichtig, dass du dich selbst stets unter Kontrolle hast und ... einfach den Fluss der Dinge akzeptierst, eine gute Zeit hast.


Macht ihr einen Unterschied zwischen privatem Leben und Business?

Nein, nicht wirklich – selbst, wenn wir über ernste Angelegenheiten, übers Geschäft reden, behalten wir immer im Hinterkopf, dass wir Brüder sind, dass wir aneinander geschweißt sind. Wir werden für immer Brüder sein…


In anderen Bands, in denen Geschwister oder Verwandte tätig sind, sind fallweise auch andere Familienmitglieder involviert, wie es zum Beispiel bei SEPULTURA war oder bei AC/DC nach wie vor ist... Kann man dies auch bei KRISIUN beobachten?

Nein, würde ich nicht sagen. Einzig, wir haben einen älteren Bruder, der so um die Vierzig ist – zweiundvierzig um genau zu sein, denke ich – und er hat uns die Musik damals schmackhaft gemacht, hat uns Bands wie DEEP PURPLE, AC/DC und so vorgespielt. Man kann somit durchaus sagen, dass er eine wichtige Rolle in unserer Musikkarriere gespielt hat, immerhin war er derjenige, der uns – als Kindern, die nur Scheißmusik gehört haben – auf die Musik gebracht hat... Unsere Eltern haben uns nicht wirklich in der Hinsicht unterstützt, sie wollten, dass wir einen regulären Job annehmen. Besonders meine Mutter – und ich kanns ihr nicht verübeln, weil sie natürlich Angst um unsere Zukunft gehabt hat, weil: Was passiert, wenn du die Schule aufgibst, keinen Job hast und nur die Band – die dann irgendwann vielleicht nicht mehr funktioniert? Auch wir haben natürlich unsere Rechnungen zu bezahlen... Heute jedoch denke ich versteht sie, wie wichtig uns die Musik ist, dass sie bei uns im Blut ist und dass wir nicht damit aufhören können. Ich denke auch, mittlerweile ist sie doch etwas stolz auf uns...


Wie du bemerkt hast, seid ihr mit Rock Bands wie DEEP PURPLE, AC/DC oder auch LED ZEPPELIN aufgewachsen. Was mich fasziniert ist die Tatsache, dass sich seit damals die Musik so rasend schnell verändert hat, die Extreme gestiegen sind: Schneller, lauter, technischer ist heute oft die Devise…

Yeah, aber LED ZEPPELIN sind immer noch die wahren Könige... Wenn wir einen neuen Song schreiben, versuchen wir ab und an, ihn einfacher zu halten, mit mehr Groove, weniger Technik – Technik ist natürlich cool und wichtig, aber doch nur ein Werkzeug, das Death Metal zu einer schnellen, technischen und brutalen Musikrichtung macht…Jedoch musst du auch darauf achten, dass deine Fans nicht überfordert werden, wenn sie zu deiner Musik die Birne schütteln – sie müssen deine Songs wieder erkennen, es ist eine Balance zwischen technischer Anforderung und Wiedererkennungswert. Einige Bands machen den Fehler, dass sie zu schnell und zu technisch spielen – und keiner erinnert sich nachher an irgend einen Scheiß... Klar, man merkt, sie sind gute Musiker – aber oft ist es zu viel des Guten... Manchmal musst du geradliniger denken, und hierbei waren DEEP PURPLE und LED ZEPPELIN die wahren Könige. Klar, wir spielen manchmal bei weitem schneller als sie, aber sie hatten das gewisse etwas, und das macht sie zu den Vorreitern, zu den unbestrittenen Königen und dadurch haben sie meinen tiefsten Respekt verdient.


Ihr wohnt nach wie vor in Brasilien – würdet ihr eure Heimat verlassen, wenn es zweckdienlich wäre?

Yeah, natürlich. Zwar werde ich immer ein Brasilianer bleiben – komme, was wolle, immerhin bin ich hier geboren worden und habe meine besten Freunde hier. Wir können uns aber glücklich schätzen, zu touren und verschiedene Länder kennen zu lernen, immerhin gibt es überall nette Leute. Mittlerweile habe ich weltweit einen Freundeskreis, sowohl in den Staaten als auch in Japan beispielsweise – du kannst den Charakter der Leute nicht an ihrer Herkunft festmachen, es gibt überall nette, coole Menschen genau so wie Idioten. Um auf deine Frage zurückzukommen: Sollte es einmal notwendig sein, dass wir irgendwo anders unsere Zelte aufschlagen, sei es in den Staaten oder hier in Europa, klar – warum nicht? Wenn es gut für die Band ist, bin ich einverstanden!


Da wir gerade beim Thema Brasilien sind – jeder von uns kennt die Geschichte von SEPULTURA und natürlich auch SACROFAGO als die Vorreiter der Szene… Inzwischen kann man euch als Begründer der New Wave of Brazilian Death Metal bezeichnen – und womöglich auch wieder als ihr einziger Vertreter, nachdem Bands wie ABHORRENCE, REBAELLIUN, MENTAL HORROR, NEPHASTH und andere wieder von der Bildfläche verschwunden sind. So schnell sie da waren, so schnell waren sie auch wieder weg…

Das ist eine gute Frage, da ich vieles hier selber nicht ganz verstehe... REBAELLIUN zum Beispiel sind stetig gewachsen und haben auf einmal aufgegeben, da sie bandinterne Probleme hatten. Wie ich vorher gesagt habe: Respekt ist die Basis einer jeden Bandeinheit. NEPHASTH waren auch hervorragend und sind ebenso auseinander gegangen – was ich noch weniger verstehe; Ich kannte die Jungs noch bevor sie sich zusammenschlossen, sie waren wirklich lässige Typen, sehr talentiert, was man gemerkt hat, wenn sie mit uns im Proberaum gejammt haben... Und stets haben sie uns eingetrichtet: „Hört ja nicht auf, ihr habt was Großartiges am Laufen, bleibt am Ball!“ – und dann hatten sie selber etwas Großartiges am Laufen und sie haben es ziehen lassen... Sie waren müde, wollten nicht mehr touren – vielleicht, weil sie nach einiger Zeit realisiert haben, dass der Pfad des Death Metals oft schwerer zu beschreiten ist, als man vorher denkt, stets musst du dich gegen das Business, den Kommerz durchsetzen, und manchmal scheißt dir sogar deine eigene Szene auf den Kopf, du spielst vor niemandem – aber du musst stark sein, wie schon BON JOVI mit „Keep the Faith“ zu berichten wusste *lacht*. Einfach am Ball bleiben, wenn du hinter der Sache stehst, für die du kämpfst, dann wirst du auch alles überwinden, du musst einfach stark genug sein.
Aber dennoch: Auch heute gibt es zahlreiche gute Bands hier, SUBTERA zum Beispiel, welche hoffentlich auch hier bekannter werden... Oder auch TORTURE SQUAD, welche kürzlich in Deutschland einige Shows abgeliefert haben. Zwar sind sie kein brutaler Death Metal, aber so bringen sie Abwechslung in die Szene, und das ist hervorragend, denke ich – weil vielleicht war das auch das Problem mit jenen Bands, die du genannt hast, sie klangen alle zu sehr nach KRISIUN, es gab keine Unterscheidungsmöglichkeiten. Obwohl: ABHORRENCE sind immer noch mit von der Partie und werden demnächst ein neues Album veröffentlichen...



Mit einer Pause von vier oder fünf Jahren, großartig!

Ja, aber die Musik ist immer noch spitze – besser, als je zuvor!


Somit ist die brasilianische Szene – trotz des Eindrucks hierzulande – durchaus alles andere als tot…?

Nein, ganz und gar nicht! Wie du dir vielleicht denken kannst, ist es für die brasilianischen Bands jedoch schwer, einen Deal zu bekommen und hier in Europa bekannt zu werden – ähnlich mit den Bands, die ihr hier habt, vermute ich? Ich denke, ihr habt auch hier einige großartige Bands, aber in Brasilien kennt hiervon keine Sau welche... In Brasilien ist die lokale Szene jedoch sehr gut, wir haben die Möglichkeit, Konzerte zu veranstalten und zahlreiche Metalmaniacs, die auch die Konzerte besuchen kommen. Natürlich ist es von jedem das Ziel, auch außerhalb Brasiliens bekannt zu werden, klar!


Neben eurer aktuellen CD habt ihr auch eine DVD veröffentlicht, welche den Namen “Live Armageddon” trägt und verschiedene Konzertmitschnitte beinhaltet. Erzähl uns doch etwas über die DVD...

Die DVD ist einfach gehalten, eine Show wurde in Polen aufgenommen und hat die beste Qualität sowohl in Punkto Sound als auch Shooting ist sie wirklich hervorragend! Zahlreiche Kameras wurden hierfür eingesetzt, du siehst die Bühne von verschiedenen Positionen aus, man sieht sowohl mich hinter dem Schlagzeug als auch Alex und Moyses an der Front... Die zweite Show wurde in Sao Paolo aufgenommen – auch sie hat ein sehr gutes Shooting, der Sound ist jedoch etwas schwächer, ok – aber eben nicht hervorragend, du kannst dennoch die Songs deutlich voneinander unterscheiden *lacht* Außerdem haben wir noch einige Aufnahmen von uns, als wir „Works of Carnage“ aufgenommen haben draufgepackt, als auch ein paar Szenen, in denen wir einfach nur Blödsinn treiben und außerdem einige Ausschnitte von uns, als wir in Wacken spielten, 2001 oder 2000... Ein Freund von uns war auf der Bühne und hat gefilmt – es hat uns gefallen, daher haben wir es auch verwendet!


KRISIUN live – eine intensive Wucht, obwohl ihr auch hier nur als Trio zugange seid. Selbst das Fehlen einer zweiten Gitarre fällt insbesondere beim Solieren nicht auf, als auch eure Performance noch nie zu wünschen übrig ließ. Prezise und rasend schnell, das ist auch auf der Bühne euer Motto...

Danke! Wir spielen das Zeug nun schon so lange und entwickeln uns ständig weiter, nicht nur als Songwriter, sondern auch als Performer. Mit jeder Tour werden wir besser und besser – wir haben zwar nur eine Gitarre, aber Alex ist vergleichsweise zu früher um Längen besser am Instrument geworden, kann also das Fehlen einer zweiten Gitarre absorbieren. Außerdem spielt der Bass nicht stets die selben Tonfolgen wie die Gitarre, somit gleichen sie sich sehr gut aus – meist liefert der Bass eine gute Basis für die Gitarrenarbeit und verhindert so mit einerseits, dass etwas fehlt, als auch, dass das Ganze zu verwaschen klingt... Wie so oft geht es auch hier um Balance, und natürlich musst du verdammt gut und vor allem genau spielen, immer bei der Sache sein und hundert Prozent geben!


Wie läuft es mit der aktuellen Tour? Immerhin hattet ihr neben Problemen mit dem Billing – zuerst sind SEVERE TORTURE abgesprungen, dann auch HATE – auch kürzlich ein Problem mit eurem Tourmanager Joey, welcher die Tour verließ…

Yeah, Joey hat die Tour verlassen – soweit ich weiß, hatte er irgendwelche persönlichen Probleme. Abgesehen davon läuft die Tour wirklich gut und wir haben jede Menge Spaß. Ich weiß nicht, was mit den anderen Bands genau passiert ist, da es Sache der Touragency ist, derartiges zu klären und zu regeln und ja, es tut mir leid, aber immerhin ist es unsere Tour und wir sind dabei. Es ist heute nicht einfach, eine derartige Solotour auf die Beine zu stellen, weil so viele andere Touren parallel laufen, die meisten mit mindestens vier starken Bands zusammen und hier sind nur wir das Zugpferd, das kann oft zu einem Problem werden. Auf der einen Seite ist es natürlich cool, denn du weißt, dass die Leute hier für dich gekommen sind, aber auf der anderen Seite spielst du oft im Arsch der Welt für niemanden. Jedoch jeder einzige, der gekommen ist zeigt für uns seinen Die-Hard-Support, dass er ein wirklicher Fan von Krisiun ist – und das finde ich großartig, und eine wichtige Erfahrung ist es allemal.


Auf allen euren Covers oder irgendwo im Booklet ist mit dem Pentagramm ein Symbol abgedruckt, welches primär Assoziationen an Satanismus hervorruft, jedoch für euch steckt da mehr als ein “Anbeten des Gehörnten” dahinter...

Nun, das Pentagramm ist für mich – für uns – ein Symbol für „mach deine eigene Religion“, es ist wichtig, nicht dem System zu folgen, dagegen zu rebellieren, gegen die Kirche. Die Kirche bestimmt die ganze Welt und so viel Scheiße passiert in ihrem Namen – wir selber kümmern uns einen Scheiß um Religion oder Politik, wir glauben an uns selber, an unsere Kraft, an die Kraft der Natur. Einige Menschen schauen niemals mit offenen Augen in die Welt, und die sollten möglichst schnell begreifen, dass sehr viel mehr als nur ihr beschissenes, kleines, lächerliches, vorgekautes Leben existiert. Es gibt viel mehr als Beruf, Kirchengang und das abendliche Beten zu Gott – das ist alles nur Scheiße. Das Pentagramm gibt uns die Stärke, an uns selbst zu glauben.


Ist Brasilien nach wie vor so religiös, wie es SEPULTURA mir vor einigen Jahren beschrieben haben? Habt ihr in Zusammenhang mit eurer anti-religiösen Einstellung Probleme mit der Zensur oder religiösen Fanatikern?

Da wir in einer Großstadt leben – Sao Paolo –, kümmert sich eigentlich keiner um uns, unsere Einstellung, da hier so viele verschiedene Kulturen aufeinander treffen, so viele Freaks herumrennen... Wir können ohne Probleme das Pentagramm oder das verkehrte Kreuz tragen, keine große Sache. Natürlich gibt es auch hier einige dumme Gläubige, aber jene haben bisher noch nie versucht, uns Probleme zu bereiten oder gar ein Konzert frühzeitig zu beenden. In Sao Paolo fühlen wir uns trotz allem frei, wir hatten bisher nie Probleme – in den Staaten beispielsweise kann es jedoch manchmal schon heftiger zugehen, die scheinen dort etwas konservativer mit Religion und so umzugehen...


Wenn ich mir eure CDs in chronologischer Reihenfolge anhöre, so kann ich nicht nur eine Entwicklung in Punkto eurer technischen Fähigkeiten vernehmen, sondern auch einen leichten Stilwechsel so rund um “Ageless Venomous” herum, gerade jene Zeit also, in der zahlreiche andere Bands aufkamen, die euren Stil quasi kopierten... Nun sind jene Bands wieder von der Erdoberfläche verschwunden und Krisiun kehren mit “Assassination” wieder zumindest teilweise zum Stil der Anfangstage zurück... Zufall oder Plan?

Hauptsächlich war es – denke ich – eine natürliche Entwicklung, etwas, das einfach passiert, wenn du Musik schreibst. Wenn wir anfangen zu jammen und Songs für ein neues Album zu schreiben, dann erkennst du im Laufe des Prozesses, welcher Stil gerade am besten für dich wirkt – aber natürlich war es auch so, dass nach „Apocalyptic Revelation“ und „Conquerors of Armageddon“ diese große Welle an ähnlichen Bands aufgekommen ist und wir irgendwie etwas an uns ändern wollten, damit wir weiterhin herausstechen aus der Masse... Wir waren zwar die Urväter der New Wave of Brazilian Death Metal wie du es so schön genannt hast, aber wir wollten einfach eine Änderung herbeiführen – ähnlich wie damals, als wie „Black Force Domain“ aufnahmen, als jeder wie MORBID ANGEL klingen wollte. Obwohl wir keine Kopie waren, fanden uns die Leute gut und gaben uns eine Chance, auch wenn einiges besser gemacht hätte werden können – aber zumindest hatten wir was eigenständiges geschaffen. Nach dieser Welle an ähnlichen Bands war es ähnlich, wir wollten versuchen, etwas mehr Groove und Midtempo einzubauen, um wieder etwas anders zu klingen, ohne uns selber zu verraten – denn das ist besonders wichtig: Stets natürlich bleiben, sich selbst treu bleiben!


Ich nehme mal an, ihr könnt nicht von der Musik leben, habt also Alltagsjobs wie jeder andere auch…

Nein, haben wir nicht...


Wirklich?

Ja, wir leben ausschließlich von der Musik!


Wie kann man sich also euer Leben vorstellen, wenn ihr in Brasilien weilt?

Wenn wir wieder zurück in der Heimat sind, läuft das Leben eigentlich nicht viel anders als auf Tour, da wir ständig am Spielen sind, zuhause jedoch meist nur am Wochenende. Beispielsweise nach dieser Tour spielen wir in den Staaten, im Mai sind wir wieder in Brasilien, haben – glaube ich – zehn Tage frei und dann spielen wir ein paar Shows in Sao Paolo und Umgebung, meistens Freitag und Samstag, während die restliche Woche dazu verwendet wird, sich ums Geschäftliche zu kümmern. Außerdem haben wir ja auch ein Privatleben, Freundin – und die wollen auch unterhalten werden...


Ihr seid extrem viel auf Tour – habt ihr da auch Zeit, die einzelnen Städte unsicher zu machen?

Wenn ich Freizeit habe, dann gehe ich natürlich durch die Stadt und hocke nicht die ganze Zeit am Veranstaltungsort herum, schaue, was sich so tut – Wien zum Beispiel ist eine schöne Stadt mit einer Menge netter Mädchen, Budapest ist auch verdammt geil... Auf der anderen Seite haben wir aber auch selten wirklich viel Zeit, wir haben den Soundcheck nachdem wir angekommen sind, dann gibt’s wie üblich einmal Essen, am Abend spielen wir dann, machen Party... Nur, wenn wir einen Day Off haben, der nicht für die Fahrt draufgeht, haben wir Zeit, etwas die Stadt anzuschauen...


Von meiner Seite aus wars das – danke für deine Zeit!

Danke für deinen Support – man sieht sich unten, in der ersten Reihe hoffe ich!

Da kannst du dir sicher sein…

www.krisiun.com.br

Autor: macabre

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Beitrag vom 02.04.2006
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