Interview mit MONSTER MAGNET - Warum Wien schon rockte, als es die USA noch nicht gab


Phil Caivano und Ed Mundell, ihres Zeichen beide Gitarristen bei MONSTER MAGNET, baten zur Audienz in das Marshall Live Cafe im Wiener Planet Music und als einzige kamen wir (Hansi und ich) ihrem Ruf nach. Im folgenden wird eindrucksvoll dokumentiert, wie zutreffend Rock’n’Roll-Klischees sein können (Ed als der schweigsame Gitarrist, der - wenn er überhaupt was sagt - nur DEEP PURPLE und silikonbestückte Blondinen im Kopf hat und ansonsten die ganze Zeit über sinnlos auf seiner mitgenommenen Halbresonanzgitarre herumfudelt, was mir das Runterhören vom Diktiergerät nicht gerade erleichtert hat) beziehungsweise wie zutreffend sie nicht sind (Phil als der Musikallrounder, der zudem noch kulturinteressiert und viennophil ist). Im von der ganzen MONSTER MAGNET-Tour-Crew mit den Prädikaten „Great“ bis „Amazing“ ausgezeichneten Marshall Cafe entlockten wir (die Fragen kamen sowohl von Hansi als auch von mir. Der Einfachheit halber sprechen wir hier als „Earshot“ aus einem Mund) vor allem Phil Antworten zum aktuellen Album „Monolithic Baby“, der dazugehörigen Tour, dem Leben unter Dave, dem Großen, und Musik allgemein.



Earshot: Ihr seid ja nun schon eine Weile auf dieser Tour. Wie ist es bis jetzt so gelaufen?

Phil: It sucks!

Earshot: Aha.

Phil: Nein, nein. Wir haben viel Spaß. Es läuft gut, wir haben eine gute Zeit.

Earshot: Euer neues Album „Monolithic Baby“ ist in Österreich ein großer Erfolg und die Halle hier (Planet Music) ist schon seit Wochen ausverkauft. Ist das im Rest Europas auch so?

Phil: Ziemlich das gleiche überall.

Ed: Deutschland war toll.

Phil: Wir haben es lieber, in Hallen dieser Größenordnung zu spielen und sie auszuverkaufen. Das gibt einfach ein anderes Gefühl beim Spielen und deswegen haben wir bis jetzt auf dieser Tournee hauptsächlich in solchen Hallen gespielt.

Earshot: Und in den Staaten? Wart ihr da schon auf Tournee mit „Monolithic Baby“?

Phil: Nein.

Ed: In den Staaten ist es noch nicht einmal veröffentlicht.

Phil: Wir wissen auch noch nicht, wann das Album dort rauskommen wird. Es gibt also auch noch kein Feedback.

Earshot: Und wie fällt der innereuropäische Vergleich aus? In welchen Ländern war es besonders toll zu spielen?

Phil: Finland was pretty crazy, auch Norwegen war toll… England war ein bisschen lahm. Deutschland war auch gut oder auch Prag. Im Osten waren wir ja noch nie als Headliner unterwegs.

Ed: Ich bin schon gespannt auf Italien und Spanien, Spanien ist ein Wahnsinn.

Phil: Aber zu Österreich: es ist hier so schön. Es gibt hier soviel Kultur und obwohl es zum Beispiel nahe an Deutschland liegt, ist es doch so anders. Wir waren trotz des schlechten Wetters heute auch schon ein wenig unterwegs, zum Beispiel in der Albertina, wo es eine Porträtausstellung gibt, und im Leopold Museum, wo eine Egon Schiele-Ausstellung ist. Er ist auch aus Österreich, oder?

Earshot: Ja, aus Tulln, das ist in der Nähe Wiens. Aber er hat auch eine Zeit lang in Wien gelebt.

Phil: Ist er hier beerdigt?

Earshot: Naja, ich denk’ schon.

Phil: Oder Klimt: auch ein toller Maler.

Earshot: Ihr habt also offensichtlich auch Interessen neben der Musik. Welche?

Ed: Schlafen. (lacht)

Phil: Ja. Ed schläft gerne und trinkt gerne und er mag Frauen, ältere Frauen (lacht)… und er ist ein wahrer Experte, was die Geschichte dieser ganzen alten Rockbands angeht. Wenn wir betrunken sind, fängt er immer an mit der Geschichte DEEP PURPLEs oder so…
Und zu meinen kulturellen Interessen: Wir waren zwar schon hier in Wien aber immer nur mit dem Tourbus und wir hatten nie ein Hotelzimmer, also hatte ich nie Gelegenheit, mir die Stadt anzuschauen. Deswegen musste ich jetzt einfach etwas von der Stadt sehen.


Earshot: Du hast die alten Rockbands erwähnt, was ist mit neuen Rockbands. Ihr seid ja auch mit zwei von denen unterwegs beziehungsweise unterwegs gewesen (GLUECIFER mussten die Tour ja vorzeitig beenden).

Phil: THE QUILL sind immer nackt, immer wenn du sie siehst, laufen sie nackt herum. (lacht)
Wir kommen gut mit ihnen aus und das ist wichtig. Wir gehen zum Beispiel auch gemeinsam in Gitarrengeschäfte und hängen herum, das gehört dazu. Das gehört dazu.
Es hilft einfach, mit Bands zu touren, mit denen man auskommt, auch wenn es nicht unbedingt nötig ist, es hilft.
Wir haben viel gelacht.


Ed: Wir sollten eine von denen haben (zeigt auf die Anzeige eines amerikanischen Gitarrenherstellers in der aktuellen Ausgabe des Planet Music-eigenen Magazins, Anm.).

Phil: Und eine von denen auch (lacht) (zeigt auf die Frauen, die die Gitarren halten, Anm.).
Aber was neue Bands angeht: Ich mag CLUTCH. Ich liebe OUTCAST, die sind sehr originell. Ich bin schon gespannt auf deren Tour in den Staaten.


Ed: (Noch immer bei der Gitarrenwerbung, Anm.) He, Randy Rhoads hatte auch eine Dean, da ist ein Foto.

Phil: Mir ist der Stil egal, die Qualität zählt, der Song. So wie Mozart. Mozarts Grab ist doch auch hier, aber wo?

Earshot: St. Marxer Friedhof. Beethoven ist übrigens auch in Wien begraben.

Phil: Da müssen wir das nächste Mal hin. Amazing. Diese Burschen waren mehr Rock’n’Roll als wir alle zusammen. Ihr wisst schon: Live fast, die young.

Ed: Oh, diese Dean-Girls…

Phil: Aber jeder in der Band mag verschiedene Stile außer Rock.

Earshot: Gibt es da das Bedürfnis mal was anderes als Rock zu machen?

Phil: Ja, aber nicht in dieser Band. Da covern wir höchstens „Love Gun“ von KISS… Wir bleiben da schon unsere Linie treu. Aber etwa Jim, unser Bassist, hat noch andere Bands zuhause und man kann sich ja außerhalb der Band mit anderen Leuten austoben. Ich mag es ja sehr, andere Bands zu produzieren und habe zum Beispiel die letzten zwei HATEBREED-Alben produziert und wir sind gute Freunde.

Earshot: Ziemlich harter Stoff.

Phil: Ja, aber so toll. Ich mag diese Musik. Jim und ich mögen SLAYER total gerne. Dave meint dann zwar immer „Warum hört ihr diese sausage party music“ aber bitte: Er mag BJÖRK und das ist doch wirklich lahm.
Aber so sind eben Geschmäcker.
Und zu einer Flasche Wein gibt es nichts Besseres als KING CRIMSON (lacht).


Earshot: Und wie kam es zu den zwei Coversongs auf „Monolithic Baby“?

Phil: Der eine ist ein Dave Gilmour-Song und Dave (Wyndorf, MONSTER MAGNET-Sänger, Anm.) kam eines Tages daher und meinte „Lasst uns diesen Song machen“ und wir machten ihn eben. Und der andere ist von CAPTAIN LOCKHEED, einer Band, die auch ich schon immer sehr gerne hatte. Aber wir haben ja auch „Venus In Furs“ gecovert und VELVET UNDERGROUND sind zwar gut, aber jetzt nicht unbedingt meine Lieblingsband. Aber wir haben dann etwas Tolles draus gemacht.
Was hier auch wichtig war und ein Unterschied zu den vorigen Alben, war, dass wir genug Zeit hatten im Studio.


Earshot: Und wie sieht es bei euch mit dem Schreibprozess aus? Jeder denkt, dass Dave quasi die Band ist und somit auch alles schreibt. Ist das wirklich so?

Phil: Es sind zwar Daves Songs, aber unsere Ideen fließen schon mit ein. Das heißt Dave schreibt die Songs, aber wir arbeiten dann gemeinsam an ihnen und das verändert sie mehr oder weniger. Wenn Dave auch alles allein spielen würde, würde es sicher ganz anders klingen als es das jetzt tut. Wir prägen seiner Musik schon unseren Stempel auf. Es sind zum Beispiel Gitarrensachen auf der CD drauf, die Dave nie so gemacht hätte.
Wenn Dave Demos gemacht hat, setzen wir uns zusammen, sprechen drüber und entwickeln es gemeinsam weiter.


Earshot: Verglichen mit „Powertrip“ war „God Says No“ recht erfolglos und „Monolithic Baby“ wieder erfolgreich. Was ist eurer Meinung nach der Grund, dass…

Phil: …“Powertrip“ scheiße ist? (lacht) Come on, say it.

Earshot: Nein. Glaubt ihr, dass der Erfolg von „Monolithic Baby“ mit der aktuellen Rockwelle zu tun hat, die sich ja wie ihr oft auf Classic Rock, diesen puren, simplen Rock, beruft.

Phil: Für „God Says No“ hatten wir wenig Zeit, Dave musste sich mit dem Schreiben beeilen und im Studio mussten wir auch schnell sein. Wir hatten weniger Material und konnten so nicht so gut auswählen. Und was den Erfolg angeht: Die Faktoren kann man da glaube ich nicht wirklich wissen oder festmachen.

Earshot: Habt ihr noch viel unveröffentlichtes Material, das übrig geblieben ist?

Phil: Oh ja, 50 oder 55 Songs. Und wir haben sie alle noch als Demos…

Ed: (Noch immer bei den Dean-Girls von Seite 83) Gotta meet her tonight.

Earshot: Naja wenn schon, dann Jackson statt Dean, die haben nämlich Jenna Jameson in ihrem Katalog.

Ed: Ja, wirklich? (lacht)

Phil: Wow.

Earshot: Wir haben schon die ganzen Retrobands erwähnt, ihr wisst schon THE WHITE STRIPES, THE STROKES, THE was auch immers… . Was haltet ihr von denen?

Phil: Also ich mag die WHITE STRIPES. Die sind erfrischend. Es ist ja auch nicht so, dass es die erst seit gestern gibt, die haben ihr Ding schon jahrelang gemacht. Die haben vor acht Jahren vor zehn Leuten gespielt und trotzdem weitergemacht, sie sind also keine neue, gecastete Klonband oder so.

Earshot: Ich frage das, weil ich das Gefühl habe, dass dieser ganze New Metal Boom davon abgelöst wird.

Phil: Aber das passt schon so. Das sind Kids, die irgendwann Gefallen an den Platten ihrer Eltern gefunden haben und jetzt ist ihre Zeit gekommen, weil die Leute diesen totgespielten Nu Metal nicht mehr hören können. Es ist einfach fad geworden. Die hatten aber auch einfach keine Songs.

Earshot: Das kommt ja auch in Daves Lyrics durch: Diese Missachtung reicher Kids, die ihren Spass auf Materialismus und von den Medien gepushten Schönheitsidealen aufbauen und dabei irgendwie seelenlos wirken, so zumindest meine Interpretation.

Phil: Die Texte sind Daves Sache. Aber ich weiß, woher das alles kommt, wie sie entstehen. Ich liebe seine Texte.
Es sind energievolle Texte wie in der Musik, die er so gerne mag und so gut kennt, dem ganzen Siebziger Rock, und nicht irgendwer der sich über Bullshit beschwert, du weißt was ich meine…
Wir sind da sehr verwurzelt, ich mag zum Beispiel auch keine Videos, zumindest die nicht, die von der Musik ablenken. Es sollte nur um die Musik gehen. Als wir aufwuchsen, war alles was du von einer Band wusstest, was man auf den Plattencovers fand und sich aus Magazinen zusammensuchte und wenn du sie sehen wolltest, musstest du zum Konzert gehen.


Earshot: Wie kam es dazu, dass ihr auf Platte noch nicht euren jetzigen Schlagzeuger hattet?

Phil: Dass wir auf Tour einen anderen Schlagzeuger haben als auf Platte, hatte sich so ergeben, weil Bob keine Zeit hatte. Also sprang Michael im Studio ein.
Aber wir sind sowohl mit dem Ergebnis im Studio als auch mit Bob, der jetzt live spielt, sehr zufrieden. Beide haben verschiedene Stile, aber gerade das hat uns gefallen.


Earshot: Na gut. Unsere Zeit ist um, danke für das Gespräch. Wenn ihr vielleicht noch mal kurz für unsere Leser posieren wollt.

Phil: Klar. Danke euch für das Interview.

Ed: Aber die Dean-Girls müssen auch mit drauf. Naked Women!




Earshot: Wie im Video… Wir sehen uns beim Konzert.

Phil: Oh, ihr kommt auch?

Earshot: Natürlich.

Phil: Unser Bassist hat übrigens heute Geburtstag, da wird nachher noch ordentlich gefeiert.

Earshot: Na dann: Alles Gute!





www.monstermagnet.net

Autor: Kronos

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Beitrag vom 08.04.2004
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