Interview mit AGATHODAIMON - Nach drei Jahren Schaffenspause wieder zurück an die Spitze


AGATHODAIMON zählen zu den führenden Black Metal Bands in Deutschland. Doch so einfach kann man die Combo schon lange nicht mehr in diese stilistische Schublade stecken. Welche Musik uns AGATHODAIMON mit ihrem vierten Longplayer „Serpent´s Embrace“ präsentieren, wie nun das momentane Line up nach etlichen Wechseln aussieht und einiges mehr erzählte mir der sympathische Gitarrist Sathonys im Zuge eines Telefoninterviews.



Man konnte bei Erscheinen eurer letzten CDs erkennen, dass es immer wieder zu kleineren Änderungen im Line up kam. Könntest du mich auf den aktuellen Stand der Dinge bringen und wie sieht es mit eurem ursprünglichen Sänger Vlad aus? Meinen Informationen zur Folge ist er seit einiger Zeit nicht mehr mit von der Partie…


Man muss das Ganze etwas differenziert betrachten. Vlad war in diesem Sinne Gründungsmitglied. Als er eines Tages nach Rumänien flog (sein Heimatland, der Verfasser) wurde ihm die Ausreise verweigert. Beim ersten Album war er noch hier in Deutschland dabei, das Zweite nahm er in Rumänien auf und nach der dritten Scheibe hat er von sich aus gemeint, dass die Zusammenarbeit keinen Sinn ergeben würde. Erstens haben sich seine musikalischen Präferenzen geändert und zweitens ist die räumliche Distanz ein weiterer Grund. Doch er steuert noch ab und an ein paar Parts zu unseren neuen Songs bei. Ansonsten hat Christina die Band wegen Motivationsproblemen verlassen, welche durch Felix am Keyboard ersetzt wurde. Neu dabei ist auch Eddi, sonst ist alles beim alten geblieben.


Da seit Veröffentlichung der letzten CD „Chapter III“ bereits drei Jahre verstrichen sind würde es mich interessieren, was ihr in dieser Zeit so getrieben habt?


Wir fingen ziemlich bald an am neuen Material zu arbeiten, neue Musiker zu suchen und es dauerte natürlich einige Zeit bis die Chemie zwischen uns stimmte. Danach mussten wir eigentlich noch einmal von vorne beginnen. Denn bei uns hat jeder die Möglichkeit seine eigenen Ideen ein zu bringen – die Summe der einzelnen Individuen macht bei uns den Sound.


Euer neues Album „Serpent´s Embrace“ ist ziemlich schwer in eine stilistische Schublade zu stecken. Die musikalischen Unterschiede zwischen euren CDs sind ziemlich groß. Wie würdest du die Musik eures neuen Werkes am besten in Worte fassen?


Ich sehe es so, dass jede CD ein Abdruck dessen ist, was wir zum jeweiligen Zeitpunkt im Stande waren zu tun. Gerade im musikalischen Bereich, welcher auch eine Kunstform ist, zählt Weiterentwicklung zu den wichtigsten Tugenden. Man versucht immer alles so gut wie möglich zu machen, was auch unser Ziel ist. Wir hatten bei „Serpent´s Embrace“ unsere Scheuklappen abgelegt und es hört sich für mich wie eine Zusammenfassung dessen an, was wir bisher gemacht haben. Wir sind wieder ins selbe Studio gegangen, hatten dieselben Arbeitsbedingungen und waren musikalisch etwas gelöster. Im Proberaum hört sich alles immer ganz anders an, im Gegensatz zum Endergebnis. Das Album ist auf der einen Seite sehr abwechslungsreich geworden aber die Songs insgesamt geben eine runde Mischung ab.




Kannst du mir etwas über den Entstehungsprozess eurer neuen Langrille erzählen? Wie liefen die Aufnahmen, wer schreibt die Songs und wer ist für welchen Teil verantwortlich?


Wie ich schon kurz angeschnitten habe gibt es bei uns niemanden, der das Ruder an sich reißt. Jeder kann seinen Input einbringen. Vorraussetzung ist, dass es den anderen gefällt. Wenn die Idee gut ist wird sie auch verwendet. Es ist für jedes Bandmitglied gut, wenn es kreativ an der ganzen Sache mitwirkt und nicht nur als musikalisches Anhängsel dabei ist. Meistens läuft es so ab, dass einer das Grundgerüst abliefert und die anderen ihren Senf dazu geben. Das Grundgerüst entsteht meistens in Einzelarbeit und im Proberaum oder im Studio wird das Ganze dann fertig gestellt.


Was dem Hörer eures neuen Silberlings sofort auffällt, ist die Ballade „Solitude“, welche sich musikalisch gesehen deutlich von den übrigen Tracks unterscheidet. Wie kam es zu dieser Nummer und wer ist die Dame hinter dem Mikro?


Die Orphelia (Ruth Knete mit bürgerlichen Namen) ist gleichzeitig die Sängerin der Band unseres neuen Keyboarders und der zweiten Band unseres Sängers. Wir kennen sie schon dementsprechend lange, da sie bereits auf unserem 97er Demo und dem ersten Album einige Lyrics beigesteuert hat. Doch danach war ich von Frauengesang nicht so sehr begeistert, da es bereits etliche NIGHTWISH ähnliche Bands gibt. Wir haben versucht uns mit „Solitude“ etwas von dem operettenhaften Stil zu entfernen. Die Balladen sind für uns generell eine Art Experimentierfeld bei denen wir über unsere Grenzen hinausgehen, welche bei den anderen Songs vorhanden sind. Beim zweiten Album war es eine Power Metal Ballade, beim Dritten ging es eher in Richtung Gothic und nun ist es – keine Ahnung wie man es am besten beschreibt…


Einige Songs auf „Serpent´s Embrace“ werden gerne mit SOILWORK verglichen. Was haltest du persönlich von diesem Vergleich?“


Ich kann zumindest verstehen woher der Vergleich kommt. Es gibt da eine Sache, welche bei uns ein Streitfall war. Der Titelsong „Serpent´s Embrace“ beginnt mit einer Keyboard Melodie, deren vom Keyboard gespielte Skala der von SOILWORKs „Rejection Role“ ziemlich ähnlich ist. Doch das Lustige an dieser Geschichte ist, dass Felix eher auf OPETH und KATATONIA steht und mit SOILWORK überhaupt nichts anfangen kann. Wir haben auch lange überlegt ob wir diesen Part nehmen sollen, da die Ähnlichkeit eindeutig gegeben ist. Normalerweise versuchen wir so etwas zu vermeiden aber in diesem Fall passt es einfach gut zum Song.




Kannst du mir kurz erzählen wer bei euch für die Texte verantwortlich ist?


Bei den Lyrics ist es gleich wie bei der Musik. Es sind mehrere Texter daran beteiligt. Unter anderem gibt es Gastbeiträge von zum Beispiel einem Mann aus Portugal, welcher in seinem Heimatland an der Uni Englisch unterrichtet, bereits für unser Debüt Album Texte geschrieben hat und ein guter Dichter ist. „Cellos For The Insatiable“, den Opener, hat er zum Beispiel geschrieben. Unser ehemaliger Sänger Vlad hat ebenfalls zwei Gastbeiträge beigesteuert. Da er nicht bei uns sein kann, lebt sein Geist trotzdem in unserer Musik weiter (lacht). Wir versuchen immer die Klangbilder, die man mit den Lyrics erzeugt, in den Vordergrund zu stellen um so eine Storyline an den Mann zu bringen. Es geht darum, die Musik mit Hilfe der Texte zu untermalen. Es ist die Symbiose zwischen Text und Musik, welche das Gesamtwerk ausmacht.


Habt ihr euch schon einmal Gedanken darüber gemacht einen Song in deutscher Sprache auf zu nehmen?


Wir haben eigentlich auf unserem Debüt schon einen deutschsprachigen Titel aufgenommen. Ich habe mir auch schon ernsthaft Gedanken darüber gemacht, fürs nächste Album deutsche Texte zu verfassen. Doch das größte Problem dabei ist, dass es nichts schwierigeres gibt als einen guten Text in Deutsch zu schreiben. Es gibt nur wenige Bands bei denen ich mir denke: „Wow, das hört sich gut an!“ Ich weiß nicht, ob ich mich dabei wohl fühlen würde. Ich will nicht einen deutschen Song schreiben nur damit er in meiner Muttersprache ist, sondern es müsste einfach passen.


Gibt es bestimmte Bands, die eure Musik ausschlaggebend beeinflusst haben?


Das ist schwer zu sagen. Ich bin seit einigen Jahren ziemlich stark im Metal Geschäft involviert, arbeite bei einer Plattenfirma und schreibe für ein Magazin. Deswegen höre ich zwangsläufig viel verschiedene Musik aus diesem Bereich. Es sind zwar hin und wieder gute Sachen dabei, doch so richtig umgehauen wie vor drei Jahren hat mich eigentlich keine Combo mehr. Es gibt einige Newcomer die mir gut gefallen, aber nicht aus dem Black Metal Bereich kommen. Die Einflüsse stammen eigentlich von älteren Sachen wie zum Beispiel MAIDEN, SLAYER oder QUEENSRYCHE. Doch das hört man nicht unbedingt aus unserer Musik heraus. Wie versuchen unser Ding so originell wie möglich zu machen. Man soll nicht sagen: „Oh da haben sie bei der Band geklaut und da bei dieser…“ Gerade wenn man für ein Musikmagazin schreibt ist man gezwungen, dem Leser die Musik im Vergleich mit anderen Bands zu beschreiben.


Seid ihr eigentlich noch in der deutschen Black Metal Szene aktiv oder habt ihr euch davon etwas distanziert?


Als wir angefangen haben war es so, dass man ziemlich schnell in diese Szene hineingekommen ist und man sich gegenseitig viel unterstützt hat. Dieser Undergroundcharakter hatte noch mehr Substanz als heute. Jetzt gehen Diskussionen los, wer wirklich „true“ ist und wer nicht. Manche meinen AGATHODAIMON seien Kommerz weil sie haben dies und das… Wenn du bei einem Plattenlabel einen Vertrag unterzeichnest ist sofort vom Ausverkauf die Rede. Doch wozu macht man Musik? Entweder man nimmt es auf und will, dass die Leute es hören oder man spielt für sich alleine. Die Bands kotzen sich gegenseitig über die anderen aus. Das Zusammengehörigkeitsgefühl ist nicht mehr so stark vorhanden wie früher. Wir versuchen mit bestimmten Bands zusammen zu arbeiten und uns gegenseitig Tipps zu geben. Wir sind nach wie vor mit Einigen gut befreundet. Die Einen gehen ins Extreme, die Anderen sind aufgeschlossener.




Bleiben wir noch kurz beim Thema Metal Szene. Wie gut kennst du die österreichische Szene und welche Bands kennst du beziehungsweise findest du gut?


Die Gigs in Österreich sind mir ehrlich gesagt am liebsten, denn hier haben wir die besten Erfahrungen gemacht. Gute Bands gibt es bei euch en masse. Die Truppe von Moritz Neuner gefällt mir sehr gut. Früher gab es haufenweise Combos die mir gefallen haben, welche ich in letzter Zeit aber leider etwas aus den Augen verloren habe. GOLDEN DAWN fallen mir da zum Beispiel ein. Dieses ganze Austrian Black Metal Syndicate fand ich sehr interessant. Oder die kleineren Projekte wie PAZUZU zum Beispiel waren mir schon immer sympathisch. Österreich hat eine sehr gute Szene und es ist interessant diese zu verfolgen.


Wie sieht es mit eurer Zusammenarbeit mit Nuclear Blast aus? Seid ihr so weit zufrieden damit?


Ja auf jeden Fall! Wir sind eine sehr kleine Band im Vergleich zu NIGHTWISH zum Beispiel. Wenn man sieht was für die so genannten Großen gemacht wird denkt man sich: „Schade das für uns nicht so viel getan wird“. Auf der anderen Seite ist das natürlich ganz logisch. Um beim Beispiel NIGHTWISH zu bleiben: diese Band setzt haufenweise Alben ab und da lohnt es sich auch dementsprechend viel in die Werbung zu investieren. Wir bekommen aber auch jede Menge professionelle Unterstützung und das Label versucht halt dabei einen Gewinn zu erzielen. Es wird genug für uns getan und es macht Spaß mit Nuclear Blast zusammen zu arbeiten. Ich kann mir eigentlich kein besseres Label vorstellen.


Ihr seid in den letzten Jahren mit einigen großen Bands zusammen auf Tour gewesen. Mit wem hattet ihr am meisten Spaß?


Eine sehr coole Sache war für mich persönlich die Tour mit DISMEMBER und CHILDREN OF BODOM. DISMEMBER ist eine Band, die ich schon sehr lange zu meinen Lieblingen zähle. Es war ein total surreales Gefühl: auf einmal war ich mit ihnen auf Tour und hab mich mit den Jungs unterhalten. Doch auch DIMMU BORGIR und CRADLE OF FILTH waren eine super Erfahrung für uns alle.


Gibt es vielleicht eine bestimmte Band mit der du schon immer gerne zusammen spielen wolltest?


Also wenn ich die freie Wahl hätte würde ich mir ein Revival mit AUTOPSY wünschen. Ansonsten stehen SAMAEL und MORBID ANGEL ganz oben auf meiner Wunschliste, was leider sehr unwahrscheinlich ist. SLAYER und IRON MAIDEN gehören auch noch zu meinen Faves, mit welchen ich gerne ein paar Gigs zocken würde.


Wenn du privat Black Metal hörst, geht das dann eher in Richtung Underground oder in modernere Gefilde?


Ich sehe das Ganze nicht so eng. DIMMU BORGIR zum Beispiel habe ich erst mit der „Spiritual Black Dimensions“ kennen gelernt. Ich finde sie sind mit der Zeit eher extremer geworden. Es sind mehr Blast Beats dabei und die Songs haben mehr Klasse als in den Anfängen. Mir persönlich gefallen EMPEROR und auch CRADLE OF FILTH, wobei ich bei Letzteren die neuen Sachen nicht mehr so gut finde. Man hört, dass die Bands viel Geld in ihren Sound investieren. Deswegen halte ich nichts davon wenn jemand meint: „Uh meine 15 jährige Schwester hört CRADLE, jetzt muss ich die CD in die Mülltonne werfen…“ Im Endeffekt sollte die Qualität der Musik zählen und deswegen ist es egal ob die Band bekannt oder unbekannt ist. Wenn es um Black Metal geht, habe ich mich an den letzten CDs schon ziemlich satt gehört. Es wird immer schwieriger jemanden zu begeistern, da eine gewisse Übersättigung am Markt vorhanden ist.


Würdest du AGATHODAIMON als reine Black Metal Band bezeichnen?


Ich würde sagen wir sind eine Band die ihre Wurzeln im Black Metal hat und dieses düstere Feeling auf jeden Fall noch behalten will. Wir haben schon bei unserem ersten Demo unsere Musik als Dark Epic Metal bezeichnet. Denn wir wollten nicht in die Satanisten Ecke gedrängt werden. Dieses einseitige reflektieren und kritisieren von Religionen ist nicht mein Ding. Wir wollten immer eine recht offene Band sein, was sich auch in unseren Texten wieder spiegelt.




Kann man AGATHODAIMON in nächster Zeit live bewundern? Spielt ihr auf Festivals?


Wir haben heuer auf dem Wave Gothic Festival gespielt und ein kleineres Festival mit DISBELIEF und DESASTER. Wir spielen noch am Up From The Ground sowie auf einem holländischen Festival. In Österreich gibt es nur einen Termin, welcher im Oktober im Form des Possession Festivals stattfindet. Wir hatten einen eher schlechten Release Termin für unsere neue CD da zu diesem Zeitpunkt die Bookings für diverse Festivals bereits abgeschlossen waren. Auf der anderen Seite hat es auch einen Vorteil, da es eine Zeit dauert bis wir die neuen Songs im vollen Glanz präsentieren können.


Bevorzugst du Festival oder kleinere Club Gigs?


Ich sag mal so, wenn uns jemand anbieten würde in Wacken auf der Mainstage den Headliner zu spielen würden wir mit Sicherheit nicht ablehnen. Aber generell finde ich Club Gigs von der Atmosphäre her besser. Wenn wir auf Open Airs spielen ist es meistens so um die Mittagszeit und da kommt der Auftritt nicht so gut rüber. Was mich an Festivals stört ist der zwei bis drei Meter große Fotograben zwischen Bühne und Publikum. Deswegen schwappt die Stimmung nur sehr schwer auf die Leute über.


Zum Abschluss möchte ich noch wissen, wie eure Pläne für die nähere Zukunft aussehen.


Wir wollen dieses Mal richtig auf Tour gehen. Das letzte Mal wurde sie ja leider abgesagt. Die Studioarbeit ist für mich nicht gerade das Schönste was es gibt. Deswegen freue ich mich schon unheimlich auf die Konzerte und die Reaktionen unseres Publikums. Außerdem fangen wir so schnell wie möglich damit an, an neuen Songs zu arbeiten. Wir wollen nicht noch einmal drei Jahre für unser nächstes Album brauchen.


Gut, dann bedanke ich mich recht herzlich für das Interview und wünsche dir und deiner Band alles Gute!


www.agathodaimon.de

Autor: Gunther

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Beitrag vom 02.09.2004
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