Interview mit BIOHAZARD - Musik, so brutal wie die Realität


Im Rahmen des BIOHAZARD-Konzertes am 14.05. in der Wiener Arena hatte ich das große Vergnügen, mit Gitarrist und Sänger Billy Graziadei zu reden. Der Blondschopf stand mir Rede und Antwort zu meinen und vor allem Euren Fragen. Da ich Billy nicht einfach mit Fragen bombardiert habe, sondern eher ein Gespräch mit ihm führte, wurden manche Eurer Fragen ein wenig umformuliert, aber ich habe mir Mühe gegeben, die meiner Meinung nach besten von Euch geposteten Fragen möglichst gut ins Gespräch einzubringen.

Der Sound Eures neuen Werkes "Kill Or Be Killed" kommt um einiges brutaler rüber als der auf den Alben davor. Wie kommt es dazu?

Die Welt ist brutaler. (hält inne)
Was uns immer ein bisschen an unseren Alben gestört hat, war, dass die Produzenten den Sound zu poliert und glatt gemacht haben. Jetzt passt der Sound besser zu den Themen´, über die wir schreiben: Kindesmissbrauch, Drogenmissbrauch, Rassismus,... einfach die dunklen Seiten des Lebens. Würden wir drüber singen, wie schön die Sonne ist, wäre es was anderes. Meiner Meinung nach passt der Sound jetzt besser zu den Texten. Wir wollten mit "Kill Or Be Killed" eine harte Platte machen so wie damals "Urban Discipline". Die Energie und der Sound sollten zusammenpassen und wir wollten einfach nur die Songs rausprügeln, und uns nicht über Kleinigkeiten den Kopf zerbrechen, nicht alles perfekt machen. Bei der letzten Scheibe, "Uncivilization", hatten wir das Gefühl, dass alles zu perfekt war, die Musik war nicht so rau. Nun wollten wir einfach ins Studio gehen und aufnehmen, denn wenn man nicht gleich das richtige Gefühl rüberbringt, dann wird's auch später nichts.


Also seid Ihr mit der Produktion der letzten Alben nicht zufrieden.

Nein... ok, also bei manchen schon. Speziell bei "Uncivilization" haben wir einfach zuviel Zeit an Kleinigkeiten herumgespielt, und darunter hat dann eben das Feeling gelitten. Es ist eben nicht so wichtig, dass die Snare genau so oder so klingt, sondern dass der Song als Ganzes das richtige Feeling hat. "Kill Or Be Killed" strahlt wieder die Energie der "Urban Discipline"-Ära aus, den gleichen Zugang zur Musik.




Du klingst ja ganz wehmütig. Diese Ära stellt ja auch die Ära dar, in der Ihr den größten Erfolg hattet. Tut es Dir leid, dass diese Zeit vorbei ist?

Ich denke, diese Zeit, rund um die Alben "Urban Discpline" und "State Of The World Address", also zwischen 1993 und 1996, war die Zeit, in der wir superpopulär wurden und das auch noch sehr schnell. Allerdings mochten viele Leute uns aus den falschen Gründen. Anfangs hörten die Leute unsere Musik wegen dem, um das es uns wirklich ging. Doch dann kauften die Leute unsere Platten, weil sie uns auf MTV gesehen hatten oder weil sie die T-Shirts toll fanden und das verschreckte den alten Kern der Fangemeinde ein wenig. Mir ist der Respekt dieser ursprünglichen Hörerschaft allerdings sehr wichtig und diese Entwicklung war somit schlimm für mich, für uns.
So gesehen ist Erfolg davon abhängig, was du als "Erfolg" ansiehst.
Als wir unser erstes Demo 1988 am Ostersonntag aufnahmen und das Ergebnis dann am Heimweg von Manhattan nach Brooklyn mit Kopfhörern hörten, DAS war Erfolg, der mir etwas bedeutete. Oder damals angerufen werden und Gigs angeboten bekommen: DAS war Erfolg. Dass viele Leute dich mögen, ohne zu verstehen, worum es wirklich geht, bedeutet mir nicht so viel.
Aber wir hatten viele Ups und Downs und machen trotzdem noch immer das, was wir machen wollen, also mag ich die heutige Situation eigentlich lieber, weil die Leute uns mögen, ohne dass eine Hype-Maschine dahinter steht.


Habt Ihr eigentlich noch Kontakt zu Eurem damaligen Gitarristen Bobby Hambel?

Nein. Ab und zu seh’ ich ihn, aber Kontakt haben wir nicht wirklich.

Wie entsteht der typische BIOHAZARD-Song? Wie sieht der Songwritingprozess bei Euch aus?

Es gibt nicht einen Songwriter in der Band, alle sind ständig am Schreiben und Sammeln von Ideen, und es gibt kein bestimmtes Schema, wie ein Song entsteht. Manchmal übernehmen wir einfach das, was einer geschrieben hat oder fügen Kleinigkeiten hinzu, manchmal kommen wir auch gemeinsam auf Ideen.
Du hast vorher gemeint, die Welt ist brutaler, dunkler geworden. Glaubst Du nicht, dass sie das schon immer war und es Dir jetzt nur so vorkommt, als hätte sich vieles zum Schlechten gewendet?

Natürlich hat es Probleme wie Kindesmissbrauch, Drogenmissbrauch oder Rassismus schon immer gegeben, aber was ist zum Beispiel mit Terrorismus und den Krieg gegen ihn?
Es ist das erste Mal, dass wir sowas in so einem Ausmass erleben. Ok, das gilt vielleicht nicht für Europa, aber sehr wohl für Amerika.
Es gab zwar den Zweiten Weltkrieg und Vietnam, aber in den Jahren dazwischen war es bei uns relativ ruhig. Jetzt erleben wir mit dem "War Against Terrorism" wieder eine Zeit des Umbruchs. Sieh dir doch nur den Anschlag gestern in Saudi Arabien an.


Ja sicher, aber denkst Du nicht, dass es früher das alles auch gegeben hat, nur Du als Amerikaner das nicht so mitbekommen hast? Da spielen die Medien mit ihrer manipulativen Macht und Panikmache doch eine große Rolle.

Natürlich werden wir manipuliert. Durch alle Medien, auch die amerikanischen. Um das geht’s ja: Alle Medien zeigen das, was sie wollen und machen Werbung für die eigene Sache, das eigene Land. Schau dir nur den irakischen Informationsminister an. It’s fuckin’ hilarious!

Aber ist das auf der amerikanischen Seite nicht genau das Gleiche?

Selbstverständlich. Es gibt immer zwei Seiten einer Münze, das wissen wir schon. Ich hab’ zuhause Satellitenempfang, also sehe ich auch ausländische Berichterstattungen aus aller Welt. So sieht man die Dinge, die passieren, aus verschiedenen Blickwinkeln. Wenn man dann wieder CNN oder andere amerikanische Nachrichten anschaut, sieht man, dass die manche Dinge nicht zeigen. Es ist alles Manipulation, Propaganda.

Was anderes vielleicht noch zum Schluss: was hörst Du in letzter Zeit besonders gerne?

Neben den alten Metal- und Hardcore-Klassikern höre ich meist die Bands, die mit uns auf Tour sind, ganz gerne: TERROR, DO OR DIE, CALIBAN oder FULL BLOWN CHAOS und E-TOWN CONCRETE, mit denen wir in den Staaten auf Tour waren.

Und gibt’s auch nicht-Metallisches in Deiner Plattensammlung?

Natürlich. Da hör’ ich Rob G. ganz gern, der da drüben sitzt (zeigt mit dem Finger auf Rob G.)

Aha. Und was macht der so?

Gabba, weißt Du was das ist?


Klar. Beats as hard as reality and tough as Brooklyn,N.Y.



Vielen Dank an Peda, Medion und Deanor, die Fragen für das BIOHAZARD Interview vorgeschlagen haben.

www.biohazard.com

Autor: Kronos

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Beitrag vom 17.05.2003
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