Einen Tag vor dem ZITA SWOON Konzert in Wien konnte ich Stef Kamil Carlens, Sänger und Gitarrist, zum Interview treffen. Der Mann, der mit DEUS zweifellos ein kleines Stück Alternativ Geschichte geschrieben hat und dessen Frisur ebenso zweifellos in die Geschichte eingehen wird (just kidding), verrät uns, wie man mit einer Horde umtriebiger Künstler Platten macht und warum die Achtziger-Jahre doch nicht so schlimm waren.



Warum kommt euer neues Album jetzt erst hier heraus?

Wir hatten in Belgien einen weltweiten Deal mit Warner und Warner Germany hat beschlossen, das Album nicht zu releasen. Es hat uns also ziemlich viel Zeit gekostet, ein anderes Label, jetzt eben Strangeways, für die Veröffentlichung zu finden.

Warum wollten sie das Album nicht veröffentlichen?

Ich weiß es nicht, vielleicht hat es ihnen nicht gefallen, vielleicht war es ihnen nicht kommerziell genug. Wie ach immer. Ich hab mit diesen Leuten nie gesprochen, so etwas wird in schicken Meeting-Räumen entschieden.

Wie fühlt sich das an, das Album jetzt zu promoten? Immerhin wurde es schon vor zwei Jahren aufgenommen.

Es ist okay. Wir haben seit der ersten Veröffentlichung in ganz Europa gespielt. Wie spielen auch neue Lieder und Coverversionen. Wir haben mittlerweile um die hundert Songs, aus denen wir auswählen können. Die Band gibt´s immerhin schon seit zehn Jahren. Wir können auch die Setlist ohne Probleme ändern, wenn wir wollen.

Nehmt ihr schon die nächste Platte auf?

Ja, wir arbeiten dran. Wir haben jetzt schon sieben Lieder aufgenommen.

In Belgien?

Ja, im Moment. Ich weiß nicht genau... wir spielen einfach so herum. Der Plan für dieses Album ist, so viele verschiedene Songs und Versionen aufzunehmen und dann einfach die besten auszuwählen. Ich möchte mir wirklich Zeit lassen.

Und wie wird´s klingen?

Nun, wir werden vielleicht ein neues, sechstes Bandmitglied haben, einen Perkussionisten. Und das wird den Sound sicher maßgeblich beeinflussen.

Lauter als vorher, oder leiser...

Well, it´s quite funky but sad songs, eine komische Balance... Ja, aber es ist ziemlich funky…

Von „I Paint Pictures On A Wedding Dress“ zu „Life Is A Sexy Sanctuary“ war´s ja schon ein ziemlicher Schritt. Mehr sad Songs, mehr funky Songs, mehr sexy Songs. Würdest du mir da zustimmen?

Ja, was ich machen will, ist diese Balance in allen Liedern zu finden, verstehst du? Jeder Song soll traurig und funky und sexy zugleich sein

Warum gibt´s ausgerechnet in Belgien so viele gute Bands? Wir haben die gleiche Frage schon den Jungs von MILLIONAIRE gestellt

Und, was haben sie gesagt? Wir kriegen diese Frage oft gestellt. Ich habe darauf ehrlich gesagt keine Antwort. Ich denke, es gibt auch viele gute deutsche oder französische Bands. Belgien ist so ein kleines Land und alles ist so konzentriert, dass man vielleicht den Eindruck bekommt, es gäbe in Belgien mehr gute Bands.

Was machst du im Moment sonst noch? Oder genießt ZITA SWOON deine oberste Priorität?

ZITA SWOON ist immer das wichtigste für mich. Letztes Jahr habe ich ein Bühnenstück in Amsterdam gemacht, eine Version von „Carmen“. Das hat insgesamt sechs Monate gedauert. Ich hab das aber mit einer anderen Band gemacht. Ich habe einfach eine Band zusammen gestellt mit Leuten die ich mag. Wir waren dann zwei Monate in den Benelux-Lädern auf Tour. Wir wollten auch nach Deutschland kommen aber das hat dann doch nicht funktioniert. Ich mache auch viele Ausstellungen und ab Oktober werde ich zusammen mit einem Regisseur aus Antwerpen ein neues Theaterstück realisieren.

Bevorzugst du den Bass oder die Gitarre?

Ich bevorzuge den Computer. Ich schreibe alles auf dem Computer, spiele aber verschiedene Instrumente. Piano, Gitarre...

Sind die anderen auch so aktiv wie du?

Bjorn, unser Gitarrist, hat seine eigene Band und nimmt Solo-Sachen auf. Tom produziert Bands und spielt auch noch in einer. Aarich macht Filme. Er hat vor kurzem zwei Filme mit Rudy Trouve [Ex-DEUS, DEAD MAN RAY, KISS MY JAZZ,...] gemacht.




Wie kriegt man die Musiker dann alle zusammen in einen Proberaum?

Ich bedrohe sie! Nein, im ernst, dass geht schon ewig so und funktioniert eigentlich ganz gut. Wir proben eigentlich fast nie, nur wenn wir länger nichts getan haben. Aber wir spielen so oft, dass wir nicht mehr wirklich proben müssen. Die meisten Lieder machen wir zuhause fertig und spielen sie dann den anderen vor.

Wie wichtig wäre dir kommerzieller Erfolg?

Es wäre sehr schön, mal welchen zu haben. Wir haben alle Familien und Kinder. Wir leben zwar alle von unserer Musik, trotzdem wäre schön, zur Abwechslung mal wirklich etwas Geld zu sehen. Wir spielen sehr viel. In einigen Ländern läuft es ganz gut. Belgien, Holland, Portugal, Griechenland...nicht überall, in Österreich zum Beispiel noch nicht.

NICK CAVE hat mal gesagt, dass die Rockmusik die am wenigsten akzeptierte Kunstform ist. Wie siehst du das?

Ich hab das auch gehört und er hat wahrscheinlich recht. Er hat ja auch weiter gesagt, dass traurige Lieder innerhalb der Rockmusik nicht unbedingt akzeptiert sind. Alles muss glitzern und funky sein und fröhlich. Kennst du „The Flesh Became Word“ von ihm? Ich liebe NICK CAVE wirklich.

Was hörst du im Moment für Musik?

Nun, NICK CAVE hat ein neues Album und das ist wirklich sehr gut. Das neue BETH GIBBONS [and RUSTIN MAN] Album ist auch sehr gut. Dann noch französische Musik... und "All that you can´t leave behind" von U2 habe ich mir auch gekauft.

Und welche Musik inspiriert dich für die Arbeit mit ZITA SWOON?

So Achtziger-Jahre Zeugs. Ich habe so zwischen 1980 und 1990 begonnen damit, wirklich Musik zu hören. In seien jugendlichen Jahren ist man recht offen für verschiedene Sachen, denke ich, und da ist wohl so einiges hängen geblieben. Ich würde diese Sachen gerne in unsere Musik integrieren, aber nicht zu offensichtlich. Nicht unbedingt diesen Eighties-Sound, aber in den Achtzigern sind meiner Meinung nach einige verdammt gute Songs geschrieben worden. Das nächste Album soll irgendwie so klingen, aber mit traurigen Liedern und einer Art Blues-Feeling.

Schreibt ihr die Lieder geimeinsam?

Normalerweise machen wir alles gemeinsam, es ist wirklich unser Sound. Beim nächsten Album möchte ich aber mehr selbst machen, mehr Kontrolle haben. Ich hab dass den anderen Jungs schon gesagt. Das ist wohl meine Midlife-Crisis.

Seid ihr diesen Sommer noch viel auf Tour?

Eigentlich nicht. Wir werden ein noch paar Konzerte spielen und dann mal etwas pausieren und das neue Album fertig machen. Außerdem möchte ich gerne wieder etwas mehr Zeit zuhause verbringen. Ich habe seit kurzem einen Sohn und da will man natürlich nicht zu viel verpassen.

Die letzte Frage; weißt du, was im Moment bei DEUS so geht?

Ich hab Tom [Barman; Quasi-Boss bei DEUS] schon länger nicht getroffen. Er hat jetzt seinen ersten Film fertig gemacht. Ich denke, es wird viel von den Reaktionen auf den Film abhängen. Ich weiß, dass er am liebsten sofort einen zweiten machen will. Ab September wird´s dann für sie wieder im Studio losgehen und ein neues Album ist für nächstes Jahr geplant.