Interview mit SOCIAL DISTORTION - Nicht immer eine politische Band


Social Distortion haben den Punkrock entscheidend mitgeprägt. Seit über 25
Jahren sind die Südkalifornier im Musikgeschäft. EARSHOT unterhielt sich
mit Sänger, Gitarrist und Hauptsongwriter Mike Ness am Rande von Rock am See in Konstanz.

Was denkst Du über das Punk-Revival in den vergangenen zehn
Jahren mit Bands wie The Offspring, Green Day und Eurer Band?



Nach meiner Ansicht nach 25 Jahren im Musikgeschäft ist dies das Resultat
einer positiven Veränderung. Wir waren darauf aus, die Dinge zu verändern, und wir taten es. Punkrock steht für einen Kleidungsstil, für Coolness. Wir haben die Welt wach gerüttelt, es war eine Revolution. Und all diese
Bands sind ein Produkt daraus. Ich hatte nicht erwartet, dass wir so erfolgreich sein würden.



Habt Ihr Euch an „Rock against Bush beteiligt“?


Auf jeden Fall. Wir waren nicht immer eine politische Band. Aber auf manche Dinge musst Du einfach hinweisen. Ich erzähle Leuten nicht, sie sollen die oder die Partei wählen. Ich sage nur: bitte macht Eure Fernseher aus, legt
Eure Zeitungen weg und kauft Euch Bücher, lest – und geht dann zum
Wählen.



Aber was denkst Du über Bush?


Wir können nur hoffen, die nächste Person wird besser.



Denkst Du, ihr solltet mehr politische Liedtexte schreiben?


Eigentlich schon. Ich finde aber eines wichtiger: Ich habe keine hohe Schul
ausbildung, hole vieles nach. Ich tue das, was ich den Kids versuche zu sagen: lest, lernt, forscht. Ich könnte ja mal einen „Ausbildungs-Song“ machen.



Ihr habt bei Eurem heutigen Auftritt Johnny Cashs „Ring of Fire“ gecovert. Cash steht in Deutschland für eine ganz spezielle Vision eines Amerikas der
unteren Schichten.



Ja, der Arbeiterklasse, der mittleren bis unteren Schicht. Über diese Klassen zu singen fand ich immer wichtig, ebenso wie Cash. Vor 25 Jahren sah ich als Punkmusiker eine direkte Verbindung zur amerikanischen Musik der
Großen Depression der 30er Jahre: Folk Musik, Bluegrass, Country, Black
Blues, Jazz, Rockabilly. In all dem sah ich eine Verbindung zu Punk, weil es
auch eine Musik der Arbeiterklasse war. Es wurde über unseren realen Alltag gesungen.





Ist es nicht traurig, dass Ihr von den Musikkanälen so wenig mit Euren Videos berücksichtigt werdet?


Wir haben einige Videos in den vergangenen Jahren gedreht, haben viel
Geld reingesteckt. Bei den Videos, die heute in den Kanälen laufen, sehe ich
ja, wo wir hingekommen sind. Das hat nichts mit Rock’n’Roll zu tun. Es ist
sehr schwer für mich, diese Musikvideos gut zu finden. Ich weiß, es ist
wichtig, Platten zu verkaufen. Wir haben uns aus diesem Grund aber nie
von unseren Wurzeln weg bewegt.



In Deutschland seid Ihr eher bekannt durch Mundpropaganda.


Wir waren vor neun Jahren zuletzt hier und haben in dieser Zeit nichts ande
res gemacht, als einfach Platten heraus gebracht. Wir können es uns nicht wirklich erklären: Wir spielen vor so vielen Leuten und haben keinen
großen Aufwand dafür betrieben. Ich bin sehr dankbar dafür, dass die
Mundpropaganda uns da hilft.



Wie war der Auftritt bei Rock am See?


Es war großartig. Die Leute waren so früh hier, sie waren so energievoll. Wir waren jetzt zwei Wochen lang in Deutschland unterwegs. Ich muss sagen, hier sind die Fans einfach klasse.


Habt Ihr vor dem Konzert schon die Toten Hosen kennengelernt?


Ja, die haben mir vergangene Nacht ein Geschenk gemacht. Wir haben in
Trier gespielt. In der Empfangshalle eines Clubs hing ein Bild im Stil der 40er Jahre. Campino hat das Bild für mich organisiert. Das war eine sehr nette
Geste.



www.socialdistortion.com

Autor: Philipp

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Beitrag vom 05.09.2005
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