Interview mit DIE APOKALPYTISCHEN REITER - Britney hat Titten, wir nicht!


DIE APOKALYPTISCHEN REITER zählen zu den Ausnahmeerscheinungen in der Metal-Szene. Mit ihrer extremen Musik machen die fünf Reiter aus Thüringen schon mit ihren ersten beiden Alben („Soft & Stronger“ und „Allegro Barbaro“) vor etlichen Jahren auf sich aufmerksam. Mittlerweile haben sich DIE REITER zu einer fixen Größe im Metal-Sektor hochgearbeitet beziehungsweise gespielt. Mit „Samurai“ steht dieser Tage ihr fünftes Studioalbum in den Regalen der Plattenläden. Grund genug, um mit Sänger und Mainman Fuchs ein paar Worte zu wechseln und ihn ausführlich über die neue Langrille auszufragen.

Hallo, wie geht es dir? Bist du voll im Interviewstress oder ist noch alles im grünen Bereich?

Es geht mit so weit ganz gut, danke der Nachfrage. Klar ist es zur Zeit sehr stressig, da die Promotion zu unserer neuen CD langsam aber sicher in die Gänge kommt.

Kommen wir zur ersten Frage. Nach dem x-ten Durchlauf der Promoausgabe eurer neuen CD „Samurai“ ist mir aufgefallen, dass sich der Härtegrad vor allem seit dem Vorgängeralbum deutlich verringert hat. Wo siehst du die Unterschiede zwischen dem alten und dem neuen Material?

Das Musikalische hat immer einen gewissen Hintergrund. Schließlich ist man Künstler und kein Dienstleister. Man nimmt das auf, was einen umgibt oder inspiriert. In gewisser Weise macht man Musik für sich selbst und es ist auf eine bestimmte Art eine Selbsttherapie. Das sich unsere Musik von Album zu Album verändert liegt am unterschiedlichen Lebensgefühl. Ich würde das mit dem Härtegrad gar nicht mal so sehen. Es zieht sich eher ein positiver Faden durch die letzten Scheiben. Bei den ersten Scheiben waren wir einfach noch Rabauken. Wir waren jung, haben viel getrunken, Krach gemacht im Proberaum und die Nebelmaschine angeschmissen. Mittlerweile ist man gewachsen und geht mit der ganzen Sache doch etwas anders um. Das spiegelt sich natürlich auch in unserer Musik wieder.

„Samurai“ wurde nicht wie üblich im Stage One Studio aufgenommen. Ihr seid extra für die Aufnahmen nach Dänemark gereist. Kannst du mir etwas genauer darüber berichten?

Es war eine sehr positive Erfahrung für uns alle. Wir sind ja nicht nach Dänemark gegangen, weil wir unzufrieden waren. Wir wollten einfach mal was Anderes ausprobieren. Zu oft dasselbe wollen wir nun auch nicht machen. Tue Madsen wurde im Laufe der Wochen mehr eine Art Bandmitglied als Produzent. Da ist es schon mal vorgekommen, dass ich im eigentlichen Studio saß und er aufgenommen hat. Er war sehr nett und freundlich und auch die Umgebung war fantastisch. Wir hatten zwei wunderschöne Seen vor der Hütte und nur zehn Minuten bis zum Strand. Wir waren viel baden, haben Feuer gemacht und gegrillt. Die Madsen Familie hat uns super nett aufgenommen und es war eine echt coole Zeit! Ich bin mit dem Ergebnis sehr zufrieden.

Wie seid ihr auf den Titel „Samurai“ gekommen?

Der Titel hat nichts direkt mit der Musik zu tun. Es drückt mehr das momentane Bandgefühl aus. Der Krieger, welcher mit Disziplin seinen Weg geht. Er ist mit einer gewissen Macht aber auch mit der damit verbundenen Verantwortung ausgestattet. Die andere Geschichte ist einfach gesagt: das leichte Leben leben! Das sind zwei Dinge, welche wir selbst sehr groß schreiben.

Zum Track „Eruption“ gibt es auch einen Videoclip. Da dieser bereits von einigen Fans gesehen und das Lied gehört wurde, gibt es schon etliche Reaktionen darauf. Sehr interessant finde ich, dass ihr mit den BÖHSEN ONKELZ verglichen werdet. Wie siehst du diesen Vergleich?

Ich kann es nicht nachvollziehen, woher dieser Vergleich kommt. Wir werden ja ständig mit irgendwelchen Bands verglichen, oder man versucht es zumindest. Dabei kommen die unmöglichsten Sachen und Kombinationen heraus. Da denk ich mir oft: „Das kann ja wohl nicht sein.“ Doch das liegt sicher daran, dass man DIE APOKALYPTISCHEN REITER in keine bestimmte Schublade stecken kann. Wir machen ganze Alben und keine einzelnen Songs! Da hat man in einem Song eine mittelalterliche Melodie und schon heißt es: „Die hören sich wie IN EXTREMO oder SUBWAY TO SALLY an!“ Die ONKELZ sind eine Band, die über das Leben oder Dinge, die sie erfahren haben, singen. Das tun wir auch. Wir sind ebenso nah am Leben dran. Doch musikalisch kann ich den Vergleich nicht nachvollziehen. Wir wurden ja schon mit RAMMSTEIN bis hin mit BOLT THROWER verglichen. Das geht echt kreuz und quer durch den Garten.


Mit „Lazy Day“ habt ihr einen Song mit Reggae Elementen im Gepäck, der stilistisch doch etwas aus dem Rahmen fällt. Wie ist diese Nummer entstanden und in welche Kategorie ist er noch am ehesten einzuteilen?

Also ich denke überhaupt nicht in Schubladen oder versuche dies zumindest zu vermeiden. Ich sage nicht: „Das muss jetzt nach Reggae und das nach Death Metal klingen.“ Das ist mir eigentlich total egal. Die Musik muss Gefühle transportieren und dann fang ich an zu komponieren, wenn ich irgendetwas in mir habe. Im Fall von „Lazy Day“ ist der Song tatsächlich so entstanden, wie es der Text erzählt. Ich war in Portugal am Strand, halte ein kühles Getränk in der Hand und habe nichts anderes zu tun, als dem Meer zuzuhören. Ich bin nach Hause, habe zu meiner Gitarre gegriffen und schon war die Melodie da. Du siehst, die Lieder entstehen aus Erfahrungen. Ebenso ist der Titel „Die Sonne scheint“ entstanden.

Als ich den Songtitel „Northern Lights“ auf eurem neuen Silberling las, dachte ich als erstes an ein Black Metal-Inferno. Doch der Song ist das glatte Gegenteil…

Ich würde „Northern Lights“ gar nicht mal als richtiges Lied sehen, sondern eher als Outro. Nach dem ganzen Geballer kann man sich dann einfach mal gemütlich zurücklehnen und entspannen. Der Song ist im Studio entstanden. Es war einer dieser Abende: man hockt im Studio herum, plötzlich kommt der Doktor (Dr. Pest, Keyboarder -Anm. d. Verf.) die Treppen hoch und sagt: „Ich hab da was! Hört euch das mal an…“. Also fingen wir an, daran herum zu basteln bis letztendlich dieser Song entstand. Das Ganze war eine sehr spontane Sache.

Die neue CD „Samurai“ wird in drei verschiedenen Versionen erscheinen. Einige Fans nennen dies „Fanverarschung“. Wie unterscheiden sich die Ausgaben und wie stehst du zu diesem Thema?

Also hier handelt es sich überhaupt nicht um Fanverarschung. Neben der regulären Ausgabe der CD gibt es zum selben Preis eine zweite Auflage inklusive DVD dazu. Als drittes haben wir uns für unsere Fans etwas Besonderes einfallen lassen: eine auf 1000 Stück streng limitierte Box mit Patch und Fahne. Das kann nun wirklich niemand beleidigt sein. Ach ja, der Release-Termin musste leider um eine Woche verschoben werden, da es im Presswerk Probleme gab.

Des Weiteren werden noch zwei Videos gedreht, wobei das zu „Eruption“ schon im Kasten ist. Wie siehst du eure Chancen auf MTVIVA gespielt zu werden? Ist es nicht ein etwas seltsames Gefühl zwischen EMINEM und BRITNEY SPEARS plötzlich DIE APOKALYPTISCHEN REITER zu sehen beziehungsweise hören?

Nun, ob wir tatsächlich auf einen der eben genannten Sender zu sehen werden sein, hängt von den Chartpositionen ab. Es gibt ja drei große Plattenfirmen, welchen auch die Musiksender gehören. Da wird es ziemlich schwierig sein, mit unserer Mucke „On Air“ zu gehen. Auf der anderen Seite find ich die Vorstellung zwischen BRITNEY und EMINEM einen REITER – Clip zu sehen sehr lustig. Ich meine, die Fanbasis ist vorhanden, die Verkäufe werden hoffentlich gut sein, aber im Endeffekt ist man dann halt doch nicht in den Medien präsent. Das liegt wohl am Image des „bösen Buben“, welches wir zweifelsohne haben. Oder doch daran, dass BRITNEY Titten hat und wir nicht!?


Zu welchem Song wird das zweite Video gedreht?

Da wir es noch nicht wissen, drehe ich den Spieß mal ganz einfach um: was ist dein Vorschlag?

Ich persönlich würde wahrscheinlich einen Clip zu „Reitermaniacs“ machen, da ich den Song stark finde und er direkt eure Fans anspricht.
Doch nun zur nächsten Frage. Ihr habt vor kurzer Zeit auf der Popkomm gespielt…?


Nein, dieser Gig wurde leider gecancelt. Wir hatten zu viel Feuer für unsere Show vorgesehen. Das passte den Veranstaltern dann doch nicht.

Ihr habt in Berlin vor kurzem eine geheime Show gespielt. Welche Gründe haben euch dazu bewegt, einen „Überraschungsgig“ zu spielen?

Wir wollten uns einfach mal bei unseren Fans bedanken und da kam uns diese Idee. Der Grund, dass wir den Gig geheim hielten, war rein geschäftlicher Natur. Wir durften nicht unter unseren Namen DIE APOKALYPTISCHEN REITER auftreten.

Wie siehst du das leidige Thema mit den illegalen Downloads von MP3-Dateien aus dem Netz?
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Für uns sind die Verluste tatsächlich dadurch enorm groß. Für die Zukunft sieht es sehr düster aus, was das Musikbusiness angeht. Wir werden bald keine Kohle mehr haben, um den Fans aufwendige Coverartworks bieten zu können. Ich hab da sogar so eine eigene kleine Zukunftsvision: man geht in die Disco, wirft 10 Cent in die Jukebox ein und kann sich jedes x–beliebige Lied anhören. Es geht alles weg von den Alben. Ich persönlich finde das sehr schade. Aber anscheinend herrscht in diesem Gebiet nun eine andere Mentalität, als ich sie mir wünschen würde.

Ihr wurdet auf eurer Homepage von den Fans in Bezug auf euren neuen Song „Die Sonne scheint“ als „die deutsche BLOODHOUND GANG“ bezeichnet. Deine Meinung dazu?

So ein Blödsinn! Man darf sich nicht nur auf einen einzigen Song beschränken. Das ergibt nicht viel Sinn. Bei uns schreibt das Leben die Lieder. Alles was wir so erleben, verarbeiten wir in unseren Songs. „Die Sonne scheint“ ist in Portugal entstanden. Ich lag am Strand und hatte einfach ein total super Gefühl im Bauch. Da kam mir die Idee zu diesem Track. Heute haben wir eine andere Vorstellung vom Sound und wie unsere Musik zu klingen hat. Das liegt sicherlich auch daran, dass wir heute bei weitem bessere Musiker sind als in unseren Anfangstagen. Wir wollen in der Entwicklung keinen Schritt zurück machen. Die alten Alben sind eine Art Erinnerung an super Zeiten, die wir saufend im Proberaum verbracht haben.

Auf eurer Homepage gibt es unter anderem Bilder von dir zu bewundern. Außerdem sind auch Verse und Texte zu finden. Wenden sich DIE APOKALYPTISCHEN REITER der Kunst zu?

Ganz so drastisch würde ich das Ganze nicht sehen. Volk–Man (Bass - Anm. d. Verf.) schreibt sowieso fürs Rock Hard und das Legacy Magazin. Ich selbst sehe das Malen nur als Hobby. Wenn mich die Lust packt, nehme ich Pinsel und Farbe und male wild drauf los.

Ihr spielt im November einige Shows in Deutschland. Wann kann man eure Künste hier in Österreich bewundern?

Das dürfte im Februar/März nächsten Jahres sein. Da werden wir in Wien, Salzburg und Graz spielen so viel ich weiß. Auf jeden Fall gehen wir wieder auf große Tour.

Nun zu eurem Label Nuclear Blast. Inwiefern hat das Label eure Arbeit zu „Samurai“ beeinlfusst?

Nuclear Blast hat null Einfluss auf unsere Musik. Wir lassen uns absolut nix vorschreiben. Nuclear Blast ist wirklich das beste Label für uns. Es arbeitet mit großem Einsatz und man kann sich zu jeder Zeit mit den Jungs und Mädels zusammensetzen und diskutieren, wenn etwas nicht passt. Nuclear Blast sieht natürlich alles von der wirtschaftlichen Seite. Trotzdem kann man seine Wünsche offen legen, so lange die Chartplatzierungen stimmen. Im Großen und Ganzen herrscht hier eine recht gute Kommunikation.


Auf „Samurai“ gibt es auffällig viele Texte in englischer Sprache. Wie siehst du die Situation?

Der Anteil ist 50:50. „Reitermaniacs“ zum Beispiel ist ein internationaler Song, den all unsere Fans auf der ganzen Welt verstehen sollten. Tiefsinnige schwierige Texte schreibe ich dann lieber in deutscher Sprache. Das hat sich so bei uns eingebürgert.

Es gibt ja nicht nur in Deutschland viele Bands, mit welchen ihr euch gut versteht. Wie sieht es mit der österreichischen Szene aus? Kannst du mir eine Band nennen, die dir besonders gefällt/missfällt?

Ehrlich gesagt kenne ich mich bei euch sehr wenig aus. Mir fällt jetzt auf Anhieb keine spezielle Combo ein. Hilf mir bitte mal auf die Sprünge!

PUNGENT STENCH zum Beispiel…

Ja die sind mit natürlich ein Begriff! Wir haben sogar schon mal mit ihnen zusammen gespielt. Da handelt es sich um ganz nette Jungs. Ihre neue Scheibe „Ampeauty“ ist jedoch Geschmackssache, da sie sehr extrem ist.

Jetzt sind wir auch schon bei meiner letzten Frage angelangt. Was sind eure Pläne für die Zukunft?

Wir werden uns live den Arsch abspielen. Für Ende November sind wir auf einem Festival in Oslo und danach beginnt unsere eigene große Tour. Hoffe wir sehen uns auf einen der Konzerte mal!

Auf jeden Fall. Vielen Dank für das Interview und alles Gute!


www.reitermania.de

Autor: Gunther

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Beitrag vom 02.12.2004
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