INTERVIEW MIT SIN AFTER SIN


SIN AFTER SIN aus Ried im Innkreis in Oberösterreich zählen seit jeher zu den aktivsten und besten Undergroundbands des gesamten Landes. Nach unzähligen Gigs und dreier CD-Produktionen war ein Interview mit dieser Formation ohnehin schon lange überfällig. Meine Gesprächspartner war Andreas Mitterbuchner (Bass/Gesang).



Thomas Hutterer.: Warum habt Ihr Euch seinerzeit ausgerechnet für den Bandnamen SIN AFTER SIN entschieden? Hat dies eventuell etwas mit dem gleichnamigen JUDAS PRIEST- Album zu tun?

Andreas Mitterbuchner.: Stimmt, aber ansonsten haben wir mit Bands wie Priest rein gar nichts gemeinsam Wir waren einfach auf der Suche nach einem aussagekräftigen Namen, blätterten in ein paar Magazinen und lasen irgendwo "SIN AFTER SIN". Wir mochten den Klang und die vielen Interpretationsmöglichkeiten, und das war's dann auch schon.

T.H.: Ursprünglich waren SIN AFTER SIN meines Wissens dem Punklager zuzuzählen. Ist diese Aussage richtig, bzw. mit welchen Bands konnten Eure ersten Demoaufnahmen stilistisch verglichen werden?

A.M.: Wir wurden anfangs tatsächlich der Punk-Szene zugeordnet, was wir uns eigentlich nur aufgrund unserer eher schnellen Songs erklären konnten, denn obwohl wir uns in manchen Lyrics auch gegen Intoleranz und Rassismus aussprachen, so konnten wir mit echtem Punk und der Ideologie dahinter doch nie wirklich viel anfangen. Unsere ersten Demos mit irgendwelchen Bands zu vergleichen, ist nicht sehr einfach, aber ich würde mal sagen, mit viel Fantasie könnte man Einflüsse von den MELVINS, SEPULTURA oder den BEATLES entdecken.

T.H.:1997 erschien Eure 1. Mini-CD "Whiskey, Sanchez & Burner". Im Vergleich zu neueren Aufnahmen klangen die alten Songs wesentlich rauer, aber auch brutaler, wenngleich nicht so abwechslungsreich, wie heute. Wie steht Ihr heute zu diesem Werk?

A.M..: Als wir für die Aufnahmen zu "Whiskey, Sanchez & Burner" ins Studio gingen, waren wir jung, neugierig, hungrig und wütend. Es war uns sehr wichtig, all unseren Emotionen endlich eine Bühne zu bereiten, einen Namen zu geben. Es hört sich heute vielleicht blöd an, aber vor fünf Jahren war es für eine junge Band überhaupt nicht so selbstverständlich, eine CD zu produzieren, wie heute. "Whiskey, Sanchez & Burner" enthält großartige Momente, und auch wenn vieles an dieser CD nicht mehr ganz zeitgemäß ist, so sind wir doch sehr, sehr stolz auf unser erstes Baby.

T.H.: Euer 2. Album "Useless Eaters" erschien dann ein Jahr später, und stellt Euer bisher einziges vollständiges Album dar. Meiner Meinung nach sind bereits auf diesem Werk kompositorische Weiterentwicklungen gegenüber dem Erstlingswerk unüberhörbar. Wie denkt Ihr heute über dieses Album?


A.M..:Um ehrlich zu sein, ist "Useless Eaters" bis heute das Werk, das diese Band am besten repräsentiert. Nach "Whiskey, Sanchez & Burner" spielten wir jede Menge Konzerte, dabei sammelten wir unzählige Eindrücke und Erfahrungen, wir wurden älter und reifer und sahen viele Dinge aus einem anderen Blickwinkel. Die rohe Aggression, die unser Erstlingswerk zu einem unruhigen Bastard machte, wurde eingefangen, gebündelt und zu einem Dampfhammer namens "Useless Eaters" umfunktioniert. Dieses Album ist wie ein Schlag ins Gesicht der Musikindustrie, wie ein ausgestreckter Mittelfinger an alle, die mit dem Strom schwimmen. Wir hatten etwas zu sagen und das haben wir auch getan.

T.H.: Im Jahr 2000 brachtet Ihr ein Minialbum namens "Godless Generation" auf den Markt. Diese CD weist starke stilistische Veränderungen gegenüber den anderen Scheiben auf. Insgesamt klingt das Endresultat meines Erachtens teils reifer, facettenreicher, aber auch melodischer, als man es bis zu diesem Zeitpunkt von Euch gewohnt war. Seid Ihr aus heutiger Sicht mit diesem Album noch voll und ganz zufrieden?

A.M..: Unsere Karriere ist wie eine Autobahn: Mal macht's irrsinnigen Spaß mit Vollgas auf der Überholspur zu rasen und manchmal kann es auch ganz schön sein, den Fuß vom Gas zu nehmen, sich zurückzulehnen und die Aussicht zu genießen. Nur sollten links und rechts Leitplanken sein, die die Richtung vorgeben und dich nicht vom Weg abkommen lassen. Diese Leitplanken mussten wir für uns festlegen und das haben wir mit "Useless Eaters" und "Godless Generation" getan. "Godless Generation" zeigt uns von unserer ruhigeren Seite, die genauso Teil von uns ist und einfach mal in irgendeiner Form raus musste. Dazu kam, dass wir zu dieser Zeit wahrscheinlich zu wenig persönliche Probleme hatten, aber das hat sich mittlerweile zum Glück wieder geändert. Die Reifen glühen wieder!

T.H.: Steckt eigentlich hinter dem Albumtitel "Godless Generation" eine tiefere Bedeutung?

A.M.: Schalte einfach den Fernseher ein, und die Frage ist beantwortet.

T.H.: Mich erinnert übrigens Eure musikalische Weiterentwicklung ein wenig an jene von SCHWEISSER (R.I.P.), mit welchen Ihr ja so manchen Gig absolviert habt. Die vorletzte SCHWEISSER-CD "Heiland" klang ebenfalls bedeutend melodischer und weniger aggressiv als das Material des Vorgängerwerkes ("Willkommen im Klub"). Was hältst Du von diesem Vergleich?

A.M..: Uns in irgendeiner Form mit den Schweissern zu vergleichen grenzt schon fast an Gotteslästerung, da wir die Jungs bis heute als eine der intelligentesten Bands aller Zeiten verehren. Alles was sie machten hatte eine Berechtigung, und auch wenn ihr letztes Album "Bitte Warten" übel verrissen wurde, so war es doch ein unglaublich emotionelles und ehrliches Stück Musik. Dass auch wir einmal ein derart ruhiges Album produzieren werden, können wir allerdings getrost ausschließen, denn unser derzeitiger Stil macht uns einfach zu viel Spaß. Die SCHWEISSER haben ihr Ding gemacht und wir machen unser Ding. Das sollte respektiert werden!

T.H.:Ihr habt kürzlich im Rieder K.I.K. ein neues Video präsentiert. Was gibt es dazu zu erzählen?

A.M..: Nach unserer dritten selbstproduzierten CD suchten wir eine neue Herausforderung, einen neuen Weg, unsere Band zu präsentieren. Wir haben ohne Budget und ohne professionelle Hilfe einen Videoclip gedreht und sind mit dem Ergebnis mehr als zufrieden. Das Video dient in erster Linie Promotionzwecken, wobei wir es natürlich auch gerne mal auf VIVA2 entdecken würden, aber da machen wir uns eigentlich keine Illusionen. Für die Fans ist der Clip außerdem als Bonus auf unserer neuen Single "Streetcat" enthalten, die man über unsere Homepage www.sinaftersin.com bestellen kann.

T.H.: Wie könnte man Eurer Meinung nach den Stil von SIN AFTER SIN heutzutage am treffendsten kategorisieren?

A.M.: Ich würde mal sagen, wir machen das, was wir fühlen. Wenn man nach sieben Jahren noch bei jedem Song eine Gänsehaut bekommt, muss man wohl irgendetwas richtig machen.

T.H.: Auf der letzten CD war ein Song namens "Superstar" enthalten, in dem Ihr auf textlicher Ebene die Schattenseiten des Rockstardaseins beleuchtet ("..puppet of the televison government.."). Ist es nicht andererseits zum Teil ungemein frustrierend für fähige Musiker, wenn "Virtuosen" und "Könner" a la NO ANGELS so großen Erfolg einheimsen, während richtig talentierte Bands kommerziell auf der Strecke bleiben?

A.M..: Naja, es ist schon irgendwie seltsam und traurig zugleich, aber anscheinend ist ja der Markt für solch identitätslose Sachen vorhanden, und deshalb sollen die das ruhig machen. Ich denke, wer zu viel Zeit damit verbringt sich über die Ungerechtigkeit des Business aufzuregen, hat ohnehin schon verloren. Für wirklich gute Musik wird immer Platz sein und Qualität wird sich immer durchsetzen.

T.H.: Gab es eigentlich schon jemals nähere Kontakte mit Labels betreffend einer Zusammenarbeit?

A.M.: Kontakte gab es bereits zur Genüge, aber irgendwie hat's noch nicht geklappt. Für richtig große Sachen waren und sind wir den Labels einfach zu unkommerziell, was an sich schon das größte Kompliment ist, das man bekommen kann. Wir konzentrieren uns nun auf kleinere Firmen, wobei wir natürlich auch Ansprüche und Vorstellungen haben, die für ein finanzschwaches Label nicht gerade einfach umzusetzen sind.

T.H.: Ihr seid ja schon x-mal als Vorgruppe von namhaften Acts (SCHWEISSER, HELMET, DIE HAPPY, THERAPY? etc.) in Erscheinung getreten. Gab es dabei besondere Erlebnisse (positiver/negativer Natur), über die Ihr hier berichten könntet?

A.M..: Also das Positivste gleich vorweg: Alle Bands waren irrsinnig nett, keine Starallüren, keine arroganten Superstars. Es gäbe natürlich unzählige Geschichten zu erzählen, alleine über die SCHWEISSER/RYKER'S - Tour könnte man ein Buch schreiben und da sind auch richtige Freundschaften entstanden. Kid D von den RYKER'S hat die gesamte Tour mit SIN AFTER SIN -Pulli und Boxershorts gespielt, Miene von den Schweissern hatte sogar noch auf der ganzen Deutschland-Tour unser Shirt an. Auch mit SUCH A SURGE und THERAPY? haben wir uns bestens verstanden und sind nach wie vor in Kontakt, während wir von Bands wie HELMET oder MOLOTOV, die auch supernett waren, nach dem gemeinsamen Gig nichts mehr gehört haben..

T.H.: Wie steht Ihr eigentlich zu der Szene im Innviertel bzw. in Oberösterreich? Im Innviertel gibt's ja zahlreiche fähige Gruppen wie KONTRUST (Ex-SUICIDE MISSION) oder auch ANTISMART. Zudem ist mir aufgefallen, dass wohl ein großer Zusammenhalt zwischen den Bands/Fans bestehen dürfte. Schließlich wurden die letzten beiden ABC-Vorausscheidungen von Rieder Gruppen (TOUGHMOTION & SUICIDE MISSION) gewonnen, auch aus dem Grund, weil es gelang, genügend Leute zum Mitfahren zu mobilisieren, um viele Publikumsstimmen zu erhalten. Ich empfinde dies als bemerkenswert, denn in größeren Städten ist so ein Zusammenhalt zwischen den Bands bzw. Fans fast schon undenkbar.

A.M..: Diese Szene ist in der Tat einzigartig, und wir sind sehr stolz ein Teil davon zu sein, nur kommt das alles auch nicht von ungefähr. Bei uns gab und gibt es einige sehr engagierte Bands und Veranstalter, die sich einfach gegenseitig unterstützten und nach oben pushten, bis diese Szene in ganz Österreich respektiert wurde. Jetzt holen wir nach und nach die jungen Bands ins Boot, die natürlich ganz andere Bedingungen vorfinden und von den Kontakten und Erfahrungen der Szene profitieren können. Gäbe es beim ÖFB so eine Nachwuchsarbeit, wir wären wahrscheinlich schon Weltmeister.

T.H.: Was SIN AFTER SIN von vielen anderen Gruppen unterscheidet, ist die Tatsache, dass Ihr über einen Ausrüstungsvertrag mit einer Sportartikelfirma verfügt. Eigentlich sind solche Sponsordeals ja nur im Sportbereich üblich. Wie ist es dazu gekommen?

A.M..: Du hast recht, für österreichische Verhältnisse ist es in der Tat etwas Besonderes, als Musiker von einer Sportartikelfirma unterstützt zu werden. Betrachtet man aber den amerikanischen oder auch den deutschen Markt, so muss man sagen, dass das eigentlich schon lange üblich ist. Coole Musik und Sport passen einfach gut zusammen.

T.H.: Danke für das Interview. Letzte Worte?

A.M.: Wir sind keine Schönwetterband, die man zwischen Zähneputzen und Frühstück hört, sondern fordern die volle Aufmerksamkeit des Zuhörers. Wir wollen, dass man sich mit unserer Musik und den Texten befasst, dass man versucht die Zusammenhänge zu verstehen, dass man versucht zu hinterfragen, denn wir haben nichts zu verbergen. Mach es dir bequem, dämpfe das Licht, dreh laut auf und begib dich auf eine Achterbahnfahrt der Gefühle, mitten in die Herzen von SIN AFTER SIN, und du wirst verstehen.


www.sinaftersin.com

Autor: Hutti

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Beitrag vom 18.12.2001
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