Interview mit CANNIBAL CORPSE - Zwischen Metzgerimage und Durchschnittsamerikanerrealität


CANNIBAL CORPSE laden wieder einmal zum blutigen Festmahl und als Vorspeise gibt es ein Gespräch mit Bassist Alex Webster (am Bild der zweite von rechts), der sich - als wir von abgedroschenen, CC-typischen Fragen abkamen - als ausgesprochen netter und gut gelaunter Gesprächspartner erwies.



Alex, ihr habt ein neues Album, verrat´ uns schon mal was.

Also „The Wretched Spawn“ sind 13 Songs, die wir in El Paso auf der Sonic Ranch mit unserem Produzenten Neil Kernon aufgenommen haben und ich glaube es kommt hier in Europa im frühen März raus…


Ja, es kommt leider erst raus. Aber wir haben die Promo schon und ich werd es mir auf jeden Fall sichern. Welche Unterschiede erwarten mich denn im Vergleich zu den letzten Alben?

Es gibt mehr Headbanging Riffs, die so takatakataktaka-mässig klingen – es ist schwierig mit dem Mund nachzumachen, aber du weißt schon: mehr Mid Tempo und catchier. „The Wretched Spawn“ ist wahrscheinlich heavier als „Gore Obsessed“ und die Songs unterscheiden sich auch mehr untereinander als es bisher der Fall war.


Na dann muss ich mir die Promo gleich sichern. Wie sieht’s denn eigentlich mit den Texten aus? Da wird sich ja nicht viel geändert haben. Hat sich was geändert bezüglich Zensur? Gerade in Deutschland?

Mir kommt auch vor, als würde weniger darüber geredet. Aber das ändert leider nichts daran, dass unsere ersten drei Alben in Deutschland noch immer auf dieser Liste sind, und wir deswegen live nichts davon spielen dürfen.

Lassen wir jetzt mal das Text-Thema und das Gerede über die Musik. Ich meine natürlich ist das das wichtigste an CANNIBAL CORPSE aber ich habe das Gefühl, ihr werdet nie was anderes gefragt als diese Themen. Zum Beispiel habe ich noch nie etwas über euer Privatleben gelesen. Wie schaut’s da aus? Verheiratet? Kinder?

Nein, also Kinder hat keiner von uns… zumindest solche von denen wir wissen (lacht). Ich bin verheiratet. Jack ist jetzt wieder auf dem Markt, er ist geschieden. Pat ist momentan auch solo, während Paul eine Freundin hat, mit der er seit zwei Jahren zusammen ist. George ist auch verheiratet. Ansonsten ist unser Privatleben auch perfekter Durchschnitt, wir proben fünf Tage die Woche so wie andere in die Arbeit gehen und sind froh, dass wir damit unser Geld verdienen können. Zum Leben reicht’s, allerdings ist es nicht so, dass wir es uns leisten könnten, auch noch unsere Frauen zu erhalten. Die müssen schon auch arbeiten gehen.
Also alles pretty normal… da wir konsequent proben oder auf Tour sind, können wir auch nicht mehr so oft einen über den Durst trinken wie früher. Wenn du einen „richtigen“ Job hast, kannst du das ja auch nicht.



Du sagtest ihr probt fünfmal die Woche. Hat jemand von euch ein Homestudio oder so?

Nein, wir proben in einem gemieteten Proberaum und gehen dort hin, wie andere Leute ins Büro oder auf den Bau. Aber wir sind froh, das so machen zu können. Es ist auch wichtig konstant und viel zu proben, da rostet man nicht ein. Auf Tour ist es in dieser Hinsicht noch besser: da spielst du oft sieben Mal die Woche.


Und wie sieht das auf Tour aus? Auch braver als früher oder ist das da die Ausnahme und es wird noch fleißig getrunken.

Oh, da bist du jetzt beim falschen. Ich bin auf Tour nämlich der langweiligste von uns allen. Pat und George trinken schon ganz ordentlich…

Wohl weil Pat (O’Brien, Gitarrist; Anm. d. Verf.) Ire ist…

Also das hast du jetzt gesagt… nein, auf jeden Fall trinken die beiden mehr, woran auch immer das liegen mag. George ist ja ein großer Kerl, der kann schon eine Kiste Bier alleine leeren.
Aber im Allgemeinen sind wir da nicht so schlimm… es ist ja auch kein Spaß, betrunken mit dem Bus herumzufahren und meistens ist es eben so, dass wir sehr bald nach der Show den Bus besteigen. Wenn die nächste Stadt nicht weit ist, dann kann’s schon sein, dass wir noch ein bisschen feiern gehen, aber im Normalfall schaut das nicht so aus… das war mal.



Also nix mehr mit Rock’n’Roll-Lifestyle…
Glen Benton hat mal erzählt, dass er ständig Probleme hat, weil er überall als der böse Death Metaller dasteht und deswegen eben zum Beispiel in der Schule seines Sohnes schief angeschaut wurde. Nun hast du vorher gemeint, ihr wäret ganz normale Durchschnittsbürger, aber immerhin seid ihr doch Mitglieder einer Band, deren Alben teilweise verboten werden, macht extremen Metal und seht nicht gerade aus wie Otto Normalverbraucher. Habt ihr auch Probleme mit eurer Umwelt erlebt?


Ja früher in Buffalo war das schon so. Das war aber auch eine andere Situation. Eine andere Zeit und wir waren jünger, sind ständig mit Jacken mit Patches von Metalbands drauf herumgerannt, und ich habe damals zum Beispiel auch meine Haare immer offen getragen. Hier in Florida ist es oft so heiß, dass es angenehmer ist, sie zu zubinden und außerdem gibt’s hier sowieso viele langhaarige. Also ich hatte bis jetzt generell eher wenig Probleme wegen meines Aussehens. Aber bei Glen… wen wundert’s, wenn er mit einem Kreuz auf der Stirn herumrennt…


Bei euren Texten und Covers liegt es nahe, dass ihr absolute Splatter- und Horrorfilm-Fans seid…

Als wir mit der Band anfingen haben wir ständig Horrorfilme gesehen, natürlich… das ist ja alles kein Zufall. Die ganzen Lucio Fulci-, Dario Argento- oder George Romero-Sachen oder „Evil Dead“…

Und jetzt? Letzter guter Horrorfilm, den du gesehen hast?

Weiß nicht, ob du das als „Horrorfilm“ akzeptierst aber „28 Days later“ war schon toll… ist halt nicht so blutrünstig, aber sehr guter Film.

Und was hältst du vom „Texas Chainsaw Massacre“-Remake?

Habe ich noch nicht gesehen. Als der bei uns im Kino war, waren wir gerade im Studio und sehr beschäftigt. Aber ist der gut?

Schon. Er ist halt ganz anders. Nicht nur von der Atmosphäre, sondern teilweise auch von der Handlung. Aber ich würde schon sagen, dass der gut ist.

Na dann werd ich ihn mir auch mal anschauen.


So jetzt werden wir dich mal ein paar Runden assoziieren lassen. Ich werf’ dir ein Wort vor und du sagst mir, was dir dabei durch den Kopf schießt.

Ok.


DEICIDE.

Evil!


MORBID ANGEL.

Amazing! Nein, also wirklich. Sowohl technisch als auch musikalisch eine der besten Bands überhaupt.

Da muss ich aber sagen, dass Eric Rutan Trey Azagthoth den Thron streitig macht. Habe HATE ETERNAL gestern live gesehen und das war einfach nur noch unglaublich.

Stimmt schon. Die drei sind auch ein Wahnsinn. Vielleicht die schnellste Band überhaupt. Trotzdem sind MORBID ANGEL amazing! (lacht)


Chris Barnes.

SIX FEET UNDER.


George Bush.

The President. Und vielleicht auch der nächste Präsident.

Glaubst du?

Schon. Also das soll jetzt nicht meine politische Meinung wiedergeben, die wirst du jetzt nicht zu hören bekommen. Aber ich habe das Gefühl, dass er gewinnen wird. Es gibt genug Amerikaner, die ihn wählen werden… auch wenn das vielen außerhalb Amerikas nicht gefallen wird.

(Alex hat das übrigens so gesagt, dass ich wirklich nicht erkennen konnte, ob ihm eine erneute Präsidentschaft George W.’s gefallen würde, oder nicht… Anm. d. Verf. )

Austria.

Hungary! (lacht) Als ich in der Schule von Österreich gehört habe, war das immer in Verbindung mit Ungarn, du weißt schon: Österreich-Ungarn. Und das ist irgendwie geblieben. Ansonsten denk’ ich aber an PUNGENT STENCH…


Das wäre meine nächste Frage gewesen: PUNGENT STENCH.

> Die waren ein Klassiker! „For God your Soul… For me Your Flesh“ Hat mir immer am besten gefallen, „Been caught buttering“ war auch sehr gut. Tolle Band…

Na vielleicht liest Martin oder Wank das ja…

Ja. Ich hab’ ja gehört, dass die sich wieder zusammengetan haben und auf Tour waren. Wird Zeit, dass sie auch wieder einmal in Amerika spielen


BELPHEGOR?

Killer Band! Das heißt, wenn das jetzt die sind, die ich glaub’. Ich hab zwar kein Album von ihnen, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass wir schon einmal mit ihnen gespielt haben. Mindestens einmal. Sehr brutal und gut.

Na das werden schon die sein. Sind ja neben PUNGENT STENCH auch die bekanntesten aus unserem Land.

Ja, aber DISASTROUS MURMUR hätt’ ich schon auch noch gekannt… aber die sind schon eher Grindcore.


Arnold Schwarzenegger.

The Governeur. (lacht) Nein, warte. Das ist schon eine interessante Geschichte: das zweite Mal, dass in einem der größten und mächtigsten Bundesstaaten ein Schauspieler das Ruder in der Hand hält. Der erste war ja Ronald Reagan und der wurde später Präsident. Bei Arnold gibt’s zwar noch dieses Gesetz, aber das wollen sie abschaffen… Also wer weiß, vielleicht gibt’s bald einen Präsident Schwarzenegger.
Aber hey, was kann man über ihn sagen, jeder mag seine Filme (lacht).



Jaco Pastorius

Amazing! Total Legend.

Eines deiner Idole?

Ja, wurde er später. Als ich anfing zu spielen, waren natürlich Leute wie Peter Baltes von ACCEPT oder Steve Harris von IRON MAIDEN meine Helden, aber als ich anfing wirklich viel zu üben und mich da richtig reingesteigert habe, waren schon auch Jazzsachen wichtig und gerade Jaco hat da ja eine Revolution eingeleitet.


Naja, da haben wir ja jetzt eh schon einen ganzen Haufen… das wird’s schon tun.

Dann danke ich dir für dieses Interview und die teilweise ungewöhnlichen Fragen.

Ja ich wollt’ dich halt so wenig wie möglich über Zensur und Chris Barnes fragen, weil ich mir denke, das hörst du eh ständig, ganz daran vorbeigekommen bin ich aber nicht…

Macht nix. Andere fragen nur das…


www.cannibalcorpse.net

Autor: Kronos

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Beitrag vom 30.01.2004
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