Interview mit FALKENBACH - Alt, aber verdammt gut




„Heralding – The Fireblade“ war ehrlich gesagt mein erster Kontakt mit deiner Band und ich muss gleich vorweg sagen, dass ich schwer beeindruckt bin. Was mir nach Durchsicht der Discographie sofort ins Auge gestochen ist, war die Tatsache, dass das neue Werk dieses Mal (meines Wissens nach zumindest) keinen direkten Bezug zur Edda hat, wie es bei den Vorgängern der Fall war. Steckt da ein bestimmtes System dahinter, oder warum sonst bist du hier deiner Linie untreu geworden?


Nun, das aktuelle Album sollte vor über zehn Jahren bereits aufgenommen werden, leider aber mussten die Aufnahmen damals abgebrochen werden, weil das Studio nicht die nötigen Möglichkeiten hatte, eine CD-Produktion zu bewerkstelligen. Von daher gab es auch keinen Grund, diesem Album einen endgültigen Titel zu geben. Somit war „Fireblade“ nicht mehr und nicht weniger als eine Art Arbeitstitel für dieses Album. Da über die Jahre hinweg dann immer vom „Fireblade Album“ die Sprache war, wenn es um das unveröffentlichte Material ging, habe ich letztlich beschlossen, den Begriff „Fireblade“ für dieses Album beizubehalten, damit die Leute wissen, was sie von diesem aktuellen Werk erwarten können, insofern die mit der FALKENBACH-Biographie vertraut sind.


Die Qualität der einzelnen Songs kann sicher nicht das Kriterium für diesen langen Aufschub gewesen sein. Warum hast du also so lange gewartet, die Stücke auf CD zu pressen?


Wie gesagt, an den Stücken selbst lag es ganz sicher nicht. Damals hatte ich überhaupt keine Erfahrung mit Studioaufnahmen, wusste nicht im Geringsten, auf was ich bei der Wahl des Studios zu achten hatte. Daher war es rückblickend nicht verwunderlich, die falsche Wahl getroffen zu haben, so dass die Aufnahmen abgebrochen werden mussten.


Wenn man das Werk als Ganzes betrachtet, kann man den Eindruck gewinnen, dass du ein äußerst emotionaler, vielschichtiger und keineswegs statischer Mensch bist. Denn das Album vereint im Grunde sehr viele Elemente, angefangen von Black Metal über Pagan oder Viking Metal bis hin zu klassischen Passagen zu einem stimmigen Ganzen. Ich weiß, es ist schon lange her, doch kannst du mir eventuell deine Gefühle schildern, die du durchlebt hast, als „Heralding – The Fireblade“ komponiert wurde und wäre es dir heute noch möglich, ein derartiges Album in dieser Form zu kreieren?
Hast du spezielle Phasen oder Gemütszustände, in denen du besonders kreativ bist, oder geht dir das Schreiben neuer Songs einfach von der Hand?



Gefühle spielen bei der Entstehung der Lieder keinerlei Rolle, auch wenn sie währenddessen natürlich aufkommen. Am Anfang steht immer eine reine Idee, für die ich kein Instrument benötige, keine bestimmte Stimmung usw. Wenn die Zeit reif ist, sucht sich Inspiration einen Weg zur Verwirklichung, und macht dabei keine Umwege über Gemütszustände und Ähnlichem. Wenn eine solche Zeit da ist, dann schreiben sich die Lieder im wahrsten Sinne von allein, ebenso geht es mit den Texten. Darauf hin zu arbeiten funktioniert nicht. Es bringt nichts, sich hinzusetzen und an der Musik zu arbeiten wie ein Handwerker, der Termine einhalten muss. Natürlich kann man auf solche Weise Lieder produzieren, aber sie werden nie über Durchschnittlichkeit hinaus kommen und nie etwas Besonderes sein. Von daher warte ich lieber fünf bis sechs Jahre mit einem neuen Album, anstatt dass ich Material veröffentliche, von dem ich selbst weiß, dass es nicht optimal ist.


FALKENBACH wurde ja ursprünglich als rein akustisches Projekt gestartet. Kann man davon ausgehen, dass du das Grundgerüst deiner Songs zuerst auf der Gitarre spielst und sich die restlichen Elemente Schritt für Schritt hinzufügen, oder wie geht der Songwritingprozess grundsätzlich von statten?


Wie gesagt, am Anfang steht immer der reine Gedanke, eine pure Idee, für die kein Instrument nötig ist. Mit welchem Instrument ich dann anfange, diese Idee aufzunehmen, hängt von der Idee selbst ab, ob sie zum Beispiel eher eine Grundlage oder eher eine führende Melodie etwa für Flöte sein könnte. In jedem Fall aber entsteht der Großteil eines Liedes bereits im Kopf, ohne dass dafür eine Aufnahme des Liedes nötig wäre.


Mit Boltthorn, Hagalaz und Tyrann, die dir bei den Aufnahmen zur Seite gestanden sind, hast du erneut auf ein anscheinend gut eingespieltes Team zurückgegriffen. Kann man dies als kleinen Schritt zu einem konstant fixen Line-Up, das eventuell sogar in die Entstehung der Songs mit eingreift, oder Live-Auftritten sehen?


Ich bin sehr froh darüber, dass Boltthorn, Hagalaz und Tyrann FALKENBACH bei den Studioaufnahmen unterstützen. Feste Mitglieder sind sie aber nicht, arbeiten auch nicht an der Fertigstellung der Lieder mit, sondern konzentrieren sich ausschließlich auf ihre eigenen Projekte. Da es sich bei den Dreien nicht nur um sehr gute Musiker, sondern auch herausragende Menschen handelt, hoffe ich auch zukünftig, auf sie setzen zu können. Sollte es dazu kommen, dass Falkenbach live spielt, sind diese Drei, sofern es ihnen möglich ist, natürlich erste Wahl.


Bist du im Gegenzug auch bei Vindsval (oder anderen Bands) in irgendeiner Art und Weise tätig, oder konzentrierst du dich rein auf FALKENBACH?


Nein, ich konzentriere mich ausschließlich auf Falkenbach.




Beim Track „Roman Land“ hört man (nicht nur) am Anfang ein überraschendes Heavy Metal-Riff, das aus den 70er Jahren stammen könnte. Einbildung meinerseits, oder ziehst du deine Inspiration nicht bloß aus der klassischen Ecke, sondern auch aus dieser Zeit?


Ich denke nicht, dass irgendeine Art Musik Einfluss auf die Stücke FALKENBACHs hat, zumindest nicht auf eine bewusste Weise. Letztlich ist es die reine Inspiration, und was das genau ist, woher es kommt und wie es entsteht, ist wohl eine der ältesten Fragen der Menschheit, die ich nicht in der Lage bin zu beantworten.


Ist FALKENBACH dein Beruf oder eher deine Berufung, mit deren Hilfe du deine Gedanken, Ängste, Wünsche, Kritik und weiteres verarbeiten kannst?


FALKENBACH ist Berufung, keine Frage, dies trifft den Punkt sehr genau. Eigene Gefühle verarbeite ich damit nicht, ich denke sogar, dass kaum etwas in FALKENBACH steckt, das ausschließlich durch meinen Charakter, durch mein Sein bestimmt ist.


Du lebst als sehr zurückgezogener Mensch, der sich recht wenig um die Meinungen und Aussagen anderer Leute schert, was im heutigen Medienzeit sicher enorm schwierig und deshalb umso höher anzurechnen ist. Bei den früheren Tapes gab es soweit ich weiß immer nur eine für deine engsten Freunde limitierte Auflage, doch irgendwann hast du den Weg gewählt, deine Musik über professionelle und gewinnorientierte Labels zu veröffentlichen, die dich natürlich auch vermarkten und ins Rampenlicht bringen wollen. Steht dies nicht irgendwie im Gegensatz zueinander, denn entweder ich komponiere die Songs für mich und lebe still und heimlich mein Leben, oder ich „mache“ mich zu einem Teil der Medienmaschinerie und muss dann aber auch damit leben können, dass ich gewisse Dinge tun muss, die ich mir im tiefsten inneren meiner Selbst zuwider sind? Ich sehe das ähnlich wie mit den unzähligen Underground Black Metal-Bands, die sich äußerst „true“ geben und sich offiziell einen Dreck um breite Anerkennung scheren, für einen gut dotierten Plattenvertrag aber wahrscheinlich ihr letztes Hemd hergeben würden.


Ich war schon immer, und bin noch immer unabhängig von solchen Dingen. Die Verträge, die ich unterschrieben habe bisher, haben mit immer ein Maximum an künstlerischer Freiheit ermöglicht. Ich bin frei in der Wahl des Studios, was die Art der Lieder angeht, ebenso wie die Texte. Ich kann ein Album pro Jahr machen, oder auch ein halbes Jahrzehnt überhaupt nichts machen. Ob ich live spiele oder nicht obliegt mir, und Interviews zu beantworten ist ebenfalls meine Entscheidung. Natürlich spricht das Label mit mir über Dinge, die FALKENBACH offensichtlich mehr ins Rampenlicht rücken würden, allerdings liegt die letzte Entscheidung dabei immer bei mir. Mir ist durchaus bewusst, dass diese Art Vertrag eher ungewöhnlich und keineswegs Standard ist in der heutigen Zeit, allerdings hätte ich auch unzählige Verträge unterschreiben können, in denen teils sehr viel versprochen wurde, die mich dann aber an bestimmte Punkte gebunden hätten. Letztlich kommt man im Leben immer wieder an Punkte, an denen man sich entscheiden muss, man selbst zu sein, oder anderen Leuten in den Arsch zu kriechen, was diese Leute sehr verlockend aussehen lassen können. Kompromisse gibt es immer wieder, wie üblich im Leben, aber Dinge, die mir wirklich zuwider sind, würde ich nicht tun. Das weiß das Label, und wüsste auch, dass ich ohne ein Wimpernzucken sofort einen Schlussstrich ziehen würde, falls etwas getan wird, mit dem ich nicht einverstanden bin. Letztlich muss ein wirklich gutes Label erkennen, was eine Band ausmacht, und FALKENBACH kann man nun einmal nicht nach üblichen Maßstäben des Business bewerten.


Gegen Ende noch ein kurzer Schwenk auf dein mittlerweile auf Eis gelegtes Label Skaldic Art Productions – welche Gründe gab es für die Auszeit, was geschah mit den Bands die du unter Vertrag hast und wann wird es wieder weitergehen?


Es waren fast ausschließlich rein zeitliche Gründe, die zu dieser Entscheidung geführt haben. Wenn ich etwas angehe, zumal wenn es dabei auch noch mit anderen Menschen zu tun hat, dann möchte ich dies 100-prozentig tun, und nicht mit halber Kraft. Daher habe ich mit den Bands offen darüber gesprochen, mit ihnen zusammen nach Lösungen gesucht für ihre Zukunft, und dann ebenfalls gemeinsam mit ihnen diese Entscheidung getroffen. Sobald die Zeit es wieder zulassen sollte, so denke ich, werde ich Skaldic Art auch wieder anlaufen lassen.


Kannst du mir zum Schluss bitte noch einen Ausblick auf die weiteren Aktivitäten (neue Songs, Konzerte und so weiter) geben, die du in nächster Zukunft geplant hast?


Nun, zum Einen steht die Veröffentlichung der beiden „An Homage To Falkenbach“-CDs an, die nach dem Rückzieher des Initiators nun über Skaldic Art als letzte Amtshandlung vorerst erscheinen werden. Zudem gibt es Pläne für ein bis zwei kleine Konzerte. Infos zu diesen Dingen, wie auch allem Anderen findet man unter www.Falkenbach.de und im angeschlossenen Forum.


Wenn du dein Album im Stile eines Autoverkäufers mit drei guten Gründen an den Mann bringen müsstest, welche wären das?


Wenn jemand mit FALKENBACH überhaupt nichts anfangen kann, dann würde ich schlicht gar nicht versuchen ihn/sie davon zu überzeugen ein hineinzuhören. Zu manchen Dingen im Leben muss man selbst einen Weg finden, und FALKENBACH ist keine Sache, die ich anpreisen würde, um jemanden zu überzeugen, sich eine CD zu kaufen. Die guten Gründe, sich damit zu befassen liegen in jedem selbst, ebenso wie die Gründe, dies nicht zu tun.


Deine letzten Worte an unsere Leser.


Dank für die Unterstützung!

www.falkenbach.de

Autor: Juergen

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Beitrag vom 31.01.2006
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