Interview mit ANATHEMA - Bassist Jamie über Labels, Touren und Musik…
Wie schon im letzten Jahr war ANATHEMA-Bassist Jamie wieder Gast am wohl größten Metalfestivals Finnlands und so nutzten wir die Gunst der Stunde, um ein Interview über das Festival und die Aussichten und Pläne der Band zu führen.
Wie gefällt dir das Tuska Festival, wir haben dich ja schon letztes Jahr hier gesehen und wie gefällt dir Helsinki? Ich mag es sehr, ich war ja schon letztes Jahr hier. Einer der Organisatoren ist ein Freund von mir & war so nett mich einzuladen.
Magst du die finnischen Leute hier… und das finnische Bier? Ja, sehr und das finnische Bier auch. Ich hab sehr viele Freunde hier in Helsinki. Helsinki ist quasi die neue Metal-Hauptstadt, wie Göteborg früher, es gibt hier sehr viele neue, sehr gute Bands – wirklich talentierte Musiker. Und wie gefallen dir die finnischen Sachen wie z.B. VIIKATE? Meine Lieblingsband ist SENTENCED und dann FINNTROLL, die machen wirklich gute Musik und sind nette Leute. Ihr wart ja im Winter in Wien und habt einen Acousticgig gespielt, ich glaube es war geplant, dass das Konzert mal in Form von mp3’s auf der Homepage landet, kannst du uns etwas darüber sagen? Ich persönlich war ja bei dem Gig nicht dabei und über einen genauen Download des Konzertes kann ich nichts sagen, aber im Moment überarbeiten wir gerade unsere Website und es wird in Zukunft auch sehr viel mehr Musik und Videos zum Downloaden geben. Es kostet zwar alles sehr viel und ist eine Menge Arbeit, um keine Engpässe mit dem Datenverkehr etc. zu bekommen, aber das kümmert uns wenig. Wenn Vinnie & Dannie eine Aufnahme des Planet Music-Gigs haben, wird sie wohl auch auf der Homepage landen. Was kannst du uns denn schon über das neue ANATHEMA-Album erzählen, ist es schon aufgenommen oder noch in der Entstehung? Nein, es ist noch nicht aufgenommen, es ist im Moment im Demostadium und wir schreiben noch daran. Wir haben das letzte Jahr sehr hart daran gearbeitet, um unser eigenes Aufnahmestudio aufzubauen. Es ist in Yorkshire und heißt SueSide-Studios. Wir haben 23 neue Stücke aufgenommen und werden jetzt entscheiden, welche wir für die nächste CD vollenden. Wir sind sehr kreativ im Moment. Wie schaut es mit künftigen Live Aktivitäten aus, ist eine Tour in Planung, ihr wolltet ja vor der Veröffentlichung des neuen Longplayers auf Tour gehen!? Unser Booking Agent war gegen diese Idee. Wir arbeiten mit anderen Leuten und so muss man Kompromisse eingehen und wir konnten es nicht realisieren. Bootlegs und dergleichen sind zu verbreitet und die Gefahr von Mitschnitten der neuen Songs wäre also sehr groß gewesen. Bei den laufenden Konzerten und Festivalgigs haben wir ein bis zwei neue Lieder gespielt, es ist nicht gut zu viel preiszugeben, damit die Leute die Songs auch noch hören wollen wenn das Album fertig ist und wir auf Tour gehen. Habt ihr denn schon ein neues Label für die Veröffentlichung gefunden oder seid ihr noch auf der Suche? Wir sind noch immer auf der Suche. Wir sind im Moment in der glücklichen Lage, dass die Leute an uns interessiert sind. Wir sind alle talentierte Musiker, haben einen musikalischen Background von 15 Jahren und so wollen wir die Demos so schnell wie möglich beenden, um sie dann an die Labels zu schicken. Wir suchen nicht ein Label, welches uns signed und sich dann nicht um uns kümmert. Unsere Musik verändert sich ständig. Wir wollen nicht für das was wir gemacht haben gesigned werden – wir wollen unsre Musik auf ein nächstes Level heben. Wir wollen keine Recordcompany, die es nur kümmert ob unsere Singles in die Charts gehen oder die Videos gespielt werden. Wenn es ein Lied ins Radio schafft ist es gut, die Hauptsache ist es, dass die Leute unsere Musik hören können! Und in welche musikalische Richtung bewegt sich das neue Material? *lacht* In die Richtung und die und die, in jede Richtung. Extrem in musikalischer Hinsicht. Unsere Ideen haben ein weites Spektrum und wir suchen dann die Stücke die zusammen, die ineinander passen. Bei „Natural Desaster“ haben wir uns entschieden es so zu machen, obwohl es auch andere Songs gab. Sie wurden alle in einer Zeitperiode geschrieben, es sind alles Songs von Danny, aber wir haben alle gemeinsam entschieden dieses Album so und jetzt zu machen. Wir sind fünf kreative Musiker und arbeiten alle an neuen Songs. Ich habe viel Material, das auf eine Veröffentlichung wartet und genauso ist es bei Danny und Vinnie und John. Wir sind glücklich, dass wir alle kreativ sind. Es gibt keine Regeln in der Musik und es kümmert uns nicht ob irgendwelche Leute sagen, dass ist kein Heavy Metal oder was auch immer… Alles was zusammenpasst, wo wir glauben, dass es zusammenpasst, das machen wir auch. Wir wollen Musik machen, die uns gefällt, versuchen so originell uns selbst zu sein wie möglich. Es wird wieder emotionelle Musik werden. Durch die Freiheit keinen Labeldruck oder dergleichen im Rücken zu haben, aber viel positiver als es in der Vergangenheit der Fall war. Unsere Musik war früher oft, nicht negativ, aber depressiv in einer gewissen Art und Weise. Man kann nur schrieben was man fühlt, man kann nur das schreiben, was aus einem herauskommt und Dinge geschehen und dann kommt dabei heraus wie es ist. Die Fans können das dann lesen und was sie lesen ist genau das was wir fühlen und wir fühlen jetzt nicht mehr so. Wir spielen gern und gut miteinander und haben viel Spaß dabei, beim Jamen und dabei immer bessere Musiker zu werden und bessere Live-Shows zu spielen. Das neue Material wird also positiver aber definitiv weiterhin emotional, aber mehr auf eine auf den Punkt bringende Weise. Es wird sehr intensive Gitarrenmusik, große Sounds, große Gitarren, Harmonien und Melodien und Techniken wie Fingerpicking. Unsere neue Musik ist die beste, die wir jemals gemacht haben, ich bin richtig heiß darauf die Songs aufzunehmen, sie zu hören. (Anm.: Selten einen so enthusiastischen Musiker gehört.) Wir stehen voll dahinter und glauben, es ist das Beste was wir gemacht haben. Wir werden keine Fehler machen, hart arbeiten. Das ganze Touren und die ganzen Labelshits haben sehr viel Zeit gekostet, es ist ziemlich viel Zeit seit dem letzten Album vergangen und so wollen wir das Album so schnell wie möglich herauszubringen. Die Musik steht aber bei allem im Vordergrund! Das ist schön zu hören, dass es noch Musiker gibt, bei denen die Musik an erster Stelle steht. Es gibt ja heutzutage leider immer mehr Musiker, die die Musik dem Geschäft unterordnen, sich von den Labels alles Mögliche vorschreiben lassen und nicht mehr sie selbst sind. Ja das stimmt leider. Wir werden und haben nie einen Vertrag unterschrieben, in welchem wir nicht zu 100 Prozent künstlerische Freiheit haben. Bei Peaceville war es so und auch dann bei Music For Nations. Ich hab nicht auf den alten Alben gespielt, ich hab die Demos produziert und hab mich während der Touren um die technischen Dinge, etc. gekümmert. Keiner wird uns sagen was wir tun sollen, wir machen genau das was wir wollen! Wir verlieren dadurch vielleicht einige Fans. Es gibt viele ,die nur die Darren White Sachen hören wollen, andere mehr die Heavysachen, aber unsere neue Musik ist heavyer als je zuvor, jedoch in einer anderen Art und Weise. Wenn man die Texte liest und versteht ist das viel heavyer als *dummdumdööö* (Anm.: Jamie macht an dieser Stelle ein paar harte Riffs nach). Ok, Danke für das Interview Danke Euch und sorry, dass ich soviel geredet habe…
Am Ende des Interviews bat uns Jamie insbesondere noch zu erwähnen, warum es zu der Releaseverzögerung der DVD ‚Were you There?’ kam und machte sich über Major Labels und deren Umgang mit den Künstlern sowie die Preispolitik in der Musikindustrie Luft. Nach der Schließung von Music For Nations fand man sich auf einmal im Auftrag eines Major Labels wieder und machte im Umgang mit diesem eine mehr als schlechte Erfahrung. Die releasefertige DVD wurde einfach nicht auf den Markt gebracht und kam erst nach und nach in diversen Ländern in die Plattenläden und dies auch erst nach beinahe halbjährigem, zum Großteil unbeantwortetem Telefon-, Brief- und E-mail-Kontakt. Ein weiteres halbes Jahr und etliche Ignorierungen der Plattenfirma brauchten sie anschließend, um aus dem noch bestehenden Vertrag zu kommen, da das Label weder Interesse an der Band noch an der Lösung der Vertrages hatte. Mittlerweile sind sie jedoch alle froh, dieses Kapitel als abgeschlossen betrachten zu können. Auf die derzeitigen und steigenden CD-Preise war der Bassist auch nicht wirklich gut zu sprechen. Vielmehr sieht er nicht recht ein warum die, in der Fertigung nur einen Bruchteil kostende Produktion einer CD dann überteuert an die Fans weitergegeben wird. Weiters fand er es sehr schade, dass es kaum noch Vinylveröffentlichung gibt, da diese die Labels in der Fertigung einfach mehr kosten und so uninteressant für diese sind. Zum Thema Musik-Downloads aus dem Internet vertritt er die Meinung, dass Musiker in erster Linie die Menschen mit ihrer Musik erreichen wollen und so eine größere Verbreitung erfahren. Wenn einem ein Release gefällt, wird derjenige sich es wohl auch kaufen, da dann einfach das Drumherum mit Artwork, Texten und guter Soundqualität einfach stimmt. Den Weg der großen Labels findet er also nicht gerade lobenswert…
In Zusammenarbeit mit Kristina www.anathema.ws
Autor:
Harald Weitere Beiträge von Harald
|