Interview mit LUCIFERION - Kosmische Schwingungen und komplizierte Bandgeschichten




Nun, bereits einige Monate nach Veröffentlichung des Albums „The Apostate“ (Review hier) und auch einige Zeit nachdem meine Fragen, zur Abwechslung per E-Mail und nicht per Telefon, Bandkopf Wojtek Lisicki erreicht hatten, fand sich ein beantwortetes Interview in meiner Inbox. Lest selbst, was der seit Jahren im schwedischen Under- und Overground tätige Musiker über LUCIFERION und andere Projekte zu erzählen hat.



Seit der Veröffentlichung eures ersten Albums ist viel Zeit – um genau zu sein acht Jahre – vergangen. Wie kommt das?

Nachdem wir die Band auf Eis gelegt hatten, fingen wir alle neue Projekte an und stiegen in anderen Bands verschiedener Stile ein. 1998 erweckten Martin und ich unsere alte Band HIGHLANDER (heute unter dem Namen LOST HORIZON bekannt) wieder zum Leben, Michael stieg 1999 bei DARK TRANQUILLITY ein und Hans (Ex-LIERS IN WAIT) war bereits Mitglied bei CYRSTAL AGE und stieg später bei DIABOLIQUE, DIMENSION ZERO und THE GREAT DECEIVER ein…

Ihr hattet einige Line-Up-Veränderungen. Wer sind die neuen in der Band und was gibt es über sie zu erzählen?

Ich würde niemanden in der Band als neues Mitglied bezeichnen. Hans (Drums) stieg unmittelbar in die Band ein nachdem Peter (Drums) 1996 die Band verlassen hatte und Martin (Bass) ist eigentlich ein Gründungsmitglied. Er ging nach Los Angeles kurz bevor wir “Demonication (The Manifest)” aufnahmen und kam wieder, als die CD bereits aufgenommen war. (Nun, das war immerhin schon 1994 – Anm. d. Verf.). Danach machte er mit der Band weiter. Johan, der Keyboarder, ist nicht mehr bei der Band, da er nun an professionellen Pop-Produktionen arbeitet. Außer mir, der jüngst LOST HORIZON verlassen hat, ist jeder noch in den jeweiligen Bands involviert. (Reichlich verwirrend, was der Mann also über die zahlreichen Verbindungen zu erzählen hat… - Anm. d. Verf.)

Kann LUCIFERION als eine fixe Band bezeichnet werden, oder sollte man eher von einem Projekt reden?

LUCIFERION ist definitiv eine fixe Band, nur haben die Umstände bedingt, dass wir eine Band sind, die nur in großen Abständen mächtige Schläge aus dem Abgrund herauswirft.

War der Vertrag mit Listenable Records seit eurer Veröffentlichung 1994 noch aufrecht oder habt ihr euch nach einem neuen Vertrag umgeschaut?

Nein, wir hatten keinen fixen Vertrag mehr mit Listenable, wir verhandelten 2001 um neue Veträge, obwohl wir die Idee hatten, ein Promo-Demo als Mini-CD zu veröffentlichen. Wir dachten, dass Listenable die beste Wahl für eine problemlose Zusammenarbeit wären. Sie haben uns in der Vergangenheit nichts vorgeschrieben und tun das nach wie vor nicht, was uns sehr wichtig ist.

Ich hatte den Eindruck, dass ihr auf dem neuen Album mehr Keyboards verwendet habt, als in der Vergangenheit – habt ihr diesmal neue oder andere Einflüsse verarbeitet?

Ja, du hast recht, wir haben diesmal viel mehr Keyboards verwendet. Das hat den einfachen Grund, dass ich Keyboards liebe. Sie geben der Musik eine weitere Dimension und verschaffen eine gewisse Mystik, wie es sonst nichts anderes vermag. Andere Einflüsse wurden aber nicht verarbeitet, nur innere Bedürfnisse…

Abgesehen vom ersten Track, der ein klarer Konzeptsong ist, kann man auf „The Apostate“ von einem Konzeptalbum reden – wenn ja, worum geht es?

Nein, es gibt kein wirkliches Konzept. Das Cover und die Songs sind einfach miteinander verbunden, sowie die Texte alle von ähnlichen Themen handeln. Es dreht sich grundsätzlich um Machtausübung auf das Gedächtnis sowie das Infizieren der Seele mit echten und wirklich negativen Mächten in unserer Welt und mögliche Einflüsse. Die Apotheose ist ein neuer Beginn, eine Reinigung, ein erster Schritt zur wahren Erlösung des Individuums. Eine Erlösung, die dadurch erzielt wird, dass man sein wahres Selbst findet und durch die Macht des eigenen Willens stark wird. Das Cover repräsentiert jemanden, der sich von allen aufgezwungenen Ansichten, vorgegebenen Arten zu leben und Indoktrinierung befreit. Er erreicht dadurch den ultimativen Zustand der Selbstverwirklichung, der zum Erreichen einer höheren existentiellen Ebene notwendig ist, welche unter normalen Umständen mit einem „infizierten“ inneren System (geistig und ebenso physisch und spirituell) wegen der störenden Einflüsse nicht erreichbar ist.

Soll „The Apostate“ als Compilation von altem und neuem Material betrachtet werden, nachdem die Spielzeit des neuen Materials nicht gerade lang ist, oder ist es ein sehr kurzes neues Album mit viel Bonusmaterial?

Hm, zum Teil ja. Das Promo-Demo von 1994 und das CELTIC FROST-Cover waren das Material, das ursprünglich veröffentlicht werden sollte. Wir wollten an sich eine Art Mini veröffentlichen, die unveröffentlichtes Material für die Die Hard Fans enthalten sollte. Aber wir realisierten bald, dass das nicht funktionieren würde und beschlossen ein paar neue Songs, die exklusiv auf alten Teilen und Riffs aufgebaut waren, um das ursprüngliche LUCIFERION-Feeling zu erhalten, aufzunehmen. Es war für uns auch ein Spiel mit der Zeit und mit damit verbundenen Emotionen. Ich wollte keine ganz neuen Songs schreiben, da das das Feeling und die Ursprünglichkeit der Songs zerstört hätte.

Hast du dich durch irgendwelche Veränderungen in der Metalszene seit dem Release eurer ersten CD beeinflusst gefühlt?

Nein, absolut nicht. Ich war geistig komplett fern von diesem Planten und habe mich seit 1998 auf LOST HORIZON konzentriert. Natürlich hatte ich passiv Kontakt mit der Szene, nachdem viele meiner Freunde aktiv involviert sind, aber mehr nicht.

Wovon fühlst du dich beeinflusst, mal abgesehen von den Bands, die man klar aus euren Songs raushören kann, also DEICIDE und MORBID ANGEL?

Meine Gedanken sind am wichtigsten, dann kommt Musik von Computerspielen, Natur, kosmische Trance Musik, auch Filmmusik, einige Filme, ein wenig Black Metal, ein wenig Death Metal und Heavy Metal, alle emotionalen und illustrativen Musik Stile.

Deine Texte scheinen sich mit antireligiösen Themen zu beschäftigen und die Bilder in eurem ersten Alben zeigen das auch klar – was stehst du dazu? Fühlst du dich zum Atheismus oder zum Satanismus hingezogen und worum drehen sich eure Texte de facto?

Den Photos und Texten des ersten Albums sollte keine Aufmerksamkeit mehr geschenkt werden, da sie das Ergebnis eines jungen, hasserfüllten und unreifen Geists waren, nicht anders als bei 99,9 Prozent aller anderen Bands. Die Texte auf „Demonication (The Manifest)“ waren rein luziferisch und antichristliche, aber nicht grundlegend antireligiös – auf jeden Fall etwas, was auf „The Apostate“ ganz anders ist. Auf die Texte bin ich ja bereits eingegangen…

Wie sieht es mit Live-Aktivitäten aus – sind Konzerte geplant?

Nein, solche Pläne gibt es nicht. Wir sind keine aktive Band, wie du weißt. Sollten wir beschließen die Band aktiv werden zu lassen, würde es definitiv Gigs geben, ebenso Touren und Festivals. Im Moment aber ist das einzige, was zählt, Musik für das neue Album zu schreiben. Die nahe Zukunft wird zeigen, ob sich die Situation ändern wird. Nichtsdestotrotz kann ich sagen, das es ein komplett neues Line Up gäbe, nachdem die Mitglieder, die auf dem aktuellen Release spielen, anderweitig beschäftigt sind und höchstwahrscheinlich die Band verlassen würden.

Wie sieht es mit Zukunftsplänen generell aus und wie siehst du eure Chance auf dem internationalen Markt?

Ich denke nicht über derartige „Chancen“ oder so nach. LUCIFERION ist eine kraftvolle Maschine alle Aspekte betreffend und könnte schnell eine ordentliche oder zumindest befriedigende Position erreichen. Also was mich betrifft, muss ich die praktischen Möglichkeiten und Unmöglichenkeiten in den Griff bekommen. Es gibt kein Line Up jetzt, also ist es nicht an der Zeit große oder detaillierte Pläne zu schmieden.

Ihr habt Covers von SODOMs „Blasphemer” und soweit ich mich erinnere vom METALLICAs „Fight Fire With Fire“ aufgenommen – habt ihr irgendwelche anderen Cover-Songs aufgenommen und sind weitere geplant?

Wir warten auf die letzte Gelegenheit, den ausständigen achten Cover-Song aufzunehmen. Ich habe aber keine Ahnung, was es sein wird. Sobald dieser veröffentlicht sein wird, werden wir ein Album mit allen Covers auf einer CD veröffentlichen. Neben dem einen fehlenenden Song, haben wir bisher auf folgenden Tributes mitgespielt: "Metal Militia" Tribute to METALLICA (1994), ”Slatanic Slaughter Vol.2” Tribute to SLAYER (1996), "Czarne Zastepy W Holdzie Kat" Tribute to KAT (1997), "MERCYFUL FATE Tribute" tribute to MERCYFUL FATE (1998), "Homage to The Gods" tribute to SODOM (1999), "Tyrants From The Abyss" tribute to MORBID ANGEL (2002).

Was möchtest unseren Lesern noch sagen?

Wir sind sehr erfreut darüber, dass es derart euphorische Reaktionen von den Leuten gegeben hat. Wir hoffen, dass wir all die Motivation finden werden die Band zu reaktivieren und die Magie mit euch live zu teilen. Danke an alle für die Unterstützung der Band und dir für das verbreiten unseres Namens.


www.luciferion.com

Autor: Gore

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Beitrag vom 05.01.2004
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