Interview mit DORNENREICH - Eviga zum neuen Album „Hexenwind“


Lange Zeit war es still um DORNENREICH, kürzlich haben die Österreicher aber mit „Hexenwind“ ein unheimlich intensives und emotionales Album veröffentlicht. Grund genug, um mich mit Eviga über dieses zu unterhalten.


Hallo Eviga! Viereinhalb Jahre sind seit eurem letzten Album „Her Von Welken Nächten“ vergangen. Warum musste der geneigte Hörer so lange auf ein neues Tondokument von DORNENREICH warten?

Eviga: Wir haben uns während der vergangenen Jahre mit verschiedenen künstlerischen Medien und mit Musik im umfassendsten Sinne beschäftigt. Natürlich haben wir im Verlaufe der Jahre viele, viele unterschiedliche Entwürfe zahlreicher Ideen aufgenommen, die jedoch letztendlich nicht für das Album geeignet waren. Die fünf Stücke, die „Hexenwind“ nun bilden, repräsentieren unseren Entwicklungsstand am authentischsten. Zudem ist es im Falle DORNENREICHs einfach so, dass wir „nur“ zu zweit arbeiten und wir dementsprechend mehr Zeit für ein Album aufwenden müssen.


Ich habe irgendwo im Hinterkopf, dass „Hexenwind“ eigentlich der Name für ein musikalisches Nebenprojekt von euch war. Wurde das jetzt unter dem Namen DORNENREICH veröffentlicht, oder wurde nur der Name verwendet?

Eviga: Tatsächlich haben sich die – ursprünglich für ein Nebenprojekt namens HEXENWIND angedachten – Stücke über die lange Zeit hinweg mehr und mehr in Richtung eines weiteren DORNENREICH-Kapitels entwickelt. Worte und Töne fühlten sich einfach immer deutlicher nach DORNENREICH an, weswegen wir uns schließlich dazu entschlossen „Hexenwind“ als viertes DORNENREICH -Album zu veröffentlichen.


Erläutere bitte ein wenig das Konzept von „Hexenwind“!

Eviga: „Hexenwind“ greift inhaltlich zentrale Fragen unserer vergangenen Alben auf. Etwa die Frage nach der Zugehörigkeit des Menschwesens, das noch in „Eigenwach“ mit sich und dem Außen haderte. Das „Ich“ bzw. sein subjektives Bewusstsein, dieser vermeintliche Kerker der Ich-Verlorenheit, wird in „Hexenwind“ in den größeren Rahmen der Weltenseele gesetzt und erfährt sich und seine Vorstellungskraft - seine Fantasie - als Entsprechung zu dem großen kreativen Bewusstsein, das diese Welt durchströmt. Es erkennt in seinem Menschsein die große Sehnsucht des Allseins nach Erfahrung, nach Wandel, - nach „Leben“ und kehrt so heim in den größeren inneren Zusammenhang des Seins. Deshalb weist das Cover zu „Hexenwind“ keine menschliche Silhouette mehr auf. Die Spannung zwischen Subjekt und Objekt, die noch auf „Her Von Welken Nächten“ herrschte, ist in „Hexenwind“ nicht mehr vorhanden. „Hexenwind“ knüpft da, wo „Mein Publikum – Der Augenblick“ einst endete.

Dem geneigten Hörer kann „Hexenwind“ vieles sein. Die Tiefe des Albums tut sich in dem Maße auf, in dem sich der Hörer selbst zu öffnen versteht …


Zwar haben sich DORNENREICH von Album zu Album stets stilistisch weiterentwickelt, nur war der Entwicklungssprung meiner Meinung nach nie so groß wie zwischen „Her Von Welken Nächten“ und „Hexenwind“. Ist dies durch die lange Pause zwischen diesen beiden Alben bedingt, oder wie erklärst du das?

Eviga: Für mich klingen alle unsere Alben, was die oberflächliche stilistische Erscheinung betrifft, sehr unterschiedlich. Sie sind Kinder unseres jeweiligen Entwicklungsstandes. Und, gewiss, zwischen „Her Von Welken Nächten“ und „Hexenwind“ sind einige Jahre vergangen, in denen sich bei uns viel getan hat, in denen wir die unterschiedlichsten Erfahrungen machten – und das hört man dem Album auch an. Es liegt uns am Herzen, authentische Alben zu veröffentlichen, die unser jeweiliges Entwicklungsstadium in möglichst zeitloser Art und Weise bezeugen. Im Kern sind alle vier DORNENREICH-Alben meines Erachtens jedoch von derselben ursprünglich quellenden Sehnsucht beseelt.


Den Beiträgen in diversen Internetforen kann man entnehmen, dass „Hexenwind“ die Hörerschaft stark polarisiert. Meinst du, dass viele eurer alten Fans Probleme haben werden, dieser neuen musikalischen Ausrichtung folgen zu können?

Eviga: Ich denke, dass diejenigen, die das Wesen DORNENREICHs verstehen, „Hexenwind“ als einen weiteren wichtigen Flügelschlag eines Vogels schätzen werden, der sich bis heute nicht hat einfangen lassen.

Gerade die von einigen Hörern kritisierte Monotonie auf „Hexenwind“ stellt einen Bezugspunkt zum frühen norwegischen Black Metal dar. Inwieweit beeinflusst euch Black Metal noch in irgendeiner Form?

Eviga: „Hexenwind“ trägt in sich all jene Merkmale, die wir am norwegischen Black Metal über die Jahre zu schätzen lernten, nämlich Bildhaftigkeit, eine Gegensätze verquickende archaische Mystik, Mut zu stilistischer Vielfalt und stilistischen Extremen und eine immens eindringliche Emotionalität. Bands wie ULVER, KVIST oder THE 3RD AND THE MORTAL bedeuten mir auch nach wie vor viel, doch mit „aktuellem“ Black Metal beschäftige ich mich nicht mehr.

Das Schlagzeugspiel ist viel einfacher und bodenständiger als auf euren vorherigen Werken geworden. Man merkt, dass Moritz Neuner, der ja sicher einer der besten Metal- Schlagzeuger in Österreich ist, nicht mehr mit dabei ist. Was waren die Gründe für seinen Ausstieg?

Eviga: Moritz hatte damals seine Gründe – und ich kann diese mittlerweile auch nachvollziehen. Allerdings liegt dieses Ereignis schon einige Jahre zurück und heute verstehen wir uns wieder ausgesprochen gut miteinander.


Zu „ Her Von Welken Nächten gab es ja eine Akustiktour zusammen mit TENHI und OF THE WAND AND THE MOON. Wie waren da eure Erfahrungen? Käme so eine Tour nochmals für euch in Frage?

Eviga: Diese Tour war eine wirklich abenteuerliche Sache, zumal wir – nur mit unseren beiden Akustik-Gitarren und Stimmen ausgerüstet – im Grunde nackt waren, was nicht immer einfach war; insbesondere dann nicht, wenn wir erst nach Mitternacht auf die Bühne gingen, da das Maß an zu erbringender Konzentration bei solchen Konzerten sehr, sehr hoch ist. Menschlich und musikalisch war diese Tour jedenfalls wohl eines der bereicherndsten Erlebnisse meines bisherigen Lebens. Die Bands kamen untereinander sehr gut aus und man genoss es allabendlich, einander bei den Auftritten zu zusehen. Eine solche Tour würde ich gerne wiederholen, ja. TENHI veröffentlichen ja bald ihr neues Album … mal schau’n …

Du bist ja auch bei ANGIZIA involviert. Wie kam es zur Zusammenarbeit mit dieser einzigartigen Formation? Ist das deine einzige musikalische Tätigkeit außerhalb von DORNENREICH?

Eviga: Das war schon eigenartig. Ursprünglich kam ich mit Michael Haas (Engelke/ANGIZIA) über eine Art „Fan-Brief“ in Kontakt. Tatsächlich schrieb ich ihm im Februar 1997 einen langen, langen Brief in Bezug auf ANGIZIAs Debüt „Die Kemenaten der scharlachroten Lichter“ und Michael antwortete noch länger, woraus sich über die Jahre eine gute Freundschaft und eine fruchtbare Zusammenarbeitet entwickelt hat, die zugleich meine einzige greifbare musikalische Tätigkeit neben DORNENREICH darstellt.


Welche Musik hörst du derzeit gerne? Gibt es eine Veröffentlichung der letzten Zeit, die dich vollauf begeistern konnte?

Eviga: Ich liebe alle beseelte Musik. Dieses Jahr konnten mich insbesondere OMNIA mit ihren wunderbaren Alben „Crone of War“ und „Live Religion“ begeistern.

Welches Buch hast du zuletzt gelesen/liest du gerade?

Eviga: John O’Donohue – Echo der Seele

Der letzte Film, den du dir angesehen hast?

Eviga: The Hours

Wie sehen die Zukunftspläne für DORNENREICH aus?

Eviga: Meinem Empfinden sind wir mit „Hexenwind“ auf einer Lichtung angelangt, von der viele neue Wege ausgehen. Wir werden sehen, welchen Weg wir beschreiten werden, um authentisch zu bleiben.

Ich bedanke mich für das Interview! Möchtest du unseren Lesern noch etwas mit auf den Weg geben?

Eviga: Ich möchte mich an dieser Stelle für Dein Interesse und Deine Unterstützung bedanken, Michael.

www.dornenreich.com

Autor: Mike

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Beitrag vom 25.12.2005
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