Interview mit SONATA ARCTICA - Schiffsodyssee durch die Welt




"Ecliptica", "Silence", "Winterheart's Guild" und jetzt auch noch "Reckoning
Night". Vier Meisterwerke, die durch ihre jeweilige Universalität bestechen,
aber doch merklich das "Markenzeichen" SONATA ARCTICA auf sich tragen. Als
Vorband von NIGHTWISH bekamen die extravaganten Powermetaller rund um Tony
Kakko die Chance, Europa zu erkunden. Und ich die Möglichkeit, vor dem
Konzert in Wien den äußerst netten Keyboarder und inskribierten
Philosophiestudenten Henrik, "Henkka", mit Fragen zu löchern.



Wie geht's dir und der ganzen Band?

Uns geht's ganz gut. Ich bin ein bisschen katrig. Wir sind
jetzt seit zwei Wochen auf Tour, zehn Konzerte liegen hinter, 15 noch vor uns.
Also nichts Besonderes, die neue Scheibe ist draußen, und wir fühlen uns gut.
Wir versuchen einen Tag nach dem anderen in der „Hölle des Tourlebens“ zu
überstehen (lacht).


Wie hat man euch hier in Mitteleuropa empfangen? Ich meine, viele kennen euch wahrscheinlich gar nicht, weil sie sich NIGHTWISH als Überflieger des Popbizz anschauen kommen.

Wir haben ja zwischen den Auftritten mit NIGHTWISH auch welche alleine, zu denen natürlich nur unsere Fans kommen, aber auf den Gigs mit NIGHTWISH müssen wir wirklich hart arbeiten, dahin kommen viele Leute, die nicht so viel über Heavy Metal wissen und die nur das Phänomen NIGHTWISH sehen möchten und dieses Volk ist dann wirklich „anders“ als das, das normalerweise auf unseren Konzerten ist. Manchmal empfangen uns die Zuhörer ganz gut, manchmal wiederum müssen wir mehr Gas geben, um irgendeine Reaktion zu erhalten. Für uns ist diese Tour als Vorband ja nur Promotion, wir versuchen die Leute zu erreichen, die uns noch nie zuvor gehört haben.

Wie seid ihr eigentlich dazu gekommen, als Vorband von NIGHTWISH zu spielen?

Tuomas (Anm.: Keyboarder und Mastermind von NIGHTWISH) und Tony (Anm.: Sänger und Mastermind von SONATA ARCTICA) sind schon seit Jahren befreundet und Tuomas wollte dann, dass wir mitkommen. Sie haben zu zweit diesen Gedanken ersponnen.

Spielt ihr hier andere Lieder als in Finnland oder zum Beispiel in Japan

Also in Japan haben wir ein wenig andere Songs, dort müssen wir Lieder mit einem durchschnittlich schnelleren Tempo spielen. Hier und in Finnland haben wir zirka dieselben Sets mit demselben Material. Natürlich spielen wir auf unseren eigenen Konzerten ein wenig andere Songs als jetzt
mit NIGHTWISH.


Ist es so, dass ihr euch jetzt nicht so wirklich "traut", härtere Songs zu spielen?

Doch, wir spielen schon sozusagen einen „Querschnitt“ aus unserem Songrepertoire. Aber es ist eben ein dichter gepacktes Set, weil wir nur eine Stunde Zeit haben, auf unseren eigenen Gigs haben wir 1 ½ Stunden Zeit. Härteres ist also dennoch genug dabei, ein „Balladenset“ darf nicht zu
erwarten sein.


Ihr habt ein neues Album mit dem Titel „Reckoning Night“ rausgebracht. Als ich es zum ersten Mal gehört habe, habe ich wirklich geglaubt, ich sei auf einem alten Schiff im Sturm. Weißt du, wie Tony auf die Idee gekommen ist, als Leitfaden für das Album sozusagen diese Schiffsodyssee zu nehmen. Wieso ist das Album so geworden wie es geworden ist?

(lacht) Ich hab keine Ahnung. Es ist so, dass auf der Scheibe ein paar Lieder drauf sind, die er bereits vor zehn Jahren geschrieben hat. Seine Hirngespinnste kann man nicht erahnen. Er hat uns die noch nicht fertigen Stücke vorgelegt, einige waren noch in sehr unreifem Stadium, andere kurz vor dem letzten Schliff und dann haben wir das Ganze eben aufgenommen.

Wieviel macht ihr eigentlich (Anm.: =alle außer Tony) in diesem Entstehungsprozess?

Er (Anm.: = Tony) hat die Songs schon fertig. Bei ein paar Dingen sagt er dann genau, dass du es so oder so spielen sollst, bei anderen sagt er, „Spiel irgendwas Schönes!“. Die Soli sind natürlich mein eigenes Ding, da kann ich spielen, was ich will. Es kommt auf den Song an. Manche müssen ganz nach seinem Willen ablaufen, aber normalerweise kann ich ziemlich viel von mir selbst einbringen. Die Songs selbst sind allerdings schon fertig, wenn wir sie in die Hand kriegen, unsere Arbeit besteht also nur zum größten Teil im Anpassen an unsere Instrumente.

Du hast wahrscheinlich keine Ahnung, wie das Songwriting bei Tony abläuft, oder?

Nein, eigentlich nicht. Andererseits redet er selber auch nicht so gern über Liedtexte und Ähnliches. Es ist besser, dass sich jeder seinen eigenen Teil zu den Texten denkt und sich sein eigenes Bild macht. Auf der letzten Tour zum Beispiel habe ich bei einem Lied Tony gefragt, worüber es handelt, weil es meiner Meinung nach ein sehr schöner Song ist.

Welcher war das?

„Broken“ (Anm.: von „Winterheart’s Guild“). Ich habe dann gefragt: „Hey, dieser Song ist ganz o.k., wovon handelt er?“. Tony hat dann angefangen, zu erzählen, wovon er handelt und ich habe mir nur gedacht „Nein, zum Teufel, „saatana“ das kann’s nicht sein.“

Wovon handelt „Broken“ denn?

Es geht um einen Außerirdischen, der auf der Erde landet und nicht mehr weg kann. Lies dir mal den Text mit diesem Wissen im Hinterkopf durch. Ich war total fertig und habe mir gedacht „He, scheiße“, weil ich ein komplett anderes Feeling für diesen Song entwickelt hatte. Danach haben wir uns darauf geeinigt, dass Tony mir nie wieder seine Songtexte erklärt.

Ihr habt auf der neuen CD einen Song, „My Selene“, der von Jani (Anm.: dem Gitarristen) geschrieben worden ist. Habt ihr nun in Zukunft vor, das Songwriting „gerechter“ innerhalb der Band aufzuteilen?

Ich weiß nicht so wirklich. Es ist immer so gewesen, dass jeder seine Songs mitbringen kann, aber das hat niemand getan, außer jetzt eben Jani diesen einen Song. Wenn ich selbst komponiere, dann ist es nicht solche Musik, die zur Band passen würde. Es wäre sinnlos, mein Material überhaupt in Betracht zu ziehen.

Bist du dann auch in anderen Bands?

Ich bin in SILENT VOICES und ich habe ein paar Projekte am Laufen. Im Urlaub, wenn die Tour aus ist und wir teilweise Pausen von ein paar Monaten haben, muss ich mich irgendwie beschäftigen, damit mir nicht langweilig wird (grinst).

Hast du irgendeine Ahnung, in welche Richtung sich SONATA ARCTICA jetzt bewegen wird? Ihr habt ja jetzt bereits nach vier Alben schon ziemlich viele, manchmal auch überraschende Grenzen überschritten...

Das hängt ziemlich viel von Tony ab. Es wird sicher auch weiterhin schnelle und langsame Lieder geben, also die Hauptelemente, die die Band ausmachen, werden bleiben. Ich denke aber, dass wir uns so langsam eher in die rockigere Richtung bewegen oder bewegt haben, also mal schauen, ob es so bleibt. Ansonsten sind unsere Pläne ziemlich klar. Bis nächstes Jahr im Herbst touren wir, im Frühling bekommt uns Europa wahrscheinlich noch einmal zu sehen, kommt darauf an wie sich die Platte verkauft. Japan steht noch offen, dort darf man uns im Februar erwarten, außerdem war die Rede von Südamerika und den U.S.A. und nach den Sommerfestivals haben wir vor, eine Pause zu machen.

In Japan seid ihr ja ziemlich bekannt, oder?

Ja, dort müssen wir keine Werbung mehr machen. Die Fans sind von einem anderen Kaliber. Sie sind total höflich, trauen sich nicht, mit dir zu reden. Vorm Konzert stehen sie brav auf ihrem Fleck, wenn die Band auf der Bühne tritt, spielen sie die nächsten zwei Stunden während des Gigs verrückt, aber danach ist alles wieder beim Alten und sie spazieren brav aus der Halle. Sie kommen nach Europa, um uns zu sehen. Ziemlich eigenartiges Volk, ich würde nie wegen einer Band irgendwohin reisen...außer vielleicht, wenn PANTERA eine Reunion und eine Tour machen würde.

Welche finnischen Bands hörst du und würdest denjenigen empfehlen, die durch euch auf den Geschmack finnischen Metals gekommen sind

...und die wahrscheinlich nichts über Finnland wissen (lacht). Naja,
NIGHTWISH natürlich, DIABLO ist verdammt gut, wenn man „kikkelihevi“ (Anm.:
"kikkelihevi" heißt übersetzt soviel wie "Schwanz-Heavy Metal", also im
übertragenen Sinn Power Metal) mag, dann vielleicht THUNDERSTONE. Wenn wir auf demselben Festival sind wie diese Bands, schaue ich sie mir an, ansonsten gehe ich aber nicht sehr oft zu irgendwelchen anderen Konzerten, meistens habe ich ohnehin genug von dem Lärm, den wir selbst produzieren. Wenn ich dann endlich mal zuhause meine Ruhe haben kann schalte ich lieber das Handy ab und hau mich vor den Fernseher oder schlafe.


Wie denkst du eigentlich über den Erfolg von NIGHTWISH? Ist er nur ein Zeichen einer Modeerscheinung oder...?

Ich weiß nicht so recht, wahrscheinlich auch das. Aber sie haben ja auch vor "Once" mit jeder Platte mindestens Goldstatus erreicht, also irgendwas ist schon dran. Jede Band hat einen Höhepunkt in ihrer Karriere, und wenn die erste Begeisterung dann langsam wieder abfällt, bleibt der Erfolg irgendwann auf einem gewissen Level stehen. Ob bei NIGHTWISH die Spitze schon erreicht ist, oder ob noch mehr kommt, bleibt abzuwarten. Ich persönlich finde es aber verdammt gut, dass finnische Heavybands so erfolgreich die Welt erobern. Es trägt ja zumindest keiner einen Schaden davon.

Dankeschön fürs Interview!

Bitteschön, keine Ursache.

www.sonataarctica.info

Autor: Kristina

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Beitrag vom 05.11.2004
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