Interview mit EVEREVE - Erfahrungen mit einem Schuss Melancholie
Am 24. März ist es so weit: Das neue Album "Enetics – 11 orgies for massenjoyment on the dark side of the planet" der führenden deutschen Gothic-Metaller EVEREVE erscheint. Earshot sprach vorab schon Keyboarder, Sänger und Songwriter MZ Eve 51, Michael P. Zeissl, über die neue Scheibe, und was uns erwarten wird. Earshot: Euer Stilwandel von der einstigen Doom- zu einer Cyber-Metal-Band war von Album zu Album mitzuverfolgen. Was erwartet uns auf Eurem neuesten Werk?MZ Eve 51: Stillstand bedeutet für uns nach wie vor die Kapitulation der Kreativität. Insofern verändern wir uns als Menschen, als Persönlichkeiten und als Musiker in einer sich ebenfalls immer schneller verändernden Umwelt - was aber nicht heißt, dass wir den Wandel als Selbstzweck betreiben. Insofern denke ich, dass wir mit dem neuen Album besser denn je den Spagat zwischen Kontinuität und natürlicher Weiterentwicklung geschafft haben. Es gibt sicherlich einige Elemente, die man so nicht von uns erwartet hätte. Zum Beispiel sind die Gitarren wieder deutlicher in den Vordergrund gerückt und wir haben einige Orchestrierungen und klassische Einflüsse "wiederbelebt", die sich bereits auf den ersten Alben unseren Stil geprägt haben. Im Großen und Ganzen stellt "Enetics" die natürliche Weiterführung des letzten Albums dar. Was man dem Kind schlussendlich für einen Namen gibt (Cyber-Goth-Metal, Nu Metal, Indendent Rock, ...) ist wieder eine andere Geschichte. EVEREVE wollen bereit sein für stilistische Fortbewegung. Wer viel erlebt hat, kann bestätigen: Das Leben lässt sich nicht kategorisieren. Earshot: Der Titel "Enetics - 11 orgies for massenjoyment on the dark side of the planet" lässt ein Konzept-Album vermuten. MZ Eve 51: Jein. Ich bin im Laufe des Songwritings, insbesondere beim Schreiben der Texte, immer wieder auf ein zentrales Thema gestoßen, das sich sicherlich wie ein roter Faden durch das Album zieht. Und zwar geht es um ein relativ altes Topic, das dennoch nichts von seiner Bedeutung verloren hat: die Freiheit des Individuums. Konkret gesagt: wie frei ist der Mensch in biologischer, sozialer und psychologischer Hinsicht. Wobei das jetzt schon fast zu wissenschaftlich klingt. Ich habe einfach versucht, wie gewohnt, anhand Erfahrungen, konkreter Erlebnisse und Gedanken, meine "Philosophien" dazu auf das Papier zu bringen - ohne zu einem konkreten Fazit zu kommen. Insofern gibt es ein Leitmotiv, jedoch keine zusammenhängende Geschichte oder Ähnliches auf dem Album. Der Untertitel hat diesbezüglich auch keinen direkten Bezug, sondern ist einfach eine EVEREVE-typische augenzwinkernde Phrase, die wir interessant fanden.Earshot: Inwieweit inspiriert der Line-Up-Wechsel mit O-IQ als neuem Bassisten und Jörg Hüttner, zuständig für Programming und Synths, Eure musikalische Marschroute? MZ Eve 51: Mit Jörg arbeiten wir ja schon seit längerem zusammen und er ist sowas wie ein kongenialer Partner für mich. Sein Background unterscheidet sich relativ von meinem – meine klassische Klavier- und Keyboardausbildung trifft hier auf modernste Ansätze aus dem Techno, Industrial und Ambient-Bereich, woraus sehr fruchtbare Sessions hinsichtlich der Einbindung der Tasten und Elektronika entstehen. In diesem Bereich gibt er auch ganz konkreten Input, ist jedoch nicht am Songwriting, Bandarrangement oder Ähnlichem beteiligt. O-IQ ist noch relativ neu, hat aber in dieser Zeit sehr viel neuen Wind im Bassbereich mit sich gebracht. Er stammt wieder aus einer komplett anderen musikalischen Nische, da er zum Beispiel im Funk- und R'n'Blues -Bereich ein gefragter Studiobasser ist. Das kling jetzt vielleicht nach einem heillosen Durcheinander der Stile und einem unkontrollierten Mischmasch, lässt sich aber auf (zum Teil für uns selbst quasi magische Weise) zu dem verbinden, was EVEREVE ausmacht: harte Gitarren, emotionale Vocals und ein kleiner Schuss Melancholie. Earshot: Auf "Regret" und "E-Mania" habt Ihr "House of the Rising Sun" und "Fade to Grey" gecovert. Welche Band darf sich auf "Enetics" auf eine neue Version eines ihrer Klassiker einstellen?MZ Eve 51: Keine. Wir haben im Laufe unserer Erfahrungen im Musikbusiness die Erkenntnis gewonnen, dass wir a) stets nur das tun sollten, was wir selbst zu 100 Prozent wollen und b) hin und wieder auch Dinge tun sollten, die andere nicht unbedingt von uns erwarten. Glücklicherweise sind beide Aspekte bei uns meistens kongruent. Es wäre sicherlich keine schlechte Idee gewesen, nach den relativ erfolgreichen letzten Cover-Versionen nochmals irgendeinen bekannten Song durch den Fleischwolf zu drehen. Und die häufigen Nachfragen zeigen mir, dass sicherlich einige Leute auch fest damit gerechnet hätten. Aber es drängte sich einfach kein Track auf, der sich für uns wirklich gut anfühlte. Also kamen wir ziemlich schnell zu der Entscheidung, dieses Mal auf eine Coverversion zu verzichten - außer uns träfe hinterrücks der Schlag mit DEM Superhit, den wir covern müssen. Dies ist aber erwartungsgemäß nicht passiert.Earshot: Habt Ihr schon eine Tour geplant und mit wem?MZ Eve 51: Das Album erscheint ja bekanntlich am 24. März und das Booking für das neue Jahr läuft erst noch an. Insofern haben wir außer ein paar Sommerfestivals noch keine Auftritte bestätigt. Nach insgesamt nunmehr fünf Europatouren, einer USA-Tour und einer Anzahl Einzelgigs, die sich im dreistelligen Bereich bewegt, werden wir aber mit ziemlicher Sicherheit wieder die Bühnen der Welt unsicher machen. Ob als Support oder alleine oder beides steht noch in den Sternen. Obwohl es mittlerweile durchaus an der Zeit wäre, ins kalte Wasser zu springen und flächendecknend als Hauptgruppe zu spielen. Time will tell www.evereve.net
Autor:
philipp Weitere Beiträge von philipp
| |