INTERVIEW MIT
DELIRIUM X TREMENS
Angesichts der nun schon mehrjährigen und nicht enden wollenden Invasion skandinavischer Extrem Metal-Truppen, ist es – ob dieser Dominanz - höchste Zeit wieder mal einen Blick südlich der Alpen zu riskieren: Was tut sich dort an der Underground-Front beziehungsweise gibt es eine solche überhaupt? Wie praktisch, dass sich mit DELIRIUM X TREMENS kürzlich eine junge Nachwuchsband des italienischen Death Metals in unsere Datenbank der Hoffnungsträger eingereiht und sich bereit erklärt hat, uns bei obiger Fragestellung zu erhellen… Das Quintett qualifizierte sich dafür mit ihrem ersten Output „CyberHuman“, der ebenso fetten wie eigenständigen Death bietet, ohne dafür ständig Ideen aus Schweden importieren zu müssen. Gründer und wortwörtliches Sprachrohr der Band, Shouter und Lead-Gitarrist Alberto, trat mit Earshot – God’s favourite webzine – in eMail-Kontakt. DELIRIUM X TREMENS wurde in Agordo in der Nähe von Belluno gegründet, wo liegt das denn? Gibt’s dort, außer euch, noch andere Metal-Bands oder sogar eine Art Szene? Belluno ist eine sehr spießige, schmalstirnige Stadt, was vielleicht in ihrer geographischen Lage begründet ist – komplett von Bergen umgeben. Es ist hier nicht gerade einfach als Death Metal Band zu agieren… Es gibt hier eigentlich keine weiteren Bands - jedenfalls keine bekannten - außer STRAMONIO möglicherweise. Das sind Prog-Metaller mit nem Deal bei Frontiers. Aber eine Szene kann man das nun wirklich nicht nennen. Habt ihr bereits mit gar international bekannten Bands gezockt? Deinen Schilderungen zufolge scheint es ja nicht eben leicht zu sein in der Gegend Live-Gigs an Land zu ziehen, bleibt also nur eine Tour. Schon getourt? Wir haben mit mehr oder weniger wichtigen Bands wie ENSOPH (geniale italienische Avantgarde-Metaller), NOVEMBRE (recht große italienische Gothic-Band) und ASTERIUS, aus Deinem Land, gespielt, und zwar im Rahmen der „Gothic Easter Tour“. Außerdem massig Gigs mit MINDSNARE, eine empfehlenswerte, ebenfalls italienische Death Metal-Band und anderen, im weitesten Sinne, lokalen Truppen. Leider lassen dich die meisten Läden nicht spielen, wenn du nicht über einen gewissen Bekanntheitsgrad verfügst, so sind unsere Möglichkeiten etwas limitiert. Dafür haben wir bisher aber auch stets gerult und dementsprechende Reaktionen eingefahren! Nächsten Mai haben wir eine weitere Tour in Aussicht, unmittelbar im Anschluss an die Recording-Sessions für unseren ersten Longplayer. Warum habt ihr geschlagene fünf Jahre gebraucht, um endlich was zu veröffentlichen? Gibt’s keine Demos oder frühere Aufnahmen? Schließlich, warum haben es nur fünf Songs auf die Debut-Mini geschafft? Tja, unser LineUp hat immer derart schnell gewechselt, dass wir eigentlich nie in der Lage waren, eine eingespielte Besetzung an den Start zu bringen, geschweige denn, zusammen was zu komponieren, deshalb sind weiters keine Demos von uns vorhanden.
Eigentlich dachten wir, dass fünf Songs genug für ne Mini sind… Wir hätten sowieso kein weiteres Material zur Verfügung gehabt, mal abgesehen vom Geld, von dem auch keines mehr da war, hähä… Was arbeitet ihr so, und habt ihr überhaupt die Bestrebung euch als Vollzeitmusiker zu verdingen? Das ist vollkommen unmöglich. Wir haben alle Jobs, an denen wir hängen. Sicher würde uns das Musikerleben gefallen, andererseits müssten wir uns dann mit anderen professionellen Bands vergleichen lassen, und, mal ehrlich, darunter sind richtig Gute. Bei mir genießt DELIRIUM X TREMENS größte Priorität, ich investiere sehr viel Zeit in die Band, was gleichfalls für die anderen gilt. Der Löwenanteil an Promo- und Logistikarbeit zum Beispiel wird von Pondro (am Bass - Anm. Tobias) und mir erledigt und das ist nicht eben wenig. Ihr gebt als maßgebliche Einflüsse schwedischen und floridanischen Death Metal an. Wobei meiner Meinung nach allerdings deutlich mehr Florida als Göteborg in euch steckt, da ihr eher straight als melodisch spielt und ganz schön viel Groove von der Leine lasst, was wiederum am ehesten zu OBITUARY passt. Hab ich da Recht? Was soll ich zu OBITUARY groß sagen, außer genial! Jedoch üben sie keinen expliziten Einfluss auf uns aus, obwohl Du wohl viele Ähnlichkeiten feststellen kannst. Was Florida angeht, kann ich Dir zustimmen, von daher kommt unsere Inspiration, außerdem noch aus der Bay Area und nicht zu vergessen natürlich auch aus Europa. Ich persönlich ziehe mir so ziemlich jedes metallische Genre rein, außer Power Metal. Ich liebe den Black Metal und auch Folkiges und keltischen Metal! Meine alltime Helden sind DEICIDE und MORBID ANGEL. Ohrenscheinlich habt ihr richtig Kohle in “CyberHuman” und sein Artwork gesteckt. Die Produktion hört sich fett nach BOLT THROWER an… Also ohne die Kosten für 500 CDs mit einzukalkulieren, haben wir gut 1000 Euros in die Studioaufnahmen gesteckt und sind mit dem Ergebnis hochzufrieden, danke auch! Erzähl mal doch was zu den Lyrics, den Texten. Wie wichtig sind die euch im Vergleich zur Musik? Die sind sehr wichtig. Pondro ist unser Chefübersetzer und fasst unsere Vorstellungen und Ideen über die moderne Welt und des Menschen Machthunger sehr verlässlich in Worte. Neuerdings versuche ich alleine Texte zu schreiben, aber das dauert - mal abwarten was daraus wird… Du, vielmehr Deine Grunts, erinnern ein wenig an den dafür Zuständigen bei ORPHANAGE… Von ORPHANAGE habe ich noch nie was gehört, aber ich check’s mal an, bei Gelegenheit. Mir deucht, dass Death Metal in Italien momentan ein bescheidenes Zwischenhoch erlebt, da kommen immer mehr Bands zum Vorschein, wovon es jedoch keine bisher zu internationaler Popularität gebracht hat, von SADIST abgesehen… Wirklich beliebt ist der Death hierzulande nicht, aber von den neuen Bands sind vor allem CORAM LETHE, STIGMA, DEFORGE, SLOWMOTION APOCALYPSE, die fantastischen MINDSNARE und NATRON zu empfehlen… Allen wünsche ich eine brutale Karriere. Ehrt SADIST! Apropos SADIST: Die hatten auf jedem Album prägnante Instrumentals, die sich stets sehr dynamisch ins Liedgefüge einbetteten. Auf „CyberHuman“ macht ihr so etwas Ähnliches; wird das auf dem anstehenden Debut fortgesetzt? Werdet ihr die Mini für das Album ausschlachten, im selben Studio aufnehmen, mit denselben Leuten? Ich nehme an, ihr seid auf Label-Suche. Schon mal an Pulsar Light in Vicenza gedacht? Ich denke nicht, dass wir diesbezüglich oder generell in unserer Entwicklung SADIST folgen werden. Stattdessen arbeiten wir energisch daran unseren Sound und unsere Art zu komponieren so originär wie möglich zu halten, um eine wohl definierte Identität zu kultivieren. Wir achten auf jedes Detail, jede verdammte Note ist dazu da, uns konkurrenzfähig zu machen und uns selbst zu gefallen.
Den Longplayer betreffend: Wir werden „Inside Me“ und den Titeltrack wieder verwenden und erneut im Majestic Studio mit Marino De Angeli arbeiten, denn der ist ausgesprochen professionell. Wir haben für 25 Tage gebucht! Sicher sind wir auf Labelsuche, meldet euch! Ich kenne den Michele von Pulsar Light, ein ehrlicher und vernünftiger Typ. Werdet ihr mehr Industrial und modernere Elemente für euer Debut aufgreifen, so wie es momentan absolut angesagt ist, und von beispielsweise MNEMIC oder SOILWORK vorexerziert wird oder von abermals SADIST auf „Crust“? Nö, unser Sound wird aus ausschließlich purem Todesstahl bestehen, allerdings bereichert um ein paar Gitarrensythesizer-Parts, damit wir mal was Neues ausprobieren können und einige Inhalte klanglich auf die idealste Art untermalt werden. Textlich beschäftigen wir uns mit den neuesten Experimenten der modernen Wissenschaft und dem damit verbundenen Machthunger der Menschheit. Dazu gibt’s einige Vocal-Effekte, nicht mehr. Der Sound hingegen wird mit den Bands, die Du vorhin aufgezählt hast, nicht mehr viel zu tun haben. Dennoch hoffe ich natürlich, dass es der Kritik gefallen wird… Was weißt Du über die “Italian Metal Alliance”? Die I.M.A. ist aus der Hingabe des starken Undergrounds heraus entstanden und stellt eine lose Allianz aus Bands dar. Doch glaube mir, die italienische Szene ist nicht so vereint, wie hier suggeriert wird. Wenn man an italienischen Metal denkt, sind RHAPSODY, LABYRINTH und Konsorten meist das erste, was einem in den Sinn kommt. Was denkst Du über dieses Genre, das für so manchen die gesamte italienische Metal-Szene repräsentiert? Ich habe ja bereits klargestellt, dass ich einfach keinen Power Metal höre und für diese Bands wenig übrig habe, obgleich ich nicht umhinkomme, sie für die harte Arbeit zu respektieren und ihnen das, was sie erreicht haben, zu gönnen. Davon aber genug, richten wir unsere Aufmerksamkeit wieder auf qualitativen, italienischen Death Metal! Lass uns zum Schluss lieber noch auf italienischen Black Metal zu sprechen kommen: welche medialen Konsequenzen zogen die kürzlich begangenen Morde in besagtem Umfeld nach sich? Die üblichen: Die Massenmedien verurteilten den Metal und benannten ihn als Hauptgrund für den Wahnsinn dieser Deppen. Ach, kein weiteres Wort darüber, vergesst diese Idioten! Aber danke Dir, Tobias und Earshot für das Interview und den ganzen anderen Verrückten, die uns unterstützen! Besucht uns auf unserer Heimseite im Internetz und bleibt Metal, herrgottnochmal! www.deliriumxtremens.com
Autor:
Tobias Weitere Beiträge von Tobias
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