Interview mit VISIONS OF ATLANTIS - Auf den Spuren von Atlantis


Der steirische Melodic Metal-Formation VISIONS OF ATLANTIS gelang etwas, wovon andere Bands nicht einmal zu träumen wagen: Nur ein Jahr nach der Gründung konnte ein Plattenvertrag unter Dach und Fach gebracht werden. Mein Interviewpartner war Schlagzeuger Thomas Caser.

Die obligate Frage zu Beginn: Aus welcher Motivation heraus formierten sich VISIONS OF ATLANTIS? Bitte um Mitteilung der wichtigsten Eckpunkte der bisherigen Karriere.


Wir – Werner Fiedler, Christian Stani, Mike Koren, Chris Kamper und ich – hatten schon vor VISIONS OF ATLANTIS (seit 1996) eine Art Schulband/Jugendband, wir spielten hauptsächlich Coverversionen. Im Sommer 2000 bekamen wir den Auftrag für den Verein ISOP ein Jugendmusical zu kreieren (Musik, Handlung etc.). Die Hauptdarstellerin dabei war Nicole Bogner und wir waren sofort begeistert von ihrer schon sehr reifen Stimme (Nicole war 16 Jahre alt). Nach diesem Musical machten wir uns zum ersten Mal Gedanken, Musik ernsthafter zu betreiben. Nachdem wir alle begeisterte Fans von Sagen, Mythen und Fantasy-Stories jeglicher Art waren (natürlich auch noch sind), beschlossen wir eine Band zu gründen, deren thematischer Inhalt sich auf die Sage von Atlantis stützt und musikalisch klassisch orientiert, romantisch-bombastisch sein sollte. Mit Nicole hatten wir einen idealen Gegenpart zu Christians Stimme gefunden. Danach ging alles sehr schnell: Im November gaben wir unser (selbstorganisiertes) 1. Konzert mit EDENBRIDGE als Headliner. Von den Reaktionen der über 300 Besucher waren wir sehr motiviert und nahmen im Dez. 00 unser Debüt-Demo „Morning In Atlantis“ auf. Wir versendeten das Demo an 12 Labels im deutschsprachigen Raum, worauf 2 Angebote für einen Plattenvertrag folgten. Im August 01 unterschrieben wir einen Vertrag für 1 Album bei TTS Media Music (UNREST, DRECKSAU, JESTERS FUNERAL...) und die Aufnahmen des Debütalbums erfolgten im Februar 02, der Release in GAS im Oktober 2002.
Nachdem wir die Rechte an dem Album für alle Territorien außer Deutschland, Österreich, Schweiz behielten, kontaktierte ich weltweit große Plattenfirmen zwecks Lizenzierung dieses Albums. Die Reaktionen waren hervorragend und unser Album wurde wirklich fast in jedem Winkel der Welt veröffentlicht.
Von 2000-2002 absolvierten wir zahlreiche Auftritte u.a. als Support für NIGHTWISH, RAGE, DORO, EDENBRIDGE, ROUGH SILK, SENTENCED, LACUNA COIL... und spielten auf Festivals in Österreich und in Holland.



Welche Bands zählen zu Euren wichtigen Einflüssen?


Unsere Hauptinspiration entnehmen wir der klassischen Musik, Pop & Rock der 80er, sowie Metalbands der 80er (HELLOWEEN, RUNNING WILD) und natürlich auch Bands wie NIGHTWISH, SONATA ARCTICA, STRATOVARIUS, PINK FLOYD – unseren Lieblingsbands eben.


Ihr hattet ja bereits die große Ehre, mit NIGHTWISH aufzutreten. Und der Name Eurer Band scheint auch in der Dankesliste der letzten NIGHWISH-Scheibe auf. Wie ist es um Euer Verhältnis zu dieser erfolgreichen Band bestellt?Frage


Werner Fiedler und ich (NIGHTWISH-Fans der ersten Stunde ) trafen Nightwish auf dem Wacken Open Air 2000 und kamen sofort mit ihnen ins Gespräch, besonders lustig finde ich im nachhinein Werners Abschlusskommentar zu Tuomas – „...see you on stage some day“. Auf der Wishmaster-Tour trafen wir sie dann wieder (Planet Music) und feierten nach dem Konzert bis in die frühen Morgenstunden im Tourbus. Wir tauschten Handynummern und E-Mail Adressen und blieben in Kontakt, ich fand besonders Kontakt zu Jukka und Emppu. Nach unserem gemeinsamen Konzert im Planet war dann eine Art Freundschaft daraus geworden, die sich immer mehr festigte. Wir trafen und treffen uns noch regelmäßig auf Konzerten & Festivals (das letzte Mal wurde ich von Jukka zum Konzert in München eingeladen). Wir entdeckten sehr viele Gemeinsamkeiten und ich freue mich schon auf die nächste gemeinsame Party.


Obwohl VISIONS OF ATLANTIS erst vor knapp 3 Jahren gegründet wurden, könnt Ihr schon auf eine beachtliche Zahl von Livedarbietungen zurückblicken. Welchen Gig werdet Ihr wohl nie vergessen, und warum?


Natürlich, der Gig mit Nightwish war unvergesslich, aber den beste Gig bisher lieferten wir unter Schock am 19.1.2002 ab. Es war das YBC Halbfinale und wir wollten unseren letzten Bandcontest richtig abfeiern (ein Reisebus mit Freunden & Fans war dabei). Auf dem Weg zum Treffpunkt hatte Nicole einen schweren Autounfall. Wir erfuhren davon erst im Bus! Nachdem gewiss war, dass sie sich nicht schwerer Verletzt hatte (Prellungen, Gehirnerschütterung) und sie darauf bestand, dass wir in Wien ohne sie spielen sollten, um die Mitgereisten nicht zu enttäuschen, stellten wir uns auf die Bühne. Es war einfach unvergesslich, wir spielten unser bestes Set und Christian übernahm auch Nicoles Gesangsparts – die Besucher waren aus dem Häuschen. Es hatte alles einen sehr skurrilen Touch...




Hat Euch Eure Plattenfirma schon eine Tour in Aussicht gestellt? Welche Liveaktivitäten sind für die nächste Zeit in Planung?


Unsere „Plattenfirma“ wird nichts in dieser Richtung unternehmen, einfach weil sie es nicht könnte. Ich bin verantwortlich für das Management & Booking und plane gerade eine ausführliche Tour für September. Wir werden heuer wieder beim Metalfest inWien (am Sonntag, 24.8. ab 16:50 Uhr auf der Indoor Stage) auftreten und die Italien-Dates (3 Konzerte, 20. – 22. April) der Katatonia Tour mitspielen. Weiters spielen wir am 1. Mai ein Festival in Hamburg mit AXXIS und VANDEN PLAS (www.metal-attack-festival.com ). Unser Label in Südkorea plant für uns einen Auftritt beim diesjährigen Busan RockFestival in Südkorea, ist aber leider noch nicht 100%ig bestätigt. Den ersten Österreich Gig haben wir am 7.5. mit EDENBRIDGE im Posthof in Linz.


Um auf Eurer Debütalbum „Eternal Endless Infinity“ zu sprechen zu kommen: Wie steht Ihr aus heutiger Sicht zu diesem Werk? Welche Stücke liegen Euch besonders am Herzen?


Ich finde, für ein Debütalbum ist es in Ordnung. Es gibt sehr viele Dinge auf der produktionstechnischen Seite, die anders gestaltet hätten werden sollen, aber dafür können wir im Endeffekt nichts. Die Stücke sind unserer Meinung nach sehr eingängig geworden und auch sehr abwechslungsreich gestaltet. Vor allem "Lovebearing Storm“, „Eclipse“, „The Quest“, „Silence“ und „Lords of the Sea“ liegen uns am Herzen, da sie schon sehr reife Stücke sind. Aus heutiger Sicht würden wir nichts an den Stücken verändern außer die Tonart zu wechseln um den Sängern das Leben nicht allzu schwer zu machen


In den gängigen Fachzeitschriften wurde Ihr nicht nur mit Lobeshymnen, sondern gar mal mit medialen Schelten konfrontiert. Wie geht man damit um? Ignoriert Ihr solche CD-Kritiken einfach, oder nehmt Ihr diese gar zum Anlass , Euch quasi aus einer „Jetzt erst recht“-Stimmung heraus, beim Songwriting im Hinblick auf ein weiteres Album noch mehr ins Zeug zu legen, um die Kritiker früher oder später überzeugen zu können?


Die Kritiken in der deutschen Presse waren teilweise weit unter der Gürtellinie und hatten mit fachmännischer Kritik nichts, aber rein gar nichts mehr zu tun. In der Presse im restlichen Europa und in Übersee lief alles in die andere Richtung. Der mehrheitliche Tenor war, dass wir ein gutes Debüt abgeliefert haben und dass wir riesiges Potential haben um ganz nach oben zu kommen. Der Vergleich mit NW war ebenso gegeben, aber wir wurden nicht an ihnen gemessen zumal das einfach nicht möglich ist – es ist unser Debüt und wird natürlich nicht an ein Album wie Century Child oder Wishmaster oder auch Oceanborn herankommen.
Die Kritiker sind uns egal, wichtig ist was die Fans davon halten. In den beiden größten Magazinen in Brasilien zum Beispiel (Gesamtauflage 200.000 Stk.), wurden wir von den Lesern im Voting der besten Newcomern 2002 auf Platz 5 bzw. Platz 7 –noch vor Bands wie MASTERPLAN oder THUNDERSTONE – gewählt.
Wir werden mit Sicherheit unseren Weg machen, ganz egal was die Presse davon hält.



Wer ist bei Euch eigentlich für die Kompositionen bzw. die Texte verantwortlich?


Hauptkomponisten sind Werner (Gitarre) und Christopher (Keyboards), ich bin auch dabei –für Songstruktur und Arrangements. Die Texte stammen von Christopher.


Wie ist der Verkauf von „Eternal Endless Infinity“ bisher gelaufen? Das Album erschien ja nicht nur in Europa, sondern auch in Asien und Südamerika. Sind bereits E-Mails bzw. Briefe von Fans aus Südamerika oder Asien bei Euch eingetrudelt?


Der Verkauf läuft (auch für unser Label – wir bekamen keine einzige Werbung von ihnen...) überraschend gut und kann in einigen Ländern mit dem von renommierten Bands mithalten. Der Verkauf in Deutschland könnte besser sein, aber ohne Anzeigen und Interviews in den Printmedien Deutschlands ist es auch schwer. Wir haben es der Eigeninitiative zu verdanken, dass unser Album weltweit erhältlich ist und das macht schon sehr stolz. Nicole bekommt sehr viel Fanmails, ich fast keine (außer geschäftliche) – eigentlich logisch.


Wie ist eigentlich der Deal mit Black Arrow/TTS zustande gekommen? VISIONS OF ATLANTIS bestanden zum Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung ja gerade mal 1 (!) Jahr.


Wie schon gesagt, unser Demo gefiel der Firma und sie nahmen uns unter Vertrag und ermöglichten uns einen guten Start ins Geschäft. Wir haben aber auch so einiges gelernt und werden uns unseren nächsten Partner sehr sorgfältig aussuchen.
Nachdem sie unser Demo gehört hatten, wurden wir nach Bremen zu einem Gespräch eingeladen. Wir waren uns schnell einig und unterzeichneten einen Vertrag für 1 Album.
Antwort



Wie zahlreiche andere Bands dieses Genres beschäftigt Ihr Euch auf textlicher Ebene mit mythischen Themen. Seid Ihr auch in Eurer Freizeit große Fantasy-Freaks, die sich gerne entsprechende Filme ansehen bzw. Bücher darüber lesen? Oder habt Ihr diese Thematik gewählt, weil sie vorzüglich zu Euren Songs passt?


Ja, wir beschäftigen uns schon seit unserer Kindheit mit Fantasy, sehen uns Filme an und lesen auch leidenschaftlich gerne Fantasy-Bücher. Dieses ganze Flair passt unserer Meinung nach auch sehr gut zu unserer Musik.


Wie lauten Eure Zukunftspläne? Hat der Prozess des Songwritings für ein weiteres Album schon begonnen?


Wir sind derzeit mitten im Songwriting für das zweite Album, das uns in Richtung Durchbruch lenken soll. Wir haben dafür das Tico Tico Studio (SONATA ARCTICA, MOONSORROW, AND OCEANS etc.) für Jänner 2004 gebucht und als Produzenten Tony Kakko (Sänger, Produzent & Mastermind von SONATA ARCTICA) verpflichten können, der übrigens sehr auf unser Debütalbum abfährt. Wir werden versuchen, ein bombastisches Meisterwerk abzuliefern, um alle kritischen Meinungen verstummen zu lassen! Lasst Euch überraschen.



Was haltet Ihr von der Metalszene in der Steiermark bzw. Restösterreich? Steht Ihr mit vielen anderen Band in Kontakt?


Wir haben sehr guten Kontakt zu Edenbridge und Sanguis. EDENBRIDGE sind sowieso die Spitze der österreichischen Melodic Metal Szene und SANGUIS gehören zu den besten der Black Metaller in Ö und könnten in Zukunft auch international mitmischen. Vor allem sind wir aber sehr gut befreundet mit diesen beiden Bands.
Die Metalszene in Österreich im allgemeinen finde ich gut, jedoch ein wenig zu einseitig, da es in Richtung Black/Death/Thrash Metal sehr viele Bands gibt und im Melodic Sektor mit echtem Gesang eher wenige. Der Underground ist wichtig, jedoch wird er in Österreich überbewertet. Ebenso gibt es zu viele Undergroundkonzerte, es wäre viel besser die Kräfte für Festivals zu vereinen wie es heuer am Beispiel Kaltenbach-Open-Air gezeigt wird.
Um international konkurrenzfähig zu werden, muss sich eine junge Band aber an den Größen im Geschäft orientieren. Dem Großteil der Nachwuchsbands in Österreich fehlt es leider an Ideen, Konzepten & Weitblick.



Wie lautet Eure Meinung zur Medienlandschaft in Österreich? Empfindet Ihr es international gesehen als Nachteil, aus Österreich zu kommen? In Finnland z.B. sind Bands wie NIGHTWISH oder auch CHILDREN OF BODOM ja bekanntlich mit ihren Werken durchaus auch in den oberen Chartsregionen vertreten.


Es ist nur in der deutschen Medienlandschaft ein Nachteil eine Band aus Österreich zu sein. Ansonsten ist es komplett egal. In Österreich ist die Mentalität anders, wenn aus der Heimat musikalisch etwas Neues kommt, wird es von den Medien und auch von den Leuten ignoriert. Wenn es sich im Ausland als erfolgreich herausstellt, wird auch Österreich darauf aufmerksam...
Ich glaube dennoch, dass mit dem richtigen Engagement auch viel in Österreich möglich sein kann á là NIGHTWISH, COB oder SONATA ARCTICA.
We will see!



Last words?


Vielen Dank an Hutti von Earshot für dieses Interview.
Ich hoffe ein bisschen Einblick in VISIONS OF ATLANTIS gegeben zu haben und freue mich über jede Rückmeldung zu diesem Interview!
Einen besonderen Gruß und Dank an alle Fans und Freunde – Rok Rok!




www.visionsofatlantis.at.tf/

Autor: Hutti

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Beitrag vom 10.04.2003
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