Interview mit DEW-SCENTED - Selber auch Fans


Im Rahmen der X-Mass Metalfest-Festival Tour 2003 mit DEICIDE und DESTRUCTION als Headlinern, gaben sich auch die deutschen Death/Thrasher DEW-SCENTED die Ehre und statteten dem Wiener Planet Music – nach Mai bereits das zweite Mal – einen kurzen Besuch ab. Trotz des stressigen Tour-Alltags hatte Sänger Leif genug Zeit, um Earshot ein paar Fragen zu beantworten.

Gleich zu Anfang: Wie läuft die Tour bis jetzt?

Sehr gut, überall volle Läden! Wir waren ja vor den X-Mass-Festivals schon mit NILE und MISERY INDEX in Frankreich, England und Irland, also für uns geht die Tour schon ein bisschen länger. Aber sehr, sehr gut, sehr positiv! Die neuen Sachen kommen sehr gut an und es macht Spaß!


Ihr seid ja im Vergleich zu anderen Bands sehr viel auf Tour...

Das muss man aber auch machen mit der Musik!


Und das ist etwas, was euch sehr viel Spaß macht?

Jaja, ich denke, wir schreiben unsere Lieder mit dem Hintergedanken, dass wir auf die Bühne gehen und sie präsentieren können. Es ist Livemusik! Die Band entwickelt sich weiter und wird herausgefordert, Abend für Abend; und das ist wichtiger als die ganze Proberaum-Vorbereitung, finde ich!


Besteht bei so regem Tour-Betrieb nicht die Gefahr, dass man recht schnell die Lust verliert?

Ich hoffe nicht, und wenn es so wäre, dann würden wir, glaube ich, eine Pause einlegen! Ich denke, wir haben jetzt lange Zeit darauf gebrannt, auf Tour zu gehen und die neue Platte vorzustellen. Wir werden versuchen, das so lange zu machen, wie es sich gut anfühlt. Wenn irgendwann Abnützungserscheinungen auftreten oder zwischenmenschlich der Wurm drin ist, dann werden wir einen Gang zurückschalten, aber momentan ist es Abend für Abend immer wieder spannend und wir haben sehr viel Spaß dran! Zum Glück sind alle fünf Leute, die derzeit bei DEW-SCENTED in der Band sind, alles Leute, die Lust auf Touren haben. Das ist das Wichtigste!


Wer macht jetzt bei der X-Mass-Tour den Basser?

Der Alex von OBSCENITY, der hat uns bei der letzten Tour mit CANNIBAL CORPSE im letzten Jahr schon begleitet, und er hat im Prinzip im ganzen Jahr die Konzerte gemacht. Er hat bloß die Platte ("Impact", Review hier) nicht eingespielt.


Nachdem euch euer alter Bassist Patrick mehr oder weniger verlassen hat, ist die Bass-Stelle ja nach wie vor vakant. Habt ihr Aussichten auf einen fixen Mann am Tieftöner? Sucht ihr überhaupt jemanden?

Nein, also eigentlich nicht. Wir haben ein paar Leute zum Ausprobieren im Proberaum gehabt, aber Alex war im Pinzip unser Wunschkandidat und er scheint das momentan hinzubekommen mit der Doppelbelastung beider Bands. OBSCENITY haben fürs nächste Jahr vor, eine neue Platte zu machen, soll heißen, sie werden nicht so viel live spielen, deswegen wird Alex wohl der fixe Mann sein. Es funktioniert zwischenmenschlich und musikalisch sehr gut, insofern wär das sehr gut, wenn das passiert.


Euer alter Bassist hat ja schlichtweg keine Zeit mehr gehabt, oder?

Naja, das war eine Mischung aus keine Zeit und ein bisschen die Luft raus. Es gab auf jeden Fall keinen Streit! Er springt ja sogar immer wieder ein. Das letzte Mal, wie wir hier im Planet Music gespielt haben, hat auch der Patrick gespielt, weil der Alex gerade mit OBSCENITY auf Tour war. Die wechseln sich gerade sehr gesund ab! Allerdings schon mit der Perspektive, dass Alex fix bei uns einsteigt.


Nur um kurz aufs Touren zurückzukommen: Wie wichtig ist euch der Kontakt mit euren Fans? Natürlich kann man schlecht sagen "Wir wollen mit unseren Fans nichts zu tun haben!", aber es gibt doch ein paar Bands, denen das anscheinend nicht besonders liegt!

Ja, also wir haben da nie wirklich drüber nachgedacht. Wir gehn da nicht irgendwie taktisch an die Sache ran. Im Prinzip finde ich alles spannender als einen Backstageraum. Wir sind auch so gesehen sehr nahe bei den Zuhörern, weil wir selber auch Fans sind! Da ziehen wir keine Linie! Gerade in Österreich haben wir viele Bekannte und Freunde, deswegen freuen wir uns sehr, die zu sehen.


Besteht ab einem bestimmten Maß an Bekanntheit nicht irgendwie die Gefahr, dass man beim Songwriting zu sehr daran denken könnte, was die Fans hören wollen?

Es kann schon sein, dass manche Leute so denken. Wir versuchen primär uns selber zufrieden zu stellen! Zum Glück ist die Atmosphäre in der Band so, dass wir einfach nur schreiben. Wir reden noch nicht mal wirklich über das Songwriting, sondern wir jammen und spielen im Proberaum und da kommen halt Songs dabei raus!


Also ist es schon mehr so, dass ihr beim Jammen die Songs macht, oder gibt's da einen bestimmten Ideengeber?

Also die Gitarristen sind natürlich die Hauptverantwortlichen für die Riffs. Sie schleppen halt Riffs und Riff-Konstrukte an, und der Schlagzeuger setzt sich dann mit ihnen zusammen und sie feilen die Sachen aus. Zum Schluss kommen irgendwelche kleinen Details und Gesang. Es ist halt ein sehr natürlicher Prozess, weil alle Bandmitglieder in dieselbe Richtung denken. Wir hören dieselben Sachen, wir wissen was wir mit unserer Musik wollen.


Also ein ganz ursprünglicher Songwriting-Prozess?

Ja, absolut! Kein Rick Rubin, der uns sagt, was wir spielen sollen! Leider nicht!(lacht)


Was sind die musikalischen und anderen Haupteinflüsse bei DEW-SCENTED?

Es ist eine Mischung! Also wir sind aufgewachsen mit den verschiedenen Thrash- und Death-Sachen aus den Achtzigern, die wir immer noch hören, immer noch gut finden und das kriegen wir einfach nicht raus! Ich denk' mal einen gewissen SLAYER-Einfluss, einen gewissen EXODUS-, einen gewissen FORBIDDEN-Einfluss, was auch immer, das kriegen wir einfach nicht raus, weil wir diese Platten schon seit 15 Jahren lieben. Daneben hören wir halt auch technische Death Metal-Sachen aus dem Anfang der Neunziger: MORBID ANGEL, DEATH, MONSTROSITY, was auch immer! Viele aktuelle Platten natürlich auch, weil man natürlich schaut, was die anderen Bands so machen. Also, eine Band wie THE HAUNTED hat zum Beispiel sehr große Bedeutung für die Thrash Metal-Szene gehabt, glaube ich, für deren Wiederkehr. Oder Qualitätsplatten, wie die letzten Platten von KREATOR und DESTRUCTION. Inzwischen ist aber auch der Punkt erreich, wo wir uns unterbewusst auch durch uns selber beeinflussen. Wir wollen natürlich die Messlatte immer höher stecken und sehen, dass wir uns immer weiterentwickeln. Deswegen sind die eigenen Platten eine gewisse Inspiration für uns selbst. Weil wir uns nicht wiederholen wollen, auf der anderen Seite wollen wir uns aber auch nicht verändern.


Gibt's irgendwelche deutschen Undergroundbands, die euch besonders am Herzen liegen?

Oh, eine ganze Menge! Wir sind zum Glück gut befreundet mit den meisten Bands, weil wir im Laufe der Jahre durch gute und durch schlechte Zeiten viele Leute kennengelernt haben. Bands wir DISBELIEF, FLESHCRAWL, NIGHT IN GALES, CRACK UP – die sich jetzt leider aufgelöst haben – sind gute Bekannte von uns, bei denen wir uns jedes Mal freuen, sie wiederzusehen. PAYWAR ist eine sehr unterbewertete deutsche Death Metal-Band, genauso wie NECROPHAGIST. Es gibt eine sehr gesunde neue Szene jetzt in Deutschland, so seit sechs, sieben Jahren, wo alle Bands zum Glück irgendwo eine eigene Richtung haben. Da gibt es sehr wenige Wiederholungen und sehr wenig "Copycats", sozusagen.


Ihr seid ja jetzt seit längerem bei Nuclear Blast. Seid ihr zufrieden mit dem Label?

Das ist jetzt das zweite Album auf Nuclear Blast, davor waren wir auf einem Sub-Label und wir sind sehr zufrieden! Die Arbeit ist gut und man sieht, dass sich neue Türen geöffnet haben und sie verstehen, was wir wollen!


Machen sie euch auch Druck?

Nein! Wenn, dann gesunde Motivation, aber keinen Druck!


Ihr würdet euch auch eher keinen Druck machen lassen – wenn es über ein gewisses Maß hinausgeht?

Also ein bisschen Druck schadet nie, ist aber bist jetzt so noch nicht vorgekommen! Im Prinzip ist es so, dass wir gelernt haben, uns selber Druck zu machen. Dadurch, dass wir in den ersten Jahren kein Management, kein Booking, keinen Agenten, kein großes Label im Rücken hatten, haben wir einfach gelernt, die Sachen selber zu machen. Das Label ist halt das gewisse Extra, um die Platten nach draußen zu bringen und die Öffentlichkeit zu erreichen, aber ansonsten wissen wir schon, was wir tun, und da ist die Mischung mit Nuclear Blast ganz gesund!


Spätestens mit „Inwards“ letztes Jahr gehört DEW-SCENTED sicher zu einem der Top-Metal Acts in Deutschland und eure letzte Scheibe „Impact“ hat durchwegs begeisterte Kritiken bekommen. Könnt ihr nach eurem sechsten Release schon von der Musik leben oder müsst ihr noch anderweitig euren Lebensunterhalt bestreiten?

Wir arbeiten und/oder studieren alle!


Und das wollt ihr auch weiter so handhaben?

Wenn sich diese Frage von alleine so erledigen würde! Um ganz ehrlich zu sein, ich nehme nicht an, dass wir jemals den Status erreichen, wo wir von der Musik leben können, weil sie dafür zu extrem und unkommerziell ist. Wir sind da auch viel zu unflexibel und wir würden uns nie nach dem Wind drehen, nur weil wir das aus kommerziellen Gründen eigentlich tun müssten.


Ist es ein Ziel von euch, mit der Band so viel Geld zu machen, dass ihr euch nicht nebenher noch auf einen Beruf konzentrieren müsst? Immerhin birgt das auch Gefahren.

Nein, das ist nicht wirklich unser Beweggrund, da würden wir andere Musik machen! Ich bin glücklich, dass wir uns als Band weiterentwickelt haben und quasi "größer" geworden sind und trotzdem noch eine gesunde Bodenhaftung haben, durch unsere Studien, durch unsere Jobs. Es schränkt einen natürlich in den Möglichkeiten ein bisschen ein, aber momentan arbeiten wir in der Band am Maximum und gehen auch ein bisschen über "persönliche Leichen". Wir müssen uns aber durchaus noch anders ernähren, weil diese Musik nicht unsere Mieten bezahlt!


Zurück zu eurem neuesten Wurf: „Impact“ wurde ja in der Presse ziemlich abgefeiert. Welchen Stellenwert hat das Album für euch?

Es war das wichtigste Album aller Zeiten für die Band, nicht weil es das neueste ist, sondern weil "Inwards" schon so eine Art Bruch "nach oben" war und viele Leute nicht wussten, ob wir das Niveau halten können oder nicht! Deswegen haben wir und unser Produzent, der Andy Classen, uns mit 110 Prozent reingehängt und wir sind sehr zufrieden mit dem Ergebnis!


"Impact“ ist ja um einiges thrashiger geworden, als seine Vorgänger und einer unserer Leser wollte wissen, woran das genau liegt. Auch einige andere Bands tendieren wieder mehr in Richtung Thrash, ist das jetzt populär oder eine logische Entwicklung?

Für uns war das eine Entwicklung nach hinten, so gesehen, aber trotzdem nach vorne. Unsere Musik wurde definierter, songlastiger, also wir haben mehr auf Songwriting und auf Riffs geachtet als vorher und das macht es wahrscheinlich thrashiger. Vielleicht, dass es nicht mehr so verspielt ist, und vielleicht kommen jetzt wieder die älteren Einflüsse mehr zum Tragen.


Du hast es vorher schon kurz angeschnitten: Was denkst du, in welche Richtung der Metal derzeit insgesamt geht? Schließlich wird die Zahl der Festivalbesucher von Jahr zu Jahr größer und Bands wie THE RASMUS, EVANESCENCE und WITHIN TEMPTATION, aber auch DIMMU BORGIR und CRADLE OF FILTH erreichen mehr und mehr Leute über die großen Musiksender.

Ich denke, die Metalszene geht in alle Richtungen und erneuert sich zirka alle fünf Jahre. Es gibt immer wieder so einen Schwung, der sich nach fünf Jahren ändert, um ganz ehrlich zu sein: Mir persönlich ist das egal! Wir ziehn unser Ding konsequent durch, weil wir das einfach mögen, persönlich mögen. Alles andere rundherum sind irgendwelche kurzfristigen Erscheinungen, die ich auch wichtig finde, weil sie "neues Blut" reinbringen. Ich weiß nicht, vielleicht steht ja irgendwann ein Fan von HIM oder THE RASMUS, der sich "härte-technisch" weiterentwichelt hat, mal auf eine Band wie uns. Aber prinzipiell find' ich's gut, dass solche Bands in den Medien sind, weil die sind immer noch angenehmer als die Backstreet Boys, die haben zumindest Gitarren. Insofern ist das für mich okay, aber nichts, was mich zum Nachdenken bringt. Für mich ist das nur eine Phase! Alle fünf Jahre!


Kleiner Themenwechsel: Was haltet ihr von Politik in der Musik?

Ich finde, Politik ist im Leben wichtig! Musik ist ein Teil des Lebens und Politik auch. Ich finde es sehr schade, wenn man als Musiker sagt "Ich bin Musiker, ich hab' mit Politik nichts zu tun!" Ob man jetzt predigen will, ist was anderes, aber ich denke, eine gesunde politische Meinung sollte jeder Mensch haben. Wenn er eine Möglichkeit hat, diese Meinung darzustellen und es gibt Leute, die wollen sie hören, dann sollte man diese Möglichkeit auch nutzen.


So, dass war's dann auch fast schon wieder! Wie schaut eure nähere Zukunftsplanung aus?

Wir machen natürlich jetzt erstmal die Tour hier zu Ende und im Jänner sind noch ein paar einzelne Konzerte in Deutschland geplant. März/April ist eine Tour mit DESTRUCTION angesagt...Festivals...vielleicht Japan, da waren wir seit drei Jahren nicht mehr, und dann neue Platte!


Danke dir vielmals für das Interview und viel Spaß auf der Bühne heute!

Danke, viel Spaß beim Konzert! Bis zum nächsten Mal!

www.dew-scented.de

Autor: Christoph

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Beitrag vom 11.01.2004
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